MAYA BANKS BREATHLESS GEHEIME LUST Roman Ins Deutsche übertragen von Patricia Woitynek Zu diesem Buch »Die Wahrheit ist, dass ich nie zuvor für eine Frau empfunden habe, was ich für dich empfinde. Die Wahrheit ist, dass ich besessen bin von dir. Die Wahrheit ist, dass wenn du mir jetzt sagst, dass du mir niemals geben könntest, was ich mir so sehr von dir wünsche, es keinen Unterschied machen würde. Ich würde dich auf jede Weise nehmen, auf die ich dich bekommen kann. Die Wahrheit ist, dass ich dich nicht aufgeben werde.« Die erfolgreichen Geschäftspartner Jace Crestwell und Ash McIntyre teilen alles – auch ihre Frauen. Nichts ist berauschender, nichts sinnlicher als der Moment, wenn eine Frau sich ihnen beiden voll und ganz hingibt. Doch alles ändert sich, als Jace auf der Verlobungsfeier seiner Schwester die junge Bethany Willis erblickt. Die geheimnisvolle Frau zieht ihn sofort in ihren Bann, und das Bedürfnis, sie für sich allein zu besitzen, ist überwältigender als alles, was Jace je zuvor kannte. Als sich herausstellt, dass Beth in großen Schwierigkeiten steckt und weder Geld noch ein Zuhause hat, zögert Jace keinen Augenblick und bietet ihr seine Hilfe an. Für beide beginnt daraufhin eine Achterbahnfahrt der Gefühle und der Leidenschaft, während derer Beth sich Jace mit jeder Faser ihres Seins hingibt – eine Beziehung, in der für Ash kein Platz ist und die droht, die langjährige Freundschaft zwischen ihm und Jace für immer zu zerstören … Für die besten Freunde der Welt, auf die ich mich immer blind verlassen kann. Ihr wisst, wer gemeint ist. Ich liebe euch! 1 Jace Crestwell tippte Gabe Hamilton auf die Schulter und grinste, als sein Freund sich umdrehte. »Du hast meine Schwester lange genug in Beschlag genommen. Jetzt bin ich an der Reihe, mit ihr zu tanzen.« Gabe wirkte nicht glücklich über die Unterbrechung. Er und Mia hatten die letzte Stunde praktisch aneinandergeklebt, doch nun trat er grummelnd einen Schritt zurück. Mia lächelte strahlend, als Jace seinen Platz einnahm. Der gesamte Ballsaal des Bentley Hotels war weihnachtlich dekoriert, denn Mia liebte dieses Fest, und Gabe würde bekanntermaßen alles tun, um seine Frischverlobte glücklich zu machen. Und Gabe ging zügig zur Sache, wenn er ein Ziel im Auge hatte. Er hatte die Planung der Verlobungsparty in Angriff genommen, kaum dass er Mia den Ring an den Finger gesteckt hatte. Fast so, als fürchtete er, sie könne es sich doch noch anders überlegen, wenn er nicht sofort in die Puschen kam. Jace fand es recht bizarr, seinen Freund derart in eine Frau vernarrt zu sehen, und dass es sich dabei ausgerechnet auch noch um seine, Jace’, Schwester handelte, machte das Ganze noch bizarrer, aber Mia wirkte überglücklich, und mehr konnte er sich nicht wünschen. »Hast du Spaß, Kleines?«, fragte er, als er sie über das Parkett wirbelte. Ihr Gesicht begann zu leuchten. »Diese Party ist fantastisch, Jace. Einfach magisch. Ich kann nicht fassen, dass Gabe das so schnell hinbekommen hat. Es ist … einfach perfekt.« Jace erwiderte ihr Lächeln. »Ich freue mich, dass du glücklich bist. Gabe wird gut zu dir sein, andernfalls trete ich ihm gehörig in den Arsch. Das habe ich ihm in aller Deutlichkeit zu verstehen gegeben.« Ihre Augen wurden schmal. »Sollte er nicht gut zu mir sein, bist nicht du derjenige, vor dem er sich fürchten muss. Weil ich ihm dann nämlich selbst gehörig in den Arsch treten werde.« Jace warf den Kopf zurück und lachte. »Das bezweifle ich nicht. Du hast ihn sich ganz schön ins Zeug legen lassen. Meine Hochachtung.« Mias Gesicht wurde ernst, und Jace überlegte stirnrunzelnd, was sie an einem Abend wie diesem, wo sie eigentlich im siebten Himmel schweben müsste, bedrücken mochte. »Ich weiß, dass du viel für mich aufgegeben hast«, sagte sie leise. »Ich habe mich immer gefragt, ob ich der Grund bin, warum du nie geheiratet hast und Vater geworden bist.« Er schaute sie an, als wäre sie nicht ganz dicht. »Aber jetzt kannst du doch aufhören, dich um mich zu sorgen und … Du weißt schon.« »Nein, ich weiß nicht«, entgegnete er und schüttelte den Kopf. »Du hast sie nicht mehr alle, Mia. Erstens werde ich nicht aufhören, mich um dich zu sorgen und auf dich aufzupassen, nur weil du heiratest. Damit wirst du dich abfinden müssen. Und zweitens, denkst du nicht, dass die Dinge einfacher gewesen wären, wenn ich geheiratet hätte, als du jünger warst? Und zwar für uns beide. Du hättest eine Mutterfigur gehabt, anstatt dich mit einem herrischen, überfürsorglichen Bruder als einziger seelischer Unterstützung begnügen zu müssen.« Mia hielt mitten im Tanz inne, schlang Jace die Arme um den Hals und drückte ihn fest an sich. »Ich würde nicht das Geringste daran ändern wollen, wie du mich großgezogen hast, Jace. Du hast das toll gemacht, und ich werde dir ewig dankbar sein für all die Opfer, die du meinetwegen gebracht hast.« Noch immer den Kopf schüttelnd, erwiderte er ihre Umarmung. Bei ihr war wirklich eine Schraube locker. Mia war derart aus dem Häuschen wegen ihrer bevorstehenden Hochzeit mit Gabe, dass sie diese Glückseligkeit mit jedem, der ihr am Herzen lag, teilen wollte. Gott steh ihm bei. Er und Ash sollten wohl besser Reißaus nehmen. »Es war kein Opfer, Mia. Auch ich würde nichts ändern wollen. Aber ist dir je in den Sinn gekommen, dass ich vielleicht nie heiraten und Kinder haben wollte?« Mit gerunzelter Stirn löste sie sich von ihm, dann huschte ihr Blick zur anderen Seite des Saals, wo Ash mit Gabe zusammenstand. »Doch, ich denke schon.« Jace musste sich ein Seufzen verkneifen. Es war offensichtlich, dass Mia genauestens über seine und Ashs Vorliebe für Sex mit derselben Frau Bescheid wusste. Es war nicht unbedingt das, was ein Bruder seine Schwester über sein Liebesleben wissen lassen wollte, aber es ließ sich nicht ändern. Er würde sich für seine Lebensweise nicht entschuldigen, und er würde sie auch nicht mit seiner jüngeren Schwester diskutieren. »Spiel mit vollem Einsatz und lebe frei«, sagte er wie zur Erklärung. Mia schaute verwirrt zu ihm hoch. Jace lachte amüsiert. »Das ist unser Motto. Gabes, Ashs und meins. Nur weil du die Spielregeln für Gabe geändert hast, bedeutet das nicht, dass sie jetzt auch für Ash und mich gelten.« Sie verdrehte die Augen. »Um Himmels willen. Bei dir klingt das, als wäre Gabe ein Waschlappen.« Jace hüstelte. »Wenn der Schuh passt …« Mia knuffte ihn in die Schulter. »Ich werde ihm stecken, dass du das gesagt hast!« Er lachte wieder. »Der Mann würde vermutlich sogar zugeben, dass er ein kompletter Waschlappen ist, wenn es um dich geht. Und ich finde das gar nicht schlimm. Ich will, dass er dich gut behandelt.« Sie wurden unterbrochen, als Ash zu ihnen trat und Mia geschmeidig in seine Arme zog. »Ich bin dran«, verkündete er. »Gabe wird nicht mehr lange warten, bevor er sie zurückfordert, darum werde ich mir meinen Tanz holen, solange seine Eltern ihn beschäftigt halten.« Jace lehnte sich vor und küsste Mia auf die Stirn. »Dies ist dein Abend, Schwesterherz. Ich möchte, dass du dich für immer daran erinnerst. Hab Spaß.« Ihr Lächeln strahlte durch den ganzen Saal. »Danke, Jace. Ich hab dich lieb.« Er berührte ihre Wange, dann trat er zurück, als Ash mit ihr davonwirbelte. Jace verzog sich in den hinteren Bereich, um das Partygeschehen zu beobachten. Es war ein kleines Fest, wie Gabe und Mia es sich gewünscht hatten, um ihre Liebe zu zelebrieren. Das klang kitschig, aber man musste die zwei nur ansehen, um zu wissen, dass sie bis über beide Ohren verliebt waren. Jace war sich noch immer nicht ganz sicher, was er davon halten sollte, dass sein enger Freund seine kleine Schwester an Land gezogen hatte. Da war nicht nur der Altersunterschied von vierzehn Jahren, Jace kannte auch Gabes sexuelle Neigungen zur Genüge. Es war ihm noch immer hochnotpeinlich, wenn er an die Szene dachte, in die er vor einigen Wochen geplatzt war, als er unangemeldet Gabes Apartment betreten hatte. Er hätte sich am liebsten die Augen mit Seife ausgewaschen, denn es gab Dinge, die ein Bruder im Zusammenhang mit seiner kleinen Schwester niemals sehen sollte. Er hatte noch immer Bedenken, ob Mia wirklich wusste, worauf sie sich da einließ. Aber wenn es um sie ging, war Gabe lammfromm. Herrgott, der Mann hatte sich vor halb New York City zum Affen gemacht, um sie zurückzuerobern, darum nahm Jace an, dass Mia in der Lage war, mit Gabes Vorlieben umzugehen. Er würde einfach nicht mehr daran denken. Seufzend ließ er den Blick über die Gäste und das festliche Ambiente wandern. Seit ihre Eltern bei einem Autounfall ums Leben gekommen waren, hatte Mia einen großen Teil seines Lebens ausgemacht. Sie war mehr oder minder ein Unfall gewesen, aber er und seine Eltern hatten sie vom ersten Moment an vergöttert. Der Tod ihrer Eltern war ein dramatischer Einschnitt für sie beide gewesen. Jace hatte zu einer Zeit, als er noch das College besucht und nichts anderes als Bier, Mädchen und Spaß mit Gabe und Ash im Kopf gehabt hatte, die Verantwortung für die damals sechsjährige Mia übernehmen müssen. Gabe und Ash waren ihm dabei eine große Stütze gewesen, und vielleicht hatte Mia ihre Freundschaft in vielerlei Hinsicht gefestigt. Darum war es vermutlich nur angemessen, dass er sie jetzt, da sie erwachsen und selbstständig war, seinem besten Freund anvertraute. Es würde eine Umstellung für ihn bedeuten, nicht länger die alleinige Verantwortung für Mia zu tragen. Nicht, dass er plante, sich von ihr abzuwenden, aber die Situation war nun eine andere. Mia war in einer festen Beziehung und würde mit ihren Problemen nicht mehr zu ihm kommen. Er sollte Erleichterung empfinden, doch stattdessen wurde ihm das Herz schwer bei der Vorstellung, dass seine kleine Schwester ihn nicht mehr so sehr brauchte wie früher. Sein Blick blieb an einer jungen Frau haften, die Gläser und Teller von den Tischen räumte. Es war das zweite Mal, dass sie ihm an diesem Abend auffiel, obwohl sie sich nicht oft hatte blicken lassen, sondern nur gelegentlich in den Saal gekommen war, um abzuräumen. Sie war keine der Bedienungen. Jace hatte sie nicht mit Tabletts voller Horsd’œuvres oder Champagnerflöten herumgehen sehen. Sie trug eine schwarze Hose, eine weiße Bluse und eine Schürze. Er betrachtete sie einen langen Moment, bevor er realisierte, was seine Aufmerksamkeit fesselte: Sie wirkte vollkommen deplatziert. Allerdings wusste er nicht, woran das lag. Je länger er sie anschaute, desto mehr fand er, dass sie eher so aussah, als gehörte sie selbst auf diese Party, anstatt hinter den Gästen herzuräumen. Sie hatte die Haare mit einer Klammer zu einem lockeren Knoten hochgesteckt, wie Mia ihn manchmal trug. Das Ergebnis war ein sinnlicher, zerzauster Dutt, der geradezu nach der Hand eines Mannes flehte, damit er ihn löste. Mehrere ihrer wilden, mitternachtsschwarzen Locken waren der Spange entschlüpft und kringelten sich um ihren Hals. Sie war von zarter Statur und nicht so kurvig, wie er es eigentlich bevorzugte. Sie hatte schmale Hüften und kleine Brüste, die sich aber drall genug unter der weißen, durchgeknöpften Bluse abzeichneten, um verführerisch zu sein. Der Rest von ihr wirkte zierlich, gazellenhaft, beinahe fragil. Als sie sich umdrehte und er einen Blick auf ihr Gesicht erhaschte, stockte ihm der Atem. Ihre Knochenstruktur war fein und grazil. Sie hatte hohe, hervortretende Wangenknochen, die sie beinahe untergewichtig aussehen ließen, und ein spitzes Kinn. Aber ihre Augen. Himmel, ihre Augen. Sie wirkten riesig in ihrem ansonsten kleinen Gesicht und waren von einem strahlenden, atemberaubenden Eisblau, das einen faszinierenden Kontrast zu ihrem samtschwarzen Haar bildete. Sie sah einfach hinreißend aus. Dann eilte sie aus dem Raum, ein schweres Tablett mit den vielen Tellern, die sie von den Tischen abgeräumt hatte, in den Händen. Jace’ Blick folgte ihr durch den Saal, bis sie durch die Tür für das Küchenpersonal verschwunden war. »Nicht deine gewohnte Kost«, kommentierte Ash neben ihm. Jace löste sich aus seiner Tagträumerei und stellte fest, dass Ash seinen Tanz mit Mia beendet hatte. Ein flüchtiger Blick zur Tanzfläche zeigte ihm, dass Gabe Mia wieder mit Beschlag belegte und die beiden sich noch inniger aneinanderschmiegten als zuvor. Mias Augen leuchteten vor Freude und Heiterkeit, und ein Teil von Jace’ Anspannung fiel von ihm ab. Sie war in guten Händen. Und sie war glücklich. »Wovon zur Hölle sprichst du?«, fragte er leicht unwirsch. »Von der Puppe, die das Geschirr abräumt. Ich hab gesehen, wie du sie angestarrt hast. Mann, du hast sie praktisch mit den Augen ausgezogen.« Jace runzelte die Stirn, sagte jedoch nichts. Ash zuckte die Achseln. »Ich bin dabei. Sie ist heiß.« »Nein.« Die Abfuhr polterte mit mehr Nachdruck aus ihm heraus, als er beabsichtigt hatte. Dabei wusste er nicht mal, woher diese Entschiedenheit kam oder warum er plötzlich so angespannt war. Ash lachte. »Bleib locker, Kumpel. Es ist eine Weile her. Ich werde meinen Charme bei ihr spielen lassen.« »Lass sie in Ruhe, Ash«, knurrte Jace. Doch sein Freund war schon in Richtung Küche unterwegs, während Jace ihm mit geballten Fäusten hinterherstarrte. Wie zur Hölle sollte er seinem besten Kumpel, einem Kumpel, mit dem er sich regelmäßig Frauen teilte, erklären, dass er ihn nicht einmal auf einen Kilometer an dieses Mädchen heranlassen wollte? 2 Bethany Willis rieb sich die Handflächen an ihrer abgetragenen Hose und schloss kurz die Augen, während sie schwankend vor dem Spülbecken mit dem vielen Geschirr stand, das sie im Ballsaal eingesammelt hatte. Sie war müde. So unsagbar müde. Und hungrig. Das Beste an diesem Aushilfsjob war – abgesehen davon, dass sie bar bezahlt wurde – das Essen. Es war ihr erlaubt, Reste mitzunehmen, und angesichts der Mengen, die hin- und hergetragen wurden, würde es davon reichlich geben. Vermögende Leute neigten zur Maßlosigkeit. Die Anzahl der zu dieser Party geladenen Gäste rechtfertigte in keiner Weise die Mengen an Essen und Alkohol, die hier aufgefahren wurden. Bethany konnte das egal sein. Zumindest würde sie etwas Anständiges zu beißen kriegen, auch wenn die Speisen für ihren Geschmack viel zu ausgefallen waren. Und es würde auch noch für Jack reichen. Eine Welle der Traurigkeit erfasste sie, dicht gefolgt von Schuldbewusstsein. Dabei hatte sie keinen Grund, sich schlecht zu fühlen, dass Jack nämlich wieder vorbeigekommen war. So war er nun mal. Er verschwand tagelang, dann tauchte er wieder auf, in der Regel, wenn er einen Schlafplatz und ein freundliches Gesicht brauchte. Und Essen. Außerdem Geld … Vor allem Geld. Ihre Brust krampfte sich zusammen, denn sie wusste, was er mit der Kohle anstellte, um die er sie anbettelte, auch wenn er es hasste, das zu tun. Er sah ihr dabei nie in die Augen, sondern senkte den Blick, bevor er sagte: »Bethy … Da ist diese Sache. Ich brauche …« Und das war alles, was er sagen musste. Sie gab ihm das Geld, weil sie nicht anders konnte, aber sie verabscheute es, wenn er sie »Bethy« nannte, verabscheute diesen Kosenamen, den sie früher geliebt hatte, weil er ihr von jemandem gegeben worden war, dem sie einmal etwas bedeutet hatte. Jack. Der einzige Mensch auf der Welt, der je versucht hatte, sie vor etwas zu beschützen. Der einzige Mensch, der sich je um sie geschert hatte. Ihr Bruder. Nicht ihr leiblicher, aber trotzdem in jeder Hinsicht, auf die es ankam. Er gehörte zu ihr, so wie sie zu ihm gehörte. Wie sollte sie sich jemals von ihm abwenden? Sie konnte das nicht tun und würde es auch nicht. An der Seitentür, die hinaus in die Hintergasse führte, wo sie den Müll entsorgten, ertönte ein Geräusch. Bethany schaute hoch und entdeckte Jack, der im Türrahmen lehnte, den Kopf nach hinten gewandt, um die Gasse im Blick zu behalten. Typisch Jack. Immer in Alarmbereitschaft. Er begab sich niemals unbedacht und ohne einen Fluchtweg in irgendeine Situation. »Bethy«, sagte er leise. Sie verzog das Gesicht, denn sie wusste, warum er gekommen war. Anstelle einer Antwort fasste sie in ihre Hosentasche und zog das zusammengeknüllte Geldbündel heraus. Sie hatte die Hälfte ihres Lohns als Vorschuss erhalten, den Rest würde sie nach getaner Arbeit bekommen. Sie würde Jack die erste Hälfte überlassen. Die zweite musste sie über Wasser halten, bis sie den nächsten Aushilfsjob fand, und sie hatte keine Ahnung, wann das sein würde. Sie eilte zu ihm, drückte ihm die Scheine in die Hand und beobachtete voller Unbehagen, wie sein Blick zur Seite huschte. Ohne Blickkontakt herzustellen, stopfte er das Geld in seine speckige, zerfetzte Jeans. Sein Körpergeruch war unangenehm. Bethany wusste, dass er das hier verabscheute. Sie hasste es auch. »Danke«, murmelte er. »Bist du okay? Weißt du, wo du heute Nacht schlafen wirst?« Das tat sie nicht, aber das würde sie ihm nicht auf die Nase binden. Also log sie stattdessen. »Ja.« Ein Teil seiner Anspannung fiel von ihm ab, und er nickte. »Gut. Ich arbeite daran, Bethy. Ich werde bald eine Unterkunft für uns beide haben.« Sie schüttelte nur den Kopf, denn sie wusste nicht nur, dass er das immer sagte, sondern auch, dass es nicht passieren würde. Er beugte sich zu ihr und drückte einen Kuss auf ihre Stirn. Bethany schloss für einen langen Moment die Augen und malte sich andere Umstände aus. Doch das führte zu nichts. Es war, wie es war, und sich zu wünschen, es wäre anders, war, als würde man gegen den Wind anpinkeln. »Ich werde bald wieder nach dir sehen«, versprach er. Bethany nickte. Sobald er mit den Schatten der Nacht zu verschmelzen begann, hob sie den Kopf und sagte: »Pass auf dich auf, Jack. Bitte.« Sein Lächeln war so düster wie die Nacht. »Sei unbesorgt.« Sie sah zu, wie er ging, dabei schnürte sich der Knoten in ihrer Kehle noch fester zu. Verdammt. Zorn stieg in ihr hoch, aber sie wusste, dass es eine nutzlose Reaktion war. Sie spannte die Finger an und lockerte sie wieder, dann setzte das Jucken ein. Die Sehnsucht, das Verlangen. Bethany kämpfte dagegen an, doch es war ein immerwährendes Ringen. Ein Sieg, der auf tönernen Füßen stand. Sie hatte seit Langem nicht mehr an die Tabletten gedacht, aber heute Nacht war das Bedürfnis da, getarnt als Hunger und emotionaler Schmerz. Der dringende Wunsch abzuschalten, sich in dieses schmale Zeitfenster fallen zu lassen, in dem sich alles positiver und machbarer anfühlte. Sich Hoffnung regte, selbst wenn es nur für ein paar Stunden war. Sie konnte nicht dorthin zurück. Sie hatte zu hart dagegen angekämpft und dabei alles verloren. Manch einer würde vielleicht sagen, dass sie damit umso mehr Grund hätte, wieder in ihre dunkle Sucht abzurutschen. Aber sie musste stark sein. Sie war nicht länger diese Person. »Ihr Freund?« Die nüchterne Frage traf sie unvorbereitet. Mit klopfendem Herzen fuhr sie herum und musterte den Mann, der sie durch die Küche hinweg anstarrte. Er war einer der reichen Jungs. Ein Gast dieser Party. Mehr als das sogar, denn Bethany hatte ihn häufig in der Nähe des Paars gesehen, das heute seine Verlobung feierte. Der Kerl sah umwerfend gut aus. So adrett und gepflegt, als wäre er einem Hochglanzmagazin entsprungen, in dem es allein um Schönheit und Reichtum ging. Eine Welt, in die sie definitiv nicht gehörte. Ohne den Blick von ihr abzuwenden, schob er die Hände in die Taschen seiner teuren Hose. Seine Pose war lässig und arrogant zugleich. Er taxierte sie mit seinen grünen Augen, als überlegte er, ob sie würdig war. Wessen würdig? Seiner Aufmerksamkeit? Was für ein lächerlicher Gedanke. Er hatte blondes Haar. Bethany hatte nie ein besonderes Faible für blonde Männer gehabt, aber seine Haare waren nicht einfach nur blond, sondern wiesen mindestens vier unterschiedliche Schattierungen auf, von Bronze bis hin zu Weizenblond sowie sämtliche Nuancen dazwischen. Er war so attraktiv, dass es fast wehtat, ihn anzusehen. »Bekomme ich eine Antwort?«, hakte er freundlich nach. Bethany schüttelte stumm den Kopf, woraufhin er zu ihrer Überraschung lachte. »Heißt das, nein, ich bekomme keine Antwort, oder nein, er ist nicht Ihr Freund?« »Er ist nicht mein Freund«, flüsterte sie. »Na, Gott sei Dank.« Sie blinzelte ihn völlig verdutzt an, dann wurden ihre Augen schmal, als er auf sie zukam. Sie trat hastig beiseite, um nicht von ihm gegen die Tür gedrängt zu werden. Sie konnte hier nicht weg, darum war Flucht keine Option. Sie brauchte die zweite Hälfte ihres Lohns zu dringend, außerdem wollte sie ihre Carepakete. Aber er änderte blitzschnell die Richtung und kam wieder auf sie zu, und dabei kam er ihr entschieden zu nah. Bethanys Puls pochte wie verrückt, und sie nahm die Hintertür ins Visier. Plötzlich war es ihr völlig schnuppe, ob sie ihr Geld bekam oder nicht. »Wie heißt du?« Sie sah zu ihm hoch. »Ist das wichtig?« Er schwieg einen Moment, dann legte er den Kopf zur Seite und antwortete: »Ja, das ist wichtig.« »Wieso?«, flüsterte sie. »Weil wir nicht die Gewohnheit haben, mit Frauen zu schlafen, deren Namen wir nicht kennen«, erklärte er unverblümt. Wow. An dieser Aussage war so vieles daneben, dass Bethany nicht wusste, wo sie anfangen sollte. Sie hob in automatischer Abwehr die Hand, bevor er auch nur einen Schritt näher kommen konnte. »Wir?«, fuhr sie auf. »Wir? Was soll das heißen? Wer zur Hölle ist wir? Im Übrigen schlafe ich mit niemandem. Nicht mit Ihnen. Nicht mit euch. Vergessen Sie’s.« »Jace will dich.« »Wer zum Geier ist Jace?« »Und ich habe beschlossen, dass ich dich auch will.« Bethany hatte große Mühe, ein zorniges Fauchen zu unterdrücken. Sie biss die Zähne zusammen und ging zum Gegenangriff über. »Ich lasse mir sexuelle Belästigung bei der Arbeit nicht bieten. Ich werde Beschwerde einlegen, dann bin ich hier weg.« Zu ihrem maßlosen Erstaunen grinste er nur, streckte die Hand aus und berührte ihre Wange. »Ganz ruhig, Schätzchen. Es ist keine sexuelle Belästigung, sondern eine Offerte. Das ist ein himmelweiter Unterschied.« »Für Sie vielleicht.« Er zuckte mit den Schultern, als interessierte es ihn nicht die Bohne, ob sie seine Meinung teilte. »Wer zum Geier ist Jace?«, wiederholte sie ihre Frage. »Und wer sind Sie? Man unterbreitet einer Frau kein unmoralisches Angebot, ohne sich zumindest vorzustellen. Gleichzeitig haben Sie ein Problem damit, mit einer Frau ins Bett zu gehen, ohne ihren Namen zu kennen? Was stimmt nicht mit Ihnen?« Er lachte wieder. Es war ein warmer, vibrierender Ton, der sich so gut anfühlte, dass Bethany sich für immer daran festhalten wollte. Er klang so sorglos, dass sie tiefen Groll und heißen Neid verspürte. Dies war ein Mann, der keine Probleme hatte. Dem alles egal war – außer, welche Frau er als Nächstes abschleppen würde. »Ich heiße Ash. Jace ist mein bester Kumpel.« »Ich bin Bethany«, entgegnete sie widerstrebend. Dann wurden ihre Augen schmal. »Und ihr wollt mich beide?« Er nickte. »Ja. Das ist bei uns nicht ungewöhnlich. Wir teilen uns oft Frauen. Eine Ménage-à-trois. Hattest du schon mal eine? Falls nicht, verspreche ich dir, dass wir dir eine unvergessliche Erfahrung schenken werden.« Ihre Nasenflügel bebten. »Doch, hatte ich. Ist ja nichts Besonderes.« Etwas flackerte in seinen Augen. Bethany erkannte, dass sie ihn überrascht hatte. Gut so. Er hätte mit einer Retourkutsche rechnen müssen, wenn er solch unsittliche Avancen machte. »Dann schläfst du vielleicht mit den falschen Männern.« Sie starrte ihn wortlos an. Was konnte sie darauf schon erwidern? Es bestand kein Zweifel, dass sie dazu tendierte, mit den falschen Männern zu schlafen. Das war nicht gerade eine bahnbrechend neue Entdeckung. »Ash.« Die Stimme zerriss die Stille in der beengten Küche. Bethany hob den Kopf und sah einen zweiten Mann, der im Durchgang stand und Ash so zornig taxierte, als wollte er ihm mit dem Blick die Haut abziehen. Ash schien nicht sonderlich besorgt darüber zu sein, dass der Kerl offensichtlich stinksauer war. Bethany war das schon. Es war der Mann, den sie zweimal dabei ertappt hatte, wie er sie beim Tischabräumen beobachtete. Seine Augen hatten eine flammend heiße Spur über ihre Haut gesengt, bis sie unter der Intensität seines Blicks erschaudert war. Während Ash lässiger und sorgloser wirkte, diese Aura von Ich bin reich und weiß es beziehungsweise Ich tue nur das, worauf ich Lust habe verströmte, war dieser Mann … Er war Ashs Gegenpol. Eindringlich war nicht das richtige Wort. Es reichte nicht annähernd aus, um ihn zu beschreiben. Er sah aus wie das Paradebeispiel eines Alphawolfs, und mit denen kannte sie sich aus. Sie hatte reichlich Erfahrung mit Männern auf der Straße und von der Straße, und sie erkannte instinktiv, dass sie sich lieber mit dem Teufel einlassen als sich von diesem Kerl mit Blicken durchbohren lassen sollte. Dunkle Augen, dunkle Haare. Er hatte wirklich tolles Haar. Es war vergleichsweise lang und außer Rand und Band. Eine Locke fiel ihm in die Stirn, und Bethany malte sich aus, wie er sie ungeduldig zurückstrich, ohne sich darum zu kümmern, ob er seine Frisur noch mehr verstrubbelte. Sein Haar reichte ihm bis zum Hemdkragen und verlieh ihm eine ungebändigte, wilde Optik, die bestimmt viele Frauen dazu brachte, ihn zähmen zu wollen. Seine Haut war gebräunt, aber es war nicht diese künstliche Bräune, auf die viele der metrosexuellen hübschen Jungs standen. Ihm haftete etwas Raues an, obwohl er nicht weniger reich und hochglanzpoliert wirkte als Ash. Es war einfach nur eine andere Art der Politur. Während Ash seinen Wohlstand wie eine zweite Haut trug, als hätte er nie etwas anderes gekannt, schien dieser Mann ihn erst später im Leben erworben zu haben und sich damit noch immer nicht so wohlzufühlen wie sein Kumpel. Es war eine an den Haaren herbeigezogene Einschätzung, aber Bethany kam nicht dagegen an. Dieser zweite Mann verströmte etwas Gefährliches, er hatte etwas an sich, das ihre Aufmerksamkeit fesselte. »Jace«, sagte Ash gelassen. »Darf ich dir Bethany vorstellen?« Oh, Scheiße. Scheiße. Scheiße. Scheiße. Das war also der andere, der auf flotte Dreier stand? Ashs bester Freund? Der Typ war involviert in das unmoralische Angebot, das Ash ihr unterbreitet hatte? Jace presste die Lippen zusammen und kam näher. Bethany wich instinktiv zurück. »Du machst ihr Angst«, wies Ash ihn vorwurfsvoll zurecht. Zu Bethanys Verblüffung blieb Jace sofort stehen, warf Ash jedoch weiterhin tödliche Blicke zu. Gott sei Dank starrte er sie nicht auf diese Weise an. »Ich hatte dir verboten, das zu tun«, meinte Jace mit dunkler, zorniger Stimme. »Tja, und ich habe nicht gehorcht.« Bethany war nun vollends verwirrt. Dann drehte Jace sich zu ihr um, und in seinen Augen schimmerte ein Ausdruck, der ihr den Atem stocken ließ. Interesse. Es war nicht einfach nur der Blick, mit dem ein Mann eine Frau bedachte, mit der er schlafen wollte. Da war noch etwas anderes, nur konnte sie nicht den Finger darauflegen, was es war. Andererseits hatte er sie den ganzen Abend beobachtet. Sie wusste das, weil sie ihn ebenfalls gemustert hatte. »Es tut mir leid«, sagte Jace. »Springt bei der Sache auch noch ein Abendessen raus?«, platzte es aus ihr heraus. Sie schämte sich sofort, gleichzeitig wusste sie noch in dem Moment, in dem Jace sie anschaute, dass sie ihn nicht gehen lassen wollte. Nicht heute Nacht. Heute Nacht wollte sie in der Sonne baden, wo es warm war und keine schlimmen Dinge passierten. Sie wollte eine Nacht, um ihr Leben, Jack und alles zu vergessen, das mit beidem zusammenhing. Dieser Mann konnte ihr das geben. Da war sie sich absolut sicher. Und wenn sie ihn nur zusammen mit Ash haben konnte, würde sie das eben in Kauf nehmen. Bethany wollte dieses Hotel nicht verlassen, um sich wieder der Kälte und dem, was sie dort erwartete, zu stellen. »Wie bitte?« Jace sah sie an, als wäre ihr ein zweiter Kopf gewachsen. Er zog die Brauen zusammen, und sein Blick wurde noch durchdringender. Es fühlte sich an, als würde er ihr Innerstes nach außen kehren. Sie deutete auf Ash. »Er sagte, ihr zwei seid auf einen flotten Dreier aus. Ich möchte wissen, ob das Angebot ein Abendessen beinhaltet.« »Aber selbstverständlich.« Ash klang beinahe gekränkt. »Also gut«, erklärte sie, bevor sie ihre Meinung noch mal ändern konnte. Sie wusste, dass es dumm war, dass es eins der dümmsten Dinge war, die sie je getan hatte, aber sie würde keinen Rückzieher machen. »Ich muss erst noch hier aufräumen«, verkündete sie, während Jace einfach nur still und grüblerisch dastand und sie keine Sekunde aus den Augen ließ. Er schaute weder zu Ash noch zur Seite, sondern sah sie unverwandt an. »Nein, das musst du nicht«, widersprach Ash. »Du kannst jederzeit Schluss machen.« Bethany schüttelte den Kopf. »Ich bekomme die zweite Hälfte meines Lohns erst, wenn ich hier fertig bin.« »Die Party neigt sich dem Ende zu. Gabe wird nicht ewig auf der Tanzfläche bleiben, wenn er in Wirklichkeit viel lieber mit Mia zu Hause im Bett wäre«, erklärte Ash. »Ich übernehme die zweite Hälfte.« Eisige Kälte durchströmte Bethany, und sie wich mit schockgefrorener Miene einen Schritt zurück. Dann schüttelte sie den Kopf. »Ich habe meine Meinung geändert.« »Was soll das heißen?«, fuhr Ash sie an. Jace rührte sich noch immer nicht vom Fleck. Schweigend und Furcht einflößend taxierte er sie die ganze Zeit. Es war nervenzermürbend, und plötzlich kam ihr der Fluchtweg in die Hintergasse immer verlockender vor. »Ich bin nicht käuflich«, sagte sie in flachem Ton. »Ich weiß, dass ich mir ein Abendessen erbeten hatte. Das hätte ich nicht tun sollen. Ihr habt mir eine sexuelle Offerte gemacht. Aber ich werde mich nicht dafür bezahlen lassen.« Eine Welle des Schmerzes durchflutete sie, als ferne Erinnerungen, die sie einfach nicht vergessen konnte, an die Oberfläche gespült wurden. Entscheidungen. Konsequenzen. Alles trudelte durcheinander, bis Bethany das Gefühl hatte, in einem dunklen, undurchdringlichen Nebel zu ersticken. Nur ein einziger Tag. Ein einziger Tag an der Sonne. Doch die Sonne war nicht für sie bestimmt. War es nie gewesen. Eine leise Verwünschung entschlüpfte Jace. Es war sein erster Laut seit einer gefühlten Ewigkeit. Dann presste er die Lippen zusammen; er schien wütend zu sein. Sein Blick glitt zur Seite und heftete sich auf Ash, und in diesem Moment dämmerte Bethany, dass er wütend auf Ash war. Stinkwütend sogar. »Ich hatte dir verboten, das zu tun«, knurrte er. »Scheiße, Mann. Du hättest auf mich hören sollen.« Die Situation wurde immer unbehaglicher. Ash wollte offensichtlich Action, Jace wollte das nicht. Ash wollte Bethany abschleppen, Jace war dagegen. Konnte diese Sache noch demütigender werden? »Ich muss wieder an die Arbeit«, verkündete sie und wich hastig zurück, um sich ihre Fluchtroute zu der Tür, die in den Ballsaal führte, zu sichern. Aber Jace war noch vor ihr dort. Er schob sich vor sie und schnitt ihr den Weg in die Freiheit ab. Er war so nah, dass sie ihn riechen konnte und von seiner Hitze eingehüllt wurde. Es fühlte sich so gut an, dass sie etwas wirklich Dummes tun und sich an ihn schmiegen wollte. Nur um zu spüren, wie seine Körperwärme über ihre Haut strich. Er schob die Finger unter ihr Kinn, wobei die Berührung so sachte war, dass Bethany nicht anders konnte, als es freiwillig anzuheben, bis ihre Blicke sich trafen. »Du bringst deine Arbeit zu Ende. Wir werden warten. Danach werden wir etwas essen. Hast du auf etwas Spezielles Lust? Möchtest du lieber auswärts oder hier im Hotel essen?« Er stellte die Fragen mit so sanfter Stimme, dass sie fast intim klangen. Dabei schaute er nicht ein einziges Mal zu Ash, sondern fixierte sie unverwandt, und Bethany war zu betört, um wegzusehen. Prompt vergaß sie, dass sie ihre Meinung darüber, mit ihnen mitzugehen, geändert hatte. Bethany löste sich aus der Intensität des Moments und linste nach unten, um ihre Klamotten in Augenschein zu nehmen. Sie hatte keine Möglichkeit, nach Hause zu gehen und die Kleidung zu wechseln, weil sie weder ein Zuhause noch Kleidung besaß. Und erst recht keine, die für ein Restaurant nach Jace’ und Ashs Geschmack angemessen gewesen wäre. Sie räusperte sich. »Im Hotel essen ist völlig in Ordnung, für mich macht es keinen Unterschied. Solange es nur heiß und lecker ist, werde ich es essen. Aber bitte nichts zu Ausgefallenes. Tatsächlich hätte ich am meisten Appetit auf einen Burger. Mit Pommes.« In diesem Moment hätte sie für beides töten können. »Und einen Orangensaft«, ergänzte sie hastig. Ein amüsiertes Lächeln umspielte Ashs Lippen, aber Jace blieb weiterhin sehr ernst. »Hamburger. Pommes. Orangensaft. Ich denke, das lässt sich einrichten.« Er warf einen Blick auf seine Armbanduhr. »Alle werden in fünfzehn Minuten aufbrechen. Wie lange wirst du hier noch brauchen?« Bethany blinzelte perplex. »Sie werden bestimmt nicht alle gleichzeitig gehen. Auch wenn die Ehrengäste sich verabschieden, bleiben immer ein paar Nachzügler zurück. Vor allem, wenn es noch Essen und Getränke gibt.« Ash schnitt ihr das Wort ab, bevor sie weitersprechen konnte. »Fünfzehn Minuten, Bethany. Dann werden alle weg sein.« Es war ein Versprechen, keine Vermutung. »Wie lange brauchst du?«, wiederholte er seine Frage ungeduldig. »Vielleicht eine halbe Stunde«, schätzte sie. Jace berührte sie wieder, indem er mit den Fingern über ihre Wange strich, dann hinauf zu ihrer Schläfe, wo er mit den Locken spielte, die sich aus ihrer Spange gelöst hatten. »Dann sehen wir dich in einer halben Stunde.« 3 Bethany brauchte fünfundzwanzig Minuten, um zu kapieren, dass sie verrückt geworden war. Fünfundzwanzig Minuten, um zu realisieren, dass sie einen kapitalen Fehler gemacht hatte. Sie wusch sich die Hände, dann überprüfte sie wieder die gefalteten Geldscheine in ihrer Hosentasche. In der Küche war Stille eingekehrt. Der Großteil des Personals hatte sich in den Feierabend verabschiedet, bis auf diejenigen, die den Putzdienst übernehmen würden. Zum Glück war das nicht ihre Aufgabe. Ihr Job hier war erledigt. Zögernd ließ sie den Blick zwischen der Tür, die in die Hintergasse mündete, und der, die zu Ash und Jace führte, hin und her wandern. Jace hatte nicht gelogen. Der Ballsaal hatte sich binnen einer Viertelstunde geleert. Bethany wusste nicht, wie er das bewerkstelligt hatte, andererseits schien er der Typ Mann zu sein, der immer bekam, was er wollte. Das Einzige, was Bethany jetzt noch von einer Nacht mit heißem Sex und gutem Essen trennte, war eine Tür. Die Tür zur Hintergasse flog auf, als ein Mitarbeiter einen Müllsack nach draußen zu den Tonnen schleifte. Ein eisiger Windstoß fuhr herein und drang ihr bis in die Knochen. Bethany fröstelte, und Gänsehaut breitete sich auf ihren Armen aus. Das war ihre andere Option: Kälte. Einsamkeit. Eine weitere Nacht in Ungewissheit. So betrachtet schien Tür Nummer zwei die einzig logische Entscheidung zu sein. Bethany stieß sich vom Tresen ab, an dem sie lehnte, und ging darauf zu. Sie holte tief Luft, ehe sie sich nach draußen wagte. Jace, der die Hände in den Hosentaschen vergraben hatte und mit einer Schulter an der Wand lehnte, erwartete sie bereits. Sein Blick fand sie sofort, dann strich er mit derselben Intensität über sie, wie es einen Augenblick zuvor der kalte Wind getan hatte. Nur dass sie dieses Mal anstatt eisiger Kälte sengende Hitze auf ihrer Haut spürte. »Bist du so weit?« Noch ehe Bethany antworten konnte, hatte er sich schon von der Wand abgestoßen und stand neben ihr, legte die Hand in ihren Nacken und streichelte mit dem Daumen über die weiche Haut unter ihrem Haaransatz. Die Berührung dieses Mannes war tödlich verführerisch. »Ash ist im Zimmer und kümmert sich um das Essen.« Sie hob den Kopf und sah Jace zum ersten Mal direkt in die Augen. »Also bleiben wir hier?« Ein Lächeln umspielte seine Mundwinkel. »Es ist mein Hotel, darum können wir die Nacht ebenso gut hier verbringen anstatt irgendwo anders.« Das Hotel gehörte ihm. Natürlich wusste sie, dass Jace und Ash zehn Nummern zu groß für sie waren, aber zu hören, wie er Es ist mein Hotel sagte, bestätigte umso mehr, dass sie sich für die Kälte und nicht für die zeitlich begrenzte Wärme hätte entscheiden sollen. »Ich war nicht auf diese Sache vorbereitet«, murmelte sie, als sie zu den Aufzügen gingen. »Ich habe nichts anderes zum Anziehen dabei … und auch sonst keine Sachen.« Bethany hätte fast gelacht, so absurd war ihre Bemerkung. Selbst wenn sie es im Vorfeld gewusst hätte, wäre sie nicht vorbereitet gekommen, weil sie überhaupt nichts anderes besaß. Sie hatte nichts als die Hoffnung, dass der nächste Tag besser sein würde als der letzte. Wieder zuckte es um Jace’ Mundwinkel, und seine Augen funkelten belustigt, als er sie in den wartenden Fahrstuhl schob. »Du wirst nichts zum Anziehen brauchen. Und auch sonst keine … Sachen.« Ihre Hände zitterten, und ihre Knie waren weich wie Pudding. Dies war die letzte Gelegenheit für einen Rückzieher. Jace beugte sich vor und drückte den Knopf für die oberste Etage. Die Tür stand noch immer offen. Es wäre ein Leichtes, wieder auszusteigen, ihm zu sagen, dass sie es sich anders überlegt habe, sich in die kalte Nacht zu flüchten und die Realität zu umarmen. Jace schaute sie plötzlich so forschend an, als hätte sie ihre Gedanken in Echtzeit an ihn übermittelt. Er ließ den Finger einen langen Moment auf dem Knopf verharren. Als Bethany sich nicht rührte, richtete er sich gerade auf, lehnte sich an die gegenüberliegende Wand und musterte sie, während die Türen zuglitten. »Du bist nervös«, bemerkte er, ohne den Blick von ihr zu nehmen. Bethany schnitt eine Grimasse, was ihm ein weiteres Lächeln entlockte. Er hatte ein Killerlächeln. Es war nicht so unbeschwert und charmant wie Ashs, dem die Kunst, so locker mit den Frauen zu flirten, dass sie ihm in Scharen verfielen, offenbar in die Wiege gelegt wurde. Bethany hatte von Jace nicht den Eindruck, als würde er oft lächeln. Er wirkte viel ernster als Ash. Aber wenn sie ehrlich war, traf seine grüblerische Alphawolf-Persönlichkeit genau ihren Nerv. Er war ein Mann, bei dem sie sich die Nacht über sicher fühlen würde, einer, der Frauen ein Gefühl großer Geborgenheit vermitteln konnte. »Es gibt nichts, weswegen du nervös sein müsstest«, beruhigte er sie, sobald der Fahrstuhl stoppte. Als sie aussteigen wollte, hielt er sie auf und zog sie in seine Arme. Er schmiegte sie an seine Brust und neigte den Kopf, bis ihre Münder einander so nah waren, dass sie seine Atemzüge spüren konnte. »Bethany, es gibt nichts, weswegen du nervös sein müsstest«, wiederholte er, während seine Lippen unendlich verlockend über ihren schwebten. Er strich mit einem Finger von ihrer Wange bis zu ihrem Mundwinkel, als der Fahrstuhl summend zu protestieren begann, weil die Türen so lange aufgehalten wurden. Jace kümmerte sich nicht darum, sondern konzentrierte sich ganz auf sie. Er studierte sie mit einer Intensität, als könnte er in ihre Seele blicken. Oder als würde er es sich zumindest wünschen. »Es geht mir gut«, wisperte sie. Und dann strahlte er richtig. Es war keines dieser Mundwinkelzucken, wo man nicht wusste, ob er gleich lächeln würde oder es unterdrückte, sondern ein hundertprozentiges Lächeln, bei dem seine Zähne blitzten. Und was für schöne Zähne er hatte. Absolut gleichmäßig und strahlend weiß. Ein Millionen-Dollar-Lächeln. Aber natürlich war alles an ihm schön … bis hin zu seinen Schuhen. Er spielte dermaßen in einer anderen Liga, dass es nicht mehr witzig war. Abgewandelte Visionen von Pretty Woman flimmerten durch ihren Kopf. Von Aschenbrödel. Das Märchen einer Nacht. Nur wusste sie es besser, als von einem Happy End zu träumen. Märchen waren eine hübsche Bettlektüre. Es war nett, über sie nachzudenken. Aber sie waren nicht im Entferntesten realistisch. Mädchen wie Bethany widerfuhren keine Märchen. Darum würde sie ihre eine Nacht auskosten und morgen mit dem weitermachen, worauf sie sich am besten verstand: von einem Tag auf den anderen zu leben und die Dinge so zu nehmen, wie sie kamen. Hauptsache überleben. Jace bedeutete ihr, aus dem Aufzug zu treten, dann schritt er, den Arm um ihre Taille gelegt, neben ihr her. Es fühlte sich gut an. Zu gut. Es war zu einfach, sich von dieser Fantasie einlullen zu lassen. Dieser Mann scherte sich einen Dreck um sie. Er wollte Sex. Sie wollte Wärme, Essen und eine Möglichkeit, ihre beschissene Existenz zu vergessen. Das war ein Deal, mit dem sie sich arrangieren konnte. Einen Augenblick später öffnete er die Tür zu einer weitläufigen Suite. Zögernd blieb Bethany im Durchgang stehen, als sie Ash entdeckte, der Teller mit Speisen auf dem polierten Esstisch verteilte. Es gab drei Platzdeckchen, und es war offensichtlich, dass sie in der Mitte sitzen würde. Ihr Orangensaftglas stand neben einem Burger samt Pommes, den zwei Teller mit Steaks flankierten. Der Duft drang ihr in die Nase, und sofort krampfte sich ihr Magen schmerzhaft zusammen. Bethany war am Verhungern, sie hatte noch nie zuvor etwas so Köstliches gerochen. Mit vor Charme sprühenden Augen drehte Ash sich zu ihr um und lächelte sie wieder auf seine lässige Weise an. »Bist du bereit, mit uns zu speisen?«, erkundigte er sich. Oh ja. Und ob sie das war. Bethany musste sich zwingen, ruhig zu nicken, anstatt zum Tisch zu stürzen und ihren Burger zu verschlingen. Jace legte die Hand an ihren Rücken und geleitete sie zum Tisch. Bethany drückte die Finger in die Handflächen, um ihr Zittern zu kaschieren, dann nahm sie Platz und rückte an den Tisch und den köstlichen Teller, der vor ihr stand, heran. Um sich nicht anmerken zu lassen, wie ausgehungert sie war, wie begierig darauf, sich über ihr Festmahl herzumachen, griff sie beiläufig nach ihrem Glas und trank einen Schluck Saft, setzte es aber sofort wieder ab, als er in ihren leeren Magen gluckerte. Wahrscheinlich wäre es ratsamer, zuerst etwas zu essen. Burger und Pommes, ja, sogar Orangensaft, waren ein so seltener Luxus, dass sie ihn bis zum Letzten auszukosten gedachte. Als Jace und Ash ihre Plätze neben ihr einnahmen, schnappte sie sich eine Fritte, zog sie durch das kleine Töpfchen mit Ketchup neben ihrem Teller und steckte sie in den Mund. »Bist du sicher, dass du kein Steak möchtest?«, fragte Ash und nickte auf seinen Teller hinunter. Bethany lief das Wasser im Mund zusammen, als sie das saftige Stück Rindfleisch betrachtete. Gott, dieser köstliche Duft brachte sie um. »Nun ja …«, setzte sie an. Ohne auf ein weiteres Wort zu warten, schnitt Ash ein Stück von seinem Steak ab und beförderte es mit der Gabel auf Bethanys Teller. Es war einen Hauch rosiger, als sie es gern hatte, aber egal. Hauptsache es schmeckte und sättigte. »Danke«, murmelte sie. Sie war sich Jace’ Blick die ganze Zeit, während sie aß, bewusst, darum zügelte sie sich instinktiv und ließ sich Zeit, um nicht zu gierig zu wirken. Bedächtig kaute sie jeden Bissen, trank ihren Saft aus und freute sich, als Ash für Nachschub sorgte. Bethany wollte alles aufessen, aber ihr Magen spielte nicht mit. Sie hatte zu lange gehungert, außerdem war sie daran gewöhnt, mit weit weniger auszukommen. Sie hatte kaum die Hälfte des Burgers und erst wenige Häppchen von dem Steak verdrückt, als ihr Bauch sich weigerte, auch nur einen einzigen weiteren Bissen aufzunehmen. »Du isst nicht viel«, kommentierte Jace, als sie den Teller von sich wegschob. »Ich habe vorhin von dem Partyessen genascht«, schwindelte sie. »Aber es hat super geschmeckt. Vielen Dank.« Jace studierte sie einen langen Moment, bis Bethany nervös auf ihrem Stuhl hin und her zu rutschen begann. Er schien ihr nicht zu glauben, doch er ritt nicht weiter auf dem Thema herum. Und was sollte es ihn auch interessieren, ob sie aß oder nicht? Sie war hier, weil die beiden Sex wollten. Sie wollten sich Befriedigung verschaffen, aber warum ausgerechnet mit ihr, das würde sie nie verstehen. Es stand zu bezweifeln, dass es ihnen Probleme bereitete, jede Frau, die sie begehrten, ins Bett zu kriegen. Eher hatten sie die freie Wahl. »Ein paar Dinge solltest du im Vorfeld wissen«, ergriff Ash das Wort. Ihre Blicke trafen sich, und Bethany stellte fest, dass er diesen spielerischen, flirtenden Ausdruck abgelegt hatte. Seine Augen waren ernst und von einer Glut erfüllt, die ihr den Atem raubte. In diesem Moment sah er fast aus wie Jace, er wirkte viel grüblerischer und … härter. Was bizarr war, nachdem ihr das Wort hart eigentlich nicht in den Sinn gekommen wäre, um Ash zu beschreiben. »Wir führen im Schlafzimmer das Kommando. Was wir sagen, wird gemacht. Wir werden uns gut um dich und deine Bedürfnisse kümmern und dafür sorgen, dass es schön für dich ist. Aber die Kontrolle liegt bei uns. Solltest du damit ein Problem haben, musst du es jetzt sagen, bevor wir zur Sache kommen.« Ein schummriges Gefühl von Panik rauschte durch ihren Körper. Wollte er sie auf den Arm nehmen? Bethany unterdrückte ihre impulsive Antwort auf sein Statement und dachte erst mal nach. Für eine Nacht alle Macht und Kontrolle abzugeben, nicht denken und nichts weiter tun zu müssen, als zu fühlen – das klang eigentlich gar nicht so abschreckend. Trotzdem musste sie ganz genau wissen, was diese Abmachung beinhaltete, wie tief die abnorme Veranlagung der beiden reichte. »Nun, das hängt davon ab, was euch vorschwebt«, antwortete sie ruhig. »Ich werde mich keinesfalls auf irgendetwas einlassen, das auch nur ansatzweise mein Leben gefährden könnte.« Jace runzelte die Stirn und warf Ash einen ärgerlichen Blick zu. »Jetzt hast du ihr eine Heidenangst eingejagt, Mann. Ich hatte dir doch gesagt, dass du dich zurückhalten und die Sache mir überlassen sollst.« »Sie muss wissen, worauf sie sich einlässt«, konterte Ash. »Ich habe sie nicht belogen, und ich werde ihr auch nichts vorgaukeln.« »Das weiß ich zu schätzen«, bemerkte Bethany trocken. Jace nahm ihre Hand und verschränkte seine Finger mit ihren. Die Geste war … süß. Irgendwie passte sie gar nicht zu seiner maskulinen Optik und den düsteren Blicken, mit denen er sie durchbohrt hatte. Sie hätte Ashs Ansprache eher von Jace erwartet. Dass er die Regeln festlegte und ihr die Wahl ließ zwischen Hopp oder Top. »Wir werden dir nicht wehtun, Bethany. Was Ash meint, ist, dass wir gern die Kontrolle haben. Wir mögen … gefügige Partnerinnen. Das soll aber nicht heißen, dass es heute Nacht einzig und allein darum geht. Du sollst nur Bescheid wissen.« »Ich verstehe.« »Und?«, hakte Jace nach. »Und was?« »Ist das okay für dich? Kannst du damit umgehen?« Bethany atmete tief durch, dann nickte sie. »Es ist okay für mich.« »Na, Gott sei Dank«, murmelte Ash. »Nachdem wir jetzt alles besprochen haben, können wir endlich zum nackten Teil übergehen?« »Ash«, sagte Jace warnend. Er hielt weiterhin Bethanys Hand, als er sich ihr zuwandte. »Geh ins Schlafzimmer. Du kannst das Bad benutzen, dich frisch machen oder was auch immer. Danach zieh dich aus und warte im Bett auf uns.« Der sanfte Befehl strich wie ein Flüstern über ihre Haut und ließ ihren ganzen Körper vor Erregung vibrieren. Der Mann war definitiv tödlich verführerisch. Wortlos gehorchend, stand Bethany auf. Ihre Hand schlüpfte aus seiner, als sie einen Schritt zurück machte, dann riss sie den Blick von ihm los, drehte sich um und verschwand im Schlafzimmer. 4 Bethany saß nackt im Bett und zog das um ihre Hüften gewickelte Laken hoch, um ihre Blöße zu bedecken. Jace kam als Erster herein und heftete sofort den Blick auf sie. Ash folgte dicht hinter ihm und nestelte mit den Fingern bereits an seinen Hemdknöpfen herum. Während Ash sich entkleidete, ohne einen Hehl daraus zu machen, worauf er aus war, blieben Bethanys Augen auf Jace fixiert. Sie fühlte sich wortlos gefangen in seinem Bann, der sich einfach nicht brechen ließ. Seine Nasenflügel flatterten, sein Kiefer war angespannt. Im Zimmer war ein attraktiver, halb nackter Mann, trotzdem konnte Bethany nicht aufhören, den voll bekleideten anzustarren. Sie verspürte ein erwartungsvolles Verlangen, das fast schmerzhaft war. »Lass das Laken fallen«, sagte Jace ruhig. »Ich will dich sehen.« Trotz der Sanftheit seines Tonfalls war es ein unmissverständlicher Befehl, und Bethany spürte, wie ein Schauder über ihre Haut lief. Vorsichtig ließ sie das Laken aus ihren nervösen Fingern gleiten. Es rutschte an ihrem Körper nach unten und drapierte sich um ihre Hüfte, sodass ihre nackten Brüste Jace’ forschendem Blick enthüllt wurden. »Auf die Knie«, wies er sie an. »Schieb das Laken beiseite. Ich möchte alles von dir sehen.« Wäre sie klug, würde sie diesen Mann fürchten. Diese ganze Situation. Es war eine impulsive Entscheidung gewesen, geboren aus Entbehrung und ihrem Bedürfnis nach einer kurzen Atempause von der Realität ihres Lebens. Niemand wusste, dass sie hier war, auf Gedeih und Verderb diesen beiden Männern ausgeliefert. Niemanden würde es kümmern. Niemand wäre besorgt, wenn sie spurlos verschwand. Mit Ausnahme von Jack. Aber wie sollte er davon erfahren? Sie hatte ihm nichts weiter gesagt, als dass sie einen Schlafplatz hatte, was zum fraglichen Zeitpunkt eine Lüge gewesen war. »Hast du Bedenken?« Bethany schaute hoch und stellte fest, dass Jace sie mit unlesbarer Miene taxierte. Ihr Blick huschte zur Seite, wo Ash stand, sein hinreißender Körper splitterfasernackt, seine Erektion steil aufragend. Als sie die Augen wieder auf Jace richtete, runzelte er die Stirn, als gefiele es ihm nicht, dass sie ihm ihre Aufmerksamkeit entzogen hatte. Sie befeuchtete ihre trockenen Lippen und schüttelte den Kopf. »Nein.« Es war eine weitere Lüge. Sie hatte sogar große Bedenken, doch änderte das nichts daran, dass sie in dieser Nacht die Erlösung brauchte, die eine andere Art von Droge ihr geben konnte. Sie wollte Wärme und einen Moment des Friedens. War das zu viel verlangt? Während Jace auf das Bett zuhielt, kniete Bethany sich hin und ließ das Laken ganz von ihrem Körper fallen. Kaum dass er die Bettkante erreichte, zog er sie in die Arme und eroberte ihren Mund mit einem hungrigen Kuss. Sie schloss die Augen und ergab sich ihm, schmolz dahin in seinen starken Armen. Die Luft knisterte vor Spannung. Ihre Begierde war ein lebendes, atmendes Wesen, das zu gigantischer Größe anschwoll. Seine samtweiche Zunge drängte nach innen und strich warm über ihre, schenkte ihr Trost bis tief in die Seele. Seine Hände fuhren über ihre Arme, verstärkten den Druck und zogen sie noch näher, als die leidenschaftlichen Geräusche ihrer Küsse sich intensivierten, bis Bethany nichts anderes mehr hörte. Dann kam Ash dazu, und die Magie des Moments verflog. Er streichelte ihren nackten Rücken, dann federte die Matratze, als er sich hinter ihr in Stellung brachte. Bethany verkrampfte sich an Jace’ Körper, doch Ash drückte seinen warmen Mund in ihren Nacken, und sie entspannte sich wieder. Er ließ sich Zeit, um sie nicht zu überfordern, und schien zufrieden damit, Jace die Führung zu überlassen. Als Jace sich von ihr löste, kribbelte ihr Mund von der rauen Erstürmung. Er sah auf sie hinunter und versengte ihre Haut mit seinem Blick. Ihr stockte der Atem, und ihre Brust wurde eng vor gespannter Erwartung. Ashs Hände strichen über ihre Schultern, sein Mund glitt über ihren Hals, doch sie hatte nur Augen für Jace, während sie auf den Moment wartete, in dem er Anspruch auf sie erheben würde. Bethany wollte seine Hände auf ihrem Körper, seinen Mund an ihrer Haut, ihn in und auf sich spüren. Er war ein Mann, der einer Frau immer das Gefühl geben würde, bei ihm sicher zu sein, und sie war eine Frau, die sich sicher fühlen wollte. Als Ash ihre Arme streichelte und die Hände dann ein weiteres Mal, fester nun, um ihre Schultern schloss, begann Jace, sein Hemd aufzuknöpfen. Ash zog sie rücklings an seinen Oberkörper und schmiegte sie an sich, während Jace sich seiner Kleidung entledigte. Begehren flammte in ihrem Bauch auf, während Ashs Hitze sie einhüllte. Er legte die Finger um ihre kleinen Brüste, hob sie an und wog ihr Gewicht in den Händen, dann strich er sanft mit den Daumen über ihre Nippel, woraufhin sie sich sofort schmerzhaft versteiften. Bethany schnappte nach Luft, als Jace’ Hose auf dem Fußboden landete und er nur noch mit schwarzen Boxershorts bekleidet vor ihr stand. Sie waren eng geschnitten und gaben den Blick auf muskulöse Oberschenkel sowie die sehr klar erkennbare Kontur seiner Erektion frei. Der Mann war auf eine Furcht einflößende, atemberaubende Weise schön, wie Bethany es nie zuvor gesehen hatte. Licht und Dunkel. Ash und Jace. Zwei komplett verschiedene Persönlichkeiten. Jace verströmte pure Intensität, als er an den Bund seiner Shorts fasste und Bethany dabei mit den Augen verschlang. Sie vergaß zu atmen, vergaß Ashs sinnliche Erforschung ihrer Brüste. Jace’ Phallus sprang hervor und richtete sich mächtig und pulsierend auf. Er trat ans Bett, beugte sich nach unten und zog sie grob aus Ashs Armen in seine eigenen. Sie fiel gegen ihn, der Kontakt seiner Haut an ihrer wie ein elektrischer Stromstoß. Ihre Knie berührten kaum noch die Matratze, als er sie fest in seinen Armen hielt und sie küsste. Eine Hand ruhte besitzergreifend auf ihrem Po, die andere zwischen ihren Schulterblättern. Ihr Busen wurde gegen den harten Stahl seiner Brust gepresst, und Ashs Hände, die so zärtlich ihre Nippel liebkost und geneckt hatten, gerieten augenblicklich in Vergessenheit. Ihr ganzer Körper stand in Flammen. Das hier war … Wahnsinn. Es hatte nichts mehr mit gewöhnlicher Lust oder Begierde zu tun. Sie wusste nichts über diesen Mann, trotzdem brauchte sie ihn mehr, als sie je zuvor etwas gebraucht hatte. »Ihre Muschi gehört mir.« Bethany blinzelte, als sie Jace’ leise geknurrten Worte vernahm. Sie hallten in der Stille wider, dicht gefolgt von Ashs sanftem Lachen. »So selbstsüchtig kenne ich dich gar nicht, Kumpel«, erwiderte Ash mit leicht amüsierter Stimme. »Aber von mir aus. Sie hat einen süßen Mund, und ich wette, ihr Hintern ist sogar noch süßer.« Als Jace seine Position verlagerte, wurde am Spiel seiner Armmuskeln deutlich, wie kräftig er wirklich war. Halb rechnete Bethany damit, dass er sie einfach auf den Rücken werfen und bis zur Bewusstlosigkeit durchvögeln würde, doch stattdessen bettete er sie behutsam auf die Matratze. Der Geste haftete etwas beinahe Ehrfürchtiges an, das Bethany sich nicht erklären konnte. Sobald sie auf dem Rücken lag, ließ er die Hände zärtlich über ihren Körper wandern, als könne er nicht anders. Seine Handflächen glitten von ihren Brüsten zu ihrem Bauch und schließlich zu ihren Hüften. Er positionierte sie so, dass sie mit dem Gesäß auf der Bettkante lag und ihre Beine nach unten hingen. Bethany war vollkommen überrumpelt, als er sich zwischen ihren Schenkeln auf den Teppich kniete und den Mund senkte. Oh Gott. »Ich werde dich jetzt kosten«, verkündete er heiser. Als seine Zunge ihren Kitzler berührte, begann sie am ganzen Körper zu beben. Mithilfe seiner Finger spreizte er sie weiter, dann leckte er sie wieder, und sie zuckte, als eine gigantische Welle der Lust sie überrollte. Ash schob sanft die Hand unter ihr Kinn und drehte es in seine Richtung. Ihre Lippen berührten die Spitze seines Glieds, doch sie zögerte. »Öffne den Mund, Süße«, sagte er. Obwohl hübsch verpackt, war es keine Bitte. Es klang nicht der Anflug eines schmeichelnden Untertons in seiner Stimme mit. Es war ein Befehl, und Bethany würde sich ihm nicht widersetzen. Ihre Lippen teilten sich, er führte sein Glied dazwischen und drang in ihren Mund ein, während er die Hand hinter ihren Kopf legte, um ihn zu stützen. »Genau so. Saug an ihm«, verlangte Ash, als er tiefer hineinglitt. Er stöhnte leise und verstärkte den Druck seiner Finger. Bethany schloss die Augen, während Ash das Tempo vorgab. Womit sie kein Problem hatte, da ihr ohnehin die Konzentration fehlte, um die Kontrolle zu übernehmen. Jace brachte sie mit seinem schönen Mund, seiner geschickten Zunge zum Verglühen. Er tastete sich nicht zaghaft heran, sondern strich mit der Zunge über ihre Klitoris, dann ließ er sie zu ihrem Eingang schlüpfen und penetrierte sie mit saugenden, leckenden Bewegungen, als könne er nicht genug von ihr bekommen. Ash richtete sich gerade auf, veränderte den Winkel und nahm eine dominantere Körperhaltung ein, sodass Bethany keine andere Wahl blieb, als seine Erektion so tief aufzunehmen, wie er es wollte. Plötzlich löste Jace für einen kurzen Moment den Mund von ihr. »Tu ihr nicht weh.« Ash wurde augenblicklich reglos. Bethany spürte die Anspannung, die ihn erfasste. Er zog sich zurück und wandte sich mit zorniger Miene Jace zu. »Wann habe ich je einer Frau wehgetan, Jace?« Seine Stimme klang völlig verändert, als das gekränkte, aufgebrachte männliche Alphatier in ihm die Oberhand gewann. Verschwunden war seine lockere, charmante Ausstrahlung, als dahinter etwas völlig anderes zum Vorschein kam. »Mal im Ernst, Mann! Wieso sagst du so einen Scheiß? Was zur Hölle denkst du dir dabei?« Bethany versuchte, sich aufzusetzen. Mit einem Mal wollte sie nicht mehr zwischen diesen beiden Männern sein. Doch Jace legte sanft, aber bestimmt die Hand auf ihren Bauch und drückte sie nach unten. Er sah sie noch nicht einmal an, während er ihr mit dieser Geste stumm zu verstehen gab, sich nicht vom Fleck zu rühren. »Es war nur eine Warnung«, erklärte Jace leise. »Ich möchte sie nicht überfordern.« Die beiden Männer lieferten sich ein wortloses Blickduell, dann schien Ash Jace’ Miene etwas zu entnehmen, das ihn zum Einlenken veranlasste. Der Zorn wich aus seinem Gesicht, als er den Mund auf Bethanys legte und sie auf eine Weise küsste, die dazu gedacht war, sie zu beruhigen. »Ich werde dir nicht wehtun«, raunte er an ihren Lippen. »Ich weiß«, sagte sie wahrheitsgemäß. Weil Jace es nicht zulassen würde. »Auf Hände und Knie«, befahl Jace und unterbrach damit den kurzen Austausch von Zärtlichkeiten zwischen ihr und Ash. Als sie nach unten schaute und die Intensität in Jace’ Blick bemerkte, überlief sie ein neuer Schauder der Wollust. Noch während sie sich umdrehte, kam Jace schon zu ihr und legte die Hände an ihren Körper, um ihr auf alle viere zu helfen. Nachdem sie ihre Stellung eingenommen hatte, hauchte er einen Kuss auf ihr Kreuz. »Ich muss ein Kondom holen, Baby.« Damit löste er sich von ihr. Kühle Luft strich über ihren Körper, und sie bekam eine Gänsehaut. Ash schob die Finger in ihr Haar und strich ihr zärtlich mehrere losgelöste Strähnen aus dem Gesicht, während er sich vor ihr positionierte. Auf den Knien kauernd, drückte er seinen Ständer nach unten und führte ihn wieder an ihren Mund. Er beließ eine Hand in ihren Haaren, streichelte mit der anderen sanft und liebevoll ihre Wange und ihr Kinn, während er zwischen ihre Lippen eintauchte. Sein Duft füllte ihre Nase, sein Geschmack ihren Mund. Und dann war Jace zurück. Er legte die Hände auf ihren Po und liebkoste ihn, dann küsste er wieder ihr Kreuz, bevor er die Zunge entlang ihrer Wirbelsäule nach oben gleiten ließ. Bis in die Zehenspitzen erschaudernd, schloss Bethany die Augen, als Ash tiefer in ihren Mund vordrang. Sie wollte Jace in sich spüren. Sie brauchte ihn. Sie wollte, dass er sie wieder und wieder ausfüllte, um so die Dunkelheit zu vertreiben und sie von innen heraus zu wärmen. Endlich wölbte Jace eine Hand um ihre Gesäßbacke, während er mit der anderen seinen Phallus zu ihrer Öffnung führte. Er rieb mit der Spitze über den Eingang, dann über ihren Kitzler und ließ sie wieder nach oben durch ihre Nässe gleiten. Er testete, wollte sich vergewissern, dass sie bereit war. Sie zuckte mit dem Becken und stöhnte ein Bitte um Ashs Erektion herum. Jace wurde ganz still. So still, dass Bethany einen Augenblick lang fürchtete, sich falsch verhalten zu haben. Doch dann drang er in sie ein. Seine Hand an ihrem Hintern verkrampfte sich, und Bethany merkte, welche Anstrengung es ihm abverlangte, sich zurückzuhalten. Er schien solche Angst davor zu haben, ihr wehzutun. Wirkte sie derart zerbrechlich auf ihn? Was hatte er in ihren Augen gesehen, das ihn dazu veranlasste, seinen besten Freund fast schon zu demütigen und sie mit solcher Ehrerbietung zu behandeln? »Wunderschön«, murmelte Ash, als er wieder durch ihren Mund strich. »Wunderschön«, erklang Jace’ Echo. Er stieß so tief in sie hinein, dass seine Hoden gegen ihre Vulva gepresst wurden. Dann verharrte er so und streichelte ihren Rücken, bis lustvolle Schauder durch all ihre Nervenbahnen zuckten. Mit geschlossenen Augen kostete sie das Gefühl aus, ganz ausgefüllt zu sein und gedehnt zu werden. Jeder Kontakt seines Körpers mit ihrem hypersensiblen Fleisch löste neue Wellen der Lust in ihr aus. Er zog sich zurück, bevor er mit langsamen, sinnlichen, kontrollierten Bewegungen wieder in sie eindrang. Aber Bethany wollte nicht, dass er sich kontrollierte. Sie wollte, dass er sich gehen ließ und hart und wuchtig in sie hineinstieß. Sie wollte sich so sehr in diesem Erlebnis verlieren, bis sie an nichts anderes mehr denken konnte als an die himmlischen Wonnen, von denen sie wusste, dass die beiden sie ihr schenken würden. Sie drängte sich Jace entgegen, während ihre Lippen über Ashs steifen Penis glitten und sie seinen herben, maskulinen Geschmack mit der Zunge kostete. Jace gab ihr einen festen Klaps auf den Po, und sie zuckte zusammen, während sich ihr gleichzeitig ein lustvolles Stöhnen entrang, das über Ashs Erektion vibrierte. »Hab Geduld, Baby«, murmelte Jace. »Ich will, dass es gut für dich ist. Du bist einfach fantastisch. Es soll nicht zu schnell vorbei sein.« »Oh, verdammt«, ächzte Ash, als ihre Zunge um seine pilzförmige Eichel kreiste. »Ich werde mich nicht mehr lange zurückhalten können. Ihr Mund ist wie Seide.« Bethany lächelte und war sich plötzlich ihrer Fähigkeit gewiss, die beiden so sehr in den Wahnsinn treiben zu können, wie sie es mit ihr taten. »Süße, wenn du meinen Schwanz weiter auf diese Weise bearbeitest, werde ich jeden Moment auf deiner Zunge explodieren. Aber genau wie Jace will ich nicht, dass das hier zu schnell vorbei ist. Ich möchte deinen Mund so lange wie möglich genießen.« Jace verstärkte den Druck seiner Hände an ihrem Hintern. Sein ganzer Körper verspannte sich, aber Bethany wusste, dass der Grund nicht sein sich ankündigender Orgasmus war. Er wirkte … irritiert. Jedes Mal, wenn Ash etwas sagte, verkrampfte Jace sich. Fast schien es, als wollte er die Anwesenheit des anderen Mannes am liebsten vergessen. Sie konnte sich keinen Reim darauf machen, denn Ash zufolge war das hier keine unübliche sexuelle Konstellation für die beiden. Sie grübelte kurz, ob sie vielleicht bi waren, allerdings hatten sie bisher sorgsam Distanz zueinander gewahrt. Es gab nicht den leisesten Hinweis darauf, dass sie sich zueinander hingezogen fühlten. Und zu ihr? Doch, zu ihr fühlten sie sich – zumindest körperlich – definitiv hingezogen. Jace nahm seine behutsamen Stöße wieder auf, und sein Glied schwoll mit jedem weiter an. Er schien kurz vor dem Höhepunkt zu stehen, und Bethany fragte sich unwillkürlich, ob sie ihn noch würde aufnehmen können, wenn er noch größer wurde. Aber die Empfindung, von so viel heißer Begierde ausgefüllt zu sein, war überwältigend. Er zog sich zurück, bis seine Spitze gerade noch in ihrem Schoß steckte, dann noch ein Stück weiter, sodass sie kaum noch ihre Öffnung berührte. Dann drang er mit einem schnellen, harten, erregenden Stoß wieder tief in sie ein. Bethany keuchte, und ihr ganzer Körper wurde von unkontrollierbaren ekstatischen Zuckungen erfasst. Ihre Hände waren plötzlich zu schwach, um sie weiterhin zu stützen. Ihre Arme knickten ein, doch Ash fing sie auf und nahm eine sitzende Haltung ein, damit ihre Lippen noch immer fest seinen Schaft umschließen konnten. Er legte eine Hand an ihr Kinn, mit der anderen strich er durch ihre langen Locken. Die Geste war … rührend. Die beiden schienen so besorgt um sie, dabei war allein schon der Gedanke absurd. Sie interessierten sich nicht die Bohne für sie. Bethany war für sie nicht mehr als eine Muschi und ein hübscher Hintern. »Niemand hat gesagt, dass du nicht kommen darfst, Süße«, brummte Ash. »Sondern nur, dass Jace und ich uns noch etwas aufsparen wollen. Aber du wirst noch mal kommen, dafür garantiere ich. Halte es nicht zurück. Ich will deinen Mund um meinen Ständer und Jace deine Spalte wie eine Faust um seinen spüren, wenn du kommst.« »Ash … Halt den Mund«, knurrte Jace. Ash verstummte, doch seine heiseren Worte schienen ihren Körper zu entfesseln. Ihr Orgasmus entzündete sich heiß und knisternd, als würde eine Flamme an trockenes Holz gehalten, dann brannte er lichterloh. Bethany konnte nicht stillhalten. Ash verstärkte den Griff um ihr Kinn, als sein Glied aus ihrem Mund zu schlüpfen drohte. Er stieß tiefer zu, während sie in wilder Ekstase mit dem Becken gegen Jace hämmerte. »Bitte«, keuchte sie um Ashs Glied herum. »Härter, Jace. Ich brauche es härter. Bitte.« »Zum Teufel, Jace. Gib es ihr«, befahl Ash mit verzerrter Stimme. Jace’ große Hände streichelten andächtig ihren Rücken, bevor sie zu ihrem Hintern glitten und ihn besitzergreifend umschlossen. Er begann, hart zuzustoßen. Schnell und tief. Die Reibung war so unfassbar köstlich, dass sich das Zimmer um Bethany zu drehen begann. Sie schloss die Augen und nahm Ash tiefer in sich auf, umschloss ihn fest mit dem Mund. Ihr gesamter Körper erbebte unter der Kraft von Jace’ Eroberung. Der Druck war so wundervoll, dass sie es fast nicht aushielt. Die Erlösung begann tief in ihrem Bauch, im Zentrum ihres Seins, dann baute sie sich mit der Kraft eines Vulkanausbruchs auf, dessen lavaheiße Hitze sie verzehrte. »Oh Gott!«, stöhnte Ash. »Verdammt, ich komme!« Im selben Moment, als sich der erste Funke ihres Höhepunkts zu einem Brillantfeuerwerk auswuchs, schoss der erste Schwall heißen Spermas in ihre Kehle. Bethany schrie auf, doch der Laut wurde erstickt, als Ash nach oben stieß, bis ihre Lippen das drahtige Haar in seinem Schritt berührten. Von unkontrollierten Zuckungen erschüttert, hörte sie, wie Jace eine leise Verwünschung ausstieß. Er grub die Finger derart fest in ihre Pobacken, dass sie hundertprozentig blaue Flecken davontragen würden. Er bewegte sich immer schneller, und die feuchten Geräusche, die sein Phallus beim Eintauchen in ihren Schoß erzeugte, hallten laut in der Stille wider. Bethany schluckte die heiße Flüssigkeit, die Ash ejakulierte, und von der einige Tropfen auf ihren Lippen landeten. Vorsichtig hob er ihren Kopf an und zog sich aus ihrem Mund zurück, dann bettete er ihre Wange sanft auf die Matratze. Mit weichen, zärtlichen Fingern streichelte er weiter ihr Haar, während Jace seinen erbarmungslosen Sturmangriff auf ihre Sinne fortsetzte. Immer noch schneller werdend und seine Hüften gegen ihr Hinterteil hämmernd, rammte sich Jace in sie hinein. Mit geschlossenen Augen und matt vor Befriedigung lag Bethany unter ihm und kostete die letzten Nachbeben ihres Höhepunkts aus, während Jace sich weiter an ihr austobte. Dann verspannte er sich und stieß noch ein letztes Mal zu, bevor er tief in ihr verharrte und die Zuckungen seiner Ekstase über ihn hinwegrollten. Schließlich senkte er seinen Körper auf ihren und deckte sie mit seiner Wärme zu. Er gab ihr einen sanften Kuss auf die Schulter. Die Geste war so … süß. So unglaublich zärtlich. Fast wie die eines Liebenden. »Ich wollte nicht, dass es so schnell geht«, raunte er ihr zu. »Aber du bist so verdammt hinreißend, Baby.« Seine Worte wärmten sie noch mehr als der Körperkontakt, als ihr Orgasmus. Sie schlichen sich in ihr Herz und lösten dort Gefühle aus, denen Bethany lieber nicht auf den Grund gehen wollte. One-Night-Stands waren keine neue Erfahrung für sie. Bedeutungsloser Sex war etwas, womit sie sich auskannte seit den Tagen, in denen sie stumpfsinnige Lebensbewältigung betrieben und Antworten auf Fragen gesucht hatte, auf die es keine Antworten gab. Aber das hier … Sie musste mit diesen sinnlosen Gedankenspielen aufhören. Das hier bedeutete nichts. Es gab keinen Unterschied zu ihren anderen belanglosen, einmaligen sexuellen Abenteuern. Indem sie mehr hineininterpretierte, öffnete sie nur dem leidvollen Schmerz Tür und Tor. Ash senkte den Kopf und strich mit den Lippen über ihre Wange. »Ich hole dir etwas zu trinken. Möchtest du noch einen O-Saft?« »Ja«, murmelte sie verträumt, während sie noch immer das Gefühl auskostete, mit Jace vereinigt zu sein, umhüllt von seiner Hitze und mit dem beschützenden Gewicht seines athletischen Körpers auf ihrem. Sobald Ash das Bett verlassen hatte, küsste Jace sie wieder auf die Schulter, bevor er sich zu ihrem Leidwesen hochstemmte und aus ihr herausglitt. Ein protestierendes Wimmern, das sie nicht beabsichtigt hatte, entschlüpfte ihren Lippen. »Ich muss das Kondom entsorgen, Baby«, sagte er. »Ich bin sofort zurück.« Seiner Wärme entzogen, wurde Bethany sofort kalt. Sie fror von innen heraus. Sie legte sich bäuchlings aufs Bett, ohne zu wissen, was als Nächstes passieren würde. Sollte sie aufstehen und gehen? Erwarteten sie von ihr, dass sie über Nacht blieb? In der Vergangenheit hatte sie die Spielregeln immer gekannt. Doch das hier lag komplett außerhalb ihres Erfahrungsbereichs. Abgesehen davon hatte sie keinen Ort, an den sie gehen konnte, außer wieder hinaus in die Kälte. Sie wollte nicht, dass diese Nacht endete. Traurigkeit erfasste sie. Sie hätte sich niemals auf diese Sache einlassen dürfen. Es war eine vorübergehende Verschnaufpause gewesen, eine willkommene Abwechslung zur Einsamkeit ihres Lebens, doch sie wusste, dass sich dieses Leben nur noch beschissener anfühlen würde, sobald sie gezwungen wäre zu gehen. Als Jace wieder aufs Bett krabbelte, hob Bethany den Kopf. Sie fürchtete sich vor dem, was sie vielleicht in seinem Gesicht sehen würde. Sie öffnete den Mund, um ihn zu fragen, ob sie gehen solle, doch er zog sie in seine Arme und schmiegte sie an seine Seite. Also wollte er sie vielleicht doch noch nicht loswerden. Ihr sollte es recht sein. Sie kuschelte sich an ihn und gönnte sich den Luxus, in seiner natürlichen Körperwärme zu baden. Einen Moment später kehrte Ash zurück und machte es sich auf ihrer anderen Seite bequem. Jace drückte sie sofort fester an sich, seine Arme eine Barriere, die verhinderte, dass Ash in irgendeiner Weise auf Tuchfühlung mit ihr gehen konnte. »Hier ist dein O-Saft«, sagte Ash. Jace schob Bethany behutsam in eine sitzende Position, dabei setzte auch er sich auf und hielt sie weiter fest in seinen Armen. Es kam ihr ein wenig bizarr vor, zwischen zwei nackten Männern zu sitzen und Orangensaft zu trinken. Irgendwie dekadent. Dankbar nippte sie an ihrem Glas. Ihr Mund war trocken und ein bisschen wund von Ashs Eroberung. Andere Teile ihres Körpers mussten ebenfalls wund sein. Ihr letztes Mal lag lange zurück. Doch sie würde dieses Erlebnis immer in guter Erinnerung behalten, diese eine Nacht abseits der Realität ihres Lebens. »Soll ich jetzt gehen?«, fragte sie zögerlich, als sie Ash das Glas zurückgab. Er schürzte die Lippen, und Jace’ Arm wurde zu einem Stahlband um ihre Taille. »Ganz sicher nicht«, knurrte Jace. »Wir sind noch lange nicht fertig. Du bleibst heute Nacht hier. Es ist draußen viel zu kalt, und es ist spät. Ich will nicht, dass du um diese Uhrzeit allein unterwegs bist.« Bethany bemühte sich, ein erleichtertes Seufzen zu unterdrücken, doch ihr Körper verriet sie, indem er gegen Jace sackte. Er küsste sie auf den Scheitel. »Gib uns ein paar Minuten, damit wir uns erholen können, anschließend läuten wir die nächste Runde ein«, schlug Ash vor. Begierde glitzerte in seinen grünen Augen. Er sah sie einen Moment prüfend an, während Jace’ Hand nach oben glitt, sich um ihre zierliche Brust wölbte und sein Daumen federleicht über ihren Nippel flatterte. Bethany hatte gerade erst den unglaublichsten Orgasmus ihres Lebens gehabt, aber ihr Körper verlangte schon jetzt nach mehr. »Du sagtest, dass du schon mal einen flotten Dreier hattest«, meinte Ash beiläufig. »Traust du dir zu, Jace und mich gleichzeitig aufzunehmen? Hast du so was schon mal gemacht?« Hitze brandete über Bethanys Gesicht und färbte ihre Wangen purpurrot. Zu verlegen, um ihre Antwort zu artikulieren, schüttelte sie wortlos den Kopf. Das Bild, das seine Frage vor ihrem geistigen Auge entstehen ließ, sandte eine Welle der Lust durch ihren Körper. Die Vorstellung, beide Männer auf diese Weise gleichzeitig aufzunehmen, schürte ihre Erregung ins Unermessliche. »Möchtest du es versuchen?«, fragte Ash mit einem spitzbübischen Grinsen. »Du musst nicht«, murmelte Jace an ihrem Ohr. »Wenn du schon einen Dreier hattest, was habt ihr dann gemacht, wenn nicht beide Männer gleichzeitig in dir waren?«, erkundigte sich Ash verwundert. Bethanys Wangen glühten noch immer, und sie schaffte es nicht, seinen Blick zu erwidern. All ihrer sexuellen Erfahrung zum Trotz fühlte sie sich wie eine naive Jungfrau. »Na ja, so wie vorhin«, gestand sie kleinlaut. »Wie wir es gemacht haben.« »Ach so«, meinte Ash. »Einer hat deinen Mund, der andere deine Muschi genommen?« Bethany nickte. »Hattest du überhaupt schon mal Analsex?« »Ash«, knurrte Jace warnend. »Halt dich zurück. Du machst sie verlegen.« Ash zuckte mit den Achseln. »Es gibt keinen Grund für Verlegenheit. Wir sitzen hier splitternackt im Bett und hatten gerade Sex mit ihr.« Da war was Wahres dran. »Ja, ich hatte schon Analsex.« »Hat es dir gefallen?«, wollte Ash wissen. »Nicht wirklich, nein«, bekannte sie. »Dann werden wir es nicht tun«, sagte Jace bestimmt. Sein Kiefer war angespannt und sein Blick herausfordernd auf Ash gerichtet, als wollte er ihn warnen, nicht weiter auf dem Thema zu bestehen. Bethany hüstelte nervös. »Ich würde es gern versuchen. Der Typ, mit dem ich es ausprobiert habe, war nicht gerade … talentiert. Kein Vergleich zu euch beiden.« Ash lachte leise. »Nein, Baby«, sagte Jace grimmig. »Du musst dich auf nichts einlassen, nur weil du denkst, dass wir es wollen.« »Mit euch wird es gut sein«, flüsterte sie. »Darauf kannst du dich verlassen«, entgegnete Ash. »Wir werden dir nicht wehtun, Süße. Wir gehen es langsam und sanft an, und wenn es dir nicht gefällt, brechen wir sofort ab. Aber es ist eine echt heiße Erfahrung.« Ja, davon war sie überzeugt. Welche Frau würde sich nicht von Männern wie Ash und Jace in eine solche Praxis einführen lassen wollen? »Hast du Hunger?«, fragte Jace. »Du hast nicht viel gegessen. Möchtest du noch etwas, bevor wir in die nächste Runde gehen?« Beim Sprechen schob er ihr eine Haarsträhne aus dem Gesicht und klemmte sie hinter ihr Ohr. Bethany hob den Kopf und blickte in seine wunderschönen schokoladenbraunen Augen. »Ich könnte schon etwas vertragen«, sagte sie aufrichtig. Sie verspürte plötzlich einen Bärenhunger, und die Aussicht darauf, ihren Burger zu Ende zu essen, war mehr als verlockend. »Ich werde uns noch etwas aufs Zimmer bestellen«, verkündete Ash und rutschte zum Nachttisch, auf dem das Telefon stand. »Das musst du nicht«, protestierte sie. »Ich habe meinen halben Burger übrig gelassen.« »Wir lassen dir etwas Frisches, Warmes kommen«, versprach Jace und beugte sich nach unten, um sie auf den Mundwinkel zu küssen. »Möchtest du noch einen Burger oder lieber etwas anderes?«, fragte Ash mit dem Hörer am Ohr. »Einfach irgendein Sandwich«, antwortete Bethany, da sie nicht unverschämt sein wollte. »Und eine heiße Schokolade, wenn es nicht zu viele Umstände macht.« Ash lächelte. »Das macht überhaupt keine Umstände.« 5 Jace sah zu, wie Bethany mit übereinandergeschlagenen Beinen auf dem Bett saß und das Club-Sandwich verdrückte, das sie beim Zimmerservice geordert hatten. Sie schien jeden einzelnen Bissen zu genießen und aß mit einer Andacht, die er noch nicht oft gesehen hatte. Sie beeilte sich nicht, trotzdem haftete ihren Bewegungen eine Dringlichkeit an, die er sich nicht recht erklären konnte. Sie trank ihre heiße Schokolade, und ihr Gesicht nahm bei jedem Schluck einen verzückten Ausdruck an. Jace wünschte, sie hätten mehr als nur eine Tasse bestellt. Sie hatten nicht zugelassen, dass sie sich ankleidete – Jace wollte sie hier in seinem Bett, wo er sie sehen, sie fühlen und berühren konnte, wann immer ihn der Wunsch überkam. Nur Ash hatte sich rasch angezogen, um dem Zimmerservice zu öffnen. Es wäre ein Leichtes, ihn zu bitten, zu gehen, damit Jace den Rest der Nacht allein mit Bethany verbringen konnte. Ihm gefiel die Vorstellung, wie sie sich nur zu zweit nackt hier vergnügten und so oft Sex miteinander hatten, wie es ihnen beliebte. »Das war wirklich köstlich«, seufzte sie, als sie ihre heiße Schokolade bis auf den letzten Tropfen ausgetrunken hatte. »Danke.« »Gern geschehen«, sagte Jace. Ash sammelte das Geschirr ein und trug es ins Wohnzimmer. Sobald er zurück war, schlüpfte er sofort wieder aus seinen Klamotten. Die erwartungsvolle Spannung, die mit seiner Rückkehr Einzug hielt, ließ Bethany den Atem stocken. Jace beobachtete sie ganz genau und hielt nach einem Hinweis darauf Ausschau, dass sie vor dem zurückschreckte, was als Nächstes passieren würde. Sollte er auch nur das kleinste Zögern bemerken, würde er die Sache abblasen, ohne sich darum zu kümmern, ob es Ash passte oder nicht. Diese Nacht lief vollkommen falsch. Er wollte seinen besten Freund nicht hier haben und sein Mädchen mit ihm teilen. Sein Mädchen. Jace hatte bereits Anspruch auf sie erhoben, und trotzdem würde er zulassen, das Ash es mit ihr tat. Wieder. Das Ganze war einfach nur krank. »Auf die Knie mit dir, Süße. Verwöhn Jace mit dem Mund. Wir wollen nichts überstürzen. Ich werde schön langsam und vorsichtig zur Sache kommen und dich erst richtig scharfmachen, damit es dir nicht wehtut.« Bethanys Augen weiteten sich, und Jace’ Antennen gerieten in Alarmbereitschaft. Auf keinen Fall würde er Ash das Kommando überlassen. Sie würden das hier nach seinen Regeln machen, auch wenn er es eigentlich überhaupt nicht tun wollte. Jace schüttelte kurz den Kopf, um Ash, der bereits auf das Bett zusteuerte, zu stoppen. Ohne ein Wort wandte er sich Bethany zu, küsste ihren süßen Mund und tauchte seine Zunge hinein. Sie schmeckte nach der Schokolade, die sie gerade getrunken hatte. Warm und köstlich. Ihr Atem ging in winzigen Stößen, die in seinen Mund barsten. Er wollte mehr. So viel mehr. »Ich werde dich erst richtig scharfmachen«, wiederholte er Ashs Versprechen. »Aber ich werde es auf meine Weise tun. Ich will dich heiß und feucht. Und dafür werde ich sorgen, indem ich dich mit der Zunge verwöhne, bis du kurz davor bist zu kommen.« Seine Worte lösten ein köstliches Beben der Vorfreude in Bethanys Körper aus. Sie war unbeschreiblich empfänglich, und Jace wollte sich gern einbilden, dass sie das nur bei ihm war. Er hätte sich nicht träumen lassen, dass sie mehr auf ihn fokussiert sein würde als auf Ash. Vielleicht war es Wunschdenken, doch das glaubte er nicht. Ash war zwar mit von der Partie, doch die Verbindung zwischen Jace und Bethany war von Anfang an intensiver gewesen. Da konnte es keinen Zweifel geben. »Leg dich hin und spreiz die Beine für mich«, sagte Jace mit leisem Befehlston in der Stimme. Bethany hatte zuvor schon gut auf seine Autorität reagiert, und sie tat es auch jetzt wieder. Ihr Blick wurde verschleiert und ihre Miene weich, als sie sich ihm fügte. Ashs Anwesenheit ausblendend – Jace wusste im Moment noch nicht mal, wo er war –, glitt er an Bethanys Körper nach unten. Er bedeckte ihren Hals und ihre Brüste mit saugenden Küssen, dann bahnte er sich gemächlich seinen Weg über ihren flachen Bauch bis zu den weichen Löckchen zwischen ihren Schenkeln. Er atmete tief ein und labte sich an ihrem Moschusduft der Erregung. Sie war schon jetzt feucht und glänzend, als er ihre samtigen Falten teilte. Sie waren rosig und perfekt, so zart und erlesen wie der Rest von ihr. Es war, als würde man eine Blüte öffnen und Tautropfen in ihr finden. Er blies sanft auf ihren Kitzler und beobachtete, wie er sich keck aufrichtete. Dann strich er mit der flachen Zunge über die feste Knospe und ergötzte sich an dem spontanen Zucken ihres Körpers. Er leckte sie zärtlich, sorgsam darauf bedacht, nicht zu rau mit ihren empfindsamsten Stellen umzugehen. Er erforschte jeden Zentimeter ihrer seidigen Hitze, indem er die Zunge nach unten zu ihrer Öffnung gleiten ließ und mit den Lippen daran saugte. Bethany zuckte unkontrolliert und bäumte sich ihm entgegen, um mehr von seinem Mund zu bekommen. Er schaute hoch, weil er wissen wollte, ob ihre Reaktion sein Verdienst war, und stellte befriedigt fest, dass Ash sich erst jetzt an ihren Brüsten positionierte. Er hatte sie bisher noch nicht berührt. Bethanys Reaktion galt allein ihm. Er wandte seine Aufmerksamkeit wieder ihrer Spalte zu, ließ die Zunge in sie schlüpfen und besorgte es ihr mit schnellen, kurzen Stößen. Sie wurde so feucht, dass ihr Nektar seinen Mund füllte. Er könnte das die ganze Nacht lang tun. Er liebte ihren Geschmack, liebte es, wie sie sich an seiner Zunge anfühlte. So weich und seidig, wie er es sich nie hätte erträumen lassen. Jace wusste, dass sie auf den Höhepunkt zuraste. Ihr Körper war gespannt wie eine Bogensehne, und ihre Atmung beschleunigte sich. Er hob den Blick und sah, wie Ashs Mund sich um eine ihrer erigierten Brustwarzen schloss. Für einen Moment schaute er zu. Es gefiel ihm zwar nicht, diese Frau mit Ash zu teilen, aber der Anblick, wie sein Freund an Bethanys Nippel saugte, war höllisch erotisch. Zuzusehen, wie ein anderer Mann der Frau, die Jace gerade vögelte, Genuss verschaffte, war ein Reiz, der niemals verflog. »Gefällt es dir, was er tut, Bethany?« Jace’ Stimme klang heiser und schroff vor Begierde. Nein, er wollte Ash nicht hier haben, aber für den Moment konnte er sich der puren Erotik, sie dabei zu beobachten, wie sie sich von zwei Männern verwöhnen ließ, einfach nicht entziehen. »Fühlen sich unsere Münder gut für dich an, Baby?« »J-ja«, stammelte sie. »Es fühlt sich gut an, Jace. Nichts hat sich je besser angefühlt.« Tiefe Zufriedenheit durchströmte ihn. Sie mochte schon mehr oder weniger abnormen Sex zu dritt und wer weiß was sonst noch alles gehabt haben, aber seine Vorgänger waren offenbar nicht in der Lage gewesen, ihr die Art von Lust zu verschaffen, die er ihr schenken würde. Denn genau das hatte er vor. Jace rieb mit dem Daumen über ihre Klitoris, dann drückte er den Mund auf ihre Spalte und penetrierte sie rau mit der Zunge, um ihre Glut weiter anzufachen. Er wollte, dass sie kurz vor dem Orgasmus stand, dass sie halb wahnsinnig war vor Verlangen, ehe sie sie gleichzeitig nahmen. Ihr wehzutun, kam nicht infrage. Jace mochte Schmerz. Ash mochte Schmerz. Sie mochten es, Schmerz zuzufügen. Bei der richtigen Frau. Nicht, dass Bethany nicht die richtige Frau gewesen wäre. Es gab vieles, das Jace mit ihr tun, Grenzen, die er mit ihr überschreiten wollte, aber nicht heute Nacht. Heute Nacht drehte sich alles um pure Wonne. Nicht um die Art, die mit scharfem, berauschendem Schmerz, so er denn auf die richtige Weise verursacht wurde, einherging. Dafür blieb später noch reichlich Zeit. Und es würde definitiv ein Später geben. Das hier war für ihn keine einmalige Angelegenheit. Er würde Bethany wieder in seinem Bett haben. Und zwar gleich morgen Nacht. Aber es würden nur er und sie sein. Kein Ash. Auch sonst niemand. Nur Jace und Bethany, die miteinander die vielen, vielen Praktiken erforschen würden, die er mit ihr ausprobieren wollte. Er saugte ein letztes Mal an ihrem Kitzler, bevor er sich, die Hände an ihren Schenkeln, um ihr Zittern zu beruhigen, auf die Knie stützte. »Ich sage dir jetzt, wie wir die Sache angehen werden, Baby. Ash wird eine Weile mit deinem Po spielen. Lass dich darauf ein. Du wirst mir einen blasen, während er mit dir beschäftigt ist. Er wird probehalber in dich eindringen, um festzustellen, ob du ihn auf diese Weise in dir aufnehmen kannst. Sobald wir uns dessen sicher sind, wirst du auf mich rutschen, dann gleite ich in dich hinein. Anschließend penetriert Ash dich von hinten. Willst du es noch immer ausprobieren?« Ash zog sich zurück, damit Jace ihr Gesicht sehen konnte. Ihre Augen waren fiebrig vor Erregung. Ihr Blick wirkte ein wenig diffus und benommen, doch das brennende Verlangen war unverkennbar. Bethany leckte sich über die Lippen, dann nickte sie. »Du musst es sagen, Baby. Ich muss sicher sein können, dass wir uns verstehen.« »Ja«, wisperte sie. »Ich will es.« »Gott sei Dank«, murmelte Ash. »Ich kann es kaum erwarten, in diesem süßen Hintern zu sein. Ich werde sanft mit dir umgehen, Bethany. Dieses Mal wirst du es genießen.« Sie verzog den Mund zu einem schiefen, benommenen Lächeln. »Das weiß ich jetzt schon.« Jace kletterte aufs Bett, dann half er Bethany auf die Knie. »Leg den Kopf zwischen meine Beine, Baby. Reck den Po in die Luft für Ash.« Sie positionierte sich zwischen seinen Schenkeln, und er sah hinunter auf ihren dunklen Schopf, der so dicht über seiner Erektion schwebte. Er war schon jetzt kurz davor zu kommen, dabei hatte sie noch nicht mal ihre sinnlichen Lippen um ihn geschlossen. Es würde ihn jedes Quäntchen seiner Selbstbeherrschung kosten, sich zurückzuhalten, bis er in ihr war. Ash verschwand im Bad, dann kehrte er mit einer Tube Gleitmittel zurück und brachte sich hinter ihr in Stellung. Die beiden Männer schauten sich über Bethanys Körper hinweg an, und Jace schickte seinem Freund eine stumme Warnung. Ash verdrehte die Augen und seufzte einmal schwer, bevor er etwas von dem Gel auf seine Finger drückte. Sobald Ash Bethany berührte, wurde sie völlig reglos. Sie hob den Kopf und schaute Jace an, ließ ihn das Verlangen sehen, das in ihren Augen brannte. Sie umfasste seinen Penis, der sich unter ihren Fingern sofort weiter aufrichtete und noch härter wurde. »Saug daran«, befahl er. »Langsam und tief.« Sobald sie die Lippen um seine Eichel schloss und mit der Zunge über den weichen Samt der empfindlichen Unterseite strich, schloss er die Augen und schob die Finger in ihr Haar. Dann wurde sie wieder still, und ihr Mund zog sich für einen kurzen Moment um ihn herum zusammen. Jace hob den Blick und sah, dass Ash sich in Position brachte und sein Glied zwischen ihre Pobacken führte. »Ist es zu viel, Baby? Sag es mir, wenn er aufhören soll.« Sie schüttelte den Kopf und leckte mit der Zunge über seinen Schaft. Mit geschlossenen Augen nahm sie ihn tiefer auf und liebkoste ihn großzügig bis zu seinen Hoden. Gott, sie hatte einen sündhaft talentierten Mund. Plötzlich stieß sie ein Keuchen aus. Sie hob alarmiert den Kopf und riss erschrocken die Augen auf. Ein Blick zu Ash verriet Jace, dass er in ihr war. Er schmiegte die Hände um ihr Gesicht und streichelte mit den Daumen ihre Wangen. »Sieh mich an, Baby. Konzentrier dich auf mich und atme tief. Genau so. Kämpf nicht dagegen an. Lass es einfach zu. Er wird behutsam sein. Spüre, wie gut das ist, dann stell dir vor, wie es sich anfühlen wird, wenn wir beide in dir sind.« Ein Schleier legte sich über ihre Augen, und sie holte tief Luft. Sie schloss die Lider und seufzte. Ash sah aus wie immer. Er hatte den Kopf nach hinten geworfen und die Hände um ihre Pobacken gewölbt, während er die letzten verbleibenden Zentimeter überwand. »Gott«, keuchte sie. »Ihr seid beide so gut gebaut!« Ash lachte. »Schön, dass du Gefallen an uns findest, Süße.« Seine Bewegungen waren langsam und sanft, was vollkommen seinem Naturell widersprach. Aber Jace war froh, dass sein Freund sich bei Bethany zügelte. Ash mochte auf den ersten Blick der Unbekümmertere von ihnen sein, aber in puncto Sex bevorzugte er es hart, grob und dominant. Sie wählten stets Frauen, die damit kein Problem hatten, denn keiner der beiden Männer war einfach im Umgang. Und trotzdem verhielt sich Jace in dieser Nacht in völligem Widerspruch zu seinen Instinkten. Er wollte Bethany zärtlich und sanft mit dieser Erfahrung vertraut machen. Und er verlangte von Ash, dass er dasselbe tat. Bei jeder anderen Frau würde Ash längst bis zum Anschlag in ihrem Hintern stecken und sie schonungslos nehmen. »Wie fühlst du dich?«, fragte Jace sie. »Glaubst du, du bist bereit, ihn und mich gleichzeitig aufzunehmen?« Bethany öffnete die Augen und schluckte um seinen Ständer herum, womit sie ihn halb in den Wahnsinn trieb. »Baby, wenn du meinen Schwanz weiter auf diese Weise melkst, werde ich niemals lange genug durchhalten, um wieder in dich einzudringen.« Lächelnd saugte sie an seinem Glied und ließ es fast ganz aus ihrem Mund herausgleiten, bevor sie es mit der Zunge umkreiste und neckend über die Spitze leckte. »Ich bin bereit«, verkündete sie mit heiserer, aufgeregter Stimme. »Ich will euch beide.« Mit einem ungeduldigen Flackern in den Augen zog Ash sich sofort zurück. Er wollte so dringend wieder in sie hinein, wie Jace sie endlich penetrieren wollte. »Komm her«, verlangte Jace und streckte die Arme nach ihr aus. Sie kletterte auf seinen Körper, bis sie rittlings auf ihm saß. Jace schloss die Faust um die Wurzel seines Glieds, und Bethany hob das Becken, damit er sich in Position bringen konnte. »Lass es langsam angehen, Baby. Ich möchte dir nicht wehtun.« Sie legte die Hände auf seinen Bauch und versengte seine Haut mit ihrer Hitze. Dann ließ sie sich vorsichtig auf ihn sinken. Er registrierte jede Regung, die sich auf ihrem Gesicht und in ihren Augen zeigte, als sie nach unten glitt und ihn mit ihrer seidigen Hitze umschmiegte. Sie schloss halb die Lider, und ein rauchgrauer Schimmer legte sich über das Schwarz ihrer Pupillen, als sie ihn tiefer in sich aufnahm. Sie hielt einen Moment inne, und ihre Augen weiteten sich leicht, während sie die nächsten zwei Zentimeter überwand. Sie warf einen prüfenden Blick nach unten, um sich von ihren Fortschritten zu überzeugen, dann schaute sie mit wilder Entschlossenheit in ihrer Miene wieder hoch. Sie beugte sich vor, korrigierte den Winkel und nahm ihn mit einer einzigen beherzten Abwärtsbewegung ganz in sich auf. Jace wurde in ihrem flüssigen Feuer gebadet, war umschlossen von ihrer feuchten Enge, die an ihm leckte und saugte wie ein gieriger Mund. Er umfasste ihre Hüften und grub die Finger in ihre weiche Kehrseite. Unfähig stillzuhalten, ließ er die Hände an ihren Flanken nach oben bis zu ihren Brüsten gleiten. Er liebkoste sie und spielte mit ihren Nippeln, bis sie voll erigiert nach vorn ragten. »Ist es zu viel?«, fragte er heiser. »Verdammt, das will ich nicht hoffen«, bemerkte Ash in genauso rauem Ton. Jace’ Blick glitt über Bethanys Schulter zu Ash, der mit angespanntem Gesicht hinter ihr kniete. Seine Augen brannten vor Lust, als er die Hand mittig auf Bethanys Rücken legte. Seine Berührung ließ sie zusammenzucken. Jace reagierte sofort, indem er sie näher zu sich zog, weil er nicht wollte, dass Ash sie anfasste. Was lächerlich war in Anbetracht der Tatsache, dass sein Freund binnen Sekunden einen weitaus intimeren Teil in Bethanys Körper versenken würde. Trotzdem warnte er ihn mit einem stummen Blick, behutsam zu sein. Es interessierte ihn nicht, ob er Ash damit verärgerte. Bethany war zu wichtig. Sie war nicht eins ihrer typischen Betthäschen und auch kein einmaliges Abenteuer. Jace hatte vor, sie noch sehr, sehr oft zu sehen, und zwar in seinem Bett. Das Letzte, was er wollte, war, sie zu verschrecken und damit zu bewirken, dass sie jeden weiteren Kontakt mit ihm ablehnte. »Du musst dich entspannen, Süße«, murmelte Ash. Er legte wieder die Hände an ihren Rücken, dann ließ er sie zu ihren Schultern gleiten und massierte sie beschwichtigend. »Ich werde sanft sein und es so langsam angehen, wie du es brauchst. Da Jace bereits in dir ist, wirst du beträchtlich enger sein. Dein Körper wird mich nicht einlassen wollen.« Bethany hielt den Atem an, was sich daran zeigte, dass sie vollkommen reglos wurde und ihre Brust sich nicht mehr bewegte. Es lag keine Furcht in ihrem Blick, doch Jace sah ihre Unsicherheit, so als zweifelte sie daran, dass Ash sich von Neuem in sie würde hineinzwängen können. Liebevoll und zärtlich ließ Jace die Hände über ihren Körper und ihre Brüste wandern, damit sie sich weiter lockerte. Er nickte Ash zu, dann zog er Bethany tiefer nach unten, um einen besseren Winkel für Ashs Penetration zu gewährleisten. Ash strich Gleitmittel auf das Kondom, das er sich übergestreift hatte, anschließend verteilte er mehr von dem Gel in und um Bethanys Anus, dabei dehnte er sie mit den Fingern. »Okay, Süße, ich dringe jetzt ein. Drück gegen mich, wenn du kannst, und kämpf nicht dagegen an. Ich will dir nicht mehr als nötig wehtun. Und sobald ich erst mal drin bin, wird es sich gut anfühlen. Das verspreche ich.« Ihre Augen weiteten sich, und ihr entschlüpfte ein leises Wimmern, als Ash sie zu penetrieren begann. Jace fühlte sofort, wie sich der Druck erhöhte, als Ash sich Zugang verschaffte. Er stöhnte, als ihr Schoß sich um seinen Penis zusammenzog. Bethany schloss die Augen und presste die Lippen aufeinander; die Anstrengung stand ihr ins Gesicht geschrieben. »Alles okay?«, wisperte Jace. Sie sah ihn an und keuchte: »Ja, alles gut. Hört nicht auf.« »Auf keinen Fall«, versicherte Ash. »Jetzt gibt es kein Zurück mehr. Atme tief ein, Schätzchen. Ich werde mit einem einzigen Stoß in dich hineingleiten. Ich bin schon fast da. Es ist besser, wenn wir es hinter uns bringen.« Noch ehe sie nach Luft schnappen konnte, spürte Jace das Rucken ihres Körpers, mit dem sie sich Ashs Invasion öffnete. Er fühlte die köstliche Enge ihres Schoßes, der sich um ihn herum verspannte. Der Druck war unglaublich, als sie sich plötzlich wie eine Faust um ihn schloss. Er hatte keine Ahnung, wie er es schaffen sollte, sich zu bewegen, darum sollte er besser Ash den Großteil der Stöße übernehmen lassen. »Gott, sie ist so eng«, stöhnte Ash. »Ich wusste, dass dieser Po himmlisch sein würde, aber das hier ist unglaublich.« Er verharrte tief in ihrem Körper, lehnte sich über ihren Rücken und liebkoste mit den Lippen ihren Hals, um ihr Zeit zu geben, sich an das Gefühl dieser Doppelpenetration zu gewöhnen. »Was soll ich tun?«, fragte Bethany leise. »Wie soll ich mich verhalten? Es fühlt sich an, als würde ich zersprengt, wenn ich mich nur bewege.« Jace legte die Hand an ihr Gesicht und streichelte mit dem Daumen beruhigend über ihren Wangenknochen. »Du musst gar nichts tun, Baby. Überlass uns die Arbeit. Ich möchte nur, dass du dich entspannst und es genießt.« »Ja, gut«, flüsterte sie. »Das werde ich tun.« Ash zog sich zurück, und Bethanys Scheidenmuskeln massierten Jace’ Erektion. Er spannte die Unterkiefermuskeln an und atmete durch die Nase, um seinen Orgasmus in Schach zu halten. Dann glitt Ash langsam und vorsichtig wieder in sie hinein. Stöhnend beugte Bethany sich tiefer zu Jace, bis ihre Brüste fast seinen Oberkörper berührten. Jace legte die Hände unter ihren Po, bog den Rücken durch und hob das Becken leicht an. Geschmeidig fanden er und Ash einen Rhythmus, mit dem sie gut vertraut waren, und wechselten sich dabei ab, zuzustoßen und sich zurückzuziehen. »Das hätte ich mir nicht vorstellen können«, stöhnte Bethany ungläubig. »Es war noch nie so gut für mich.« Ash lachte leise. »Ich habe es doch gesagt, Süße. Du warst immer mit den falschen Männern im Bett.« Sie versteifte sich einen Moment, und Jace hätte Ash am liebsten geohrfeigt, weil er ein Thema aufbrachte, auf das sie offenbar empfindlich reagierte. Welche Frau wollte schon an ihre früheren Sexpartner erinnert werden, während sie gerade mit jemand anderem schlief? Und was das betraf, wollte auch Jace auf gar keinen Fall an die anderen Männer erinnert werden, die Bethany vor ihm gehabt hatten. Er hob den Kopf und küsste sie auf den Mund, dabei ahmte er mit der Zunge die Bewegungen seines Glieds in ihrer Scheide nach. Er schmiegte die Hand um ihren Nacken und wob die Finger in ihr Haar, während er ihre Lippen auf seine presste und den Kuss intensivierte. Er wollte auf so viele Arten wie möglich so tief wie möglich in ihr sein. Mit seinem Mund, seiner Zunge, seinem Schwanz. Er wollte in sie gelangen, und das nicht nur körperlich. Ihr Mund glitt auf seinem hin und her, während Ash mehr Kraft in seine Stöße legte. Jedes Mal, wenn er sich zurückzog, entwich ihr ein leises Keuchen, das Jace mit dem Mund einfing. Seine Hoden kribbelten, und sein geschwollener, steifer Penis wartete nur darauf, sich tief in sie hineinzurammen und zu explodieren. Doch er beherrschte sich, weil er sicherstellen wollte, dass sie auf ihre Kosten kam, bevor er sich gehen ließ. Ashs Hände schlüpften zwischen sie und Jace und begannen, ihre Brüste zu kneten. Er kniff sie in die Nippel, und ihre Lippen verschmolzen noch leidenschaftlicher mit seinen. Bethany zuckte und buckelte, so gut sich das mit zwei Männern in ihrem Körper bewerkstelligen ließ. Jace wusste, dass sie kurz vor dem Höhepunkt stand, denn sie war unglaublich nass geworden, wodurch er leichter in sie hineingleiten konnte. »Es tut weh«, keuchte sie. »Aber es fühlt sich auch so gut an.« »Oh ja«, pflichtete Ash ihr bei. Jace weigerte sich, ihren Mund lange genug zu verlassen, um irgendetwas zu sagen. Sobald sie verstummt war, eroberte er ihn zurück, dabei bäumte er sich auf und stieß bis zum Anschlag in sie hinein. »Jace«, flüsterte sie mit erstickter Stimme. Aber er hatte es gehört, und eine Woge des Triumphs brandete durch seine Venen und trieb ihn über den Gipfel. Sie hatte im Feuer der Leidenschaft nicht Ashs Namen gesagt, sondern seinen. »Ich explodiere«, kündigte er mit zusammengebissenen Zähnen an. »Komm mit mir, Baby. Lass jetzt los.« Sie krallte die Hände, die bisher auf seiner Brust gelegen hatten, in sein Haar und wickelte die Strähnen um ihre Fäuste. Mit fast vergleichbarer Wildheit erwiderte sie seinen Kuss und verschlang seinen Mund mit derselben räuberischen Gier, mit der er ihren erobert hatte. Unter atemlosem Keuchen fochten und rangen ihre Zungen miteinander, verschmolzen und vereinigten sich ihre Lippen. Bethany stieß einen Schrei aus, der sein Echo durch das Zimmer warf. Ihr Kopf flog nach hinten, gleichzeitig reckte sie die Brüste vor. Dann schloss sie mit einem weiteren Lustschrei die Augen, als sie sich um ihn herum zu heißer Lava verflüssigte und ihre Erlösung Jace in seine eigene katapultierte. Er kam mit ihr, während sein Schrei sich mit ihrem mischte. Wie aus weiter Ferne hörte er Ash knurren, dann begann das ganze Bett zu wackeln, als sich sein Freund mit aller Kraft von hinten in sie hineinrammte, sodass sie auf Jace’ Brust geschleudert wurde. Er fing sie auf und hielt sie fest in den Armen, während Ash weiter und weiter in ihren Körper stieß. Sie vergrub das Gesicht an seinem Hals und klammerte sich an ihm fest, als fürchtete sie zu fallen. Dann wurde Ash still, sein Gesicht vor Ekstase verzerrt. Er beugte sich nach vorn und schmiegte den Oberkörper an Bethanys Rücken, dann verharrten sie, noch immer zitternd unter den Nachbeben ihrer explosiven Orgasmen, einen langen Moment in dieser Position. Jace hatte das Gefühl, als wäre sein Innerstes nach außen gekehrt worden. Er war so heftig gekommen, dass es sich anfühlte, als hätte er jeden Milliliter Flüssigkeit in seinem Körper in dieses Kondom ejakuliert. Nie zuvor hatte er ein Gummi so sehr verabscheut wie dieses. Er wollte in Bethany kommen und spüren, wie sie jeden Tropfen seines Spermas aus ihm heraussaugte. Jace griff nach oben und begann, träge mit einer ihrer Locken zu spielen, während er versuchte, die Kontrolle über seine pulverisierten Sinne zurückzuerlangen. Er hatte nicht den leisesten Schimmer, was hier gerade passiert war, sondern wusste nur, dass sich durch Bethany alle Spielregeln geändert hatten. Eingeklemmt zwischen ihm und Ash lag sie auf seiner Brust. Ihre Augen waren geschlossen, und ihr Busen hob und senkte sich in stetigem Stakkato, während sie wieder zu Atem zu kommen versuchte. Mit einem befriedigten Seufzen stemmte Ash sich schließlich hoch, dann drückte er einen Kuss auf Bethanys Schulter und glitt aus ihr heraus, wodurch sich der intensive Druck auf Jace’ Penis, der noch immer in ihr war, verringerte. Sie stöhnte leise, und Jace schlang sofort die Arme um ihren nackten Rücken, um die Lücke zu füllen, die Ash hinterlassen hatte. »Ich bin fix und alle«, verkündete Ash. »Langer Tag, langer Abend. Ich lasse euch zwei jetzt alleine und hau mich im anderen Schlafzimmer aufs Ohr.« Jace nickte erleichtert. Ash blieb danach nie, er verbrachte nie die Nacht mit den Frauen. Er hatte Sex mit ihnen, anschließend überließ er sie Jace. Nicht, dass Jace hinterher unbedingt zum Kuscheln aufgelegt war, aber zumindest teilte er das Bett mit seinen Gespielinnen. Doch er machte keine Anstalten, sich von Bethany zu lösen. Er genoss es, von ihrem Körper eingehüllt zu werden. Trotz seines überwältigenden Höhepunkts war er noch immer hart, und er wusste, dass er sich bald aus ihr zurückziehen sollte, bevor das Kondom unter dem Druck platzte oder undicht wurde, aber er konnte sich nicht dazu aufraffen. Noch nicht. Er wollte ihren matten, warmen, zärtlich an ihn geschmiegten Körper noch ein Weilchen länger in seinen Armen spüren. Als sie sich auf ihm regte, streichelte er ihr Haar und küsste sie auf die Stirn. Er spürte, wie ihre Muskeln um sein Glied flatterten und es noch härter machten. »Ich muss das Kondom loswerden«, murmelte er. Sie wollte sich von ihm runterstemmen, doch er hielt sie fest und rollte sie auf den Rücken, sodass sie unter ihm lag. Er glitt aus ihr und trauerte um jeden Zentimeter, den er aufgeben musste. In ihren Augen spiegelte sich eine Mischung aus Schläfrigkeit und Verwirrung, als hätte sie Mühe zu verarbeiten, was gerade passiert war. Womit sie schon zu zweit wären. Jace konnte sich selbst keinen Reim darauf machen, aber er wusste definitiv, dass er sich nie zuvor derart … besitzergreifend … gegenüber einer Frau gefühlt hatte, und erst recht nicht gegenüber einer, die er erst seit wenigen Stunden kannte und über die er nicht das Geringste wusste. Doch das war eine Situation, die er auf der Stelle zu bereinigen gedachte. Es lag in seiner Natur, Kontrolle auszuüben. Die Bühne zu betreten und das Kommando zu übernehmen. Und genau das wollte er jetzt tun. Es war sein vorherrschender Instinkt. Er wollte Bethany die Regeln erläutern und sie darüber informieren, dass sie jetzt ihm gehörte und er sich von heute an um sie kümmern würde. Allerdings stellten sich dabei mehrere Probleme, die ihm lautstark durch den Kopf gingen, während er aus dem Bett stieg, das Kondom abstreifte und wegwarf. Ohne sich die Mühe zu machen, seine Boxershorts anzuziehen, schlüpfte er wieder ins Bett, kuschelte Bethany an sich und zog die Decke über sie beide. Jace wollte sie nicht verschrecken, und sein Bauchgefühl sagte ihm, dass Bethany nicht wie andere Frauen war. Sie war anders. Irgendwie zerbrechlicher. Das Letzte, was er wollte, war, sie zu hart zu bedrängen und damit zu vertreiben. Das andere Problem war … Ash. Was sollte er nur mit seinem besten Kumpel tun? Ein Kumpel, mit dem er alles teilte, bis hin zu den Frauen. Aber er würde Bethany nie wieder mit Ash teilen. Jace schloss die Augen und atmete ihren Duft ein, als er sie mit seinem Körper, seiner Berührung einhüllte. Verdammt, wem wollte er etwas vormachen? Er hüllte nicht sie mit seinem Körper ein, sondern sich mit … ihrem. Er seufzte, als er erkannte, dass die Sache keineswegs einfach, sondern ganz im Gegenteil vermutlich höllisch kompliziert werden würde. Er nahm sich vor, am nächsten Morgen mit Ash zu sprechen, ihm seine Gefühle darzulegen und von da an weiterzusehen. Er hatte keine Ahnung, wie Ash reagieren würde. Eine vergleichbare Situation hatte es zwischen ihnen noch nie gegeben. Sonst waren sie immer auf einer Wellenlänge. Jace hatte sich noch nie Sorgen machen müssen, einer Frau vor Ash überdrüssig zu werden oder vice versa. Oder dass er eine Frau begehrte, an der Ash kein Interesse hatte. Sie funktionierten in perfekter Synchronie. Ihre Verbindung ging über simple Freundschaft hinaus. Nur dass sich die Dinge nun in gigantischem Ausmaß geändert hatten. Ash war sein Freund. Sein Bruder. Er stand ihm so nah wie Mia. Und trotzdem spielte Jace zum ersten Mal mit dem Gedanken, ihn außen vor zu lassen. Er wollte Ash nicht dabeihaben, wenn es um Bethany ging. Und das war niederträchtig von ihm. Er wusste, dass es so war, nur änderte das nicht das Geringste. Er konnte nur hoffen, dass Ash Verständnis zeigen würde. Er musste es hoffen. Als ihm seine Schweigsamkeit bewusst wurde, schaute er auf Bethany hinunter. Seit Ash gegangen war, hatte er nichts mehr zu ihr gesagt, außer dass er das Kondom loswerden müsse. Was nicht gerade romantisch war. Was zur Hölle? Seit wann scherte er sich um Romantik? Doch seine Sorge erwies sich als unbegründet, denn Bethany schlief tief und fest, dabei warfen ihre Wimpern zarte Schatten auf ihre Wangen. Es verschlug ihm den Atem, wie schön, wie verletzlich sie aussah. Er fühlte sich von einem spontanen Beschützerdrang überwältigt, für den es keine logische Erklärung gab. Was immer zwischen ihnen war, es würde nicht einfach verpuffen. Dafür war es zu greifbar, zu solide. Jetzt musste er sich nur noch überlegen, wie er seine Karten ausspielen wollte, denn er würde Bethany am nächsten Morgen auf keinen Fall gehen lassen. 6 Beim Aufwachen verspürte Jace nicht die zielstrebige Dynamik, mit der er sonst den Tag begrüßte. Er war ein gewohnheitsmäßiger Frühaufsteher, der noch nicht mal einen Wecker besaß. Er wachte jeden Morgen zur selben Zeit auf, ganz gleich, ob es ein Werktag war oder nicht. Aber heute kam sein tiefenentspannter, gesättigter, von Zufriedenheit eingelullter Körper nur widerwillig in die Gänge. Jace streckte automatisch die Hand nach Bethany aus, beseelt von dem Bedürfnis, ihre Wärme zu spüren. Als seine Hand ins Leere griff, wurde er schlagartig hellwach, dann stützte er sich auf einen Ellbogen und betrachtete stirnrunzelnd die verwaiste Bettseite neben sich. Der einzige Beleg dafür, dass sie überhaupt da gewesen war, war das eingedrückte Kissen, obwohl sie den Großteil der Nacht mit dem Kopf auf seiner Schulter und dem Körper an seine Seite geschmiegt verbracht hatte. Wie zum Teufel war Bethany aus dem Bett geschlüpft, ohne dass er es gemerkt hatte? Kopfschüttelnd schwang er die Beine auf den Boden. Er stand auf und reckte sich, während er sich auf die Suche nach ihr begab. Sich über den Nacken und durch die Haare fahrend, schlenderte er ins Wohnzimmer der Suite. Es herrschte absolute Stille. Und gähnende Leere. Sein Blick streifte die geschlossene Tür des zweiten Schlafzimmers auf der anderen Seite des Salons, und ihn beschlich der böse Verdacht, dass er Bethany sehr wahrscheinlich in diesem Zimmer vorfinden würde. Im Bett mit Ash. Er ballte die Fäuste und atmete scharf ein, dann durchquerte er den Raum, bevor er an der Tür mit der Hand auf dem Knauf innehielt. Das Letzte, was er sehen wollte, war Bethany in Ashs Armen. Glühender Zorn brachte sein Blut in Wallung. In dem Versuch, sich unter Kontrolle zu bringen, atmete Jace mehrere Male tief ein und aus. Er krallte die Finger um den Türknauf, bis seine Knöchel weiß hervortraten. Mit einem entschlossenen Ruck drehte er den Knauf um und trat ein, dabei scannte er mit dem Blick sofort das Bett. Er kniff die Augen zusammen und runzelte die Stirn, als er Ash mit ausgestreckten Gliedern auf dem Bett liegen sah. Allein. Von Bethany keine Spur. Ash regte sich und schlug die Augen auf. Er hob den Kopf, dann verdüsterte sich seine Miene, als er Jace entdeckte. »Steht das Hotel in Flammen?« Als Jace nicht antwortete, ließ Ash den Kopf wieder aufs Kissen fallen. »Nein? Dann geh verdammt noch mal wieder ins Bett und lass mich in Ruhe«, grummelte er. »Es ist viel zu früh.« »Ich suche Bethany«, sagte Jace dumpf. Ash hob wieder den Kopf und sah ihn irritiert an. »Ich hab sie bei dir gelassen, Mann.« »Sie ist nicht da. Ich kann sie nirgendwo in der Suite finden.« Das Laken um seine Hüften geschlungen, stützte Ash sich auf den Ellbogen. »Sie hat sich verdünnisiert?« Jace presste die Lippen zusammen. »Ich habe keine Ahnung. Vielleicht ist sie nur nach unten gegangen, um irgendwas zu holen.« Ash zog eine Braue hoch, als wolle er andeuten, dass Jace ein Schwachkopf war. Seufzend wandte der sich ab und verließ das Zimmer. »Gib mir eine Minute, dann helfe ich dir suchen«, rief Ash ihm nach. »Okay.« Jace überprüfte noch mal den Salon und suchte nach irgendeinem Indiz dafür, dass Bethany zurückkommen würde. Als er wieder in das Schlafzimmer ging, in dem sie beide geschlafen hatten, fiel ihm zum ersten Mal auf, dass ihre Kleidungsstücke nicht mehr da lagen, wo sie sie letzte Nacht hingeworfen hatte. Nichts deutete darauf hin, dass sie überhaupt je hier gewesen war. »Jace, hier ist eine Nachricht«, driftete Ashs Stimme an sein Ohr. Er kehrte ins Wohnzimmer zurück, wo sein Freund vor dem Couchtisch stand, in seiner Hand ein Blatt des mit dem Hotellogo bedruckten Schreibblocks. Ash hielt es ihm hin, Jace trat zu ihm und nahm es. Er faltete es auseinander, dann überflog er stirnrunzelnd die in fließender, femininer Schrift hinterlassene Nachricht. Danke für eine wundervolle Nacht und für das Abendessen. Ihr beide habt es zu einem ganz besonderen Erlebnis gemacht. Ich werde es niemals vergessen und euch auch nicht. Bethany »Verfluchter Mist«, ächzte er. Er wandte sich von Ash ab, knüllte das Papier zu einem Ball zusammen und schleuderte ihn wütend durch das Zimmer. Das Papier prallte von der Wand ab und landete auf dem Boden. Bethany war gegangen! Ohne ein Wort. Ohne ihn zu wecken. Sie war einfach aus seinem Bett geschlüpft und hatte sich davongeschlichen. Er wusste noch nicht mal ihren verdammten Nachnamen. Oder wo sie wohnte. Wie sollte er sie da wiederfinden? Jace hatte geglaubt, genügend Zeit zu haben, um all diese Dinge herauszufinden. Er hatte vorgehabt, beim Frühstück so viel wie möglich über sie in Erfahrung zu bringen. Er hatte sich alles so schön zurechtgelegt: Frühstück im Bett, bei dem er Bethany nach Strich und Faden verwöhnen wollte, bevor sie sich ein weiteres Mal liebten, vorzugsweise nachdem Ash gegangen war. Anschließend hätte er ihr klar und deutlich zu verstehen gegeben, dass sie sich definitiv wiedersehen würden. »Was ist eigentlich das Problem, Mann?«, fragte Ash. Jace wirbelte zu ihm herum. »Sie ist weg. Das ist das Problem.« Ash schürzte die Lippen und musterte Jace nachdenklich. »Was genau hattest du dir von dieser Sache versprochen? Eine weitere Nacht? Zwei? Und dann was? Es ist ja nicht so, als würden wir uns je auf etwas Längerfristiges einlassen. Mir ist bewusst, dass das Ganze vielleicht nicht nach deinen Vorstellungen gelaufen ist, trotzdem solltest du die Ironie zu würdigen wissen, dass sie diejenige war, die die Sache beendet hat. Normalerweise tun wir das. Damit hat sie es uns erheblich einfacher gemacht.« Jace knirschte mit den Zähnen, und seine Nasenflügel bebten, als heißer Zorn in ihm hochkochte. Es kostete ihn seine ganze Selbstbeherrschung, sich nicht auf seinen besten Freund zu stürzen. Er atmete konzentriert aus, dann hob er den Kopf und sah Ash ins Gesicht. »Ja. Einfacher schon.« Jace konnte den Abscheu nicht aus seiner Stimme heraushalten, er versuchte es noch nicht mal. Er drehte sich um und stapfte zurück ins Schlafzimmer, um sich anzuziehen. Ohne sich mit Duschen oder Rasieren aufzuhalten, streifte er sich Hemd und Hose über. Er hatte keine Ahnung, wie lange Bethany schon fort war, darum wollte er so schnell wie möglich das Personal in der Lobby und den Portier befragen. Während er kehrtmachte und zur Tür steuerte, ging er im Geist bereits seine Optionen durch. »Jace?«, rief Ash. Jace blieb stehen und drehte sich zu seinem Freund um, der noch immer mit verwirrter Miene im Wohnzimmer stand. »Was ist los mit dir, Mann? Du verhältst dich schon seit dem Moment, als du sie auf der Party gesehen hast, anders als sonst. Wir haben schon eine Menge Frauen zusammen vernascht, aber letzte Nacht hatte es den Anschein, als wärst du überhaupt nicht glücklich über das, was wir tun.« »Das war ich auch nicht«, bestätigte Jace hitzig. »Warum hast du dich dann darauf eingelassen?« Jace starrte ihn einen langen Augenblick an. »Weil ich es tun musste, um sie zu bekommen.« Ohne auf eine Entgegnung zu warten, wandte Jace sich ab und verließ die Suite. Er stieg in den Aufzug und betätigte die Taste für die Lobby, dann wartete er kochend vor Ungeduld, dass sich die Türen endlich schlossen. Ash musste glauben, dass er nicht mehr ganz dicht war. Vielleicht traf das sogar zu. Jedenfalls hatte Jace selbst keine Erklärung für diese … Er wusste noch nicht einmal, wie er es bezeichnen sollte. Obsession? Er wusste nur, dass es nicht schnöde Lust war. Damit hatte er reichlich Erfahrung. Lust war emotionslos. Lust drehte sich um Sex und das Sättigen von Begierden. Um körperliche Befriedigung ohne gefühlsmäßige Beteiligung. Wie also konnte er sich einbilden, eine emotionale Bindung zu Bethany zu haben, obwohl er doch gar nichts über sie wusste? Mit einem festen Ziel vor Augen stieg er aus dem Aufzug. Sie mochte getürmt sein, aber er würde sie um jeden Preis zurückholen. Eine halbe Stunde später war er so geladen, dass er am liebsten die Faust in die Wand gedroschen hätte. Nachdem er jeden einzelnen Angestellten, der sie gesehen haben könnte, verhört hatte, war er noch immer keinen Schritt weiter. Der Portier berichtete, dass er sie kurz nach Morgengrauen das Hotel hatte verlassen sehen. Bethany hatte weder um ein Taxi gebeten noch selbst eins angehalten. Sie war einfach davonspaziert. Ohne Jacke. Draußen fiel Schneeregen, und es war bitterkalt. Und Bethany hatte noch nicht mal eine verdammte Jacke an. Aber was ihn noch mehr frustrierte war die Tatsache, dass er auf der Stelle den Catering-Service kontaktieren und Informationen über Bethany verlangen wollte, aber es war Sonntag, darum konnte er sich bis zum nächsten Morgen nur in Geduld üben. 7 Nachdem Jace seinen Chauffeur angewiesen hatte, Warteschleifen um den Block zu drehen, stieg er aus dem Wagen und schlug den Mantelkragen hoch, um seinen Hals vor dem Eisregen zu schützen. Mit zügigen Schritten hielt er auf das Frauenasyl zu, das sich am Rand des Hell’s-Kitchen-Bezirks zwischen eine alte katholische Kirche und eine Suppenküche quetschte. Es würde bald dunkel werden, ein Umstand, der ihn maßlos nervte, wenn auch nicht wegen des hereinbrechenden Abends im Allgemeinen, sondern weil es ihn den ganzen Tag gekostet hatte, die gesuchten Informationen zu sammeln. Er hatte bis jetzt gebraucht, um Bethany aufzuspüren. Die einzigen Informationen, die der Catering-Service über sie gespeichert hatte, waren ihr voller Name und diese Adresse gewesen. Hatte Bethany womöglich einen anderen Arbeitgeber als Kontakt angegeben? Jace hätte sich telefonisch bei dem Asyl danach erkundigen können, aber sobald er diesen kleinen Hinweis auf ihren möglichen Aufenthaltsort bekommen hatte, war er aus seinem Büro gestürmt und auf direktem Weg hierhergefahren. Er trat durch die Tür und schüttelte die Regentropfen aus seinem Mantel. Eine ältere Frau, die nicht weit von der Tür entfernt an einem Schreibtisch saß, sah alarmiert auf. Vermutlich kam es nicht jeden Tag vor, dass ein Mann in dem Frauenasyl auftauchte, und falls das Verhalten seiner Mitarbeiter irgendeinen Hinweis lieferte, war er schon den ganzen Tag verdrossen und mürrisch gewesen, darum erweckte er bestimmt auch hier keinen sonderlich freundlichen Eindruck. »Kann ich Ihnen helfen?«, fragte die Frau, während sie ihm entgegenhastete. Jace ließ den Blick schweifen, registrierte die Enge und Kargheit des Raums – und es war tatsächlich nur ein einziger Raum, der fast vollständig mit Pritschen ausgefüllt war. Im rückwärtigen Teil gab es einen Sitzbereich, wo sich eine schäbige Couch und mehrere bunt zusammengewürfelte Stühle um ein Fernsehgerät gruppierten. Es waren circa zehn Frauen anwesend, und er bemerkte betroffen, wie deprimiert sie wirkten. Altersmäßig variierten sie von sehr jung bis fast greis, aber alle trugen diesen müden, hoffnungslosen Ausdruck in den Augen, der ihm einen Stich ins Herz versetzte. War es das, was Bethany tat? Arbeitete sie hier als freiwillige Helferin, während sie sich gleichzeitig mit Gelegenheitsjobs über Wasser hielt? Jace empfand einen Anflug von Stolz auf sie. Er dachte an ihre Reaktion auf das Ansinnen, sie in irgendeiner Weise für den Sex zu bezahlen. Obwohl es offensichtlich für sie gewesen sein musste, dass er und Ash Geld hatten, war sie trotzdem nicht geblieben. In einer Hinsicht hatte Ash recht gehabt: Normalerweise gaben sie den Frauen den Laufpass. Nie zuvor war eine einfach gegangen, ohne sich einen finanziellen Vorteil zu erhoffen. Trotz seines Mantels kam es ihm in dem Asyl eiskalt vor. Betroffen stellte er fest, dass die meisten Bewohnerinnen mehr als nur eine Schicht Kleidung trugen. Sogar die ältere Frau, die vor ihm stand, trug noch ihre Jacke und Handschuhe. »Warum um alles in der Welt schalten Sie nicht die Heizung an?«, empörte er sich. Die Frau schaute ihn verdutzt an, dann lachte sie freudlos auf. Jace, der mit einer solchen Reaktion nicht gerechnet hatte, blinzelte überrascht. »Da müssen Sie sich bei der Stadt beschweren«, erwiderte sie mit verbitterter Stimme. »Die haben uns die Mittel so stark gekürzt, dass wir es uns nicht leisten können, die Heizung reparieren zu lassen. Sie ist letzte Woche ausgefallen. Wir haben ein paar mobile Heizgeräte, die wir nachts anstellen, damit die Frauen wenigstens warm schlafen können.« Jace stieß eine leise Verwünschung aus. »Wie kann ich Ihnen nun behilflich sein, Mr …?« Er reichte ihr die Hand. »Crestwell. Jace Crestwell. Und ja, es gäbe da tatsächlich eine Sache, bei der Sie mir helfen können. Ich bin auf der Suche nach einer Ihrer Mitarbeiterinnen. Ihr Name ist Bethany Willis.« Die Frau schüttelte ihm die Hand, runzelte jedoch die Stirn. »Ich heiße Kate Stover. Es freut mich, Sie kennenzulernen, Mr Crestwell. Aber hier arbeitet niemand namens Bethany.« Jace kniff die Brauen zusammen. »Sie hat dieses Asyl als Kontaktadresse auf einem Arbeitsvertrag genannt.« Ms Stover schürzte einen Moment die Lippen, dann seufzte sie. »Viele der Frauen geben uns als Adresse an. Es erleichtert die Suche nach einem Job. Die meisten Arbeitgeber sind nicht gerade versessen darauf, eine Obdachlose zu beschäftigen.« Jace, der nicht ganz begriff, was sie da andeutete, starrte sie an. Nein. Das konnte nicht sein. Aber falls doch … Ms Stover erwiderte seinen Blick nun voller Misstrauen, und ihre Lippen waren so fest zusammengepresst, als bereute sie es bereits, ihm auch nur diese spärliche Auskunft gegeben zu haben. Jace räusperte sich und gab sich alle Mühe, einen harmlosen Anschein zu erwecken, so zu tun, als habe ihn die von ihr suggerierte Möglichkeit nicht völlig umgehauen. »Ms Stover, ich bin sehr daran interessiert, Bethany bei mir anzustellen. Es ist ein überaus lukrativer Job, der ihre Lebensumstände deutlich verbessern würde. Falls Sie besorgt sind, dass ich ein eifersüchtiger Liebhaber, ein irrer Exfreund oder Ehemann sein könnte, versichere ich Ihnen, dass nichts davon zutrifft. Wenn Sie möchten, kann ich Ihnen den Namen meines Unternehmens sowie eine ganze Anzahl von Referenzen nennen, dann können Sie meine Geschäftspartner als auch meine Empfangschefin kontaktieren und sich meine Identität und meine guten Absichten bestätigen lassen.« Noch beim Sprechen drückte er ihr seine Visitenkarte in die Hand, dann beobachtete er, wie sich ihre Augen vor Überraschung weiteten. Sie blickte hoch und taxierte ihn einen langen Moment. Ihre Verunsicherung, ob sie ihm trauen sollte oder nicht, war offensichtlich. Jace wartete mit angehaltenem Atem, bis sie sich schließlich entspannte und ihm mit freundlicherer Miene die Karte zurückgab. »Sie sagten, die Frau heißt Bethany? Können Sie sie mir beschreiben?« Jace räusperte sich wieder; er war wegen des anschwellenden Knotens in seiner Kehle fast nicht in der Lage zu sprechen. »Sie ist zierlich. Sehr dünn. Jung. Vielleicht Mitte zwanzig. Schwarzes, überschulterlanges Haar. Sie hatte es mit einer Spange hochgesteckt. Und sie hat sehr lebendige blaue Augen. Unvergesslich.« Bei seinen letzten Worten leuchtete Begreifen im Blick der Frau auf, und ein sanfter Ausdruck huschte über ihr Gesicht. »Ja, ich kenne Bethany. Sie war Samstagmorgen hier, um zu fragen, ob wir ein Bett für die Nacht frei hätten. Bedauerlicherweise musste ich ihr eine Absage erteilen.« Der Kummer in der Miene der Frau war unübersehbar. Sie hob die Hand und strich sich eine silbrige Strähne hinters Ohr. »Es gibt nichts, was ich an meiner freiwilligen Arbeit hier mehr hasse, als wenn ich eine Frau fortschicken muss, weil wir keinen Platz für sie haben. Ein Job wäre in Anbetracht ihrer Lebensumstände höchst willkommen, da bin ich mir ganz sicher. Sie sprach davon, potenziellen Arbeitgebern diese Adresse als Kontakt zu nennen, aber sie fand immer nur Aushilfsjobs. Eine feste Stelle wäre wunderbar.« Jace fiel vor Entsetzen die Kinnlade runter. Darauf war er nicht ansatzweise gefasst gewesen. Er wollte instinktiv leugnen, dass Bethany obdachlos war, und das, obwohl ihn die nagende Gewissheit schon nicht mehr losließ, seit er mit Ms Stover sprach. Doch dann dachte er an Samstagabend zurück. An Bethanys schäbige Kleidung. Den erschöpften Ausdruck in ihren Augen. Daran, wie sie gefragt hatte, ob ein Abendessen Teil der Abmachung sein würde. Heilige Muttergottes. Er war zutiefst erschüttert. Hatte sie Ashs Angebot nur angenommen, weil es die einzige Möglichkeit war, ein Quartier für die Nacht zu bekommen? Hatte sie keinen anderen Ausweg gewusst? »Haben Sie sie seither wiedergesehen?«, fragte Jace stockend. Ms Stover schüttelte bedauernd den Kopf. »Nein. Aber sie kommt regelmäßig vorbei. Sie hat schon früher hier übernachtet.« »Wissen Sie irgendetwas über sie, das mir dabei helfen könnte, sie zu finden?«, erkundigte sich Jace dringlich. Dann zügelte er seinen Eifer und bemühte sich um einen gelasseneren Ton. »Ich würde die Stelle vorzugsweise ihr geben, aber ich kann sie nicht für immer frei halten. Es ist zwingend erforderlich, dass ich Bethany sofort ausfindig mache.« Er würde in der Hölle landen, weil er eine ältere Frau belog, und zudem auch noch eine, die ein Asyl für Frauen leitete, die sehr wahrscheinlich von verlogenen Bastarden wie ihm missbraucht wurden. Aber er würde Bethany niemals wehtun. Sollte es ihm gelingen, sie zu finden, würde er dafür Sorge tragen, dass sie nie wieder eine Nacht auf der Straße verbringen musste. Bei der Vorstellung, dass sie jetzt gerade dort draußen war, hätte er am liebsten die Faust durch die Wand gerammt, nur würde das in einem Frauenasyl bestimmt nicht gut ankommen. »Leider nein. Sie ist immer sehr still, wenn sie hier ist. Sie bleibt für sich. Ich habe ihr die Adressen von ein paar anderen Heimen gegeben, aber ich bin mir sicher, dass sie sie längst alle kennt.« »Ich möchte diese Adressen haben«, sagte Jace in flachem Tonfall. »Wie lange schon?« Die Frau zog fragend die Brauen hoch. »Wie lange kommt sie schon hierher?« »Ich arbeite erst seit einem Jahr hier, aber seitdem war sie bestimmt ein halbes Dutzend Mal hier.« Jace’ Brust wurde so eng, dass er kaum Luft bekam. Bethany – seine Bethany – war obdachlos. Eine Nacht lang hatte sie sicher in seinen Armen gelegen, doch trotz seines Reichtums, trotz seiner Möglichkeit, ihr das zu geben, was sie am dringendsten brauchte, hatte er sie entschlüpfen lassen. Zurück in die Kälte, die Ungewissheit. Großer Gott, sogar jetzt, in diesem Moment, war sie irgendwo dort draußen in den Straßen. Ohne Jacke. Frierend und hungrig. Schutzlos. »Tun Sie mir bitte einen Gefallen, Ms Stover.« Jace drückte ihr erneut seine Visitenkarte in die Hand und schloss ihre Finger darum. »Sollten Sie sie wiedersehen, rufen Sie mich sofort an. Bei Tag oder bei Nacht. Meine Handynummer steht hier drauf. Kontaktieren Sie mich unverzüglich, falls sie auftaucht, und halten Sie sie unbedingt hier fest, bis ich komme. Können Sie das für mich tun?« Ms Stover runzelte die Stirn und sah ihn seltsam an. Jace beeilte sich, seine Eindringlichkeit zu erklären, bevor sie wieder argwöhnisch werden und seine Geschichte auffliegen lassen konnte. Das Verteufelte war nur, dass er tatsächlich wie ein geistesgestörter, obsessiver, missbrauchender Freund klang, der fest entschlossen war, seine flüchtige Geliebte einzufangen. Herrgott. Könnte Ash ihn jetzt sehen und hören, würde er mit Gabe hier anrücken und ihn gewaltsam wegschleifen. Anschließend würden sie ihm vermutlich einen Seelenklempner besorgen. »Ich habe Verständnis für Bethanys Notlage, Ms Stover. Sie ist eine qualifizierte Kandidatin, und nun, da ich ihre Lebensumstände kenne, ist es mir umso mehr ein Bedürfnis, ihr die freie Stelle zu geben. Ich könnte jemand anderen nehmen, aber sie braucht den Job. Würden Sie mich bitte kontaktieren?« Jace war stolz auf seinen gelassenen Tonfall. Es war ihm sogar gelungen, sich selbst davon zu überzeugen, dass er nicht den Verstand verloren hatte. Ms Stover entspannte sich, dann steckte sie lächelnd seine Karte ein. »Ich rufe Sie an, falls ich sie sehe.« »Danke.« Jace sah sich in dem Raum um und musterte die Frauen, die auf den Pritschen, den Stühlen und dem Sofa kauerten. Er bemühte sich, den maßlosen Zorn zu bezähmen, der ihn durchströmte. »Sie bekommen Ihre Heizung, Ms Stover.« Sie guckte ihn fassungslos an. Noch auf dem Rückweg zu seinem Wagen zog Jace sein Handy hervor und fing an zu telefonieren. 8 Bethany zitterte wie Espenlaub, als sie über die Straßenkreuzung torkelte. Es verlangte ihr alle Konzentration ab, sich auf den Beinen zu halten und immer wieder einen Fuß vor den anderen zu setzen. Wenn sie jetzt hinfiel, würde sie überfahren werden. New Yorks Autofahrer waren nicht gerade als fußgängerfreundlich bekannt. Ihr Atem beschrieb kleine Dampfwölkchen in der Luft, als sie den Kopf hob und sah, dass die Kirche nur noch einen Straßenblock entfernt war. Sie war fast am Ziel. Ein leises Stoßgebet entrang sich ihren Lippen. Bitte, lieber Gott. Lass sie heute einen Platz für mich haben. Ihre innere Taubheit als auch der Schock hatten sich ein Stück weit gelegt und waren von Neuem der Realität gewichen. Bethany inspizierte ihre Handflächen, sah die Kratzer und das Blut. Ihre Hose war an den Knien und der Hüfte zerrissen, auch dort hatte sie Schürfwunden, und das Blut fühlte sich glitschig an auf ihrer Haut. Es kittete den Denim an ihre Beine, fror ihn daran fest. Tränen brannten unter ihren Lidern. Wie konnte Jack das nur getan haben? Ihr verschwamm die Sicht, aber sie zwang sich, tief durchzuatmen, fest entschlossen, auch noch das letzte Stück bis zu dem Asyl zu bewältigen. Sie wäre schon zufrieden, wenn sie ihr dort nur Zuflucht für eine Stunde, einen Platz, um sich aufzuwärmen, ihre Wunden zu säubern und ihren malträtierten Körper auszuruhen, geben konnten. Sie hatte kein Geld. Sie hatte gar nichts. Ihr Lohn, den sie so sorgsam gehütet hatte, war weg. Jack schuldete ein paar wirklich üblen Leuten Geld, und sie waren gekommen, um es einzutreiben. Bei ihr. Während sie wie betäubt auf dem eisigen Boden gekauert hatte, hatten sie die Scheine aus ihrer Tasche gezerrt. Einer hatte sie noch in die Seite getreten, dann waren sie gegangen, nachdem sie sie drohend daran erinnert hatten, dass Jack ihnen eine Menge mehr schuldete und Bethany eine Woche Zeit hatte, um die Kohle aufzutreiben. Sie biss sich auf die Lippe, als sich ein neuer Tränenansturm Bahn zu brechen versuchte. Sie war erschöpft und fühlte sich sterbenselend. Ihr tat alles weh, und die Kälte als auch der Hunger waren so kraftzehrend, dass sie sich einfach nur zusammenrollen und sterben wollte. Ihr wurde schwindlig vor Erleichterung, als sie die Tür des Asyls erreichte. Gleichzeitig hatte sie Angst davor hindurchzutreten, denn falls man sie wegschickte, wusste sie nicht, ob sie sich aufraffen konnte, wieder hinauszugehen. Bethany schloss die Augen und holte tief Luft, dann streckte sie die Hand aus und stieß die Tür auf. Sie wurde von einem Schwall warmer Luft begrüßt, der sich so gut anfühlte, dass sie ein Schwächeanfall überkam und sie um ein Haar in sich zusammengesackt wäre. Das letzte Mal, als sie hergekommen war, war es nicht so warm gewesen. Die Heizung hatte nicht funktioniert. Im Inneren hörte sie die Stimmen anderer Frauen. Sie klangen fast … glücklich. Dabei waren Obdachlosenheime im Allgemeinen keine Orte, an denen das Glück wohnte. Verlockende Aromen stiegen ihr in die Nase. Bethany sog sie in sich auf, und ihr Magen begann zu grummeln. Was immer es heute hier zu essen gab, es duftete wundervoll. Sie machte einen zögerlichen Schritt ins Innere und ließ die Tür hinter sich zufallen. Die Wärme war so willkommen, dass sie sich eine ganze Weile nicht rühren konnte, während das Gefühl in ihre Hände und Füße zurückkehrte. Sie war willkommen und extrem unwillkommen zugleich, denn zusammen damit kam der Schmerz. »Bethany, sind Sie das, Liebes?« Bethany hob überrascht den Kopf und runzelte die Stirn. Sie hatte hier doch nie ihren Namen angegeben, oder doch? Sie durchstöberte ihre Erinnerung, kam jedoch nicht darauf, ob sie der freiwilligen Helferin irgendetwas über sich erzählt hatte. Doch sie nickte, da sie ihre Chance, bleiben zu dürfen, nicht verringern wollte. »Was um alles in der Welt ist passiert?« Die ehrenamtliche Helferin kam mit solch bestürzter Miene auf sie zu, dass Bethany zurückschrak. »Mir fehlt nichts«, schwindelte sie. »Ich bin nur hingefallen. Ich hatte gehofft …« Ihre Kehle wurde so eng, dass sie kaum weitersprechen konnte. »Ich hatte gehofft, für heute Nacht hier unterzukommen.« Noch während sie den Satz beendete, machte sie sich schon auf eine Absage gefasst, konnte den Gedanken jedoch nicht ertragen. »Aber natürlich, Kind. Kommen Sie, und setzen Sie sich. Ich hole Ihnen eine Tasse heißen Kakao, und sobald Sie sich aufgewärmt haben, können Sie etwas essen.« Ihre Erleichterung war unermesslich. Sie erfasste ihren ganzen Körper und hätte sie fast von den Beinen gerissen. Bethany erkannte das Mitgefühl und die Freundlichkeit in den Augen der Frau und entspannte sich, als die Euphorie einsetzte. Sie hatten heute Nacht einen Schlafplatz für sie! Und Essen! Sie hätte vor Freude weinen können. Sie folgte der Helferin, dabei beäugte sie die anderen Frauen. Es schienen mehr zu sein als beim letzten Mal, als Bethany hier um Obdach nachgesucht hatte. Aber damals war kein Platz für sie frei gewesen. Hatten sie sich vergrößert? Mehr Betten aufgestellt? »Ich bin Kate«, stellte die Frau sich vor, als sie bei einem Stuhl, der ein wenig abseits von den anderen stand, stehen blieb. »Setzen Sie sich. Ich hole Ihnen einen Kakao, danach besorgen wir Ihnen etwas zu essen. Außerdem muss sich jemand Ihre Wunden ansehen.« »Danke, Kate«, erwiderte Bethany mit belegter Stimme. »Ich bin Ihnen unendlich dankbar.« Kate drückte sie auf den Stuhl und tätschelte ihr die Hand. »Ich bin sofort zurück. Es kommt alles in Ordnung, Liebes.« Verwirrt über die seltsame Versicherung, sackte Bethany völlig entkräftet auf dem Stuhl in sich zusammen. Sie vergrub ihre zitternden Finger in ihrem dünnen T-Shirt, in der Hoffnung, sie so schneller zu wärmen. Die Schnitte brannten, aber zum Glück waren sie nicht tief. Ihr Blick fand Kate, die in der Kochnische umherwuselte und den Kakao zubereitete. Dabei drückte sie ein Handy ans Ohr, und es war nicht zu übersehen, dass sie etwas Wichtiges mitzuteilen hatte. Einen Augenblick später steckte sie das Telefon wieder ein und nahm die Tasse aus der Mikrowelle. Nachdem sie umgerührt hatte, trug sie den dampfenden Becher zu Bethany und drückte ihn ihr sanft in die Hände. »Hier bitte, Liebes. Trinken Sie. Er ist heiß. Jetzt fügt sich alles zum Guten. Machen Sie sich keine Sorgen.« Es war das zweite Mal, dass sie ihr dieses blinde Versprechen gab, aber Bethany war zu müde, um näher darauf einzugehen. Wäre sie nicht so hungrig und ausgekühlt gewesen, hätte sie sich einfach auf einer der Pritschen zusammengerollt und die nächsten vierundzwanzig Stunden durchgeschlafen. Oder wann immer man sie wieder auf die Straße setzen würde. Jace saß in seinem Büro und starrte missmutig auf die Dokumente, die sich vor ihm stapelten. Es waren inzwischen zwei geschlagene Wochen vergangen, seit Bethany sich davongestohlen hatte, und er war keinen Schritt näher daran, sie zu finden, als an jenem ersten Morgen. Was allerdings nicht an seinem mangelnden Einsatz lag. Die Arbeit war die reinste Tortur. Die meisten seiner Mitarbeiter mieden ihn. Sogar Gabe und Ash hielten Abstand. Zum Glück wurde Mia so sehr von ihren Hochzeitsvorbereitungen in Anspruch genommen, dass sie Jace’ Zerstreutheit und schlechte Laune nicht zu bemerkten schien. In nicht einmal einer Woche war Weihnachten, und er ertrug den Gedanken nicht, dass Bethany allein dort draußen in der Kälte war, ohne ein Bett, ohne Essen. Ohne irgendetwas. Er ballte die Faust und hätte am liebsten ein Loch in seinen Schreibtisch geschlagen. Die Tür ging auf, und ihm lag schon eine scharfe Zurechtweisung auf der Zunge, weil man ihn in seiner Privatsphäre störte, als Ash eintrat. Etwas in der Miene seines Freundes veranlasste ihn, seinen Unmut zu zügeln. Ash war … Nun ja, er war eben Ash. Respektlos. Unsensibel. Selten ernst. Aber heute wirkte er sehr ernst. So, als hätte er etwas Wichtiges auf dem Herzen. »Na, macht dir deine Familie wegen Weihnachten die Hölle heiß?«, brummte Jace. Es gab eine Sache, die Ash wirklich unter die Haut ging: seine Familie. Er verbrachte den Großteil seiner Zeit – und seiner Urlaube – mit Jace und Mia. Sie waren erst vor ein paar Wochen über Thanksgiving mit Mia in die Karibik geflogen, um ihr dabei zu helfen, ihren Liebeskummer zu bewältigen, nachdem Gabe Schluss gemacht hatte – was zum Glück nur ein kurzer Aussetzer gewesen war –, und es stand definitiv fest, dass Ash weit mehr Zeit mit Gabe, Jace und Mia verbrachte, als er es je mit seiner eigenen Familie getan hatte. »Da ist etwas, das du sehen solltest«, sagte Ash mit leiser, eindringlicher Stimme, die völlig untypisch für ihn war. Sorge schoss in Jace hoch und nahm ihn in den Würgegriff. »Gibt es ein Problem zwischen Gabe und Mia?«, fragte er barsch. Er würde den Mistkerl umbringen, sollte er seiner Schwester noch einmal das Herz brechen. Ash klatschte einen Ordner auf Jace’ Schreibtisch. »Wahrscheinlich wirst du stinksauer auf mich sein, aber ich bin dein Freund, und das ist es nun mal, was Freunde tun. Du hättest genauso gehandelt.« Jace’ Augen wurden schmal. »Wovon zum Teufel sprichst du, Ash?« »Während du die letzten zwei Wochen damit verbracht hast, nach Bethany Willis zu suchen, habe ich nach Informationen über sie gesucht. Du musst diese Sache vergessen, Kumpel. Gib sie sofort auf. Das Mädchen ist Gift.« Wellen des Zorns strömten durch seine Venen, während er Ash fassungslos anstarrte. »Ich werde jetzt mal so tun, als hättest du nicht gerade verlangt, dass ich eine obdachlose Frau, mit der wir beide Sex hatten, einfach vergessen soll. Eine Frau, die wir beide eindeutig ausgenutzt haben, ob uns das zum fraglichen Zeitpunkt bewusst war oder nicht. Eine Frau, die kein Dach über dem Kopf hat, kein Essen, noch nicht mal eine verfluchte Jacke, um sich warm zu halten.« Ash hob abwehrend die Hand. »Lies den verflixten Bericht, Jace.« »Warum sagst du mir nicht einfach, warum du denkst, dass sie Gift ist?«, schnauzte Jace ihn an. Ash seufzte. »Bethany Willis hat eine Vorstrafe wegen Drogenbesitzes. Sie ist noch nie einer geregelten Arbeit nachgegangen. Sie ist größtenteils bei Pflegefamilien aufgewachsen. Trotz ihres Highschool-Abschlusses hat sie nie ein College besucht.« Ein Muskel zuckte an Jace’ Kiefer, während er den Ordner auf seinem Schreibtisch anstarrte. Dann hob er den Blick wieder zu Ash. »Und du findest nicht, dass das alles ausgezeichnete Gründe sind, um ihr zu helfen?« »Doch, wenn es dir nur darum ginge«, konterte Ash. »Aber wir beide wissen, dass du ihr nicht nur helfen willst. Du bist von ihr besessen, Jace. Ich habe dich nie zuvor so erlebt. Du musst zur Vernunft kommen. Gut, wir hatten Sex mit ihr. Wir hatten Sex mit vielen Frauen. Ich verstehe einfach nicht, inwiefern sich diese eine von den anderen unterscheidet.« Jace sprang auf, um Ash an die Gurgel zu gehen, als sein Handy klingelte. Er griff danach und sah die Nummer, aber er kannte sie nicht, und sie war auch nicht unter seinen Kontakten gelistet. Normalerweise würde er nicht rangehen, aber er hatte seit dem Beginn seiner Suche nach Bethany nicht einen einzigen Anruf ignoriert. »Jace Crestwell«, blaffte er, ohne seinen finsteren Blick von Ash zu nehmen. »Mr Crestwell, hier ist Kate Stover vom St. Anthonys Frauenasyl.« Sein Puls beschleunigte sich schlagartig. Jace sank auf seinen Stuhl und blendete Ash aus. »Ja, Ms Stover. Wie geht es Ihnen?« »Bethany ist hier«, sprudelte es aus Kate heraus. »Sie kam gerade rein. Sie ist … verletzt.« Ihm rutschte das Herz in die Hose. »Was? Was ist passiert?« »Ich weiß es nicht. Wie ich schon sagte, sie kam gerade erst rein. Ich habe dafür gesorgt, dass sie sich hinsetzt, und mache ihr gerade eine Tasse heiße Schokolade. Sie sieht nicht gut aus, Mr Crestwell. Sie wirkt völlig aufgelöst und erschöpft, außerdem ist sie wie schon erwähnt verletzt.« »Halten Sie sie um jeden Preis fest«, stieß Jace hervor. »Setzen Sie sich auf sie drauf, wenn Sie müssen. Lassen Sie sie nicht gehen, bis ich da bin.« Er steckte das Handy ein und stürmte los. Als er an Ash vorbeikam, hielt der ihn am Arm fest. »Was soll das werden, Mann? Was ist los?« Jace befreite sich aus Ashs Klammergriff. »Ich werde Bethany abholen. Sie ist verletzt.« Ash schüttelte fluchend den Kopf. »Das ist eine ganz schlechte Idee.« Jace hetzte aus seinem Büro und den Gang hinunter. Als er den Aufzug erreichte, hörte er, dass Ash ihm folgte. »Ich komme mit«, verkündete sein Kumpel entschlossen. Jace stieg in den Aufzug, dann blockte er Ash mit dem Arm ab. Seine andere Hand betätigte die Taste für das Erdgeschoss, während er Ash zurückstieß. »Halt dich aus meinem Leben raus«, warnte er ihn mit trügerisch sanfter Stimme. »Das geht dich nichts an.« Ashs Nasenflügel bebten, und seine Augen blitzten für einen kurzen Moment auf. Jace wusste, dass seine Worte gemein waren, andererseits hatte auch Ash sich ziemlich fies benommen. »Ja, du hast recht. Dein Leben geht mich rein gar nichts an«, sagte Ash mit unüberhörbarem Sarkasmus in der Stimme. Er trat vom Fahrstuhl zurück, damit die Türen zugehen konnten, dann beobachtete er mit grimmiger Miene, wie Jace hinter ihnen verschwand. 9 Jace wies seinen Chauffeur an, zu dem Asyl zu fahren und dabei auf die Tube zu drücken. Er konnte sich nicht sicher sein, ob Bethany dort bleiben würde, und er wollte kein Risiko eingehen, sie wieder zu vepassen. Nicht, nachdem sie ihm schon einmal entschlüpft war. Kate hatte gesagt, dass Bethany verletzt sei, und durch seinen Kopf flimmerten Bilder, von denen kein einziges hübsch war. Sie hatten das Thema nicht näher erörtert, weil Jace zu sehr darauf gebrannt hatte, zu Bethany zu gelangen. Wie zur Hölle hatte sie sich die Verletzungen zugezogen? Eine Frau, die allein auf der Straße lebte … Bethany könnte auf tausenderlei Arten verletzt worden sein, und jede einzelne bewirkte, dass sich ihm vor Angst der Magen zusammenzog. Als seine Limousine vor dem Heim hielt, befahl er seinem Fahrer, zu warten. Es würde hoffentlich nicht lange dauern, aber er stellte sich auf alles ein. Der eisige Wind biss sich durch seinen Mantel, während Jace zum Eingang rannte. Er hatte kaum die Tür aufgezogen, als er auch schon nach Bethany Ausschau hielt. Dann endlich entdeckte er sie im hinteren Teil des Raums, abseits von den anderen Frauen. Sie kauerte auf einem Stuhl und wirkte blass und verloren. Trotzdem jubelte sein Herz bei ihrem Anblick, so erleichtert war er darüber, sie gefunden zu haben. Dann bemerkte er, dass ihre Hose an den Knien und an einer Seite zerrissen war. Außerdem sah er das Blut an ihrer Kleidung und die Schürfwunden an ihren Ellbogen. Was war ihr bloß zugestoßen? Bevor er zu ihr gehen konnte, hielt Kate ihn mit besorgt gerunzelter Stirn auf. »Werden Sie sie mitnehmen, Mr Crestwell?« »Ja, das werde ich«, bestätigte er. »Sie kommt mit mir. Ich werde mich gut um sie kümmern. Versprochen.« Kates Züge entspannten sich. »Da bin ich froh. Ich mache mir nämlich Sorgen um sie. Um sie alle.« Darauf brennend, zu Bethany zu gelangen und festzustellen, wie schlimm sie verwundet war, setzte er einen Fuß nach vorn, doch Kate hielt ihn wieder auf. »Ich möchte Ihnen danken«, sagte sie mit sanfter Stimme. »Für alles. Die Heizung. Die Lebensmittel. Die großzügige Spende. Sehen Sie sich um, Mr Crestwell. Dank Ihnen haben all diese Frauen einen warmen Schlafplatz und etwas zu essen.« Ihre Dankbarkeit war Jace unangenehm, darum nickte er nur kurz, bevor er zu Bethany ging. Ihre Augen waren geschlossen. Sie schien im Sitzen zu schlafen. Jace nutzte die Gelegenheit, um sie genauer in Augenschein zu nehmen, dann fluchte er über das, was er sah. Bethany wirkte noch dünner, falls das überhaupt möglich war. Sie war blass und hatte dunkle Schatten unter den Augen. Und sie litt Schmerzen. Leise kniete er sich vor sie hin. Sobald sie seine Gegenwart spürte, riss sie die Augen auf und zuckte mit panischem Blick zurück. »Es ist alles gut, Bethany«, murmelte er beschwichtigend. Sie starrte ihn an, und Jace war froh zu sehen, dass ihre Angst verebbte und einem Ausdruck der Verwirrung wich. »Jace?« Sein Name kam als zögerliches Flüstern heraus, fast so, als könne sie nicht glauben, dass es wirklich er war, der da vor ihr kniete. Dann setzte sie sich gerade auf und drehte die Handflächen nach unten, um die Kratzer und das Blut zu verstecken. »Was tust du hier?«, fragte sie mit zitternder Stimme. Seine Miene verhärtete sich, und er stand auf. Sie folgte der Bewegung mit den Augen, als er sich ohne ein Wort nach unten beugte und ihren federleichten Körper vom Stuhl hob. Er schmiegte sie schützend an seine Brust, fest entschlossen, sie von nichts und niemandem mehr verletzen zu lassen. Mit einem erschrockenen Keuchen versteifte Bethany sich in seinen Armen. »Was tust du?«, wiederholte sie. »Ich bringe dich von hier fort«, beschied er ihr knapp. Bethany setzte zu einem ernsthaften Protest an, und Jace fing Kates besorgten Blick auf. Er nickte der älteren Frau beschwichtigend zu und drückte Bethany noch fester an sich. »Genug«, befahl er zähneknirschend. »Kämpf nicht gegen mich an. Du beunruhigst Kate. Ich werde dir nicht wehtun. Ich habe versprochen, mich um dich zu kümmern. Mach keine Szene. Willst du die anderen Frauen erschrecken?« Bethany biss sich auf die Lippe und gab ihren Widerstand auf. Dabei schüttelte sie langsam den Kopf. »Nein«, wisperte sie. »Aber du kannst mich nicht einfach hier raustragen, Jace.« »Das wollen wir doch mal sehen.« Er stieß die Tür mit der Schulter auf, und der kalte Luftschwall bewirkte, dass Bethany sofort zu frösteln begann. Jace fluchte leise, wütend darüber, dass sie nicht besser vor der Kälte geschützt war. Ihre Kleidung war kein bisschen für diese Temperaturen geeignet. »Du machst mir Angst.« Ihre Stimme war nur ein Hauch, und er spürte, wie sie in seinen Armen bibberte. Ob vor Kälte oder tatsächlich vor Angst, konnte er nicht sagen. »Ich werde dir nichts tun, das weißt du ganz genau.« Sie schaute mit nervöser Miene zu ihm hoch. Ohne sich um die neugierigen Blicke der Passanten zu kümmern, blieb Jace am Randstein stehen, während sein Wagen vorfuhr. »Woher soll ich das wissen?« Er presste die Lippen zusammen. »Wenn du das immer noch nicht begriffen hast, dann wird es allerhöchste Zeit.« Das Auto hielt vor ihnen an, sein Chauffeur stieg eilig aus und öffnete ihm den Schlag. Jace beugte sich ins Innere und setzte Bethany hinein, dann glitt er neben sie. Ihr entschlüpfte ein wohliges Seufzen, als ihr Körper mit den beheizten Sitzen in Kontakt kam. Einen Moment später scherte der Wagen in den Verkehrsstrom ein, und Stille senkte sich über die Rückbank. »Wohin fahren wir?«, fragte sie schließlich mit noch immer zittriger Stimme. Jace nahm ihre Hände und drehte die Innenseiten nach oben, um die Schnitte zu inspizieren. »Was ist passiert, Bethany?« Sie wurde so still neben ihm, dass er hinsehen musste, um sich zu vergewissern, dass sie noch atmete. In ihren Augen stand eine solche Traurigkeit, eine solche Hoffnungslosigkeit, dass ihm das Herz stockte. Und da wusste er ohne jeden Zweifel, dass er das Richtige getan hatte. Unabhängig davon, gegen welche inneren Dämonen sie ankämpfte, unter welchen Umständen sie lebte oder gelebt hatte, es war richtig gewesen, sie zu suchen und mitzunehmen. Bethany entzog Jace ihre Hände und drehte das Gesicht zum Fenster. Was um alles in der Welt hatte er vor? Wie hatte er sie aufgespürt? Warum hatte er sie überhaupt gesucht? Ihn in dem Asyl zu sehen, war ein Riesenschock gewesen, der sie jedes vernünftigen Gedankens beraubt hatte. Sie war zu kaum mehr als einem symbolischen Protest fähig gewesen, als er sie dort rausgetragen und in sein Auto verfrachtet hatte. Fiel das nicht unter Kidnapping? »Bethany, sieh mich an.« Seine Stimme klang freundlich, doch der Befehlston darin war unmissverständlich. Bethany konnte nicht anders, als zu gehorchen. Sie wandte ihm den Kopf zu und spähte durch ihre Wimpern zu ihm hoch. Ihr stockte der Atem. Jace war ein wirklich faszinierender Mann. Er wirkte so düster, so schwermütig. Gleichzeitig strahlte er Macht aus. Nur ein Dummkopf würde seine natürliche Autorität nicht spüren. Er verströmte sie aus jeder Pore. Obwohl sie instinktiv wusste, dass eine Frau sich bei ihm stets sicher fühlen konnte, war sie in diesem Moment das reinste Nervenbündel. Denn der Ausdruck in seinen Augen suggerierte, dass sie sich lieber in Acht nehmen sollte, auch wenn sie nicht wusste, wovor. Jace würde sie nicht verletzen. Davon war sie überzeugt. Allerdings konnte man nicht nur auf körperliche Weise verletzt werden. »Hab keine Angst vor mir.« Bethany schürzte die Lippen. »Das ist nichts, was du einfach befehlen kannst. Jemandem vorzuschreiben, sich nicht vor dir zu fürchten, verhindert nicht, dass er es trotzdem tut!« Sein Blick wurde erbittert. »Habe ich dir irgendein Indiz dafür geliefert, dass ich dir wehtun will?« »Du hast mich gerade gegen meinen Willen aus dem Asyl verschleppt! Was du getan hast, kommt einer Entführung gleich! Wieso warst du überhaupt dort, Jace? Wie und warum hast du mich aufgespürt? Ich begreife es nicht.« Ihre Worte sprudelten viel hitziger aus ihr heraus, als sie beabsichtigt hatte. Die Schrillheit in ihrer Stimme verriet ihre Panik. Er legte die Finger an ihre Wange und übte gerade so viel Druck aus, dass Bethany die Berührung spürte und das Gesicht nicht wegdrehen konnte. »Du brauchst mich«, informierte er sie. Ihr klappte die Kinnlade runter, und sie guckte ihn völlig verdattert an und wusste nicht, was sie darauf sagen sollte. Was gab es dazu schon zu sagen? Dann beugte er sich vor und hauchte einen schmetterlingszarten Kuss auf ihre Stirn. Bethany schloss die Augen und kostete die süße Geste aus. Dieser Mann verhieß Kummer, und das nicht zu knapp. Bethany steckte bis zum Hals in der Klemme. »Für heute Nacht kommst du mit zu mir nach Hause«, verkündete Jace und lehnte sich zurück in den Sitz. Er sprach mit einer Gelassenheit, die Bethany nicht mal ansatzweise empfand. »Morgen quartiere ich dich in der Wohnung meiner Schwester ein. Sie benutzt sie nicht mehr. Das Apartment ist möbliert, darum wirst du nichts weiter benötigen.« Die Bestimmtheit in seiner Stimme machte sie sprachlos. Jace fragte sie nicht mal um ihre Meinung, sondern tat, als wäre das Ganze beschlossene Sache. Als hätte Bethany in Bezug auf ihr weiteres Schicksal überhaupt kein Mitspracherecht. »Das ist doch verrückt«, flüsterte sie. »Du kannst mein Leben nicht einfach so in die Hand nehmen. Und ich kann unmöglich im Apartment deiner Schwester wohnen.« Jace musterte sie mit hochgezogenen Brauen, bis sie sich wie eine Idiotin vorkam. »Hast du eine andere Option, wo du unterkommen kannst?« Bethany errötete. »Du weißt, dass ich die nicht habe.« »Dann kapiere ich nicht, worüber wir diskutierten. Mia benutzt das Apartment nicht. Sie wohnt bis zu ihrer Hochzeit bei Gabe. Ihre Mitbewohnerin ist bei ihrem Freund eingezogen. Die Wohnung steht leer und gehört mir. Du wirst dort bleiben, zumindest für den Moment.« Der Nachsatz veranlasste sie, die Stirn zu runzeln. Jace lächelte, als ihm der Grund für ihre Verwirrung dämmerte. »Früher oder später wirst du zu mir ziehen, aber ich akzeptiere, dass du dich erst an unsere … Situation gewöhnen musst.« »Du bist verrückt«, fauchte sie. »Ich wurde von einem Irren gekidnappt.« Er quittierte das mit einem finsteren Blick, als sie vor einem ultramodernen Hochhaus gegenüber dem Central Park hielten. Ein stetiger Regen hatte eingesetzt. Jace nahm Bethanys Hand und zog sie beim Aussteigen mit sich. »Beeil dich, damit du nicht nass wirst«, sagte er, während sie zum Eingang hasteten. Bethany musste rennen, um mit ihm Schritt zu halten, und als sie endlich in die Lobby gelangten, war sie außer Puste. Sie verzog gequält das Gesicht, als der Jeansstoff, der an ihren Knien klebte, sich löste und ihre Schürfwunden wieder aufbrachen. Jace bemerkte ihren Ausdruck und fluchte leise, während er ihre zerfetzte Hose musterte. Er nahm Bethanys Arm, brachte sie zum Aufzug und schob sie hinein. Trotz seines Bemühens, sie ins Haus zu schaffen, bevor sie durchnässt wurde, klebte ihre Kleidung feucht an ihr, und sie fröstelte. Der Fahrstuhl öffnete sich in ein elegantes Foyer mit Marmorböden und einem gigantischen Kristalllüster an der Decke. Jace drängte sie weiter, bis sie zögerlich seinen Wohnbereich betrat. »Wir müssen dich aus diesen Klamotten befreien, anschließend werde ich deine Wunden versorgen«, grummelte er. Seine Ankündigung veranlasste sie, die Arme noch fester um ihren Oberkörper zu schlingen, als könne sie damit verhindern, sich ausziehen zu müssen. Natürlich hatte er sie schon nackt gesehen, doch sie fühlte sich extrem verletzlich bei der Vorstellung, sich nun ein weiteres Mal vor ihm zu entblößen. Bethany hatte ihn verrückt genannt, aber sie war noch viel verrückter als er, weil sie das hier geschehen ließ. Man könnte einwenden, dass er ihr kaum eine andere Wahl gelassen hatte, andererseits hatte sie sich auch nicht gerade nach Leibeskräften gewehrt. »Wir müssen reden, Jace«, stammelte sie. »Das hier ist verrückt. Ich kann nicht bei dir übernachten. Ich verstehe noch immer nicht, warum du in dem Asyl aufgetaucht bist oder woher du wusstest, dass du mich dort finden würdest!« Er legte den Finger auf ihre Lippen, und seine Miene drückte unmissverständlich aus, dass er keine weitere Widerrede dulden würde. »Wir haben reichlich Zeit, uns zu unterhalten, nachdem du heiß geduscht hast und ich mir diese Wunden angesehen habe. Aber du hast recht. Es gibt eine Menge zu besprechen, und ich versichere dir, dass wir das auch tun werden. Aber meine oberste Priorität für den Moment ist dein Wohlergehen.« Bethany linste auf ihre abgerissene Erscheinung hinunter und entschied, dass eine heiße Dusche definitiv nicht schaden konnte. Was immer Jace’ Erklärung sein mochte, sie würde sich besser damit auseinandersetzen können, wenn sie trocken und aufgewärmt wäre. »Na gut«, kapitulierte sie. Er lächelte verschmitzt. »Siehst du. Das war doch gar nicht so schwer, oder?« Sie runzelte die Stirn. »Was denn?« »Mir das Kommando zu überlassen. Ich muss dich warnen, Bethany. Ich bin es gewohnt, meinen Willen durchzusetzen.« Wie bitte? Sie hatte kein Wort davon gesagt, ihm das Kommando zu überlassen! Sie öffnete den Mund, um ihn darauf hinzuweisen, als er die Lippen auf ihre legte und ihren Konter mit einem Kuss erstickte. 10 Bethany saß auf dem Badezimmerwaschtisch, während Jace sorgsam jede Schürf- und Schnittwunde an ihrem Körper untersuchte. Und er ging dabei mehr als gründlich vor. Sie war komplett nackt, und er ließ nicht einen Quadratzentimeter ihrer Haut außer Acht. Sein Mund war zu einem schmalen Strich zusammengepresst, doch er gab keinen Kommentar ab, während er sich um ihre Blessuren kümmerte. Ihr war noch immer kalt bis auf die Knochen. Sie wusste nicht, ob sie sich je wieder erwärmen würde. Nachdem sie mehrere Minuten fröstelnd so zugebracht hatte, stieß Jace eine Verwünschung aus – was er in Verbindung mit Bethany regelmäßig tat – und hob sie vom Waschtisch. »Ich werde die Dusche anstellen. Du musst dich aufwärmen. Wenn du wieder rauskommst, werde ich deine Wunden verbinden. Ich denke nicht, dass einer der Schnitte genäht werden muss, aber ich werde eine antibiotische Salbe auftragen, damit sie sich nicht entzünden. Ich werde uns was zum Essen machen, während du duschst.« Er wartete nicht auf ihre Zustimmung. Das wäre auch recht absurd gewesen, nachdem er sie bisher nicht ein einziges Mal um ihre Meinung gefragt hatte. Er ging zur Dusche, drehte sie auf, dann kam er zu Bethany zurück, die noch immer ohne einen Fetzen am Leib im Bad stand. Dabei hatte sie geglaubt, dieser Tag könne nicht noch bizarrer werden. Jace strich mit der Hand ihren Arm hinauf bis zu ihrer Schulter und drückte sie beruhigend, bevor er das Bad verließ. Bethany lehnte sich gegen den Waschtisch, dann drehte sie sich um und betrachtete sich im Spiegel. Sie sah aus wie das Leiden Christi. Ausgelaugt. Verhärmt. Besorgt. Verängstigt. Ihr kamen noch eine Million anderer Ausdrücke in den Sinn. Sie schloss die Augen, dabei schwankte sie vor Kraftlosigkeit und musste sich am Waschtisch festhalten, um sich abzustützen. Zumindest für heute Nacht war sie in Sicherheit. Obwohl sie Jace’ Motive nicht kannte, war sie zutiefst erleichtert, dass er sie hierhergebracht hatte. Wo niemand sie finden konnte. Noch nicht einmal Jack. Eine Galgenfrist. So kurz sie auch währen mochte, Bethany war dankbar dafür. Sich bewusst werdend, dass sie Warmwasser vergeudete, trat sie unter die Dusche, dann seufzte sie zufrieden, als der warme Regen über ihren geschundenen Körper strömte. Es war die pure Glückseligkeit. Das Wundervollste, was sie je gefühlt hatte. Sie legte den Kopf in den Nacken und ließ das Wasser über ihr Gesicht und ihren Hals fließen. Ihre Wunden brannten unter dem warmen Strahl, trotzdem achtete sie peinlich genau darauf, sämtliche Schnitte in ihrer Haut zu reinigen. Sie blieb in der Dusche, bis die ausgedehnte Wärmezufuhr ihren Körper matt und schwer machte. Nachdem sie ihre Haare ein letztes Mal ausgespült hatte, drehte sie widerstrebend den Hahn zu und trat heraus. Warme Luft strich über ihre Haut, was sie überraschte. Sie schaute nach oben und stellte fest, dass Jace den Heizstrahler im Bad angeschaltet hatte, sodass sie nach ihrer halbstündigen Dusche von molliger Behaglichkeit empfangen wurde. Er hatte himmlische Handtücher, so groß, weich und flauschig, dass sie sich wie von einer Wolke eingehüllt fühlte. Sie konnte sich fast doppelt darin einwickeln. Es mochte sündhafte Verschwendung sein, aber sie benutzte sogar zwei Handtücher, eins für ihren Körper, das andere als Turban für ihre Haare. Es war ein frivoler Luxus, den sie in vollen Zügen auskostete. Bethany blinzelte verwirrt, als sie die Wechselkleidung auf dem Waschtisch entdeckte, die dort zuvor noch nicht gelegen hatte. Außerdem hing ein dicker Bademantel an der Türinnenseite. Es gab sogar ein Paar Hausschuhe. Der Mann hatte an alles gedacht. Ihr Blick wanderte zurück zu den Klamotten, und sie runzelte die Stirn. Wie kam es, dass er Frauenkleidung in seinem Apartment aufbewahrte? Sie nahm die Jeans und das T-Shirt und erkannte sofort, dass beides zu groß war. Nicht viel, und tatsächlich hätten ihr die Sachen vor etwa einem Jahr noch gepasst. Sie war damals nicht so schlank, nicht so dünn gewesen, sondern hatte mehr Kurven, eine echte Figur gehabt. Ihr Busen war ihr zwar geblieben, viel mehr aber auch nicht. Sie hatte kaum Hüften, keinen nennenswerten Hintern. Der Gewichtsverlust hatte ihre Statur kantig gemacht. Das Leben auf der Straße war hart. Man alterte vorzeitig. Nachdem sie sich die Zeit genommen hatte, sich vollständig abzutrocknen, zog sie das Höschen an, das zwischen der Jeans und dem T-Shirt steckte. Es war ihr peinlich, die Unterwäsche einer anderen Frau zu borgen, zudem gab es keinen Büstenhalter, aber vermutlich machte es sowieso keinen Unterschied. Sie selbst besaß nur zwei, und beide fielen halb auseinander. Der, den sie zuvor ausgezogen hatte – vielmehr hatte Jace das getan –, war schmutzig und zerrissen. Er war nicht mehr zu retten. Außerdem war es ja nicht gerade so, als wäre Jace mit ihren Brüsten nicht bestens vertraut. Sie ohne BH zu sehen würde ihn nicht schockieren. Bethany zog sich das T-Shirt über den Kopf. Es fiel sehr locker und reichte ihr bis über die Hüften, dabei spannte es noch nicht mal über ihren Brüsten, was bedeutete, dass die Frau, der es eigentlich gehörte, besser bestückt sein musste als sie. Nachdem sie in die Jeans geschlüpft war, nahm sie das Handtuch von ihrem Kopf und kämmte sich mit den Fingern die Haare, um die feuchten, verstrubbelten Flechten zu entwirren. Es gelang ihr nur mäßig, aber sie wollte nicht in Jace’ Schubladen nach einer Bürste stöbern. Bethany atmete tief durch, straffte die Schultern und wandte sich der Tür zu. Mit der Hand am Knauf zögerte sie wie ein furchtsames Häschen. Die Vorstellung, Jace gegenüberzutreten, machte ihr höllische Angst. Nicht weil sie glaubte, dass er ihr wehtun würde, sondern weil sie wusste, dass sie ihm nicht annähernd gewachsen war. Schlimmer noch, sie war sich noch nicht mal sicher, ob sie ihm gewachsen sein wollte. Es war wesentlich einfacher, ihm das Kommando zu überlassen. Dass jemand sich ihrer annahm, war derart unvertrautes Terrain für sie, dass sie der Verlockung kaum widerstehen konnte. Es war wie die sprichwörtliche Karotte, die vor der Nase des Esels baumelte. Sie fuhr zusammen, als die Tür gegen ihre Hand vibrierte. »Bethany? Bist du fertig?« Sie schluckte schwer, öffnete die Tür und fand sich Jace gegenüber, der nur einen Schritt entfernt stand. Er ließ den Blick über ihren Körper gleiten und runzelte die Stirn. »Du musst die Jeans wieder ausziehen. Ich wollte deine Wunden verbinden, bevor du dich ankleidest.« »Das hatte ich vergessen«, entgegnete sie schüchtern. »Ich dachte, du willst, dass ich mich anziehe, weil du mir die Sachen hingelegt hattest.« »Ist nicht weiter schlimm. Komm mit ins Wohnzimmer. Wir erledigen es dort.« Jace legte die Hand um ihren Ellbogen, dann geleitete er sie aus dem Bad zurück in sein Schlafzimmer und weiter in den weiträumigen Wohnbereich. Die Panoramafenster boten einen sagenhaften Ausblick auf die Stadt. »Zieh die Jeans aus«, wies er sie an. »Dann mach es dir auf der Couch bequem. Das Essen ist fast fertig. Sobald ich deine Wunden vollständig versorgt habe, können wir essen.« In dem Wissen, dass jeder Widerspruch zwecklos war, knöpfte Bethany die Jeans auf und streifte sie von den Beinen. »Ich weiß, dass sie zu groß ist«, kommentierte Jace, als Bethany sich die Hose von den Füßen zog. Er fasste nach ihrer Hand und zog sie daran nach unten, bis sie neben ihm saß. »Morgen ziehen wir los und besorgen dir alles, was du brauchst. Und das Erste wird eine warme Jacke sein. Draußen herrschen eisige Temperaturen, und du bist ohne vernünftige Kleidung quer durch die Stadt gelaufen. Dieser Mist hat jetzt ein Ende.« Sein Tonfall war stählern, doch die unterschwellige Besorgnis, die in seinen Worten mitschwang, brachte seine tief verwurzelte Ruppigkeit ein wenig zum Bröckeln. Er sprach wie jemand, der sich wirklich für ihr Wohlergehen interessierte. Bethany schüttelte den Gedanken hastig ab, denn diese Art von Illusion stellte ein gefährliches Terrain dar. Sie hatte auf die harte Tour gelernt, dass sie sich auf absolut niemanden außer auf sich selbst verlassen konnte. Auch wenn sie sich selbst im Stich gelassen hatte. So wie es alle anderen auch getan hatten. Jace beugte sich zum Couchtisch, auf dem ein kleiner Erste-Hilfe-Kasten stand. Es herrschte lange Minuten Stille, während er Salbe auf jede einzelne Wunde strich, bevor er die größeren mit Verbandsmull und Klebeband, die kleineren mit Pflastern versorgte. Noch bevor Bethany begriff, was er vorhatte, drängte er sie rücklings aufs Sofa und schob ihr T-Shirt hoch. »Ich bin da nicht verletzt!«, protestierte sie vehement, als seine Hand über ihren Bauch strich. Seine Miene war grimmig, als er sie inspizierte. »Nein, aber du hast blaue Flecken. Was in Gottes Namen ist da draußen passiert, Bethany? Wer hat dir das angetan?« Jace klang so zornig, dass sie ängstlich zurückzuckte. Es war ein Automatismus. Reiner Selbstschutz. Ein leises Zischen drang durch seine zusammengebissenen Zähne. »Gottverdammt noch eins, Bethany. Du weißt, dass ich dir nicht wehtun werde. Das würde ich niemals tun. Aber ich will wissen, welcher Hurensohn das getan hat.« »D-du k-klingst so w-wütend.« »Ja, verdammt. Ich bin wütend! Aber nicht auf dich, Baby.« Seine Stimme wurde weich, als er sie Baby nannte, woraufhin auch Bethany sich wieder ein wenig entspannte. »Ich bin wütend auf den Dreckssack, der sich an dir vergriffen hat. Und du wirst mir genau berichten, wie das passiert ist.« Sie wurde blass, und ihre Augen weiteten sich. Und dann, als sie schon dachte, er könne sie nicht noch mehr überraschen, beugte er sich über sie und senkte den Kopf auf ihre Rippen. Er küsste jeden einzelnen Bluterguss, wobei er seine Lippen so vorsichtig auf ihre Haut drückte, dass sie die Berührung kaum spürte. Lieber Gott, wie sollte sie diesem Mann jemals widerstehen? »Brauchst du etwas gegen die Schmerzen?«, fragte er. »Es geht mir gut«, wisperte sie. »Ich bin nur hungrig.« Jace hob augenblicklich den Kopf, und sein Mund wurde wieder schmal. »Wie lange hast du schon nicht mehr gegessen? Und lüg mich nicht an.« Sie schluckte hörbar, machte jedoch keine Ausflüchte. »Drei Tage.« »Allmächtiger.« Er blähte die Wangen auf und wandte das Gesicht ab, als müsse er sich erst sammeln, ehe er sie wieder ansehen konnte. Als er es schließlich tat, loderte heller Zorn in seinen Augen, und er schien kurz davor zu sein zu explodieren. »Gib mir eine Minute«, murmelte er. Jace atmete bedächtig durch die Nase ein und wieder aus, bevor er von der Couch aufstand. Er hielt ihr die Hand hin und wartete, dass sie ihre hineinlegte und ebenfalls aufstand. Sie ließ sich von ihm auf die Beine helfen, dann bückte er sich und hob ihre Jeans auf. Er drückte ihre Finger auf seinen Arm, damit sie sich abstützen konnte, während sie mit den Füßen in die Hosenbeine schlüpfte. Nachdem er die Knöpfe geschlossen hatte, nahm er Bethanys Hand und führte sie in die Küche. Das ganze Apartment war offen gestaltet, sodass ein Zimmer direkt ins nächste überging. Das Esszimmer, besser gesagt der Essbereich, grenzte an die Küche, seitlich befand sich das Wohnzimmer. Es gab eine Kücheninsel mit integrierter Bar, die es demjenigen, der kochte, ermöglichte, sowohl das Ess- als auch das Wohnzimmer zu überblicken. Jace hob Bethany auf den hochlehnigen Barhocker, dann stellte er sich hinter das Kochfeld, wo der Inhalt dreier Pfannen vor sich hinschmurgelte. Bethany beobachtete fasziniert, wie er die Pasta abgoss, bevor er sie in die Pfanne mit der Sauce gab. Er schwenkte sie fachmännisch, fügte Gewürze hinzu und verteilte sie auf zwei Tellern. Zuletzt nahm er eine sautierte Hähnchenbrust aus der dritten Pfanne, schnitt sie in dünne Scheiben und arrangierte sie über den Nudeln. »Voilà«, verkündete er, als er sie ihr über den Tresen reichte. »Ich bin beeindruckt«, gestand sie aufrichtig. »Es sieht lecker aus und duftet himmlisch. Ich hätte nicht gedacht, dass du kochen kannst.« Jace hob eine Braue. »Wieso denn nicht?« Sie fühlte, wie ihr die Röte in die Wangen stieg. »Ich begegne nicht oft wohlhabenden, begehrten Junggesellen, die selbst kochen.« Jace lachte. »Ich habe meine jüngere Schwester aufgezogen, und damals konnten wir es uns nicht leisten, auswärts zu essen oder jemanden zu bezahlen, der das Kochen übernimmt. Ich war nur ein armer College-Student, der ums Überleben kämpfte.« »Wo waren deine Eltern?« Ein kummervoller Ausdruck huschte über seine Augen. »Sie kamen bei einem Autounfall ums Leben, als Mia sechs war.« Bethany zog nachdenklich die Stirn kraus. »Du musst ein gutes Stück älter sein als sie, wenn du bereits auf dem College warst.« »Vierzehn Jahre«, bestätigte er. »Mia war gewissermaßen ein Unfall. Sie wurde geboren, als meine Mutter die Vierzig schon überschritten hatte. Mich bekamen sie ziemlich jung, und sie hatten die Familienplanung eigentlich abgeschlossen.« »Ich finde es ganz schön bewundernswert, dass du deine Schwester großgezogen hast«, sagte sie leise. Jace zuckte mit den Achseln. »Was hätte ich sonst tun sollen? Ich hätte sie niemals im Stich gelassen. Sie ist meine einzige Familie.« Mit seinem eigenen Teller in der Hand umrundete er die Kochinsel und setzte sich auf den Hocker neben ihr. Er bemerkte, dass sie ihr Essen noch immer nicht angerührt hatte, und runzelte die Stirn. »Iss, Bethany.« Sie stach die Gabel in die köstlich aussehende Pasta und inhalierte tief, als sie den Bissen zum Mund führte. Es duftete himmlisch. Als die Nudeln ihre Geschmacksknospen berührten, schloss Bethany genüsslich seufzend die Augen. »Gut?« »Göttlich«, sagte sie. Jace stand auf, ging auf die andere Seite und holte zwei Gläser vom Tresen. Er stellte eins mit Orangensaft vor sie hin, und ihr wurde ganz weich ums Herz. Er wusste noch, dass sie beim letzten Mal um O-Saft gebeten hatte. Sie genoss jeden Bissen und jeden Schluck, bis sie das Gefühl hatte zu platzen. Mit einem zufriedenen Ächzen schob sie den Teller von sich weg. »Danke, Jace. Das war großartig.« Er schaute sie einen langen Moment schweigend an. »Ich mag es, wie du meinen Namen sagst.« Bethany zog die Brauen zusammen. Was sollte sie darauf entgegnen? In dem Wissen, dass sie viel zu bereden hatten – sie musste ihm unbedingt klarmachen, dass sie auf keinen Fall in das Apartment seiner Schwester ziehen würde! –, verschränkte sie nervös die Finger und guckte zu ihm hoch. »Jace?«, begann sie sanft. »Wir müssen uns unterhalten.« Die Lippen fest zusammengepresst, nickte er. »Das werden wir tun, darauf kannst du deinen süßen Hintern verwetten. Lass uns zurück ins Wohnzimmer gehen. Es gibt Fragen, auf die ich noch immer keine Antwort bekommen habe.« Sie blinzelte überrascht. Aber noch bevor sie ihm mitteilen konnte, dass sie das Reden zu übernehmen gedachte, nötigte er sie aufzustehen, dann legte er die Hand an ihren Rücken und schob sie ins Wohnzimmer. Sobald sie auf der Couch saß, zündete er den Kamin an. Bethany seufzte behaglich, als die Flammen hochzüngelten. Der Feuerschein verlieh dem Raum eine unglaublich heimelige Atmosphäre. Dann schüttelte sie den Kopf über die Absurdität des Gedankens. Was wusste sie schon von heimelig? Ein Heim war das, was man sich schuf, und sie und Jack hatten ein paar wirklich verwahrloste Orte zu ihrem Heim gemacht. Niedergeschlagen dachte sie an die Quartiere, genauer gesagt die Absteigen, in denen sie im Lauf der Jahre gehaust hatten. Hin und wieder war es ihr gelungen, einen längerfristigen Job zu ergattern, der es ihnen ermöglichte, in einem schäbigen Apartment-Hotel unterzukommen. Es war nicht viel gewesen, trotzdem hatte sie es genossen, eine feste Unterkunft zu haben, die sie nicht je nach Belegung beziehen konnten oder verlassen mussten. »Worüber schüttelst du den Kopf?«, fragte Jace stirnrunzelnd. Bethany schaute hoch und stellte fest, dass er sich neben sie auf die Couch gesetzt hatte. Er war so nah, dass sie ihn hätte berühren können. Sie spürte, wie seine Hitze und sein Duft sie einhüllten und sie bis ins Innerste wärmten. Ohne an die Konsequenzen zu denken, antwortete sie instinktiv wahrheitsgemäß. »Ich dachte gerade, dass das Feuer das Zimmer so heimelig macht, dann wurde mir bewusst, wie lächerlich dieser Gedanke ist, nachdem ich nichts darüber weiß, wie sich ein echtes Heim anfühlt.« Erst als sie die Traurigkeit in ihrer Stimme hörte, begriff Bethany, dass sie von Herzen kam. Sie biss sich auf die Lippe, als sie erkannte, dass sie besser nichts gesagt hätte. Jace sah aus, als hätte man ihn ins Gesicht geschlagen. Dann stieß er eine weitere zornige Verwünschung aus, und Bethany merkte, wie ihr ein Schauder über den Rücken lief. Sie zuckte zusammen, als er die Hand ausstreckte, um ihre Wange zu berühren, dann senkte er sie zu ihrer Hüfte, wo das T-Shirt ihre Blutergüsse verdeckte. Trotzdem fand er die Stelle, die am meisten wehtat, und legte die Handfläche darauf. »Wer hat dir das angetan, Bethany? Was zur Hölle ist dort draußen geschehen? Und lüg mich nicht an. Ich will die ganze beschissene Wahrheit hören.« Ihre Augen wurden groß, und sie schnappte nach Luft. Sie konnte es ihm nicht gestehen. Wie auch? Jace würde sie so schnell rauswerfen, dass ihr schwindlig würde. Aber war es nicht das, was sie wollte? Nämlich zu gehen? Er konnte sie nicht zwingen zu bleiben. Doch noch während sie das dachte, kamen ihr Zweifel. Er wirkte so … autoritär. Stumm und erwartungsvoll schaute Jace sie unverwandt an. Er würde sie nicht einfach vom Haken lassen. »Das kann ich dir nicht sagen«, antwortete sie mit erstickter Stimme. »Bitte frag mich nicht danach, Jace.« Sein Mund wurde noch schmaler, und in seinen Augen funkelte Zorn. »Lass uns ein paar Dinge klarstellen. Ich weiß schon jetzt eine Menge über dich. Du bist obdachlos und hast eine Vorstrafe wegen Drogenbesitzes. Du hattest seit drei Tagen nichts gegessen. Du hast kein Geld, keine Bleibe, und irgendjemand hat dich brutal misshandelt.« Jegliche Farbe wich aus ihrem Gesicht. Ihr Magen verknotete sich schmerzhaft, als Scham sie überwältigte und ihr die Kehle zuschnürte. Sie sah ihn entsetzt an, das Gefühl der Demütigung war so schneidend, dass sie am liebsten losgeheult hätte. Jace hob die Hand von ihrer Hüfte zu ihrem Gesicht und strich zärtlich mit dem Daumen über ihren Wangenknochen. Seine Miene wurde weich, als er ihre Erschütterung registrierte. »Bethany«, sagte er ruhig. »Das alles war mir bereits bekannt, als ich dich aus dem Asyl geholt habe. Beweist dir das nicht irgendwas?« »Ich weiß nicht«, flüsterte sie, unfähig, seinem Blick länger standzuhalten. Sie senkte den Kopf und schloss die Augen. Sie kam sich so … unwürdig vor, und sie hasste dieses Gefühl. Hasste es aus tiefster Seele. Sie hatte sich ihr Leben lang als unwürdig und nicht liebenswert betrachtet. Als nicht gut genug. »Sieh mich an«, verlangte er. Als sie zögerte, hob er ihr Kinn an, bis ihr Gesicht seinem zugewandt war. Doch ihre Augen waren noch immer geschlossen. »Sieh mich an, Baby«, wiederholte er. Sie gehorchte, doch der Ansturm ihrer Tränen verschleierte ihr die Sicht. »Wein doch nicht«, raunte er. »Es beweist, dass es für mich keinen Unterschied macht. Ich wusste das über dich, trotzdem bin ich zu dem Asyl gefahren. Ich habe dich zwei gottverdammte Wochen lang gesucht und jedes Obdachlosenheim, das ich auftun konnte, überprüft, in der Hoffnung, dich dort zu entdecken. Als ich dich nirgendwo finden konnte, bin ich fast durchgedreht, weil ich wusste, dass du irgendwo dort draußen auf der Straße bist. Halb erfroren, hungrig und allein. Ohne dass ich dich beschützen konnte. Ohne dass ich sicherstellen konnte, dass du genug zu essen hast. Ohne wenigstens eine Jacke, um dich warm zu halten.« Obwohl er ihr untersagt hatte zu weinen, kullerte eine Träne über ihre Wange und verteilte sich auf seiner Hand. Jace beugte sich vor und küsste ihr Gesicht, dann strichen seine Lippen nach oben und trockneten die feuchte Spur. »Und jetzt sag mir, wer dich so zugerichtet hat. Ich will alles erfahren. Ich werde mich um dich kümmern, Bethany, aber ich muss wissen, worauf ich mich hier einlasse.« Sie schüttelte hartnäckig den Kopf. »Das geht nicht, Jace. Ich werde nicht in die Wohnung deiner Schwester ziehen. Du kannst nicht einfach in mein Leben platzen und das Kommando übernehmen. So läuft das einfach nicht.« Ungeduld funkelte in seinen dunklen Augen. »Das Leben läuft so, wie man es sich einrichtet. Und zur Hölle damit, dass ich nicht das Kommando übernehmen kann. Ohne deine Gefühle verletzen zu wollen, Baby, aber es ist dir nicht gerade gut gelungen, auf dich selbst aufzupassen. Doch mit mir wird sich das alles ändern.« »Aber wieso nur?«, entfuhr es ihr. »Ich verstehe dich einfach nicht. Ich war ein One-Night-Stand für dich und Ash. Ich kann das nicht noch einmal tun. Du warst wie ein Rückfall für mich. Ich kann diesen Weg nicht von Neuem beschreiten. Ich habe mich zu hart abgestrampelt, um mir diese Existenz zu erkämpfen.« Am Ende ihres Ausbruchs zitterte sie und fühlte sich tief beschämt, weil ihr all das herausgerutscht war. War es nicht schon schlimm genug, dass er von ihrer Vorstrafe wusste? Nun würde er sie nicht nur für eine Drogenabhängige, sondern auch noch für eine Hure halten. »Welche Existenz?«, fragte er barsch. »Eine Existenz ohne ein Zuhause? Ohne etwas zu essen?« »Eine Existenz, in der ich mir meine Selbstachtung zurückerobert habe.« Bereit, aus der Tür zu stürzen, rutschte Bethany ans Ende der Couch. Jace schien genau zu wissen, was sie vorhatte. Er bewegte sich schneller, als sie blinzeln konnte, dann saß er wieder direkt neben ihr und schlang den Arm um ihre Taille. Nahm sie gefangen. Sie würde nirgendwo hingehen. »Fang an zu erzählen. Und zwar alles, Bethany. Sag mir, was du mit Rückfall meinst. Danach hörst du auf, der Frage auszuweichen, die ich dir jetzt schon viermal gestellt habe. Ich will wissen, wer dich angegriffen hat.« Da sie nicht wusste, was sie sonst tun sollte, lehnte sie sich an seine Brust und barg den Kopf an seiner Schulter. Das schien ihn zu überraschen, doch dann nahm er sie fest in die Arme und hüllte sie mit seiner Kraft und seiner Wärme ein. Er rieb mit der Hand über ihren Rücken und küsste ihr Haar. Dabei wartete er. Jace saß da und schmiegte sie an sich, bewahrte jedoch Schweigen, als ob er spüren würde, wie sie den nötigen Mut zu sammeln versuchte, um ihm zu sagen, was er wissen wollte. Es war absolut ausgeschlossen, dass er sie noch begehren würde, sobald sie ihm alles gestanden hätte. Ein Teil von ihr war erleichtert. Damit wäre das Thema, dass er die Kontrolle übernehmen und sich in ihr Leben einmischen wollte, passé. Doch ein viel größerer Teil von ihr war am Boden zerstört. Jace war die pure Versuchung. Er tat und sagte exakt die richtigen Dinge. Dinge, die ihr das Herz wärmten und, schlimmer noch, der einen Sache neues Leben einhauchten, die sie schon vor langer Zeit begraben hatte: der Hoffnung. »Es ist eine wirklich lange Geschichte«, murmelte sie in sein Hemd. »Ich habe nichts anderes vor, Baby. Uns steht die ganze Nacht zur Verfügung. Ich bin hier und höre dir zu.« Gott, er war zu gut, um wahr zu sein. Bethany schloss die Augen und sog seinen Duft in sich auf. Dann endlich löste sie sich von ihm. »Lass mich dir eine Decke holen. Anschließend machen wir es uns hier vor dem Feuer auf der Couch gemütlich. Einverstanden?« Bethany atmete tief durch und wagte den Sprung ins Ungewisse. »Einverstanden.« 11 Jace zog sie in seinen Arm, und sie kuschelte sich an ihn und schmiegte den Kopf in die Kuhle an seiner Schulter. Er breitete die Decke über sie und steckte sie unter ihrem Körper fest. Sobald er fertig war, küsste er sie auf den Scheitel und gab ihr damit das Startzeichen. Das Starzeichen für einen Seelenstriptease, bei dem sie ihm alle ihre beschämenden Geheimnisse offenlegen würde. Dinge, die sie bis heute in ihren Träumen heimsuchten. Er vibrierte vor Ungeduld – hatte das schon den ganzen Abend getan –, dennoch zügelte er sich auf bemerkenswerte Weise. Es mochte ihn in den Fingern jucken, sie zu schütteln, aber das hier war nicht leicht für sie, und vielleicht wusste er das. »Jack und mich gibt es schon, solange ich zurückdenken kann«, setzte sie leise an. Jace verspannte sich neben ihr. »Wer zum Teufel ist Jack?« »Mein Bruder«, sagte sie wahrheitsgemäß. Es war keine Lüge, denn er war ihr Bruder, auch wenn sie keine gemeinsamen Eltern hatten. Jack war ihr Schutzengel. Und jetzt war sie seiner. Jace lockerte seinen Klammergriff ein ganz klein wenig und ging wieder dazu über, mit der Handfläche ihren Arm zu streicheln. »Niemand wollte uns, als wir jung waren, darum landeten wir immer wieder in verschiedenen Pflegeunterbringungen. Manchmal wurden wir getrennt, manchmal blieben wir zusammen. Meist waren es irgendwelche Gruppeneinrichtungen. Mit zunehmendem Alter wurden wir rebellisch, vor allem, wenn sie uns auseinanderrissen. Wir gerieten in Schwierigkeiten. Laufend.« Jace küsste sie auf die Schläfe, dann beließ er seine Lippen einen langen Moment dort, um ihr stillschweigend Mut zuzusprechen. Bethany überlegte kurz, wie sie ihm die grundlegenden Fakten ihrer Vergangenheit schildern sollte, ohne sich zu sehr in Details zu ergehen. Die Geschichte war nicht hübsch, und sie hatte kein Happy End. Das Letzte, was sie wollte, war Jace’ Mitleid, gleichzeitig musste er genug erfahren, um zu verstehen, worauf er sich einließ. So, wie er es verlangt hatte. Sie wusste, dass er sie nicht mehr würde haben wollen, sobald er erst mal begriffen hatte, was für ein Wrack sie war. Doch zumindest blieb ihr noch diese eine Nacht, um sich vorzugaukeln, ihr Leben wäre ein komplett anderes. Traurigkeit erfasste sie, und Bethany wusste, dass sie sich in ihrem Gesicht widerspiegelte. Jace strich mit den Knöcheln über ihre Wange, und sie konnte aus dem Augenwinkel sehen, dass er die Stirn runzelte. »Sprich weiter, Bethany. Es wird nicht den geringsten Unterschied für mich machen.« Aber sie wusste es besser. Den machte es immer, und daran würde sich auch nie etwas ändern. Sie holte tief Luft und sprang ins kalte Wasser. Es war besser, die Sache hinter sich zu bringen. So, als würde man ein Pflaster mit einem Ruck entfernen, anstatt es langsam abzuziehen. »Mit achtzehn hatte ich einen furchtbaren Autounfall. Ich lag monatelang im Krankenhaus. Beide Beine waren gebrochen. Es war schrecklich. Ich musste praktisch wieder neu laufen lernen. Eine Therapie folgte auf die andere. Der Schmerz war unerträglich. Ich wurde schmerzmittelabhängig. Anfangs war mein Konsum eine absolut legitime, medizinische Notwendigkeit. Wenn ich die Tabletten nahm, wurde alles besser. Ich hatte keine Schmerzen, und sie gaben mir das nötige Selbstvertrauen, um mich dem Leben zu stellen. Sie ließen alles nicht mehr so schlimm und hoffnungslos aussehen. Ich fing an, sie zu brauchen, nicht so sehr gegen die körperlichen Schmerzen als vielmehr für mein emotionales Gleichgewicht. Als ich sie abzusetzen versuchte, war es die reinste Folter.« Ein leises Grummeln entschlüpfte Jace’ Lippen, und Bethany blinzelte die Tränen zurück. Natürlich würde er es missbilligen. Vermutlich ekelte ihn ihre Schwäche an. Jace machte auf sie nicht den Eindruck, als wäre er ein Mensch, der jemals irgendetwas oder irgendjemanden brauchte. Er war stark. Sie war das nicht, war es nie gewesen. »Darum die Anklage wegen Drogenmissbrauchs«, gestand sie. »Mein Arzt wollte mir keine Rezepte mehr ausstellen, aber die Schmerzen und psychischen Effekte waren grauenvoll. Ich kam einfach nicht damit klar. Darum tat ich etwas Dummes und beschaffte sie mir … illegal. Das Absurde daran ist, dass ich sie noch nicht mal einnahm. Ich wurde bei einer Razzia erwischt. Da ich kein Rezept vorweisen konnte, wurde ich wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz festgenommen. Ich kam mit einem blauen Auge davon, trotzdem war es eine harte Lektion. Obwohl ich nur geringfügig bestraft wurde, hat es mir ziemlich viel kaputt gemacht. Es ist schwer, mit einer solchen Vorstrafe einen Job zu finden. Niemand will eine Drogenabhängige einstellen.« Jace drückte sie an sich, und sie spürte, wie er unter ihr erbebte. Vor Zorn? Sie konnte ihn nicht anschauen, würde es nicht ertragen, die Kritik in seinen Augen zu sehen. Sie hatte sich über die Jahre schon genügend selbst deswegen fertiggemacht und würde das niemandem sonst gestatten. »Du hast Ash und mich als einen Rückfall bezeichnet. In jener Nacht sagtest du, dass du schon Sex zu dritt hattest. Wo passt das ins Bild?« Wieder kroch ihr ein Gefühl von Scham über die Schultern, bis sie sie hängen ließ und sich ein niedergeschlagener Zug um ihre Lippen legte. »Baby«, sagte Jace mit dringlicher Stimme. »Erzähl mir alles. Hinterher werden wir nie wieder davon sprechen, es sei denn, du möchtest es. Aber du musst dir diesen Müll von der Seele reden. Er ist Gift für dich. Und solange du nicht realisierst, dass deine Vergangenheit nicht das Geringste für mich ändert, wird sie an dir nagen. Du wirst dir für immer Sorgen machen. Darum lass uns darüber sprechen, danach begraben wir das Thema und schauen in die Zukunft. Einverstanden?« Ihre Ohren tosten, als sie nickte. Bethany konnte nicht fassen, was er da sagte. Aber er wusste noch nicht alles. Er versuchte, anständig zu sein, doch das würde sich ändern, sobald sie alle Karten auf den Tisch gelegt hätte. »Während ich versuchte, clean zu werden, machte ich eine wirklich harte Zeit durch, in der ich alle möglichen üblen Dinge ausprobierte, um mit dem Entzug und der psychischen Abhängigkeit von den Drogen fertigzuwerden. Ich benutzte Sex als Zuflucht, bloß hat es nie funktioniert. Es raubte mir nur noch mehr von meiner Selbstachtung. Ich hatte damals wechselnde Partner«, gestand sie bedrückt. »Sex mit zwei Männern gleichzeitig oder mit einem nach dem anderen. Es war mir egal. Ich suchte nur nach einem Mittel, um den Schmerz zu lindern, nach einer vorübergehenden Fluchtmöglichkeit. Ich wollte einfach nur … geliebt werden.« Jace umarmte sie noch fester und drückte sie an seine Brust, bis sie sich nicht mehr bewegen konnte. »Allerdings war ich nicht so dumm, auf Kondome zu verzichten. Die Typen hatten vermutlich Angst, sich bei mir etwas zu holen. Ich hatte einen gewissen Ruf, Jace«, flüsterte sie. »Und zwar keinen guten.« Beinahe blieben ihr die Worte im Hals stecken. Sie hasste es, das zuzugeben, es auf diese Weise zu formulieren. Aber sie würde nicht lügen. Jace hatte ein Recht auf die Wahrheit. Er war ein guter Mensch. Zu gut, um wahr zu sein. Er verdiente es nicht, sich mit jemandem wie ihr zu belasten. »Was geht dir gerade durch den Kopf?«, fragte er und unterbrach mit seiner Stimme ihre düsteren Gedanken. »Dass du etwas Besseres als mich verdienst.« Jace fluchte unflätig. »Du bist ehrlich. Offen heraus. Normalerweise mag ich das. Sehr sogar. Ich schätze Aufrichtigkeit und Menschen, die ungeachtet der Konsequenzen die Wahrheit aussprechen. Aber gottverdammt noch eins, Bethany. Ich verdiene etwas Besseres? Was um alles in der Welt soll das heißen? Wie steht es mit dem, was du verdienst? Hast du je einen Gedanken daran verschwendet?« Sie hatte keine Antwort auf diese Frage. Kopfschüttelnd verstärkte er seine Umarmung noch. »Es ist mir egal, wie lange es dauert, Baby, doch am Ende wirst du dich aus meiner Warte sehen. Du wirst erkennen, dass du etwas Besseres verdienst. Dafür werde ich definitiv sorgen.« Bethany schluckte, um die Tränen zurückzuhalten. Wie konnte er sie überhaupt aus irgendeiner Warte sehen? Er kannte sie doch gar nicht. »Was ist da noch?«, bohrte er nach. »Sag mir alles. Bring mich auf deinen eigenen Wissensstand.« »Viel mehr ist da nicht«, bekannte sie leise. »Nach der Anklage wegen Drogenbesitzes und der Reihe bedeutungsloser Sexpartner wurde alles immer noch schlimmer. Es war meine Schuld. Ich hätte es besser machen, mehr Verantwortung zeigen müssen. Doch das tat ich nicht, und ich zahlte einen hohen Preis dafür. Niemand wollte mich einstellen, und ich hatte nicht das Geld, um zu studieren und die Bildung zu erhalten, die mir ein besseres Leben ermöglichen konnte. Der Unfall hat mir so viele Monate meines Lebens genommen. Ich war müde und völlig am Ende. Unfähig, auch nur über den nächsten Tag hinauszudenken, geschweige denn mehrere Jahre im Voraus, um zu realisieren, welches Leben auf mich zukommt.« »Allmächtiger«, murmelte Jace. »Wie alt bist du?« Sie kniff die Brauen zusammen. »Haben deine Recherchen das nicht ergeben?« »Ich habe gesagt, dass ich viel über dich weiß, aber von allem war keine Rede«, entgegnete er trocken. »Ich habe mich auf die wichtigsten Fakten konzentriert. Dein Alter spielt für mich keine Rolle, es sei denn, du willst behaupten, dass du noch minderjährig bist.« Sein Versuch zu scherzen munterte sie auf und machte ihr das Herz ein klein wenig leichter. »Ich bin dreiundzwanzig«, teilte sie ihm mit einem Anflug von Scham mit. Sie war viel zu alt, um ihr Leben nicht im Griff zu haben. Viel zu alt, um obdachlos, arbeitslos und ohne Bildung zu sein. »Blutjung also.« Bethany schaute ihn neugierig an. »Wie alt bist du?« »Achtunddreißig.« Ihre Augen wurden groß. Zwischen ihnen lag ein Altersunterschied von fünfzehn Jahren! »Und Ash?« »Dito.« Plötzlich klang er unwirsch. Es schien ihm nicht zu passen, dass sie Ash erwähnt hatte. »Wow. Ich hätte dich nie auf achtunddreißig geschätzt. Du bist fünfzehn Jahre älter als ich.« »Und?« Seine gleichgültige Entgegnung erstaunte sie. Bethany sah hoch und begegnete seinem herausfordernden Blick. »Stört es dich?«, fragte er, obwohl sein Tonfall suggerierte, dass es ihm völlig egal war, falls dem so sein sollte. Er wirkte entschlossen und resolut. »Stört es dich?«, gab sie zögerlich zurück. »Bestimmt könntest du weltgewandtere Frauen haben. Gebildetere. Ältere. Bessere.« Seine Kiefermuskeln traten hervor, als er mit den Zähnen knirschte. »Bring mich nicht auf die Palme.« Sie seufzte bekümmert. »Du hast meine Frage nicht beantwortet. Stört es dich?«, insistierte er. Was sollte sie sagen? Aufrichtigkeit würde ihr Schicksal nur umso endgültiger besiegeln. Und wenn sie so täte, als störte es sie, würde es ihn vermutlich nicht einmal tangieren. Wahlweise würde sie wie ein oberflächliches Flittchen auf ihn wirken. »Bethany?« »Nein«, platzte sie heraus. »Es stört mich nicht. Also, der Altersunterschied. Aber das bedeutet nicht, dass wir uns auf das hier einlassen können oder, dass du überhaupt etwas mit mir zu tun haben solltest. Ich bin nicht die Richtige für dich, sieh das doch ein. Wir leben in vollkommen verschiedenen Welten. So verschieden, dass ich die Unterschiede noch nicht einmal in Worte fassen kann. Ich werde mich deiner niemals auch nur annähern können.« »Es existiert nur eine Welt«, widersprach Jace verärgert. »Und in der leben wir verdammt noch mal beide, Bethany. Wichtiger noch, du lebst darin. Ich sehe dich. Ich will dich. Du bist hier, direkt vor mir. Wenn dich das nicht fest in meiner Welt verankert, weiß ich nicht, was sonst.« Ihr Puls beschleunigte sich, bis ihr schwindlig wurde und sie Mühe hatte, Luft in ihre Lungen zu pumpen. »Und da wir dieses Hindernis nun aus dem Weg geräumt haben, wirst du mir endlich verraten, wer zur Hölle dich so zugerichtet hat und warum.« Jace klang wieder stinksauer, nur wusste sie dieses Mal, dass sich sein Zorn nicht gegen sie richtete. Er war wütend, daran bestand kein Zweifel. Die grimmige Rage, die in seinen Augen loderte, ließ sie frösteln. Mit einem flauen Gefühl im Magen biss sie sich auf die Lippe und schaute weg. Er würde es niemals verstehen. Bisher hatte sie wenig von ihrer Beziehung zu Jack preisgegeben und Jace nur gesagt, dass er ihr Bruder war und sie sich nahestanden. Er würde kein Verständnis aufbringen. Nicht in einer Million Jahre. Es wäre ihm egal, was Jack für sie getan hatte oder dass sie so tief in seiner Schuld stand, dass sie ausnahmslos alles tun würde, um sie zu begleichen. Und wenn sie dafür durch die Hölle gehen müsste. »Bethany.« Jace sagte ihren Namen mit einem warnenden Unterton in der Stimme. Er war mit seiner Geduld am Ende, nachdem er sich bemerkenswert lange darin geübt hatte. Sie konnte von Glück reden, dass er ihr noch nicht an die Gurgel gesprungen war. Seiner eigenen Aussage zufolge war er es nicht gewohnt, dass man ihm etwas verweigerte. Er bekam, was er wollte. Die Menschen wiesen ihn nicht ab. Nicht, wenn ihnen ihr Leben lieb war. Bethany stieß einen verloren klingenden Seufzer aus. »In was hast du dich da verwickeln lassen?«, fragte er sanft. Sie öffnete die Augen, dann schaute sie ihn mit ernstem, flehentlichem Blick an. »Ich habe mich in gar nichts verwickeln lassen.« Sie sagte das mit solchem Nachdruck, dass er fast überzeugt wirkte. Jace entspannte sich ein winziges bisschen, doch seine Augen sprühten noch immer Funken. »Sag es mir, Bethany. Und lass dich nicht noch einmal bitten.« Die Autorität in seiner Stimme brachte ihren Puls zum Rasen. Jace verströmte pure Macht. Mit wild hämmerndem Herzen befeuchtete sie sich mehrmals die Lippen, während sie ihren ganzen Mut zusammennahm, um ihm den Rest zu erzählen. »Jack hat Schulden.« Jace’ Augen wurden sofort schmal. »Wie meinst du das?« Sie räusperte sich. »Er schuldet Leuten Geld. Sie wollen es zurück. Er kann es ihnen nicht geben. Darum haben sie mich bedroht. Sie geben mir eine Woche, um es aufzutreiben.« Aus Angst vor seiner Reaktion redete sie rasch weiter, ohne ihm die Gelegenheit zu einer Antwort zu geben. Sie sprach so schnell, dass Jace ihr vermutlich kaum folgen konnte, aber das war ihr in diesem Moment egal. »Ich kann eine solche Summe noch nicht mal in einem ganzen Monat zusammenkratzen, geschweige denn in einer einzigen Woche! Es ist im Augenblick schwierig, Arbeit zu finden. Gelegenheitsjobs sind während der Ferienzeit heiß begehrt. Und mein Erscheinungsbild ist nicht das von jemandem, dem man die besseren Stellen gibt. Die Typen haben mir mein ganzes Bargeld abgeknöpft. Es war alles, was ich hatte, um mir Essen zu kaufen und zu überleben, bis sich der nächste Job auftut. Ich weiß nicht, was ich machen soll, Jace. Ich habe große Angst um Jack.« Jace starrte sie fassungslos an. »Du hast Angst um Jack«, wiederholte er dumpf. Bethany nickte. »Ich glaub’s einfach nicht. Diese Wichser haben dich attackiert. Sie haben dich verletzt. Sie haben dich bedroht, verflucht noch mal! Und du hast Angst um Jack.« »Ja«, flüsterte sie. Jace stieß einen Schwall derart obszöner Flüche aus, dass sie zusammenzuckte. Er drehte sich um und ließ sie los, als er zur Sofakante vorrutschte und die Hände zwischen den Schenkeln verschränkte. »Heilige Scheiße«, knurrte er. »Ist dir jemals die Überlegung gekommen, dass du um dich selbst Angst haben solltest?« Sie musste schlucken, dann nickte sie. »Ja, heute schon.« Mit einem Ruck wandte er sich ihr wieder zu. Seine Augen blitzten vor Zorn. »Mich würde allerdings interessieren, woher sie von dir wissen«, sagte er mit mühsam beherrschter Stimme. Die Frage hatte Bethany sich selbst schon gestellt. Und das zigfach. Sie war ihr nicht mehr aus dem Kopf gegangen, seit die Gangster sie zu Boden gestoßen, ihr Geld gestohlen und sie in die Rippen getreten hatten. Warum hatten sie sie in die Mangel genommen? Woher wussten sie überhaupt von ihrer Existenz? Aber Jack würde doch nicht … Bethany schüttelte den Kopf über ihre eigene Dummheit. Wie denn sonst? Woher hätten sie wissen sollen, wo sie zu finden war? Jack musste es jemandem gesagt haben. Die Vorstellung brach ihr das Herz. Ihr kamen die Tränen. Sie brannten wie Säure in ihren Augen. »Sag mir, was passiert ist, Bethany«, forderte Jace sie in sanfterem Tonfall auf. Er nahm sie wieder in die Arme, schmiegte sie an seine Brust und presste die Lippen auf ihr Haar. Sie schloss die Augen, als warme Tränen in sein Hemd sickerten. »Sie wussten, wie sie mich finden würden«, sagte sie mit erstickter Stimme. »Ich weiß nicht, woher.« Lügnerin. Und ob sie es wusste. Es war das erste Mal, dass sie Jace eine Lüge auftischte, aber die Wahrheit einzugestehen würde sie unwiderruflich machen. Doch dem konnte sie sich jetzt nicht stellen. Zu leugnen war barmherziger. »Sie stießen mich zu Boden. So habe ich mir die Schürf- und Schnittwunden zugezogen. Sie sagten, dass ich eine Woche hätte, um das Geld zu beschaffen, das Jack ihnen schuldet. Dann klauten sie mir das Bargeld aus meiner Tasche. Bevor sie gingen, warnten sie mich noch, dass sie mich in einer Woche wieder aufspüren würden und ich mich nirgendwo vor ihnen verstecken könne. Sie würden mich finden. Egal, wo.« »Diese miesen Drecksäcke. Diese beschissenen, feigen Hurensöhne. Einer wehrlosen Frau aufzulauern anstatt dem Arschloch, das sich das Geld von ihnen geliehen hat. Und Jack hat es zugelassen.« Bethany machte Anstalten, Jack in Schutz zu nehmen, doch Jace verstärkte den Druck seiner Arme. Es war eine wortlose Aufforderung, still zu sein. »Fang gar nicht erst an, Baby.« Sein Ton war eisig und so nachdrücklich, dass sie sofort kapitulierte. »Wage es nicht, ihn zu verteidigen, denn für das, was er getan hat, gibt es keine Rechtfertigung.« Bethany ließ sich gegen ihn sinken, schloss ein weiteres Mal die Augen, vergrub das Gesicht an seiner Brust und klammerte sich mit beiden Händen an ihm fest. »Wie viel schuldet er ihnen?« Sie rückte gerade so weit von ihm ab, dass ihre Antwort vernehmbar sein würde. »F-f-fünftausend Dollar.« Es könnte ebenso gut eine Million sein. Fünftausend Dollar war so unrealistisch wie zehn Millionen. »Ich dachte, ich könnte es mit Hausieren versuchen. Ich kenne andere, die gutes Geld damit verdienen. Allerdings bleibt mir nur eine Woche, darum muss ich mich ranhalten. Vielleicht verstehst du jetzt, warum ich nicht in der Wohnung deiner Schwester bleiben kann.« »Scheiße, nein!«, explodierte Jace. Er setzte sich gerade auf und zog sie mit sich hoch. Dann schob er sie ein Stück von sich weg, damit sie ihn ansehen konnte. Er war wütend. Sehr, sehr wütend. Sein Gesicht war gerötet, und seine Lippen wurden weiß, weil er sie so fest aufeinanderpresste. »Diese Sache hat sich für dich erledigt. Du wirst keinen Fuß mehr auf die Straße setzen. Du musst völlig den Verstand verloren haben, wenn du glaubst, dass ich dich wieder dort hinauslasse, wo diese Dreckschweine auf dich lauern.« Bethany wurde aschfahl. »Sie werden Jack etwas antun. Das kann ich nicht zulassen, Jace.« »Überlass Jack mir«, sagte er zähneknirschend. Panik stieg in ihr hoch, und sie schüttelte den Kopf. Die Situation geriet völlig außer Kontrolle, darum musste sie sofort die Reißleine ziehen. Sie sprang auf, bevor Jace sie daran hindern konnte, dann stolperte sie mehrere hastige Schritte zurück, um aus seiner Reichweite zu gelangen. »Ich muss gehen«, stieß sie hervor. »Danke für alles.« Damit drehte sie sich um und trat die Flucht an, inständig darauf hoffend, dass sich der Aufzug sofort öffnen würde. 12 Jace war mit einem Satz bei ihr, doch Bethany entwischte ihm und hetzte wie eine Irre in Richtung Fahrstuhl. Das törichte Mädchen hatte noch nicht einmal Schuhe an. Was glaubte sie denn, wohin sie auf nackten Sohlen wollte? Die Türen glitten unverzüglich auf, und Jace sprintete mit ausgestrecktem Arm hin, um zu verhindern, dass sie sich schlossen. Es fehlten nur fünf Zentimeter. Am liebsten hätte er den Kopf gegen die Wand gedonnert. Stattdessen schnappte er sich das Telefon und rief in der Lobby an. »Hier ist Jace Crestwell. Es kommt gerade eine Frau mit dem Aufzug nach unten. Sie trägt keine Schuhe. Sie dürfen ihr unter keinen Umständen erlauben, das Gebäude zu verlassen. Ich komme runter, sobald der Fahrstuhl wieder auf meiner Etage ist.« »Verstanden, Sir«, ertönte die knappe Antwort. Erleichtert, dass Bethany ihm nicht entschlüpfen würde, betätigte Jace die Ruftaste für den Aufzug, dann wartete er ungeduldig darauf, dass er wieder nach oben kam. Dabei ließ er Revue passieren, was Bethany ihm erzählt hatte. Ihm stand ein harter Kampf bevor. Bethany bildete sich ein, seiner nicht würdig zu sein. Was absurd war. Er war schließlich kein Heiliger. Er und Ash hatten sich durch ganz Manhattan gevögelt, und das aus keinem anderen Grund, als dass sie Bock darauf hatten. Wie könnte er Bethany dafür verurteilen, Sex als Bewältigungsmechanismus benutzt zu haben, nachdem er praktisch dasselbe getan hatte? Sie hatte zumindest eine Rechtfertigung. Jace konnte das nicht von sich behaupten. Als die Türen aufglitten, stieg Jace in den Aufzug und presste den Daumen auf den Knopf für die Lobby. Die Sache mit Jack war kniffliger, aber nicht unlösbar. Er musste nichts weiter tun, als Bethany herauszuhalten und dafür zu sorgen, dass sie in Sicherheit war. Nur über seine Leiche würde sie sich einmischen, um diesen verfluchten Jack zu retten. Sie hatte es nicht gesagt, es nicht zugegeben, aber er hatte das Wissen in ihren Augen gesehen, den tiefen Kummer, der mit der Erkenntnis einherging, von jemandem verraten worden zu sein, den sie liebte, dem sie vertraute. Jack hatte sie den Wölfen zum Fraß vorgeworfen. Der Wichser hatte sie als Pfand für einen Kredit missbraucht, den zurückzuzahlen er nie beabsichtigt hatte. Jace überkam das starke Bedürfnis, den Dreckskerl ausfindig zu machen und ihm ein wenig biblische Gerechtigkeit zuteilwerden zu lassen. Als der Fahrstuhl endlich das Erdgeschoss erreichte, sprang Jace heraus und schaute sich hastig nach Bethany um. Erleichtert stellte er fest, dass sie, flankiert von dem Pförtner und dem Wachmann, in der Ecke der Lobby saß. Ein Lächeln huschte über seine Lippen, als er bemerkte, dass sie einen Styroporbecher mit Kaffee in der Hand hielt und der Portier sie in eine lockere Unterhaltung verwickelt hatte, als wäre es ganz alltäglich, eine barfüßige Frau mitten im Winter aus dem Gebäude flüchten zu sehen. Ihr Blick glitt über ihn, als sie ihn näher kommen sah, und ein Ausdruck von Furcht flackerte in ihren strahlend blauen Augen auf. Jace kam es vor, als hätte man ihm einen Magenschwinger versetzt. Sie fürchtete sich vor ihm. »Bethany«, sagte er ruhig. »Lass uns wieder nach oben gehen, damit diese Gentlemen an ihre Arbeit zurückkehren können.« Anschließend wandte er sich an die beiden Männer. »Ich danke Ihnen, dass Sie sich Bethanys angenommen haben. Ich wollte sie in dieser Bekleidung nicht hinaus in die Kälte laufen lassen.« »Nein, natürlich nicht, Sir«, antwortete der Pförtner schnell. Dann schenkte er Bethany ein warmes Lächeln. »Es hat mich gefreut, Sie kennenzulernen, Miss Willis. Ich hoffe, Sie bald wiederzusehen. Sollten Sie je irgendetwas brauchen, zögern Sie nicht, darum zu bitten.« »Danke, Roger«, sagte sie und erwiderte sein Lächeln. Jace zog verdutzt eine Braue hoch. Er lebte hier schon seit einer ganzen Weile, trotzdem hatte er nie die Gelegenheit gehabt, den Namen des Pförtners in Erfahrung zu bringen. Das beschämte ihn angesichts der Tatsache, dass Bethany dafür keine fünf Minuten gebraucht hatte. Der Wachmann bedachte Jace mit einem knappen Nicken, bevor er Bethany ebenfalls anlächelte und zurück auf seinen Posten ging. Sie stand seufzend auf und drückte Roger den Becher in die Hand. »Danke«, wiederholte sie. »Ich habe mich dumm benommen. Danke, dass Sie mich aufgehalten haben und so freundlich zu mir gewesen sind.« Jace nahm Bethany bei der Hand und zog sie zum Aufzug. Er sagte kein Wort, während sie nach oben fuhren, sondern hielt sie einfach eng an sich geschmiegt. Er liebte es, wie sie sich anfühlte. So weich und nachgiebig. Das perfekte Gegenstück zu seinem viel härteren Körper. Dann zog er die Stirn kraus, als er realisierte, dass sie sich deshalb nachgiebig anfühlte, weil sie sich geschlagen gab. Oh Gott, nein. Er wollte nicht, dass sie wie ein geprügeltes Hündchen in seine Wohnung zurückkehrte. Als die Fahrstuhltüren aufglitten, zog er sie an seine Brust und hob ihr Kinn an, sodass sie gezwungen war, ihn anzusehen. »Wenn du in dieses Apartment zurückkehrst, wirst du es mit erhobenem Kopf und gestrafften Schultern tun«, sagte er. »Tritt nicht wie eine verängstigte, besiegte Frau ein. Dies ist deine Wohnung. Dein sicherer Hafen. Der einzige Ort, an dem du absolut geschützt bist vor der Welt dort draußen. Wo niemand dich verurteilen oder verletzen wird. Verstanden?« Bethany sah ihn einen langen Moment mit ernster, nachdenklicher Miene an. Doch was ihm am meisten wehtat war, dass der Hoffnungsschimmer, der für einen Sekundenbruchteil in ihren Augen aufflammte, ebenso schnell wieder erstarb. Als wäre Hoffnung ein derart unvertrautes Konzept für sie, dass sie es sich bewusst versagte. Dann endlich nickte sie. »Verstanden.« Jace küsste ihre Stirn, dabei spürte er, wie sie zitterte. »Nein, du hast es nicht verstanden, Baby. Aber das wirst du noch. Verlass dich drauf.« Er zog sie in sein Apartment, und die Aufzugtüren glitten zu. Bethany wirkte völlig ausgelaugt. Körperlich wie seelisch. Obwohl es für Jace’ Verhältnisse noch relativ früh am Abend war, wünschte er sich momentan nichts mehr, als sie ins Bett zu bringen und in seinen Armen einschlafen zu lassen. Er wollte, dass sie sich beschützt fühlte. Sicher. Und, was am wichtigsten war, liebevoll umhegt. Damit sie begriff, dass sie wertvoll war. Bethany hatte mit all dem null Erfahrung. Das ließ die schmerzvolle Schilderung ihrer Kindheit und Erwachsenenjahre eindeutig erkennen. Jace konnte ihre Vergangenheit nicht ändern, doch für die Gegenwart und den Verlauf ihrer Zukunft galt das definitiv nicht. »Lass uns zu Bett gehen. Du bist fix und fertig«, sagte er. Nervös schaute sie zu ihm hoch. Ihre Augen, die fast schon übergroß wirkten in ihrem zarten Gesicht, verliehen ihr etwas Verlorenes. Sie war viel zu dünn, aber ihre Schönheit … Sie funkelte wie ein Diamant. Da war etwas Faszinierendes an ihren Zügen. Jace konnte noch immer nicht sagen, was genau ihn an jenem ersten Abend, als sie ihm auf Mias Party durch den Saal hinweg aufgefallen war, derart magisch angezogen hatte. Aber er hatte selbst da schon gewusst, dass Bethany zu ihm gehörte. »Keine Sorge, ich werde mich nicht auf dich stürzen«, versicherte er ihr. Er nahm ihre Hände und beschrieb mit den Daumen beschwichtigende Kreise auf den Außenseiten. Schließlich nickte sie. »Ich bin müde.« »Du bist fix und fertig«, wiederholte er. Noch immer ihre Hand haltend, zog er sie in sein Schlafzimmer und schloss die Tür. Er drehte sich um, fasste an den Saum ihres T-Shirts und wollte es ihr ausziehen. Alarmiert presste sie die Arme an die Seiten, um es festzuhalten. Jace wartete einen Moment, dabei sah er ihr tief in die Augen. »Baby, in diesem Bett wird es nichts zwischen uns geben. Keine Kleidung, keine Barrieren, nichts. Ich habe versprochen, dass ich mich nicht auf dich stürze, und daran werde ich mich halten. Ich würde dich nicht täuschen. Trotzdem wirst du nicht in diesen Klamotten schlafen. Abgesehen davon, dass sie dir kein bisschen passen, wirst du in meinem Bett immer nackt sein.« »Aber ich werde frieren«, gab sie stirnrunzelnd zu bedenken. Ihr hastiger Einwand, mit dem sie versuchte, diesen Schutzschild zwischen ihnen aufrechtzuerhalten, entlockte ihm ein Lächeln. Bethany würde bald lernen, dass er keine Hindernisse zwischen ihnen duldete. »Ich werde dich wärmen.« Bethany biss sich konsterniert auf die Lippe, dann seufzte sie und ließ kapitulierend die Arme sinken. »Vergiss nicht«, erinnerte er sie sanft, »dass du nicht als verängstigte, besiegte Frau in diese Wohnung gekommen bist, sondern mit erhobenem Kopf. Dein Gehorsam mir gegenüber kratzt nicht an deiner Würde. Ich bin ein fordernder Mann, daran besteht kein Zweifel. Doch das Letzte, was ich will, ist, dass du dich wie eine willenlose Marionette verhältst.« Verwirrung verschleierte ihre wunderschönen blauen Augen. »Ich verstehe nicht. Nichts von alledem. Ich bin völlig durcheinander, Jace. Ich fühle mich … überfordert.« Er küsste sie auf die Nase, bevor er langsam ihr T-Shirt nach oben schob. »Wir haben alle Zeit der Welt. Ich möchte, dass du mir vertraust. Solange du das tust, wird zwischen uns alles perfekt sein. Ich werde mich um dich kümmern und niemals irgendetwas tun, das dich überfordert.« »Aber ich sagte doch gerade, dass ich mich überfordert fühle«, protestierte sie. Grinsend zog er ihr das T-Shirt über den Kopf und entblößte ihre Brüste – samt der blauen Flecken. »Ich will dich einfach nur nackt spüren. Überfordern würde ich dich, wenn ich heute Nacht mit dir Sex hätte. Das wird morgen passieren. Heute Nacht sollst du dich einfach nur daran gewöhnen, hier zu sein.« Bethany öffnete verblüfft den Mund. »Und das findest du nicht überfordernd?« »Nein.« »Offensichtlich haben wir nicht dieselbe Meinung, was die Definition von Überforderung betrifft«, fauchte sie. »So gefällst du mir schon besser«, kommentierte er zufrieden. Sie zog die Brauen hoch, als er sich an den Knöpfen ihrer Jeans zu schaffen machte. »Das war forsch. Du hast Feuer, Bethany. Das hast du nicht verloren. Du bist absolut perfekt für mich.« »Du bist verrückt«, murmelte sie. »Oder vielleicht bin ich es auch.« »Solange wir zusammen verrückt sind, bin ich rundum glücklich.« Sie rang verzweifelt die Hände, während er ihr die Hose von den Beinen streifte. »Du bekommst wirklich immer, was du willst, oder?« Er lächelte wieder, als er ihr half, aus der Jeans zu steigen. »Das sagte ich dir bereits. Nichts, was sich zu besitzen lohnt, ist je einfach, Baby. Man bekommt nichts, wenn man nicht darum kämpft.« Er beugte sich nach unten und strich mit dem Mund über den Bluterguss an ihren Rippen. »Sei gewarnt. Ich werde um dich kämpfen, und ich habe nicht die Absicht zu verlieren.« Als er den Kopf hob, sah er wieder Hoffnung in ihren Augen aufleuchten, und dieses Mal verweilte sie. Am ganzen Körper bibbernd, blickte sie ihn ehrfürchtig an. Er sah, wie sie endlich zu begreifen begann, dass das hier real war und er es absolut ernst meinte. »Zieh den Slip aus«, befahl er. Dieses Mal verzichtete sie auf jeden Widerspruch. Da war nur ein kurzes Zaudern, ehe sie die Daumen unter den Bund des seidigen Materials schob. Eine Sekunde später flatterte das Höschen zu Boden, dann stieß sie es mit den Zehen weg. »Leg dich ins Bett, und warte dort auf mich«, sagte er mit warmer, aber fester Stimme. »Ich gehe duschen, danach geselle ich mich zu dir. Mach es dir gemütlich. Und, Bethany?« Sein Nachsatz veranlasste sie, den Kopf zu heben und ihn anzuschauen. »Versuch gar nicht erst wegzulaufen. Ich habe den Aufzug abgesperrt, und selbst wenn du es bis zur Lobby schaffen würdest, werden sie dich ohne mich nicht fortlassen.« »Also bin ich eine Gefangene?«, fragte sie mit belegter Stimme. Jace lächelte. »Nein, das nicht. Aber ich werde tun, was nötig ist, um deine Sicherheit zu gewährleisten. Selbst wenn es bedeutet, dass du hier nicht wegkannst, während ich unter der Dusche bin. Jetzt schlüpf ins Bett, damit du dich nicht erkältest. Ich drehe die Heizung höher.« Er ließ sie im Schlafzimmer stehen, ging ins Bad und stellte die Dusche an. Er gab ihr bewusst die Zeit, ohne ihn unter die Decke zu krabbeln und ihre Nerven zu beruhigen, bevor er sich zu ihr legte. Bethany würde viel Geduld erfordern – weit mehr, als er sie bisher jemals für eine Frau aufgebracht hatte. Normalerweise beendete er die Sache sofort, wenn die Betreffende nicht von Anfang an mitspielte. Jace wusste, was er wollte, und dazu gehörte nicht, sich mit einer Frau einzulassen, die ihm nicht exakt das gab, was er brauchte. Bethany würde außerdem eine strenge Führung benötigen, doch das störte ihn keineswegs. Er genoss die Vorstellung, sie unter seine Fittiche zu nehmen. Sie würde rasch lernen, was er von ihr erwartete, und er würde es in vollen Zügen genießen, ihr seine Fürsorge und seinen Schutz angedeihen zu lassen. Und mit der Zeit würde sie es auch zu schätzen wissen. Es gab ein paar Dinge, die es zu regeln galt. Jace ging die Liste im Geist durch, während er duschte. Bethanys Sicherheit hatte oberste Priorität. Er konnte sie nicht ohne Schutz lassen, nachdem diese Schweine sie bedenkenlos wegen Geld in die Mangel nahmen, das Jack ihnen schuldete. Und sie musste von Kopf bis Fuß neu eingekleidet werden. Dann war da noch die Sache mit Mias Apartment, wenngleich Jace wusste, dass Bethany wenig bis gar keine Zeit dort verbringen würde. Er war in Versuchung, sie direkt bei sich einziehen zu lassen, gleichzeitig wollte er sie nicht schon zu Beginn überfordern. Sie brauchte die Illusion von Unabhängigkeit, bevor er sie vollständig unter seine Kontrolle brachte. Auch wenn er sämtliche Aspekte dieser Unabhängigkeit steuern würde. Es war ein bisschen durchtrieben – zugegeben, sehr durchtrieben –, aber er wollte, dass sie ihr Selbstvertrauen wiederfand und zumindest das Gefühl hatte, ihre eigenen Entscheidungen zu treffen, auch wenn es innerhalb einer streng gesicherten Schutzzone geschah. Bethany würde ihre eigene Wohnung haben. Sie würden zusammen ausgehen. Er würde sie mit Zuneigung überschütten. Sie würden Zeit miteinander verbringen. Und am Ende würde er, sobald sie sich ihrer Rolle in seinem Leben sicherer wäre, ihren Umzug in sein eigenes Apartment organisieren. Und danach? Weiter war er noch nicht gekommen, trotzdem wusste er, dass er bis zu dem Tag, an dem sie endlich bei ihm lebte, keine Ruhe finden würde. Bis dahin musste er dafür sorgen, dass ihre Probleme aus der Welt geschafft wurden. Er runzelte die Stirn, als er aus der Dusche trat, um sich abzutrocknen. Jack stellte das Hauptproblem dar. Offenbar sah Bethany sich ihm gegenüber zu großer Loyalität verpflichtet, gleichzeitig verhieß der Kerl nichts Gutes. Er durfte diesem Jack nicht erlauben, sich in Bethanys Leben zu drängen und sie in Gefahr zu bringen. Was bedeutete, dass er etwas unternehmen musste. Und zwar etwas, das Bethany bestimmt nicht gefallen würde. Anstatt sich anzuziehen, wickelte er einfach das Handtuch um seine Hüften und kehrte ins Schlafzimmer zurück. Sein Blick wurde weich, und ein Lächeln umspielte seine Lippen, als er sah, dass sie bereits tief und fest schlief. Ihr Kopf lag auf seinem Kissen, besser gesagt inmitten des Kissenberges. Sie hatte sich fest unter die Decke gekuschelt und sie bis zum Kinn hochgezogen. Ihre Wimpern warfen anmutige Schatten auf ihre Wangen. Alles an diesem Bild war stimmig. Bethany gehörte in sein Bett. Nie zuvor hatte er ein derart starkes Gefühl der Befriedigung dabei empfunden, eine Frau in seinem Bett zu sehen. Das hier war perfekt. Sie war perfekt. Jace ließ das Handtuch fallen, bevor er vorsichtig die Decke ein Stück anhob, um darunterzuschlüpfen. Bethany regte sich nur leicht, dabei gab sie ein schläfriges Murmeln von sich, das sanft über sein Ohr strich. Er zog sie an sich und schmiegte sie beschützend in seine Arme, dann bettete er ihren Kopf auf seine Schulter. Er hakte ein Bein um ihres, sodass sie fest mit seinem Körper verschmolzen war. Erst dann konnte er sich entspannen und ihr in den Schlummer folgen. 13 Bethany erwachte eng umschlungen von einem muskulösen männlichen Körper. Im ersten Moment geriet sie in Panik, während sie sich zurechtzufinden versuchte. Sie war desorientiert und konnte ihre Umgebung nicht sofort zuordnen. Dann bemerkte sie Jace’ Augen, die sie dabei beobachteten, wie sie ganz wach wurde. Im selben Moment stürmte die Erinnerung an den vergangenen Tag auf sie ein. Sie starrte ihn an, überwältigt von der Tatsache, dass er mehr oder weniger die Kontrolle über ihr Leben an sich gerissen hatte. Und davon, wie sehr sich dieses Leben in weniger als vierundzwanzig Stunden verändert hatte. Sie konnte es noch immer nicht fassen. Es war so irreal. Und gleichzeitig so … wundervoll. Obwohl sie wusste, dass sie Jace widerstehen sollte, war sie insgeheim zutiefst erleichtert. Sie war einsam gewesen, hatte sich ganz allein durchgeschlagen, sich so lange spartanisch durchs Leben gekämpft, und nun kam dieser Mann mit dem Versprechen, sich um sie zu kümmern und sie zu beschützen. Es war atemberaubend und sehr, sehr verlockend. Sie führte eine karge Existenz, doch daran war sie gewöhnt. Wie sollte sie nur den Schritt von ihrer Welt in seine bewältigen? Zwar hatte Jace darauf beharrt, dass sie in ein und derselben Welt lebten, doch Bethany wusste es besser. Sie mochten sich im selben Universum befinden, doch sein Leben unterschied sich so sehr von ihrem, dass es schier unbegreiflich war. Er verfügte über Reichtum und Macht. Sein Leben war perfekt geregelt, und er hatte hohe Standards. Was wollte er nur mit ihr? Warum wollte er sie? Es machte keinen Sinn, entbehrte jeder Logik. »Was geht dir durch den Kopf?«, murmelte er. »Dass ich nicht begreife, wieso du so entschlossen bist, dich mit meinen Problemen zu belasten«, bekannte sie leise. »Warum sollte ein Mann wie du sich für jemanden wie mich interessieren? Es ist verrückt, Jace. Ich kann es nicht verstehen. Nichts davon. Es ist wie eine bizarre Version der Aschenbrödel-Geschichte, nur dass es für Mädchen wie mich kein Und-wenn-sie-nicht-gestorben-sind gibt.« »Allmählich bereue ich es hinterher jedes Mal, wenn ich dich frage, was du denkst«, brummte er. »Du bist einfach zu ehrlich. Dabei hatte ich gehofft, dir würde zum Beispiel durch den Sinn gehen, was für ein Prachtexemplar von einem Mann ich bin. Oder dass du mit der Fantasie aufgewacht sein könntest, wie ich dich vögle, während du noch ganz schlaftrunken bist. Dieses andere Zeug, an das du gedacht hast, ist einfach nur dumm. Aber ich schwöre, dass ich dir diesen Unfug austreibe, und wenn es ewig dauert.« Bethany lachte und entspannte sich auf dem Kissen. Dabei strahlten ihre Augen so vergnügt, dass Jace sie fester in die Arme schloss. »Du hast ein umwerfendes Lachen«, bemerkte er heiser. »Dasselbe gilt für dein Lächeln. Es raubt mir den Atem.« Ihr ganzer Körper reagierte auf den Ausdruck in seinem Gesicht. »Du solltest so etwas nicht sagen«, flüsterte sie. »Niemand macht einer Frau, die er gerade erst kennengelernt hat, solche Komplimente. Das ist nicht normal.« »Ich habe es gerade getan. Und ich werde damit fortfahren, bis du jedes einzelne Wort glaubst.« Bethany schüttelte den Kopf, um das wirre Durcheinander, das darin herrschte, zu sortieren. Sie würde jeden Moment in dem Asyl aufwachen und feststellen müssen, dass alles nur ein Traum gewesen war. »Du bist real«, wisperte sie. Jace rollte sich auf sie und sah ihr in die Augen. Das Laken um die Hüften gewickelt, bedeckte er sie mit seinem Körper. Er rutschte hin und her, bis sie die Schenkel öffnete und seine mächtige Erektion an ihrem Schoß spüren konnte. »Ich bin real, Baby. Das hier ist real. Wir sind real. Je eher du das akzeptierst, desto schneller kommen wir voran, und du kannst endlich glücklich werden. Ich möchte, dass du glücklich bist. Zufrieden. Geborgen. Dass du dir keine Gedanken um deine nächste Mahlzeit machen musst. Doch vor allem will ich, dass du weißt, ich stehe hinter dir. Komme, was wolle. Ich fange dich auf und lasse dich nie mehr los.« »Wie kannst du mich noch wollen, nach allem, was ich dir letzte Nacht erzählt habe?« Jace senkte den Kopf und küsste sie, dabei drängte er seinen Körper noch fester an ihren. Er schob eine Hand unter sein Kissen und zog ein Kondom hervor. Bethany beobachtete schockiert, wie er die Verpackung mit den Zähnen aufriss, bevor er sich über ihr aufrichtete und sich das Präservativ überstreifte. Das alles geschah so schnell und routiniert, dass sie nichts weiter tun konnte, als zu seufzen, während er mit einer einzigen Bewegung in sie hineinglitt. Dann hielt er inne, und der Ausdruck in seinen Augen wurde seltsam zärtlich. »Ich weiß nur, dass sich alles für mich verändert hat, seit ich am Abend der Party den Blick durch den Saal schweifen ließ und er auf dich fiel. Es war wie eine augenblickliche Offenbarung. Nein, ich wusste damals nichts über dich, außer, dass du für mich bestimmt bist. Was den Schwachsinn betrifft von wegen, ich würde dich nach deinen gestrigen Enthüllungen nicht mehr wollen, so ist er genau das: ausgemachter Schwachsinn. Wir machen alle Fehler, Baby. Niemand ist perfekt. Ich bin es nicht, und du bist es auch nicht. Es wäre entsetzlich langweilig, wenn wir es wären.« Ihr kamen die Tränen, und er küsste sie ihr aus den Augenwinkeln, bevor sie überlaufen konnten. »Weine nicht, Bethany. Nicht hier, in unserem Bett. Nicht, während ich in dir bin. Ich will, dass du alles ausblendest bis auf dich und mich und das, was du in meinen Armen fühlst. Vergiss alles, mit Ausnahme von dem hier.« Er zog sich zurück, dann glitt er mit sanftem Druck wieder tief in sie hinein. Sein Tonfall veränderte sich, er wurde ernster, dabei nahm er nicht eine Sekunde die Augen von ihr. »Ich behaupte nicht, dass es einfach wird. Ich werde Fehler machen. Du wirst Fehler machen – hauptsächlich, indem du die Unterschiede zwischen uns in den Vordergrund stellst. Mir ist klar, dass du Zeit brauchen wirst, um dich von deiner Überzeugung, du seist nicht gut genug für mich, zu lösen. Das ärgert mich, aber ich verstehe, dass du das Selbstbild, das du dein Leben lang hattest, nicht über Nacht korrigieren kannst. Doch ich werde daran arbeiten und dich mürbe machen, darum sei gewarnt. Ich bin ein hartnäckiger Kerl, und ich gebe niemals etwas auf, das ich will. Weder in meinem Berufs- noch in meinem Privatleben.« Bethany schlang die Arme um seinen Hals und zog ihn nach unten, um ihn zu küssen. Er schien so überrumpelt von der spontanen Geste, dass er sie gewähren ließ. »Sei still, und küss mich«, hauchte sie an seinem Mund. Sie spürte sein Lächeln an ihren Lippen. »Dein Wunsch ist mir Befehl, Baby.« Beide verstummten, als ihre Zungen aufeinandertrafen und sich in ungestümer Leidenschaft duellierten, bis Bethany um Luft rang. Jace gab ein kehliges Stöhnen von sich, während er die Arme unter ihren Rücken schob, um sie enger an sich zu pressen. Geschmeidig kam sie ihm mit dem Becken entgegen, während er in sie hinein- und wieder herausglitt, bis ihr vor Lust schwindelte. Sie spürte ihn überall. Es gab keine Stelle an ihr, die er nicht auf irgendeine Weise berührte. Sein Körper fest mit ihrem verschmolzen, nahm sie jedes Zucken, jedes noch so winzige Spiel seiner angespannten Muskeln wahr, während er sich auf ihr bewegte. Als er den Mund von ihrem nahm und eine Spur heißer Küsse von ihrem Kinn zu ihrem Hals zog, realisierte sie, dass diese Erfahrung nicht zu vergleichen war mit dem bedeutungslosen Sex, den sie in der Vergangenheit gehabt hatte. Dieser Vereinigung haftete nichts Schmutziges oder Emotionsloses an. Sie war auch nicht vergleichbar mit dem Sex, den sie mit Jace und Ash gehabt hatte. Bethany machte zum ersten Mal in ihrem Leben Liebe. Der Gedanke war absurd. Er war abgedroschen und kitschig. Ihr wären noch eine Menge mehr Adjektive eingefallen. Bethany kam sich vor wie ein dummes Mädchen, das Gefühle und Sex nicht trennen konnte. Doch die schnöde Wahrheit war, dass die einzigen Gefühle, die sie bisher gekannt hatte, Scham, Selbstekel, Schuldbewusstsein und Hoffnungslosigkeit waren. Bethany wusste nicht, wie sie mit dem Ansturm der Empfindungen, die Jace in ihr auslöste, umgehen sollte. Sie war überfordert, wenn auch nicht auf die Weise, über die sie am Vortag gesprochen hatten. Er umhüllte sie, berührte sie, füllte sie aus. Füllte die schmerzende Leere in ihr aus, die sie so lange verspürt hatte. Er drang bis in ihr Herz vor und hauchte ihm Wärme und Wohlbehagen ein. Sie drückte ihn an sich, wollte nicht, dass auch nur ein Zentimeter zwischen ihnen klaffte. Sie klammerte sich an ihm fest, während er tiefer und härter in sie hineinstieß und sie bis in ihre Seele erstürmte. Fühlte sie sich überfordert? Definitiv. Alles an Jace erschütterte ihre Existenz in ihren Grundfesten. Er hatte binnen Stunden ihr gesamtes Leben auf den Kopf gestellt, trotzdem empfand sie keine Panik. Vielleicht sollte sie das lieber. Sie war zurück in seinem Bett, und das wenige Stunden nachdem er sie wiedergefunden hatte, aber es kam ihr nicht falsch vor. Auch nicht billig. Und war das nicht das Einzige, was zählte? Sich noch immer an ihm festklammernd, schloss sie die Augen. Sie war vollkommen überwältigt von der Dimension dessen, was gerade geschah, auch wenn sie es nicht ganz verstand. »Bethany.« Jace’ sanfte Stimme holte sie aus ihren irrlichternden Gedanken zurück. »Schau mich an, Baby.« Sie öffnete die Augen und stellte fest, dass er sie durchdringend ansah. Es war Besorgnis in seiner Miene und ein Ausdruck von Zärtlichkeit, der mit seinem Ton übereinstimmte. »Ist alles in Ordnung?« Da sie nicht wusste, ob ihre Stimme ihr gehorchen würde, nickte sie wortlos. »Bist du sicher?« Sie nickte wieder und umarmte ihn fester. »Küss mich.« »Darum wirst du mich nie zweimal bitten müssen.« Er küsste sie wild und fordernd. Erbebend bog Bethany den Rücken durch, um sich noch intensiver mit ihm zu vereinigen. »Wie nahe bist du dran?«, raunte er. »Kurz davor.« »Sag mir, was du brauchst, um zu kommen.« »Dich«, wisperte sie. »Nur dich.« Seine Augen blitzten, er spannte den Unterkiefer an, dann küsste er sie wieder. Hart und verschlingend, bis sie seinen Atem inhalierte und er ihren. Sie waren so innig miteinander verbunden, dass Bethany nicht wusste, wie er überhaupt noch in sie hineinstoßen konnte. Ihr Höhepunkt baute sich langsam und tief in ihr auf – so tief, dass es sich anfühlte, als würde ihr Innerstes nach außen gekehrt. Die Empfindung war erschreckend in ihrer Intensität, sie überforderte sie auf die denkbar beste Weise. Hiervor hatte sie keine Angst. Dieses Mal nicht. Es fühlte sich absolut richtig an. Auch das hätte sie erschrecken müssen. Doch plötzlich begriff sie, dass sie Jace vertraute, so absurd das auch sein mochte. Sie glaubte ihm, wenn er versprach, dass er sich um sie kümmern würde. Es war irrelevant, dass sie ihn kaum kannte, weil sie sich erst zweimal begegnet waren, und das jeweils nur für wenige Stunden. Bethany wusste, dass er nichts tun würde, das sie verletzen könnte. Sie wusste es instinktiv. »Ich vertraue dir«, flüsterte sie. Sie musste ihm das eingestehen, wusste, wie wichtig es war. Jace wollte ihr Vertrauen, gleichzeitig erkannte er an, dass es Zeit erfordern würde. Aber sie wollte ihm dieses Zugeständnis jetzt machen, weil er ihr so viel gab und es das einzige Geschenk war, das sie ihm geben konnte. Denn abgesehen davon hatte sie nichts, was er nicht längst besaß. Mit Ausnahme von ihr. Es war nicht genug, doch es war das, was er wollte – zumindest hatte er das gesagt –, und das Einzige, was sie anzubieten hatte. »Oh, Baby«, stöhnte er. »Du überwältigst mich.« Seine Bewegungen wurden schneller und härter. Es war, als hätten ihre Worte ihn über die Klippe getrieben. Mit seiner Selbstbeherrschung war es vorbei, und sie gab sich ganz seiner stürmischen Eroberung hin. Sie wurde schlüpfrig um ihn herum, und er konnte leichter in sie eintauchen, drang so tief in sie vor, bis sie keuchte. Und dann begann sie, sich aufzulösen. Alle Last, die sie so lange getragen hatte, fiel von ihr ab. Es war zu viel. Jace hatte gesagt, dass sie ihn überwältigte, dabei war sie diejenige, die völlig überwältigt war. Bethany drückte ihn an sich und wollte ihn nie wieder loslassen. Sie wollte für immer in diesem Moment verweilen, wo ihr nichts etwas anhaben konnte, wo nichts anderes zählte. Es war so einfach, ihr Leben zu vergessen, ihre Situation. Denn in seinen Armen war sie stark. Sie war wertvoll. Seinen Namen seufzend, schloss sie die Augen, um den plötzlichen Ansturm ihrer Tränen zurückzuhalten, als sie auch schon spürte, wie sie ihr heiß über die Wangen liefen. Nie zuvor hatte ein Orgasmus sie derart mitgerissen. Doch das Wort schien so banal und gänzlich ungeeignet, um zu beschreiben, was gerade passierte. Ihre Sicht wurde verschwommen, und sie fühlte nichts mehr außer Jace. In ihr. Sein Mund auf ihrer Haut. Sein Phallus tief in ihrem Körper. Zwei Hälften eines Ganzen. Sie schwebte schwerelos davon, ihr Kopf völlig frei von Gedanken. Sie wusste nicht einmal, ob sie bei Bewusstsein war. Dann registrierte sie Jace’ Gewicht, das auf sie niederdrückte. Er war erschlafft, und seine Brust hob und senkte sich vor Anstrengung, aber er fühlte sich so gut, so solide auf ihr an. Bethany schwelgte in dem Gefühl, gewollt und auf emotionaler Ebene wertgeschätzt und umhegt zu werden. Sie wollte, dass er sich nie wieder bewegte. Dann tat er es doch, und sie setzte schon zu einem Protest an, als sie seine Miene bemerkte und abbrach. Er stemmte sich so weit hoch, dass er die Hand an ihr Gesicht legen konnte, und erst da realisierte sie, dass es feucht vor Tränen war. »Nanu«, sagte er sanft. »Was hat das zu bedeuten?« Bethany schämte sich ihrer emotionalen Reaktion. Wie sollte sie ihm das Ausmaß dessen, was sie empfand, erklären? Sie versuchte, den Blick abzuwenden, doch Jace ließ es nicht zu. Er senkte den Kopf und küsste den feuchten Tränenpfad weg, anschließend sah er ihr wieder in die Augen. »Bethany?« Die Besorgnis, die in seiner Stimme mitklang, bewirkte nur, dass sie sich noch törichter vorkam. »Es geht mir gut«, sagte sie mit erstickter Stimme. »Wirklich?« »Es ging mir noch nie besser«, versicherte sie ihm. Da schien er zu begreifen. Er lächelte und küsste sie wieder. »Lass mich dieses Kondom loswerden, danach müssen wir reden.« Alarmiert ließ sie zu, dass er sich von ihr herunterrollte, anschließend wartete sie, bis er das Präservativ entsorgt hatte. Er kam wieder ins Bett, zog sie an sich und kuschelte sie an seine Seite. Er streichelte wortlos durch ihre Haare, während er sie an sich schmiegte. »Ich möchte nicht, dass irgendetwas zwischen uns steht«, sagte er schließlich. Bethany wusste nicht, worauf er hinauswollte, darum schwieg sie weiter. »Wir müssen einen Arzttermin vereinbaren, um dich durchchecken und dir etwas zur Empfängnisverhütung verschreiben zu lassen. Ich will keine Kondome benutzen, keine Barriere zwischen uns haben. Natürlich werde ich es weiter tun, bis es sicher ist, aber du gehörst mir, und ich will dich unbehindert spüren können. Überall. Ist das okay für dich?« Obwohl sie es bereits wusste – er hatte sich diesbezüglich klar ausgedrückt –, warf es sie völlig aus der Bahn, ein weiteres Mal zu hören, dass er beabsichtigte, regelmäßig mit ihr zu schlafen. Es klang so … dauerhaft, dabei konnte eine Beziehung zwischen ihnen alles sein, nur das nicht. »Baby? Sprich mit mir. Du bist so schrecklich still. Mache ich dir Angst? Presche ich zu schnell vor?« Fast hätte sie gelacht. Auf einmal befürchtete er, zu schnell vorzupreschen? Sie fragte sich, wie seine Definition für zu schnell aussehen mochte. »Ich habe kein Problem mit der Pille. Aber wir müssen uns ernsthaft unterhalten, Jace.« »Wir müssen uns über gar nichts unterhalten, außer darüber, was du brauchst. Was wir brauchen«, verbesserte er sich. »Es steht fest, dass du das Bett und über kurz oder lang auch diese Wohnung mit mir teilen wirst. Ich versuche, dir den nötigen Freiraum zu lassen, damit du dich an die Situation gewöhnen kannst. Ich will dich nicht überfordern, aber du musst wissen, wie ernst es mir ist. Und ich werde jeden Einwand von dir, der darauf hinausläuft, dass wir zwei nicht zusammengehören, im Keim ersticken.« »Wow«, murmelte sie. »Hast du sonst noch etwas zu sagen?«, erkundigte er sich mit leiser Belustigung in der Stimme. »Ich schätze nicht.« »Gut. Dann lass uns frühstücken, anschließend unternehmen wir eine Shoppingtour.« »Aber Jace, was ist mit deiner Arbeit? Du kannst doch nicht einfach blaumachen, um mit mir einkaufen zu gehen.« »Es hat gewisse Vorteile, der Boss zu sein«, antwortete er schmunzelnd. »Einer davon ist, dass ich mir jederzeit ein paar Stunden freinehmen kann. Niemand wird mich feuern.« »Na gut. Wenn du meinst.« Er gab ihr einen Klaps auf den Po, dann wälzte er sich aus dem Bett und ließ sie auf der Seite liegend darin zurück. »Ich gehe rasch duschen, danach gehört das Bad dir, während ich mit den Frühstücksvorbereitungen beginne. Klingt das gut?« Bethany nickte und konnte das Lächeln, das sich auf ihre Lippen schlich, nicht verhehlen. Jace lächelte mit funkelnden Augen zurück. »Du musst das öfter tun, und wenn ich ein Wörtchen mitzureden habe, wirst du das auch.« Sie zog verwirrt die Stirn kraus. »Was denn?« »Lächeln.« 14 Mit Jace shoppen zu gehen, war ein anstrengendes, aufregendes, komplett verwirrendes Erlebnis. Er jagte durch die Kaufhäuser und zahllosen Boutiquen wie ein Mann mit einer Mission. Und er wusste genau, was er wollte. Er schien einige Erfahrung darin zu haben, für eine Frau einzukaufen, und Bethany mochte das Gefühl der Eifersucht nicht, das sie bei diesem Gedanken durchströmte. Bis Jace trocken bemerkte, dass er über die Jahre zig Shoppingtouren mit seiner jüngeren Schwester unternommen hatte. Sobald sich herauskristallisierte, dass Bethany nicht zu einem einzigen der sündhaft teuren Stücke, von denen Jace überzeugt war, dass sie sie benötigte, Ja sagen würde, hörte er ganz auf, sie nach ihrer Meinung zu fragen und entschied selbst. Er pflügte durch die Geschäfte, zeigte den Verkäuferinnen, was er in Bethanys Größe haben wollte, und ließ es herbeischaffen. Nachdem er sie mit allem Notwendigen eingedeckt hatte – von sexy Unterwäsche, die sie schrecklich verlegen machte, bis hin zu Jeans, Blusen und Kleidern, von denen sie nicht wusste, wozu sie sie brauchen sollte –, kaufte er ihr noch mehrere Pullover, einen kurzen sowie einen langen Mantel und drei Paar pelzgefütterte Stiefel. »Ich will nicht, dass deine Füße kalt werden«, erklärte er ihr. Bethany war schockiert, gleichzeitig wurde ihr warm ums Herz angesichts der Sorgfalt, mit der er jedes einzelne Stück auswählte. Am Ende des fünfstündigen Marathons drehte sich Bethany der Kopf, und Jace’ Chauffeur musste dabei helfen, die vielen Einkäufe zum Auto zu tragen. Es türmte sich ein ganzer Berg von Tüten und Schachteln im Kofferraum, trotzdem mussten sie noch viele weitere auf den Beifahrersitz stopfen. Noch immer perplex darüber, wie sich der Tag entwickelt hatte, sank Bethany in den Sitz. Sicher, Jace hatte gesagt, dass er mit ihr shoppen gehen würde, aber sie hatte gedacht, dass er ihr eine Jacke kaufen würde, nachdem er so aufgebracht darüber gewesen war, dass sie keine besaß, und vielleicht noch ein paar Kleinigkeiten. Sie hatte niemals mit einer vollständigen Garderobe gerechnet, besser gesagt mit so vielen Kleidungsstücken, dass sie einen ganzen Monat lang nichts zweimal tragen müsste! Bethany wollte gar nicht wissen, was das alles gekostet hatte. Sie hatte es vermieden, auf die Preisschilder zu sehen, nachdem sie den Fehler gemacht hatte, auf das allererste zu spähen. Sie wäre fast in Ohnmacht gefallen, woraufhin Jace ihren Blick sofort auf etwas anderes gelenkt hatte. Nun nahm er ihre Hand und drückte sie. »Alles in Ordnung?« Sie nickte. »Ich habe so etwas noch nie gemacht. Ich weiß, das ist offensichtlich, aber ich meine, noch nicht mal im kleinen Stil. Mein Shopping – wenn man es denn so nennen kann – hat sich bisher hauptsächlich auf Secondhandläden und Kleiderkammern beschränkt.« Jace verzog mitfühlend das Gesicht. »Diese Zeiten sind vorbei, Bethany. Ich möchte, dass du sie vergisst.« Sie seufzte. Sie würden so lange vorbei sein, bis Jace sich neu orientierte und hinwegkam über seine … Sie hatte noch nicht mal einen Ausdruck für seine scheinbare Affinität zu ihr. Was immer es war, es würde nicht ewig andauern, und der Schritt zurück in ihr altes Leben würde ihr anschließend nur noch schwerer fallen. Zuvor hatte sie nichts anderes gekannt – aber jetzt? Jace gab ihr eine Kostprobe davon, wie anders die Dinge sein konnten. Sie hielten vor einem modern aussehenden Gebäude auf der Upper West Side. Jace stieg aus und reichte ihr die Hand, um ihr aus dem Wagen zu helfen. Nachdem er seinen Chauffeur angewiesen hatte, dafür zu sorgen, dass die Tüten nach oben gebracht wurden, führte er Bethany zum Eingang. In der Lobby stellte er sie dem Pförtner vor. Allem Anschein nach hatte Jace den Mann bereits davon unterrichtet, dass sie in dem Apartment wohnen würde, denn es war mehr eine Formalität als die Darlegung einer neuen Situation. Anschließend führte Jace sie herum und zeigte ihr die Einrichtungen und Annehmlichkeiten, die das Gebäude zu bieten hatte. Bethany konnte sich nicht vorstellen, irgendetwas davon in Anspruch zu nehmen. Allein schon die Tatsache, eine feste Bleibe zu haben, war ein Luxus, den sie kaum verarbeiten konnte. All der zusätzliche Komfort überstieg ihre kühnsten Vorstellungen. Bethany war froh, als sie endlich in den Fahrstuhl stiegen und zu der Wohnung hinauffuhren. Sie war mit den Nerven am Ende, erschöpft von ihrer Einkaufstour und wollte sich nur noch an einem ruhigen Ort erholen. Jace sperrte die Tür auf und hielt sie Bethany auf. »Lass uns dein Apartment in Augenschein nehmen, Baby.« Ihr Apartment. Sie konnte noch immer nicht glauben, dass er ihr eine ganze Wohnung zur Verfügung stellte. Es war verrückt. Jace war verrückt. Aber das wusste sie ja schon. Als sie eintrat, stockte ihr der Atem, und sie blieb wie vom Donner gerührt stehen. Fassungslos schaute sie sich um, während ihr die Tränen in die Augen stiegen und sie ein kleines Schluchzen nicht unterdrücken konnte. Jace legte den Arm um sie und drückte sie an sich. »Baby.« Er sagte das Wort mit solch sanfter Betonung, dass ihr das Herz aus der Brust springen wollte. »Es ist wunderschön, Jace«, wisperte sie. »Ja?« »Absolut umwerfend.« Er lächelte, dann küsste er sie auf die Nasenspitze. »Dabei hast du noch längst nicht alles gesehen.« »Ich habe genug gesehen, um zu wissen, dass die Wohnung fantastisch ist.« Und das war sie. Wohnzimmer und Küche waren nach einem offenen Raumkonzept gestaltet, sodass sie sich zu einem großartigen, harmonischen Ganzen zusammenfügten. Doch die Farbgebung war das, was die Perfektion ausmachte. Durch die erdigen Töne verströmte der Raum – das gesamte Apartment – eine Atmosphäre wohnlicher Behaglichkeit, wie Bethany sie sich immer von einem Zuhause gewünscht hatte. Die Küche war mit ihren Edelstahlgeräten und dem Profiherd auf dem neuesten Stand der Technik. Und sie schien top ausgerüstet zu sein, samt Kochgeschirr und Messern. Bethany juckte es in den Fingern, die Küche sofort auszuprobieren und drauflos zu kochen. »Komm«, sagte er. »Lass mich dir den Rest der Wohnung zeigen, bis dahin sollte auch dein Gepäck eingetroffen sein.« Sie unternahmen eine kurze Besichtigungstour durch die Schlafzimmer samt Bädern, und als sie zurückkamen, stapelte sich bereits ein Berg von Tüten in der Eingangstür. Einen Moment später trat ein großer, sehr muskulöser Mann gefolgt von einem etwas kleineren, stämmigeren hindurch. Beide wirkten mit ihren aufgepumpten Armen, als wären sie einem Bodybuilding-Magazin entsprungen. Sie sahen wie Kerle aus, mit denen man sich besser nicht anlegen sollte. Der vordere Mann schob seine Sonnenbrille hoch, und Bethany schmiegte sich instinktiv Schutz suchend enger an Jace. Die beiden erinnerten sie zu sehr an die Schuldeneintreiber, die sie attackiert hatten, weil Jack bei ihnen in der Kreide stand. »Sie tun dir nichts«, beschwichtigte Jace sie. Er legte den Arm um sie und drückte sie an sich. Bethany fühlte sich sofort besser. Sicherer. Es spielte keine Rolle, dass die Männer doppelt so breit waren wie er. Sie waren Kolosse und sahen gelinde gesagt zwielichtig aus. Aber Jace stand neben ihr, und er würde nicht zulassen, dass jemand ihr wehtat. Als Reaktion auf Jace’ Worte hielt der vordere Mann sofort inne und runzelte die Stirn. Er hob die Hand, um seinem Partner zu bedeuten, ebenfalls auf Abstand zu bleiben. »Mr Crestwell«, sagte er. »Ich bin Kaden Ginsberg, und das ist Trevor Dixon.« Jace trat mit ausgestrecktem Arm auf die beiden zu und schüttelte ihnen die Hände. »Danke, dass Sie gekommen sind.« Er drehte sich um und winkte Bethany zu sich. Zögerlich und die beiden Neuankömmlinge noch immer misstrauisch beäugend, ging sie zu ihm. Jace hielt ihr die Hand hin, und sie legte ihre hinein. Er verschränkte die Finger mit ihren und zog sie wieder an seine Seite. »Dies sind deine Bodyguards.« Bethany verschlug es die Sprache. Ihre Bodyguards? Wofür um alles in der Welt brauchte sie Bodyguards? Sie warf Jace einen verwirrten Blick zu. »Ich verstehe nicht«, sagte sie mit brüchiger Stimme. Jace presste ungeduldig die Lippen zusammen, dann wandte er sich an Kaden und Trevor. »Lassen Sie uns ins Wohnzimmer gehen. Wir haben vieles zu bereden. Ich verlange von Ihnen das hundertprozentige Versprechen, dass Bethany in Ihrer Obhut sicher ist, wann immer ich nicht bei ihr sein kann.« Kaden nickte. »Selbstverständlich.« Jace legte die Hand an Bethanys Rücken und dirigierte sie zur Couch. Er setzte sich neben sie und wand wieder die Finger in ihre. Sie lehnte sich an ihn, während sie Kaden und Trevor verhalten anguckte. Sie pflanzten sich dem Sofa gegenüber auf zwei Stühle, die viel zu zierlich für ihre massigen Staturen wirkten. »Sie beide sehen wie professionelle Ringer aus«, sprudelte es aus ihr heraus. Danach fühlte sie sich wie eine komplette Idiotin, darum senkte sie den Blick und starrte auf ihre mit Jace’ verschränkten Finger. Kaden lachte leise, was sie veranlasste, wieder hochzusehen. Er hatte ein wirklich nettes Lachen. Es klang kein bisschen gemein, sondern weich und vibrierend. Sympathisch. »Das hilft in meinem Berufszweig, Ma’am.« »Ja, natürlich«, murmelte sie. Jace drückte ihre Hand, dann kam er wieder auf ihre Sicherheit zu sprechen. Das Ganze kam Bethany völlig bizarr vor. Sie konnte sich einfach nicht an die Vorstellung gewöhnen, Bodyguards zu haben. Seine Miene war ernst, als er sie ansah. »Kaden und Trevor werden dich überall hinbegleiten, wenn ich nicht bei dir bin. Sie bewachen dich auf Schritt und Tritt, und das meine ich buchstäblich so. Wenn du hier bist, sind sie auch hier. Gehst du aus, gehen sie mit dir.« Ihre Augen wurden groß. »Aber warum? Ich verstehe es einfach nicht, Jace. Das ist doch verrückt. Ich bin ein Niemand. Ich besitze nichts, darum stelle ich keine lohnende Beute für Erpresser dar. Es hat keinen Zweck, mich zu entführen oder was immer sonst du vielleicht befürchtest.« Jace seufzte. »Hast du vergessen, dass du erst gestern von diesen Schlägern überfallen wurdest? Dass sie dich getreten und bedroht haben? Sie gaben dir eine Woche Zeit, um ihre Forderung zu erfüllen. Was glaubst du, wird passieren, wenn diese Frist verstrichen ist, Bethany? Meinst du, sie vergessen dich einfach, nur weil sie dich nicht an den Orten finden können, an denen du normalerweise anzutreffen bist? Ich werde dafür sorgen, dass sie nicht in deine Nähe gelangen, und dazu gehört, dass Kaden und Trevor immer ein Auge auf dich haben, wenn ich verhindert bin. Folglich wirst du nirgendwo ohne sie hingehen. Verstanden?« »Glaubst du wirklich, dass sie mich hier finden würden?«, fragte sie kleinlaut. »Lass es mich einfach so ausdrücken: Ich werde kein Risiko eingehen.« Kaden räusperte sich. »Ma’am«, begann er höflich. »Solche Typen geben nicht so einfach auf. Sie müssen auf ihren Forderungen bestehen. Wenn sie das nicht tun, verlieren sie den Respekt auf der Straße. Sollte durchsickern, dass sie eine Schuld nicht eingetrieben haben, werden auch andere beschließen, nicht zu zahlen. Ihr Geschäft basiert auf Angst und Einschüchterung. Wenn die Leute aufhören, sie zu fürchten, werden sie als nicht durchsetzungsfähig abgestempelt und vom Markt verdrängt. Das werden diese Kerle nicht zulassen, deshalb werden sie alles unternehmen, um Sie aufzuspüren. Trevor und ich werden gewährleisten, dass es ihnen nicht gelingt.« Bethanys Mund formte ein tonloses O, dann richtete sie ihren bestürzten Blick auf Jace. »Verstehst du nun?«, fragte er ruhig. Sie nickte, aber ihr drehte sich noch immer der Kopf angesichts all der abrupten Veränderungen in ihrem Leben. Jace’ Chauffeur brachte eine kleine Einkaufstüte ins Zimmer und übergab sie ihm. Bethany erkannte sie nicht, allerdings waren es so viele gewesen, dass sie schon vor Stunden den Überblick verloren hatte. Jace nahm eine Schachtel heraus, öffnete sie und brachte ein nagelneues Mobiltelefon zum Vorschein. Er legte die Batterie ein und schaltete es an, anschließend fummelte er mehrere lange Minuten daran herum. Er holte sein eigenes Handy hervor und betätigte verschiedene Tasten, ehe er das neue Telefon schließlich Kaden zuwarf. »Programmieren Sie Ihre Nummern in Bethanys Handy. Ich möchte, dass sie Sie über die Kurzwahltasten erreichen kann, sollte je ein Notfall eintreten.« Bethany runzelte die Stirn, als Kaden und Trevor mit flinken Fingern ihre Nummern einspeicherten, bevor sie Jace das Handy zurückgaben. Er reichte es an Bethany weiter. »Meine Nummer ist ebenfalls drin. Es ist die erste der Kurzwahltasten. Kaden ist Nummer zwei und Trevor Nummer drei. Meine Büronummer ist an vierter Stelle, die meiner Wohnung an fünfter. Trag dieses Handy immer bei dir, und wenn du nicht willst, dass ich einen Herzinfarkt bekomme, weil ich denke, dass du irgendwo tot in einer Gasse liegst, dann solltest du besser rangehen, wenn ich anrufe. Okay?« Sie nickte wie betäubt. Ihr Kopf schien Karussell zu fahren. Bethany konnte kaum atmen, und sie hatte das Gefühl, Migräne zu bekommen. Märchen waren nicht für Mädchen wie sie gedacht, trotzdem war sie mitten in eins hineingestolpert. Nur war diesem kein glückliches Ende vorherbestimmt. Das passierte nur in der Fiktion. Bethany hatte zu viel Erfahrung damit, wie es im wirklichen Leben ablief. Das wirkliche Leben war ein Jammertal. Aber zumindest war es real. Es erklärte sich weder noch rechtfertigte es sich. Es war, wie es war. Jace beugte sich zu ihr hinunter und küsste sie flüchtig auf die Stirn. »Ich muss dringend ins Büro. Es findet ein Meeting statt, das ich nicht versäumen darf, aber ich werde sicher nicht lange weg sein. Kaden und Trevor bleiben bei dir, bis ich zurück bin. Außerdem trifft in Kürze eine Lebensmittellieferung ein. Stell sicher, dass einer von beiden an die Tür geht, und bleib selber in Deckung, bis sie Entwarnung geben. Und was immer du tust, höre auf sie. Es ist ihre Aufgabe, dich zu beschützen. Mach ihnen die Sache so einfach wie möglich, indem du kooperierst. In Ordnung?« »In Ordnung.« »Falls du irgendetwas brauchst, ruf mich an. Ich werde mein Handy auch während der Besprechung eingeschaltet lassen.« Bethany nickte mechanisch. Er küsste sie wieder. »Wir werden zum Abendessen ausgehen. Zieh eins deiner neuen Outfits an, und vergiss deinen Mantel nicht. Es soll heute Abend schneien. Danach werden wir die Nacht hier verbringen, damit du dich an deine neue Umgebung gewöhnen kannst.« Bethany staunte darüber, mit welcher Selbstverständlichkeit er davon ausging, dass er bei ihr schlafen würde. Gleichzeitig staunte sie nicht minder darüber, dass sie ihn nicht korrigierte, keinen Widerspruch einlegte. Und sie staunte auch über die Erleichterung, die sie durchströmte bei der Aussicht, nicht allein zu sein. Sie war verloren, war ihm schon jetzt so sehr verfallen, dass sie nicht wusste, ob es je ein Zurück für sie geben würde. Sollte Jace beschließen, sie in den Wind zu schießen, würde das für sie verheerender sein als alles, was sie je erlebt hatte. Verheerender als ihre Vergangenheit, ihre Drogenabhängigkeit, der Mist, den sie gebaut hatte. Jace besaß eine Macht über sie, wie sie es nie einem Menschen zugetraut hätte. Und das machte ihr mehr Angst als der Gedanke an Drogen oder an die Gangster, die sie bedroht hatten. 15 Jace betrat das Gebäude, das die HCM-Büros beherbergte, und fuhr mit dem Aufzug nach oben. Wäre diese verdammte Telefonkonferenz nicht, er hätte die Arbeit heute sausen gelassen. Es gefiel ihm nicht, Bethany, so kurz nachdem er sie wiedergefunden hatte, allein zu lassen. Na ja, technisch gesehen war sie nicht allein, trotzdem ließ er sie nicht gern aus den Augen. Als er wenige Minuten später in Gabes Büro eintraf, stellte er fest, dass Ash bereits da war, und der Blick, mit dem Gabe ihn bedachte, das Aufblitzen von Sorge in seinen Augen, verriet ihm, dass Ash geplappert hatte. Den Mund zu einer strengen Linie zusammengepresst, setzte Jace sich auf den Stuhl vor Gabes Schreibtisch. »Bringen wir es hinter uns«, sagte er knapp. Ash mied seinen Blick und schaute stattdessen geradeaus zu Gabe, was für Jace völlig okay war. Er hatte nicht die Zeit für die Intervention, die seine beiden Freunde vermutlich verabredet hatten. Gabe runzelte die Stirn, erhob jedoch keinen Einspruch. Jace hatte sich fünf Minuten verspätet, was ihm nicht ähnlich sah. Wahrscheinlich waren Ash und Gabe überzeugt davon, dass er den Verstand verloren hatte. Aber vielleicht hatte er ihn auch nur endlich wiedergefunden. Er und Ash hatten seit Jahren Sex mit denselben Frauen. Wie krank war das? Gabe hatte diese Vorliebe immer mit völligem Gleichmut hingenommen. Aber jetzt wollte er sich ein Urteil anmaßen, weil Jace endlich ein Mädchen gefunden hatte, das er nicht teilen wollte? Dabei sollte gerade Gabe sich nicht zu weit aus dem Fenster lehnen. Immerhin war er selbst völlig aus dem Häuschen wegen Mia, Jace’ Schwester. Jace hatte ihm nicht den Kopf abgerissen, obwohl er jedes Recht dazu gehabt hätte. Aber der Tölpel hatte schon genug büßen müssen, auch ohne dass Jace seine Strafe noch verschärfte. Er blinzelte, als er realisierte, dass die Konferenz bereits in vollem Gang war und er nichts von dem, was bisher besprochen worden war, mitbekommen hatte. Es trat eine ausgedehnte Stille ein, an der Jace erkannte, dass alle auf seinen Beitrag warteten. Verdammt. Ash warf ihm einen angewiderten Blick zu, dann begann er, die Informationen zu übermitteln, die eigentlich von Jace hätten kommen müssen. Er brachte es wie ein Profi über die Bühne und schaffte es mit seiner charmanten, geschliffenen Art mühelos, die Investoren am anderen Ende der Leitung zu überzeugen. Jace seufzte erleichtert, als es endlich überstanden war. Ash packte seinen Kram zusammen und stapfte aus Gabes Büro, ohne ein einziges Wort mit Jace gewechselt zu haben. Echt erwachsen, der Kerl. Kopfschüttelnd bereitete Jace seinen eigenen Abgang vor, während er überlegte, wohin er Bethany zum Abendessen ausführen wollte. Er würde sie beim Verlassen des Gebäudes anrufen, damit sie Zeit hatte, sich fertig zu machen. »Jace, einen Moment noch, wenn es dir nichts ausmacht.« Gabes ruhige Stimme riss Jace aus seinen Gedanken. Er zog eine Grimasse, als er die Miene seines Freunds bemerkte. Scheiße. Er war nicht in Stimmung für eine Moralpredigt. Warum zur Hölle konnten ihn seine Freunde nicht einfach in Ruhe lassen? Noch während er das dachte, musste er sich eingestehen, dass er dasselbe tun würde, wäre die Situation spiegelverkehrt. Er hatte Gabe während dieser Sache mit Mia mächtig die Leviten gelesen. Aber immerhin war Mia seine Schwester. Er hatte ein berechtigtes Interesse daran, wie Gabe sie behandelte. Bethany hingegen hatte absolut keine Verbindung zu Gabe oder Ash. Zumindest wenn man außer Acht ließ, dass sie mit Ash geschlafen hatte, aber Jace bemühte sich nach Kräften, diese Tatsache zu verdrängen. Das Bild, wie sein bester Freund Sex mit einer Frau hatte, die Jace als die seine betrachtete, hatte sich unauslöschlich in sein Gedächtnis gebrannt. Womöglich würde er die Erinnerung an Ashs Mund und Hände auf Bethanys Haut nie wieder aus dem Kopf bekommen. »Aber mach schnell«, knurrte er. Er blieb absichtlich stehen, denn wenn er sich setzte, würde er Gefahr laufen, in ein ausgedehntes Gespräch verwickelt zu werden. Jace hatte Besseres zu tun. Wie beispielsweise mit seiner Freundin essen zu gehen, bevor er sie nach Hause brachte und mit ihr schlief. »Was ist bloß in dich gefahren, Mann?«, fragte Gabe nachsichtig. Jace machte ein ungeduldiges Geräusch. »Nichts ist in mich gefahren.« »Ash behauptet etwas anderes.« »Ash sollte lieber aufpassen, was er sagt.« Gabe runzelte die Stirn. »Was ist eigentlich das Problem zwischen dir und Ash? So kenne ich euch gar nicht. Ash ist genauso zugeknöpft wie du, aber es ist offensichtlich, dass ihr stinksauer aufeinander seid. Er sagt, dass du völlig den Verstand verloren hast wegen irgendeiner Frau. Möchtest du darüber reden?« »Ich werde nicht über Bethany diskutieren«, wies Jace ihn in eisigem Ton ab. »Abgesehen davon, wenn du irgendetwas wissen willst, wird Ashs Hintergrundcheck euch beiden bestimmt ausreichend Stoff für Klatsch und Tratsch liefern.« Gabes Gesichtsausdruck verwandelte sich binnen zwei Sekunden von besorgt in angepisst. »Welche verfluchte Laus ist dir eigentlich über die Leber gelaufen, Jace? Ich tratsche über niemanden. Und ich weiß einen Scheiß über irgendeinen Hintergrundcheck. Ich weiß noch nicht mal, wer Bethany ist, und ganz sicher klatsche ich nicht mit Ash über sie. Was das betrifft, hat Ash kein Sterbenswörtchen zu mir gesagt.« Jace wusste, dass er sich wie ein Arschloch, wie der letzte Heuchler benahm. Er selbst würde seine Freunde niemals ungeschoren mit der Nummer davonkommen lassen, die er gerade abzog. Trotzdem war er noch immer stinksauer auf Ash, weil er versucht hatte, ihm Bethany auszureden. Doch in Wahrheit war er hauptsächlich deshalb wütend auf Ash, weil er mit Bethany Sex gehabt hatte. Vielleicht würde Jace ihm das niemals verzeihen können, auch wenn er mitgespielt hatte. Und das, obwohl alle seine Instinkte ihm dringend davon abgeraten hatten. Er hatte jede einzelne Minute davon gehasst, trotzdem hatte er es zugelassen. Wahrscheinlich war er am meisten auf sich selbst wütend. »Bethany ist jemand, der mir am Herzen liegt.« Jace zwang sich, ruhig zu sprechen. »Das ist alles, was du wissen musst. Sie braucht Hilfe – meine Hilfe –, und ich werde sie um nichts in der Welt im Stich lassen.« »Benötigst du meine Unterstützung?«, fragte Gabe. Und da war sie wieder, die bedingungslose Freundschaft, die sie schon seit dem College verband. Sie konnten jederzeit Zugriff darauf nehmen. Sicher, sie hatten einige Rückschläge wegstecken müssen. Gabes Beziehung zu Mia war die jüngste Bedrohung gewesen. Aber sogar der Umstand, dass Gabe mit Jace’ kleiner Schwester schlief und er ihr vorübergehend das Herz gebrochen hatte, hatte die Bande der Freundschaft, die zwischen ihnen bestanden, nicht zerreißen können. Gabe hatte die Sache mit Mia in Ordnung gebracht. Und auch mit Jace. Er seufzte, dann entspannte er die Fäuste, zu denen er seine Hände geballt hatte. »Nein, danke, aber ich weiß das Angebot zu schätzen«, antwortete er. »Ich bin nicht verrückt. Ich bin auch nicht besessen.« Nun, vielleicht war er das doch, aber es hörte sich viel Furcht einflößender an, als es in Wirklichkeit war. »Es ist einfach etwas, das ich tun will, tun muss. Bethany ist anders als andere Frauen. Sie ist etwas Besonderes. Dabei verstehe ich noch nicht mal ganz, was sie so sehr von ihnen abhebt. Aber seit ich sie das erste Mal sah, haben sich die Dinge für mich geändert. Alles hat sich geändert. Und ich muss mich jetzt darauf einlassen oder es für den Rest meines Lebens bereuen.« »Das verstehe ich«, sagte Gabe bedächtig. »Glaub mir, ich verstehe dich voll und ganz.« »Ja, wahrscheinlich tust du das. Wegen Mia.« »Genau. Wegen Mia.« »Dann begreifst du auch, wieso ich jetzt einfach ein bisschen Freiraum brauche, um auf meine Weise mit dieser Sache umzugehen.« Gabe nickte. »Ja, das tue ich. Ash würde es auch begreifen, wenn du es ihm erklären würdest. Er ist auf hundertachtzig. Nicht wegen Bethany. Nicht, weil du durchzudrehen scheinst. Er ist wütend, weil er sich Sorgen um dich macht und du ihn ausschließt. Du weißt besser als jeder andere, dass er alles auf der Welt für dich tun würde.« Jace schloss kurz die Augen, als ihn das schlechte Gewissen packte. »Ja, das weiß ich.« Verdammt. Er hasste es, wenn Gabe recht hatte. Dieser selbstgefällige, arrogante Mistkerl. Sogar jetzt hatte er wieder dieses wissende Glitzern in den Augen. »Ich muss los. Ich habe Bethany in Mias alter Wohnung untergebracht. Sie wartet dort auf mich.« Perplex zog Gabe eine Braue hoch. »Es wundert mich, dass du sie nicht bei dir hast einziehen lassen. Ash zufolge ist die Sache zwischen euch recht … intensiv.« »Woher will er das wissen? Ich wollte ihr etwas Spielraum lassen. Ihr die nötige Zeit geben, damit sie sich an die neue Situation gewöhnen kann, bevor ich das Kommando übernehme. Und du weißt, dass das passieren wird. Es ist unvermeidbar, und ich möchte, dass sie sich sicher ist, dass sie Vertrauen in sich und in mich hat, bevor das Ganze ein völlig neues Level erreicht.« Gabe nickte. Ja, er verstand das besser als jeder andere. Mit Ausnahme von Ash. Ihr Streben, ihr Verlangen nach Kontrolle war ein Charakterzug, der sie alle drei einte. Und er beschränkte sich nicht auf einzelne Aspekte, sondern er umfasste alles. Was im Bett passierte und außerhalb davon. Aber speziell im Bett. Bethany hatte noch keinen Vorgeschmack darauf bekommen, wie ihre Rolle an seiner Seite aussehen würde, aber sie war im Moment so zerbrechlich, so verunsichert, was sie selbst und ihren Platz in der Welt betraf, dass es Jace widerstrebte, die Dinge zu schnell ins Rollen zu bringen. Falls er sie zu Tode erschreckte und sie davonlief, würde er sich niemals vergeben. »Klär diese Sache mit Ash«, forderte Gabe ihn auf. »Du weißt, es wird an euch beiden nagen, bis ihr es tut. Und bevor du ausflippst, weil ich zu persönlich werde, vergiss nicht, dass es auch unser Geschäft tangiert. Wir können uns keine Fehler leisten, nur weil du und Ash über Kreuz seid. Und wenn du schon nicht an mich, unser Unternehmen, an dich selbst oder die Tatsache, dass du dich hinterher wie ein Arschloch fühlen wirst, weil du eine fast lebenslange Freundschaft mit Füßen getreten hast, denkst, dann überlege dir trotzdem, was es für Mia bedeuten würde. Sie liebt euch beide. Bedenke, wie Bethany sich fühlen wird, sollte sie je herausfinden, dass sie einen Keil zwischen langjährige Freunde und Geschäftspartner getrieben hat.« »Herrgott, was bist du nur für ein manipulativer Wichser«, kommentierte Jace angeekelt. Gabes Mundwinkel zuckten nach oben. »Mia hat mir das auch schon das eine oder andere Mal entgegengeschleudert.« Jace schüttelte den Kopf. Dann wechselte er das Thema, weil er es satthatte, sein Privatleben von seinem Freund sezieren zu lassen. »Habt ihr schon ein Hochzeitsdatum festgelegt?« »Falsche Frage«, brummte Gabe. Jace zog die Brauen hoch, dann fing er an zu lachen, lachte immer lauter. »Ich wünschte, du könntest dich gerade sehen, Mann. Du siehst aus, als hättest du in eine Zitrone gebissen. Was stellt meine Schwester nur mit dir an?« Gabe fuhr sich mit der Hand durch die Haare. »Ich möchte einfach nur heiraten, verstehst du? Ich will ihr einen Ring an den Finger stecken, ich will, dass sie meinen Namen trägt, ich will ihre Unterschrift auf einer Heiratsurkunde. Alles andere ist Nebensache. Ich würde tun, was immer sie verlangt, ihr eine Traumhochzeit bieten, wie sie diese Stadt noch nie gesehen hat, oder auch nach Vegas mit ihr durchbrennen.« Jace verzog das Gesicht. »Falls ich ein Wörtchen mitzureden habe, könnten wir dann bitte auf die Traumhochzeit, wie sie diese Stadt noch nie gesehen hat verzichten? Das klingt grauenvoll.« »Erzähl mir was Neues.« »Also, wo liegt das Problem? Wie es scheint, zeigst du dich uncharakteristisch entgegenkommend.« Gabe ignorierte die Stichelei. Seine Miene war todernst, als er erklärte: »Ich liebe sie. Ich würde alles tun, um sie zu meiner Frau zu machen. Diese Hochzeit ist für sie. Ich habe das schon hinter mir und wollte es eigentlich nicht noch mal tun – bis Mia in mein Leben trat. Das Problem ist, dass sie nicht weiß, was sie will. Und solange sie das nicht weiß, liegt die Hochzeit auf Eis. Ich kenne das verdammte Datum nicht, weil es kein Datum gibt. Ein Teil von mir giert danach, das Kommando zu übernehmen und ihr zu sagen, dass wir an Neujahr heiraten werden, doch der andere Teil von mir will, dass der Tag unvergesslich für sie wird, weil es die einzige Hochzeit ist, die sie je bekommen wird.« Jace lächelte. Es war mehr als witzig zu erleben, wie sein Freund wegen einer Frau völlig am Rad drehte. Besonders, da es sich bei besagter Frau um Jace’ kleine Schwester handelte. Die Anspannung in seiner Brust ließ ein wenig nach. Dies war seine Familie. Gabe. Ash. Mia. War es immer gewesen. Sie vier gehörten schon seit fast zwanzig Jahren zusammen. Und als Familie kümmerte man sich umeinander. Er flippte jedes Mal regelrecht aus, wenn Ashs Familie ihm die Hölle heißmachte. Er hätte Gabe fast den Kopf abgerissen, weil er Mia wehgetan hatte. Anschließend hatte er den Mistkerl bedauert und es gehasst, ihn leiden zu sehen, als Mia sich geweigert hatte, seine Entschuldigung anzunehmen. »Du bist Teil meiner Familie, Mann«, sagte Jace. »Vergiss das niemals.« Gabe blinzelte und spannte die Muskeln im Unterkiefer an. »Das vergesse ich nicht. Die Hochzeit macht uns zu Brüdern, aber das sind wir schon seit langer Zeit. Gott sei Dank habe ich Mia nie als kleine Schwester betrachtet – zumindest hat sich das gelegt, als sie erwachsen wurde.« Jace brach in Gelächter aus und hob abwehrend die Hände. »Oh nein, könnten wir dieses Gespräch bitte nicht führen? Weil sie nämlich meine Schwester ist und ich nicht wissen will, auf welche Weise du sie betrachtest. Es ist eklig genug, euch zwei zusammen zu sehen.« Gabe grinste, dann wurde er wieder ernst. »Bring diese Sache in Ordnung, Jace. Ash leidet wie ein Hund. Seine Familie steigt ihm aufs Dach. Du weißt, dass sie das jedes Jahr um diese Zeit tut. Zehn Monate lang scheren sie sich einen Dreck um ihn, aber an Thanksgiving und zu Weihnachten wollen sie einen auf heile Welt machen. Und jetzt auch noch das mit dir … Ich weiß, dass wir alle drei Freunde sind. Das würde ich nie in Abrede stellen. Gleichzeitig weiß ich auch, dass ihr beide euch nähersteht. Das war immer so. Was immer zwischen euch vorgefallen ist, hat ihn hart getroffen. Er ist nicht mehr er selbst. Er ist schweigsam und in sich gekehrt. Von dir würde ich das erwarten. Du bist selbst an guten Tagen ein schwermütiger, übellauniger Mistkerl.« Jace zeigte ihm den Mittelfinger. »Aber Ash? Das entspricht nicht seinem Naturell. Er ist normalerweise gleichgültig wie sonst wer und pflegt diese Leck-mich-Einstellung. Bring das in Ordnung. Ich mache mir Sorgen um euch beide, und dazu habe ich momentan nicht den Nerv, verstehst du? Das Einzige, worauf ich mich konzentrieren will, ist, Mia einen Ring an den Finger zu stecken und mit ihr die Babys zu machen, von denen sie träumt.« Jace ächzte. »Mann, musstest du das wirklich aussprechen?« Gabe grinste verschmitzt. »Ich bin nicht ins Detail gegangen.« »Wie gnädig von dir«, brummte Jace. Dann seufzte er. »Ich werde diese Sache mit Ash bereinigen.« Er ging zur Tür, doch dann drehte er sich noch mal um. »Danke, Kumpel«, sagte er aufrichtig. »Ich weiß, dass ich das wahrscheinlich noch nie gesagt habe. Anfangs war ich zu irritiert dafür. Aber ich bin froh, dass Mia dich hat. Sie wird nie einen besseren Mann finden. Ich weiß, dass du gut zu ihr sein wirst.« Gabe schwieg einen langen Moment. Seine Kiefermuskeln zuckten, so als versuchte er, seine Reaktion zu verbergen. Dann nickte er. »Ich weiß das zu schätzen, mein Freund. Du ahnst gar nicht, wie sehr.« Jace lächelte. »Doch, ich denke schon.« Er wandte sich erneut zum Gehen und war schon aus der Tür, als Gabe ihm hinterherrief: »Jace?« »Ja?« »Wann werde ich sie kennenlernen?« Jace hielt sich am Türknauf fest und atmete tief durch. Dann sah er seinem Freund in die Augen und sagte: »Wenn die Zeit reif ist, stelle ich sie dir vor. Aber im Moment haben wir noch einiges zu klären.« Gabe nickte. »Viel Glück.« »Danke, Kumpel.« Damit drehte er sich um und begab sich auf die Suche nach Ash. 16 Jace lehnte im Türrahmen von Ashs Büro und wartete, dass sein Freund sein Telefonat beendete. Er saß mit dem Rücken zu ihm und schien nicht gehört zu haben, dass die Bürotür geöffnet wurde, daher wusste er nichts von Jace’ Anwesenheit. Dass er seine Präsenz nicht spürte, verriet, wie intensiv er auf sein Gespräch konzentriert war. »Es interessiert mich einen Scheiß, was du und Dad wollt«, sagte er in beißendem Ton. Jace zog eine Grimasse. Gabe hatte recht gehabt. Ashs Familie machte ihm wieder mal Feuer unterm Hintern. Diese aufdringlichen Aasgeier. Jace kannte niemanden, der so oberflächlich und egoistisch war wie Ashs Familie. Es erstaunte ihn immer wieder, wie Ash einem solchen Schlangennest entstammen konnte, ohne davon geprägt oder zumindest beeinflusst worden zu sein. Seine Geschwister hatten weniger Glück gehabt. Gabe und Jace zogen Ash regelmäßig damit auf, dass er bestimmt adoptiert war. Es war die einzige logische Erklärung. Ash war so anders als seine Eltern und Geschwister. Während sie berechnend, selbstsüchtig und permanent unzufrieden waren, war Ash entspannt, gutherzig und loyal bis in die Knochen. Seine Familie hingegen würde einem ein Messer in den Rücken rammen, ehe man sich auch nur umdrehen konnte. Sie würden auch bedenkenlos von vorn attackieren und ohne jede Reue über Leichen gehen. »Deine Manipulation ist zwecklos. Ich werde auf keinen Fall Weihnachten mit meiner lieben Familie verbringen. Eher lasse ich mir mit der Kneifzange die Fingernägel rausreißen«, fuhr Ash zähneknirschend fort. Jace seufzte. Derselbe Bockmist wie jedes Jahr. Er war überzeugt, dass sie Ash nur dabeihaben wollten, um zur Abwechslung mal jemand anderen piesacken zu können. In jüngeren Jahren hatte Ash sich noch angestrengt, einen Scheinfrieden zu wahren, ein guter Sohn und Bruder zu sein. Er hatte an Familienzusammenkünften teilgenommen, so katastrophal sie auch waren. Die ersten beiden Jahre war Ash allein hingegangen. Jace und Gabe hatten die Veränderung an ihm sofort registriert. Ash war anschließend wochenlang in Schwermut verfallen und hatte lange gebraucht, um wieder zu sich zu finden. Nach dem zweiten Jahr hatten sie eins und eins zusammengezählt und im Folgejahr darauf bestanden, ihn zu begleiten. Nach dieser Erfahrung hatten sie beide geschworen, Ash nie wieder in die Nähe seiner Familie zu lassen, ohne ein solides Sicherheitsnetz unter ihm zu spannen. So lächerlich es auch klingen mochte, aber Ashs Familie war Gift für ihn. Nachdem ein paar Jahre lang Jace oder Gabe oder sogar beide ihn begleitet und selbst erlebt hatten, wie dysfunktional die McIntyres waren, hatte Ash seine Familie darüber informiert, dass sie ihm den Buckel runterrutschen konnte, und war nie wieder zurückgekehrt. Nicht, dass man nicht versucht hätte, ihn zur Besinnung zu bringen. Jace wusste, wie sehr Ash sich dafür schämte, dass seine Freunde seine Familie kennengelernt hatten. Anstatt sie diese Erfahrung wiederholen zu lassen, hatte er sich einfach von ihr losgesagt. Was für Jace völlig in Ordnung ging. Ash war ein besserer Mensch, wenn er keinen Kontakt zu dieser Kloake hatte. Und er war glücklicher. »Diese Unterhaltung ist beendet. Ruf mich nicht wieder an. Ich werde das Gespräch nicht annehmen«, warnte Ash. Er legte auf, dann drehte er sich auf seinem Stuhl herum. Er blinzelte verdutzt, als er Jace in der Tür stehen sah, und runzelte die Stirn. »Was tust du hier? Hast du nicht irgendwas zu erledigen?« Mit einem weiteren Seufzen trat Jace ein. Er setzte sich auf einen der Stühle an der Wand, verschränkte die Hände hinter dem Rücken, beugte sich vor und richtete den Blick auf Ash. »Hör zu, Mann. Ich war ein Arschloch. Du weißt es. Ich weiß es. Und ich weiß auch, dass du gerade mit dieser Hexe, die sich deine Mutter nennt, telefoniert hast und deswegen beschissen gelaunt bist. Du wirst es an mir auslassen, was völlig okay ist, weil ich es verdiene. Was hingegen nicht okay ist, ist diese Barriere zwischen uns.« Ashs Lippen wurden schmal. »Du hast sie selbst errichtet.« »Ja, das ist mir bewusst. Ich bin gekommen, um mich zu entschuldigen, Ash. Mach es mir nicht so schwer.« Ash lehnte sich zurück und quittierte das mit einem vertrauten Grummeln, das eine Woge der Erleichterung bei Jace auslöste. »Der eingebildete, selbstgefällige, fordernde Mistkerl Jace Crestwell lässt sich also zu einer Entschuldigung herab? Dann leg mal los. Das will ich hören.« »Fick dich«, murmelte Jace, musste dabei jedoch grinsen. Seine Familie. Er hatte es schon immer gewusst und es sich in Gabes Büro noch einmal klargemacht, dass dies seine Familie war. Und er wollte sie mit Bethany teilen. »Nun, das ist eine ziemlich ungewöhnliche Entschuldigung«, meinte Ash. »Fick dich … Es tut mir leid … Hm, doch, das klingt sehr ähnlich.« Jace lachte. »Himmel, was bist du nur für ein Sturkopf.« Dann wurde er wieder ernst und schaute Ash direkt in die Augen. »Es tut mir leid, Kumpel. Ich habe mich wie ein Hornochse benommen und völlig überreagiert. Ich weiß, dass du nur versucht hast zu helfen. Du wolltest mich beschützen. Das rechne ich dir hoch an. Aber es geht mir gut. Ehrenwort. Vielleicht denkst du, dass ich verrückt bin und völlig den Durchblick verloren habe. Aber ich habe die Sache fest im Griff.« »Welche Sache?«, hakte Ash nach. »Betrachte es mal aus meiner Warte, Mann. Wir haben einen flotten Dreier mit einer Frau. Nichts Ungewöhnliches. Die Frau verschwindet am nächsten Morgen. Nichts Ungewöhnliches. Das einzig Ungewöhnliche daran ist, dass sie freiwillig gegangen ist, anstatt dass wir ihr den Marschbefehl erteilen mussten. Als du anschließend ausgetickt bist, dachte ich, es liegt daran, dass du sie nicht erst wegschicken musstest. So weit konnte ich noch folgen. Vielleicht warst du noch nicht fertig mit ihr. Du bist ein Kontrollfreak, genau wie ich. Du legst gern die Regeln fest. Sie hat dagegen verstoßen, indem sie einfach abgehauen ist. Womit ich nicht gerechnet hatte, war, dass du die ganze Stadt auf den Kopf stellen würdest, um sie wiederzufinden.« Jace seufzte. So wie Ash das Ganze beschrieb, klang es wirklich ziemlich irre. »Du hättest dich die vergangenen zwei Wochen erleben müssen, Jace. Du sahst beschissen aus, warst vollkommen geistesabwesend. Das Letzte, was dich interessierte, war die Arbeit. Mia kam dich zweimal hier besuchen, und du hast sie beide Male davongejagt.« Jace zog die Brauen zusammen. »Blödsinn. Sie hat mich nicht besucht.« Ash seufzte. »Du erinnerst dich nicht mal daran? Oder weißt du nur nicht mehr, dass du dich wie ein Ekel aufgeführt hast?« »Himmel. Sie war wirklich hier?« Ash nickte. »Du bist ihr fast an die Gurgel gegangen, woraufhin Gabe dir am liebsten den Schädel gespalten hätte. Ich habe ihm gesagt, dass er dich in Ruhe lassen soll, weil du einen schlechten Tag hast.« »Scheiße.« »Du hast die letzten zwei Wochen praktisch nicht existiert. Du hast dich benommen wie ein obsessiver Irrer. Darum habe ich ein paar Recherchen angestellt. Dann erfährst du, wo sie ist, und stürzt Hals über Kopf davon. Anschließend bekomme ich dich bis vor ein paar Minuten nicht mehr zu Gesicht, und jetzt tust du, als sei nichts vorgefallen. Und das alles, nachdem du mir befohlen hattest, mich aus deinem Leben rauszuhalten, weil es mich nichts angeht.« Jace atmete hörbar aus und strich sich mit der Hand über den Kopf. »Okay. Du hast deinen Standpunkt klargemacht. Ich war ein Idiot. Mein Verhalten war völlig inakzeptabel, das wissen wir beide.« Ash machte ein abfälliges Geräusch. »Dass du dich wie ein Idiot aufgeführt hast, interessiert mich einen Scheiß. Du denkst, es geht hier um meine verletzten Gefühle? Ich mache mir Sorgen um dich, Jace. Darüber, wie betört du von dieser Frau bist. Ich habe Angst, dass sie schlecht für dich ist und du das nicht erkennen kannst, weil sie dich an den Eiern hat.« Jace atmete gegen den plötzlichen Zorn an, der in ihm hochstieg. Ash war sein Freund. Er machte sich Sorgen. Jace musste um jeden Preis rational bleiben. »Sie braucht mich«, erwiderte er und war sich absolut bewusst, wie lahm das klang. Aber er fand selbst keine andere Erklärung, wie also sollte er Ash eine liefern? Ash betrachtete ihn einen langen Augenblick, dann seufzte er. »Das wird dir nicht schmecken, trotzdem muss es gesagt werden. Ich könnte mich raushalten, dich dein Ding machen lassen, aber wir wissen beide, dass, wäre die Situation umgekehrt und ich würde mich verhalten, wie du dich verhältst, du mir in den Arsch treten und dich eben nicht raushalten würdest. Und ich werde es verdammt noch mal auch nicht tun. Du bist mein Bruder, und zwar mehr als mein leiblicher. Du und Gabe, ihr beide. Wir haben ihm die Hölle heißgemacht wegen Mia. Er hatte es verdient. Und jetzt mache ich sie dir wegen Bethany heiß. Weil irgendjemand es tun muss.« Jace ballte die Fäuste und war in Versuchung zu gehen. Doch Ashs Worte durchdrangen seine Rage und nahmen ihr die Hitze. Sie waren Brüder. Im wahrsten Sinne des Wortes. Und er war nicht so blind vor Zorn, um nicht zu realisieren, dass er Ash tatsächlich die Hölle heißmachen würde, hätte er eine solche Nummer abgezogen. »Dann raus mit der Sprache«, sagte Jace resigniert. »Du hast dich viele Jahre um Mia gekümmert«, begann Ash ruhig. »Sie immer behütet. Du warst ihr Vater und Bruder zugleich. Sie hat dich gebraucht. Aber inzwischen tut sie das nicht mehr. Zumindest nicht so wie früher. Du trägst nicht länger die Verantwortung für sie. Sie hat jetzt Gabe, und er ist ihre Nummer eins.« »Worauf willst du hinaus?« Ash ließ bedächtig den Atem entweichen. »Findest du es nicht auffällig, dass wenige Tage, nachdem Mia sich mit Gabe verlobt hat, dein Fokus sich auf eine Frau in Nöten richtet? Und ich bestreite nicht, dass Bethany Hilfe braucht, Jace. Ich bin kein gefühlskaltes Schwein. Sie steckt in einer wirklich beschissenen Situation. Du bist ein fürsorglicher Mensch, jemand, der sich kümmert. Und Bethany ist dein Kryptonit. Sie ist ein hübsches, vom Glück verlassenes Mädchen. Und dir gefällt die Vorstellung, dass sie dich braucht. Hast du dir mal überlegt, dass du eine Pause davon brauchen könntest, der einzige Rückhalt einer anderen Person zu sein, und vielleicht eine Weile leben solltest, ohne dich mit den Bedürfnissen anderer zu beschweren?« »Was soll das alles?«, fuhr Jace ihn an. »Hörst du dir eigentlich selbst zu? Mia war nicht irgendeine Last. Sie ist meine Schwester. Ich bin ihre einzige Familie. Es hat mir nie etwas ausgemacht, mich um sie zu kümmern.« Ash hob die Hand. »Du weißt verdammt genau, dass ich das nicht meine. Stell dich nicht blöder, als du bist. Mia gehört zu uns allen. Ich habe nicht eine Sekunde lang behauptet, dass sie eine unangenehme Bürde war. Ich habe sie aufwachsen sehen. Ich habe fast ebenso viel in ihr Glück investiert wie du. Das alles ist nicht der springende Punkt. Mia war nie der springende Punkt. Was ich sagen will ist, dass sich bei dir eine Lücke aufgetan hat, weil Mia jetzt Gabe hat und dich nicht mehr auf dieselbe Weise braucht wie früher. Darum hast du dich auf Bethany fixiert, die wie Mia ist, nur noch zehnmal hilfsbedürftiger. Du hast eine Frau in einer ausweglosen Situation gesehen, und das hat sofort deinen Beschützerinstinkt geweckt. Ich behaupte nicht, dass das nicht edelmütig von dir wäre oder dass du ein Schwachkopf bist, weil du ihr hilfst. Ich finde nur, dass du dich zu intensiv auf diese Sache eingelassen hast und ein wenig Abstand gewinnen solltest, um deine Perspektive zu überprüfen. Du kannst ihr helfen, auch ohne dich emotional derart involvieren zu lassen. Was weißt du schon über sie? Du benimmst dich, als wärt ihr verdammte Seelenverwandte, dabei kennst du sie überhaupt nicht.« »Ich werde dich jetzt bitten, den Mund zu halten, bevor ich ernsthaft sauer werde«, blaffte Jace. »Also liege ich falsch?« Natürlich lag er falsch. Oder nicht? Scheiße. Dieser ganz Psycho-Mist, den Ash ihm in den Kopf pflanzte, vernebelte ihm den Verstand. Und es war Mist. Wenn alles andere versagte, war Ehrlichkeit stets die beste Lösung. Und es war ja nicht so, als wären er und Ash nicht immer geradeaus miteinander. Die Vorstellung, analysieren zu wollen, was diese Sache – diese Besessenheit von Bethany, wie Ash sie nannte – bedeutete, machte ihn nervös. Jace fuhr sich mit der Hand durch die Haare, dann ließ er sie frustriert sinken. »Hör zu, Ash. Ich werde dich nicht anlügen, indem ich behaupte, dass ich sämtliche Antworten kenne, okay? Aber falls du mir irgendeine Art von Retterkomplex in Bezug auf Bethany unterstellen willst, dann bist du auf dem Holzweg. Ich war an ihr interessiert, seit ich sie auf Mias Party sah, und da wusste ich ganz bestimmt noch nichts von all dem, was ich heute über sie weiß. Ich wusste weder, dass sie obdachlos ist noch in welch brenzliger Situation sie steckt. Ich wusste nur, dass ich sie wollte. Und daran hat sich auch nichts geändert, seitdem ich über sie im Bilde bin. Tatsächlich stärkt es lediglich meinen Entschluss, Teil ihres Lebens zu werden.« Ashs Miene wurde nachdenklich, aber er bewahrte Schweigen, während Jace fortfuhr, ihm seine Reaktion auf Bethany zu erklären. »Wie oberflächlich müsste ich sein, um mich von ihr abzuwenden, nur weil ich entdeckt habe, dass ihre Lebensumstände nicht die allerbesten sind? Als wäre sie plötzlich nicht mehr gut genug für mich. Das sollte doch keine Rolle spielen, oder? Wenn ich ihr zuvor nahekommen wollte, darf sich das doch nicht ändern, nur weil sie es nicht mit meinem finanziellen Status aufnehmen kann oder weil sie keinen Platz zum Schlafen hat.« »Mann«, murmelte Ash. »Ich fühle mich plötzlich, als wäre ich auf drei Zentimeter zusammengeschrumpft.« Jace bezwang das Lächeln, das um seine Mundwinkel spielte. Es würde sich alles zum Guten fügen. Wenn Ash eines war, dann ein riesengroßer Softie. Speziell in Bezug auf Frauen. Ash mochte es anfangs nicht gezeigt haben, trotzdem wusste Jace, dass der Auslöser des Ganzen seine tiefe Sorge um ihn war. Das erkannte er, und er hielt es ihm zugute. Aber sein Freund musste einsehen, dass dies kein Fall von Wohltätigkeit war. »Ich schätze, ich werde nicht noch einmal zu einem flotten Dreier eingeladen«, kommentierte Ash trocken. Jace quittierte das mit einem vernichtenden Blick, woraufhin Ash hastig die Hände hob. »Schon verstanden. Sie gehört dir.« »Das ist kein Scherz«, brummte Jace. »Am liebsten würde ich vergessen, dass unsere Ménage-à-trois je stattgefunden hat. Wenn du Bethany wiedersiehst – und du wirst sie wiedersehen –, möchte ich nicht, dass das Thema aufkommt. Es wird sowieso verdammt heikel werden. Ich will nicht, dass sie sich schämt. Sie soll nicht den geringsten Grund haben, sich von mir zurückzuziehen. Es ist schon jetzt schwer genug, sie von meiner Sichtweise zu überzeugen. Ich will einfach nur vergessen, dass du sie nackt gesehen hast und deinen Schwanz an Stellen hattest, die von jetzt an mir gehören, und zwar mir allein.« Ashs Miene war unbezahlbar, als er den Kopf schüttelte. »Heilige Scheiße, Mann. Es ist dir wirklich ernst. Nicht in einer Million Jahre hätte ich geglaubt, dass du dich je derart Hals über Kopf in eine Frau verlieben würdest. Wie lange hast du dafür gebraucht? Fünf Minuten? Einerseits hätte ich es schon in jener Nacht erkennen müssen, gleichzeitig stellt sich die Frage, woran? Du hast dich nie zuvor wegen einer Frau so aufgeführt. Sicher, du warst von Anfang an miesepetrig und herrisch, aber ich habe es einfach ignoriert.« Ash beugte sich vor und legte die Hand auf den Schreibtisch. »Ich weiß, ich habe dir die Frage bereits gestellt, aber jetzt muss ich sie wiederholen. Wenn du so für sie empfindest, warum zur Hölle hast du es mir nicht einfach gesagt? Diese Nacht hätte nie passieren dürfen. Warum um alles in der Welt hast du mich es mit ihr tun lassen?« Jace schloss kurz die Augen, und als er sie wieder öffnete, durchbohrte Ash ihn mit seinem Blick. In seinem Gesicht spiegelte sich aufrichtiges Unverständnis wider. Gepaart mit Bedauern. Er schien zu befürchten, dass diese eine Nacht für immer eine Kerbe in ihrer Freundschaft hinterlassen könnte. Das wollte Jace nicht. Vielleicht war er naiv. Aber es war unumgänglich, dass Bethany und Ash sich wiederbegegnen würden. Wenn sie Teil von Jace’ Leben würde – und das stand hundertprozentig fest –, dann würden sie und Ash sich regelmäßig sehen. Er hatte nicht vor, eine Freundschaft aufzugeben, die so eng war wie Blutsbande. Aber was, wenn die Situation zwischen ihnen dreien für immer prekär bliebe? Ash würde damit umgehen können, da war Jace sich sicher. Doch die große Unbekannte in der Gleichung war Bethany. Wie würde sie auf Ash reagieren? Hegte sie Gefühle für ihn? Begehrte sie ihn noch immer? Es war offensichtlich gewesen, dass sie sich bei ihrem Dreier von beiden Männern angetörnt gefühlt hatte. Müsste er für immer in der Sorge leben, dass Bethany auf Ash scharf sein oder ihm sogar Avancen machen könnte? Allein der Gedanke brachte ihn auf, und es war dumm von ihm, ihm überhaupt nachzuhängen. Er verhielt sich Bethany gegenüber nicht fair. Es war nicht zu übersehen, dass sie sich für diese Nacht schämte, dafür, mit ihm und Ash gleichzeitig Sex gehabt zu haben. Er durfte nicht das Schlimmste von ihr annehmen und ihr Misstrauen entgegenbringen, ohne ihr auch nur eine Chance gegeben zu haben. Ihre Beziehung würde von Eifersucht und Argwohn zerfressen werden, ehe sie richtig begonnen hatte. »Jace?«, sagte Ash leise. »Warum hast du es zugelassen? Ich begreife es nicht. Du weißt doch, dass ich Verständnis gehabt hätte. Ich wäre ziemlich überrascht gewesen, aber ich hätte mich selbstverständlich zurückgezogen. Ich würde niemals eine Frau zwischen uns kommen lassen.« Jace hingegen hatte das getan. Er hatte Bethany zwischen sie gestellt, weil er verzweifelt gewesen war und gesehen hatte, wie sie innerlich schwankte. Seine Angst, sie könnte es sich anders überlegen, war so groß gewesen, dass er diesem Sex zu dritt überstürzt zugestimmt hatte, obwohl er vehement dagegen gewesen war. Das war Bethany gegenüber nicht fair gewesen, und Ash gegenüber erst recht nicht. »Ich habe es verbockt«, gestand Jace kleinlaut. »Das Ganze war allein meine Schuld. An jenem Abend glaubte ich, so handeln zu müssen. Und bevor ich doch noch mein Veto einlegen und die Reißleine ziehen konnte, hat Bethany eingewilligt. Danach dachte ich, es sei zu spät, die Sache abzublasen und zu sagen, dass wir keinen Sex zu dritt haben würden, sondern ich sie mit zu mir nach Hause nehmen und dort allein mit ihr schlafen würde. Dann schien sie sich eines Besseren besinnen zu wollen, und ich geriet in Panik, weil ich nicht wollte, dass sie ging. Die Situation geriet außer Kontrolle, bevor ich etwas dagegen unternehmen konnte. Aber ich bedaure jede einzelne Minute.« Ein Flackern trat in Ashs Augen. Schweigend lehnte er sich in seinem Stuhl zurück und wandte den Blick ab. »Wird das die Dinge zwischen dir und mir verändern?«, fragte er schließlich. »Du klingst, als hättest du etwas Langfristiges mit Bethany im Sinn. Was bedeutet das für uns – im Hinblick auf diese Nacht?« Unbehagen erfasste Jace. Er wünschte, er könnte zu dieser Nacht zurückkehren und rückgängig machen, auch nur ein Wort zu Ash gesagt und seine Aufmerksamkeit auf Bethany gelenkt zu haben. Er hätte sie niemals mit Ash teilen dürfen. Und jetzt äußerte Ash dieselben Bedenken, die auch Jace umtrieben. Diese Sache war enorm vertrackt. Er durfte nicht zulassen, dass seine Verbindung zu Bethany die Beziehungen zu den Menschen ruinierte, die ihm am meisten bedeuteten. Gleichzeitig konnte er auch nicht mit ihr Schluss machen. Er musste dafür sorgen, dass es funktionierte, und das würde er nur erreichen, indem er die ganze Situation mit Glacéhandschuhen anfasste. »Die einzige Veränderung wird sein, dass du nicht mehr mit ihr schläfst«, antwortete er mit mehr Zuversicht, als er tatsächlich empfand. Er konnte nur hoffen, dass er sich keine Illusionen machte. »Ich bin sicher, dass sich die ersten Male, wenn wir uns zu dritt wiedersehen, seltsam anfühlen werden. Aber so wird es nur bleiben, wenn wir es zulassen. Ihr gehört beide zu meinem Leben, Ash. Ich möchte nicht zwischen euch wählen. Hoffentlich muss ich das auch nie. Das Einzige, was wir tun können, ist, dafür zu sorgen, dass es nicht zur Belastungsprobe wird. Aber ich brauche deine Hilfe. Deine Unterstützung.« Erleichterung blitzte in Ashs Augen auf. »Wirst du deinen ersten Sohn nach mir benennen?« »Lieber Himmel. Wer ist jetzt voreilig? Tritt auf die Bremse, Ash. Ich heirate sie nicht.« »Noch nicht.« »Es gibt noch eine Menge zwischen ihr und mir zu klären«, brummte Jace. »Kann ich bei irgendetwas helfen? Du hast um meine Unterstützung gebeten, dabei weißt du doch, dass du immer auf mich zählen kannst, Mann. Daran wird sich auch nie etwas ändern.« Jace zögerte einen kurzen Moment, während die Erleichterung wie hochprozentiger Alkohol durch sein Blut rauschte. Dann erzählte er ihm die ganze Kette der Ereignisse rund um Bethany von Anfang bis Ende. Als er zum Schluss kam, war Ashs Gesicht eine grimmige Maske des Zorns. »Diese Schweine«, fluchte er. »Sie schlagen eine hilflose Frau zusammen, weil dieses Arschloch von einem Bruder sich Geld geliehen hat, von dem er wusste, dass er es nicht zurückzahlen kann? Und der kleine Wichser hat sie auch noch ans Messer geliefert? Meine Fresse. Meine Familie mag völlig bekloppt sein, aber selbst sie haben mir nie ein Rudel Straßenganoven auf den Hals gehetzt.« Jace schnaubte. »Zumindest bisher nicht.« Ein belustigtes Glitzern erhellte Ashs Augen. »Das stimmt. Lass ihnen Zeit.« Es trat eine längere Pause ein, ein Moment wortlosen Verstehens. »Ich will nicht, dass du da mit reingezogen wirst. Ich kenne ein paar Leute, die ich darauf ansetzen kann. Um dafür zu sorgen, dass diese Hurensöhne ihr Geld bekommen, zusammen mit einer Warnung, sich nie wieder an Bethany zu vergreifen«, sagte Ash. »Vorausgesetzt, dass du es auf diese Weise regeln möchtest. Ich nehme an, du willst, dass die Schulden beglichen werden?« »Du kennst ein paar Leute?«, wiederholte Jace ungläubig. »Was sind das für Leute, die sich um Situationen wie diese kümmern? Und ja, ich bin für alles zu haben. Ich will, dass die Schulden bezahlt werden. Nicht weil ihr Drecksack von einem Bruder mich einen feuchten Scheißdreck interessiert, sondern weil ich Bethany in Sicherheit wissen und sie vor jeder potenziellen Gefahrensituation schützen will.« Ash zuckte mit den Schultern. »Man kann nie wissen, wann man solche Kontakte mal braucht. Jedenfalls schulden sie mir einen Gefallen. Ich habe ihnen gute Anlagetipps gegeben und sie gratis in einem unserer Hotels wohnen lassen.« »Ich will gar nicht wissen …« »Das ist auch besser so«, sagte Ash aufgeräumt. »Es sind keine Leute, die man zu Thanksgiving einladen würde.« »Das habe ich mir fast gedacht«, murmelte Jace. Ashs Miene wurde wieder ernst. »Von welchem Betrag sprechen wir?« »Fünftausend.« »Mehr nicht?« Jace seufzte. »Für Bethany ist das ein Vermögen. Ihren Worten zufolge könnte es ebenso gut eine Million sein. Sie wollte hausieren gehen, um das Geld aufzutreiben.« Die Vorstellung, was möglicherweise passiert wäre, hätte Kate ihn nicht an jenem Tag angerufen, als Bethany in dem Asyl aufgetaucht war, erschreckte ihn noch immer. Oder was hätte passieren können, wäre Bethany nicht dorthin zurückgekehrt. Dass sie sich in diesem Moment auf den Straßen rumtreiben könnte, eine leichte Beute für Gott und die Welt … »Herrje«, entfuhr es Ash. »Hausieren?« »Ja. Du gibst ziemlich originalgetreu meine Reaktion wieder.« »Sie muss an die kurze Leine gelegt werden.« »Das ist bereits passiert«, antwortete Jace ruhig. »Sie wird ohne die beiden Männer, die ich zu ihrem Schutz abgestellt habe, nirgendwo hingehen, und wenn sie nicht bei ihr sind, bin ich es. Ich hoffe, dass Bethany außer Gefahr ist, sobald du es arrangiert hast, dass die Schulden beglichen werden. Trotzdem muss ich mich mit dem Thema Jack befassen.« »Tja, und außerdem macht es nicht den Anschein, als würde sie euch beide bereits als Paar ansehen«, bemerkte Ash süffisant. »Aber das wird sie.« Ash zog eine Braue hoch. »Du wirkst sehr zuversichtlich.« »Über die Alternative denke ich erst gar nicht nach.« »Die da wäre?« »Dass sie nicht Teil meines Lebens wird.« Es trat eine bedeutungsschwangere Pause ein, und Ash rutschte unbehaglich auf seinem Stuhl hin und her. »Tut mir leid, Mann. Ich habe die Grenze überschritten.« »Und das nicht gerade zum ersten Mal«, konterte Jace trocken. Ash lachte. »Das stimmt. Aber ich bin kein Fan von Grenzen, vor allem dann nicht, wenn es um meine Familie geht.« Wieder dieses Wort. Familie. Und ja, Ash, Gabe und Mia waren Jace’ Familie. Er hatte Mia seine einzige Familie genannt, doch das entsprach nicht der Wahrheit. Gabe und Ash … Sie waren für ihn da. Waren immer für ihn da gewesen. Sie hatten ihn aufgefangen, als seine Eltern gestorben waren. Sie brachten ihm eine zuverlässige, unerschütterliche Loyalität entgegen, wie Jace sie sich nie hätte erträumen können. Vielleicht hatte er es über die Jahre als zu selbstverständlich betrachtet. Das war ein Riesenfehler. Andere Menschen hatten diese bedingungslose Unterstützung nicht. Er durfte sich glücklich schätzen. »Wie stellst du dir das mit Bethany vor?«, erkundigte sich Ash. »Ich kenne dich, Jace. Du und ich, wir sind aus demselben Holz geschnitzt. Genau wie Gabe. Wir lieben die Kontrolle. Die Dominanz. Und zwar nicht die spielerische Variante. Wir können es spielerisch verkaufen, aber dann ist es eben auch nur das: ein Spiel. Wir beide wissen, dass es letzten Endes bei jeder ernsthaften Beziehung um die ultimative Kontrolle geht.« Jace nickte. Er versuchte noch nicht mal, es zu bestreiten. »Also, wie wird das mit Bethany ablaufen? Ist sie einverstanden damit? Ist sie vorbereitet? Hat sie auch nur den Hauch einer Ahnung, auf was sie sich einlässt? Weil nämlich jede andere Frau, die Panik bekommt, nicht weiter wegläuft als bis zu sich nach Hause. Du weißt, wo du sie findest, rufst sie an oder schaust bei ihr vorbei. Bei Bethany liegt der Fall anders. Wenn sie Panik bekommt, rennt sie weg und du siehst sie vielleicht nie wieder.« »Meinst du, das wäre mir nicht bewusst?« Die Worte kamen explosiver heraus als beabsichtigt, doch das war nur der Unsicherheit geschuldet, die er empfand, wenn es um Bethany ging. Seiner Hilflosigkeit als auch der Tatsache, dass es Ash gelungen war, seine schlimmste Angst in Worte zu fassen. Wenn er diese Sache falsch anginge, Bethany zu sehr bedrängte oder sie in irgendeiner Weise verschreckte, würde sie womöglich weglaufen. Zurück in die Nacht. Zurück auf die Straße, wo diese Schweine – und eine Million andere – warteten. Wo Jace sie nicht beschützen, sich nicht um sie kümmern könnte. Wo er nicht das Geringste unternehmen könnte, um sie vor Einsamkeit und Verletzbarkeit zu bewahren. »Was wirst du tun?«, fragte Ash leise. »Wie willst du es in Angriff nehmen?« »Ich weiß es nicht«, sagte Jace resigniert. »Leider. Ich weiß nur, was ich will. Ich muss einfach darauf hoffen, dass ich es richtig angehe. Und dass Bethany es auch will, dass sie es akzeptieren kann.« 17 Bethany ließ sich in die riesige, im Boden versenkte Badewanne gleiten, dann pustete sie sanft auf die duftigen Seifenblasen vor ihrem Mund. Sie genoss diese Dekadenz in vollen Zügen und fühlte sich wie in einem Film. Sie hatte die Haare zu einem nachlässigen Dutt hochgesteckt, von dem sie fand, dass er ziemlich sexy aussah. Einzelne Strähnen umrahmten ihr Gesicht. Schaumflocken stiegen von der Wasseroberfläche auf, und sie war von Kerzenlicht umgeben. Es war das perfekte Klischee, aber das störte sie nicht. Bethany war von Wohlbehagen erfüllt, und sie hatte schon vor langer Zeit gelernt, einfache Freuden zu genießen, wenn sie sich ergaben. In dem warmen Wasser zu treiben spendete ihr Trost und machte ihre Glieder locker und biegsam. Jace’ Schwester hatte offensichtlich ein Faible für Kerzen. Schöne, feminine Kerzen, die himmlisch dufteten. Sie wirkten teuer und nicht von der billigen Sorte, wie man sie in Ramschläden bekam. Und dann das Badesalz. Bethany war entzückt gewesen, als sie es in einer der Schubladen entdeckt hatte. Es war ebenfalls teuer. Sie kannte den Markennamen. Anfangs hatte sie gezaudert, es zu benutzen, doch die Verlockung war zu groß gewesen, und so hatte sie den Zusatz ins Wasser gegeben, während es einlief. Bethany schöpfte eine Handvoll Badeschaum mit der Hand ab und blies ihn über die Wasseroberfläche. Lächelnd beobachtete sie, wie er wie Herbstlaub davonstob und wieder nach unten sank. »Du bist so verflucht schön, dass es mir das Herz zerreißt.« Mit einem Aufkeuchen versank sie instinktiv tiefer im Wasser, während ihre Augen zur Tür zuckten, wo Jace lehnte, die Hände lässig in den Hosentaschen vergraben. Er ließ den Blick gemächlich über Bethany in der Badewanne schweifen. »Seit wann bist du wieder hier?«, krächzte sie. »Ich hatte dich frühestens in einer Stunde zurückerwartet.« Grinsend stieß er sich vom Türrahmen ab und durchquerte das Bad, bis er neben der Wanne stand und auf sie herabblickte. »Willst du damit andeuten, dass du nicht baden gegangen wärst, wenn du gewusst hättest, dass ich so bald zurückkomme?« »N-nein«, stammelte sie. »Schade. Ich könnte mich daran gewöhnen, dich so vorzufinden.« Jace setzte sich auf den Rand und berührte Bethanys Wange, er folgte mit den Fingern der Kontur, dann ließ er sie zu ihrem Kinn gleiten. »War hier alles okay?« Bethany nickte, noch immer nervös wegen seiner Anwesenheit im Badezimmer. Sie war in einer verletzbaren Situation, und das verursachte ihr ein mulmiges Gefühl. »Haben Kaden und Trevor dir irgendwelche Probleme gemacht? Fühlst du dich wohl bei ihnen?« Sie schüttelte den Kopf, dann nickte sie und beantwortete auf diese Weise beide Fragen, bevor sie noch tiefer ins Wasser glitt. Auch wenn ihr nicht ganz wohl dabei war, die beiden Hünen in ihrem Wohnzimmer zu haben, waren sie keine Belästigung gewesen, sondern hatten versucht, sich so unsichtbar wie möglich zu machen. Zumindest so unsichtbar, wie es Männern von ihrer Statur möglich war. Und sie wollte sich nicht undankbar zeigen. Dass Jace solche Anstrengungen unternahm, damit sie sich sicher fühlte, überwältigte sie. In der Regel taten Menschen nichts von dem, was Jace für sie tat. Nichts von ihren Erfahrungen mit der menschlichen Rasse hatte sie je zu dem Glauben bewogen, dass strahlende Ritter wie Jace überhaupt existierten. Er lachte leise. »Baby, wenn du noch tiefer eintauchst, wirst du ertrinken.« Jace ließ seine Hand ins Wasser sinken. Bethany schnappte nach Luft, als er die Finger unter ihre Brust legte und mit dem Daumen über ihren Nippel streichelte. Er reagierte sofort, indem er sich aufrichtete, während lustvolles Entzücken in ihrem Bauch erblühte und sich bis zu dem Dreieck zwischen ihren Beinen ausbreitete. Ihr Kitzler pulsierte vor Verlangen. Dieser Mann musste nichts weiter tun, als sie zu berühren, und schon war sie ihm hilflos ausgeliefert. Ihr Atem ging in winzigen Stößen, und das warme Wasser fühlte sich plötzlich unerträglich heiß an. »Ist da drin genügend Platz für zwei?«, murmelte er. Unsicher, ob sie ihn richtig verstanden hatte, starrte sie ihn mit aufgerissenen Augen an. Männer wie Jace gesellten sich nicht zu einem von Schaumblasen und Kerzen umrahmten Mädchen in eine Badewanne. Oder doch? Wollte sie das überhaupt? Weil Männer nämlich generell nicht zu einem Mädchen in die Wanne stiegen, es sei denn, sie erhofften sich weit mehr als ein Bad. Seine Frage war also ein zweischneidiges Schwert. Bethany befeuchtete sich die plötzlich trockenen Lippen und schaute ihn nervös an. »Ist die Frage so schwer zu beantworten?« Errötend schüttelte sie den Kopf, dann überraschte sie sich selbst, indem sie sagte: »Du kannst reinkommen.« Sie benahm sich frivol, aber sie fühlte sich bei ihm … kühner als bei anderen. Was lachhaft war, nachdem sie noch immer Schmetterlinge im Bauch bekam, wenn er sie nur ansah. Er machte sie definitiv nervös, zudem rätselte sie noch immer darüber, welche Erwartungen er an sie stellte. Die ganze Situation wirkte … nun ja irre, in Ermangelung eines besseren Ausdrucks. Trotzdem schaffte Jace es irgendwie, ihr Selbstsicherheit einzuflößen, und das hieß eine Menge, denn selbstsicher gehörte bestimmt nicht zu den Begriffen, mit denen sie sich selbst beschrieben hätte. Vorsichtig, ja. Argwöhnisch? Unbedingt. Bethany hatte gelernt, jede Situation und jede Person abzuschätzen. Immer auf der Suche nach verborgenen Motiven, weil niemand etwas tat, ohne eine Gegenleistung zu erwarten. Doch soweit sie das beurteilen konnte, hatte Jace bislang nichts anderes gewollt als … sie. Und sie hatte auch nichts anderes anzubieten. Sein Blick war sanft, als er wieder mit dem Daumen über ihre Brustwarze strich. »Aber willst du das auch?« »Ja«, versicherte sie ihm heiser. Mit mehr Selbstsicherheit. Doch, allmählich kam sie mit dem Wort klar. Sie mochte es, mochte das Gefühl, sich ihrer selbst sicher zu sein. Befriedigung funkelte in seinen Augen. Er stand vom Wannenrand auf, entledigte sich seiner Kleidung und warf sie auf den Waschtisch. Bethany konnte nicht anders, als seinen nackten Körper anzustarren. Er war so unbeschreiblich schön. Sie saugte den Anblick in sich auf und prägte sich jedes Detail ein. Die straffen Muskelstränge, die seine Arme definierten, seine Beine, sein Torso … Der dunkle Haarflaum, der einen verführerischen Pfad von seiner Brust über seine Mitte bis hinunter zu seinen Lenden schlug. Und der lässig verstrubbelte Schopf dunkler Haare, die ihm in die Stirn fielen und hinter seinen Ohren bis zu seinem Nacken reichten. Es juckte Bethany in den Fingern, sie in seine seidigen Locken zu wühlen, wie sie es in jener Nacht zu dritt getan hatte. Es war seltsam, dass ihr jedes Detail von ihm aus jener Nacht glasklar im Gedächtnis haftete, während Ash in ihrer Erinnerung zu einem Schemen wurde. Es waren Jace’ Mund, seine Hände, sein Glied, das Gefühl seines harten, verlangenden Körpers auf ihrem, die sie einfach nicht vergessen konnte. Und jetzt kam er auf sie zu, und dabei verströmte er eine Aura von Dominanz. Lust und Autorität mischten sich miteinander in seinen bildschönen braunen Augen, die so dunkel waren, dass man die Pupillen kaum von den Iris unterscheiden konnte. Trotzdem lag Zärtlichkeit in seinem Blick, als versuchte er, das fordernde Verhalten zu kaschieren, das ihm zur zweiten Natur geworden war. »Trainierst du viel?«, platzte es aus ihr heraus. Jace blieb vor der Badewanne stehen und legte die Hand auf den Rand. Er sah sie an, dann grinste er. »Gefällt dir, was du siehst, Baby?« »Du bist hinreißend.« Für eine Sekunde wirkte er fast verlegen. Es war unglaublich niedlich, einen derart selbstbewussten Mann für einen winzigen Augenblick sprachlos zu sehen. Und es war ihr Verdienst. Selbstsicherheit hatte wirklich etwas für sich. »Du bist viel hinreißender, Bethany. So hinreißend, dass ich nicht genug von deinem Anblick bekomme. Ich habe dich eine Ewigkeit von der Tür aus beobachtet. Ich könnte dich den ganzen Tag anschauen, ohne müde zu werden.« Heiße Röte stieg ihr in die Wangen, und sie zog verlegen den Kopf ein. »Also, trainierst du viel?«, wiederholte sie ihre Frage. »Ja. Es gibt sowohl hier im Gebäude als auch im Büro einen Fitnessraum. Ich versuche, jeden Tag zu trainieren, aber leider komme ich nicht immer dazu.« »Du hast einen tollen Körper«, bemerkte sie schüchtern. »Und du tust meinem Ego gut.« Bethany lächelte, als er das Bein über den Wannenrand schwang. Eine Sekunde später drehte er sich zu ihr um und glitt ins Wasser, dann schob er die Beine an den Außenseiten ihrer Schenkel entlang bis zu ihrer Taille. Er fasste nach unten, hob ihre Füße an, damit sie nicht gegen seinen Schritt drückten, und legte sie auf seine Oberschenkel. »Das ist besser«, kommentierte er. »War bei der Arbeit alles okay?«, fragte sie, nach einem neutralen Thema hangelnd. Das entlockte ihm ein leises Lachen. Sie runzelte verwirrt die Stirn. »Was ist so lustig?« »Das klang so häuslich. Als würdest du deinen Mann fragen, wie sein Arbeitstag war.« Die Röte wich aus ihren Wangen. Bethany war sicher, dass sie aschfahl wurde, darum senkte sie, beschämt über ihre Vermessenheit, den Blick. Ihr Selbstvertrauen verflüchtigte sich so schnell, wie es gekommen war, und hinterließ ein gigantisches, klaffendes Loch, damit sich die Verunsicherung dort einnisten konnte. »He«, sagte er sanft. »Was ist los, Baby?« Jace beugte sich vor, dadurch geriet das Wasser in Bewegung und schlug kleine Wellen um sie herum. Es plätscherte gegen ihren Hals, als er die Finger unter ihr Kinn legte und es anhob. Widerstrebend begegnete sie seinem Blick. »Bethany, es hat mir gefallen. Hast du eine Vorstellung, wie sehr ich mich darauf gefreut habe, zu dir zurückzukommen? Dass ich jeden einzelnen Moment, den ich von dir getrennt war, gehasst habe? Ich habe die Minuten gezählt, bis diese verdammte Telefonkonferenz endlich vorbei war. Es war schlimm genug, dich überhaupt verlassen zu müssen.« Die Farbe kehrte in ihr Gesicht zurück, und sie lächelte. Neues Selbstvertrauen durchströmte sie und vertrieb die Verunsicherung, die sich hatte breitmachen wollen. Jace streckte die Arme nach ihr aus und zog sie an sich. Unbeholfen rappelte Bethany sich auf die Knie. Das Wasser strömte ihren Körper herab und schwappte gefährlich weit zum Wannenrand hinauf, als sie sich rittlings auf ihn setzte. Sie überragte Jace nur ein kurzes Stück, gerade genug, dass ihr Busen, der direkt vor seinem Gesicht war – was ihn keineswegs zu stören schien –, die Schaumblasen auf der Oberfläche auseinanderjagte. Jace schlang die Arme um ihre Taille und presste ihren nassen Körper an seinen. Er rieb mit der Wange über die Wölbung einer ihrer Brüste, und als er zu ihrem Nippel gelangte, zog er ihn sanft zwischen die Zähne und saugte probeweise daran. Bethany belohnte ihn mit einem Stöhnen, woraufhin er fester saugte und einen Rhythmus fand, der sie an die Grenze des Wahnsinns trieb. Sie wand sich in seinen Armen und drängte sich ihm entgegen. Sie war schlüpfrig, aber er hielt sie ganz fest, erlaubte keinen Zentimeter Distanz zwischen ihnen. Ohne den Mund von ihrem Busen zu nehmen, schob er die Hand zwischen ihre Beine, wo seine Erektion an ihrem Schritt ruhte. Den anderen Arm beließ er um ihre Taille und hielt sie so fest, dass Bethany sich kaum bewegen konnte. Seine Finger strichen über ihre hochsensible Haut und flatterten hauchzart über ihre Klitoris, bevor sie tiefer wanderten und ihren Eingang suchten, um sie dort zu liebkosen. Mit kreisenden, aufreizenden Bewegungen schob er nur die Fingerspitze in sie hinein und zog sie wieder heraus. Bethany legte die Hände auf seine Schultern und grub die Fingernägel in die Muskeln an seinem Rücken, doch Jace erhob keinen Protest. Er saugte weiter an ihrer Brust, dann wandte er sich der anderen zu, um ihr dieselbe Aufmerksamkeit zuteilwerden zu lassen. Ein tiefes Stöhnen entrang sich ihr. Die Lust war wie flüssiges Silber in ihren Venen, das von jedem Teil ihres Körpers Besitz ergriff. Nie hätte sie sich träumen lassen, in einer Badewanne voller Schaum und heißem Wasser verführt zu werden. Es kam ihr sündig und frivol vor. Und unvorstellbar erregend. Es musste ein Märchen sein. Eine Fantasie. Irgendeine bizarre Parallelwelt, denn so etwas wie das hier widerfuhr einer Bethany Willis nicht. So etwas gab es für sie nicht und hatte es auch nie gegeben. Aber es war hübsch, sich diesem Traum eine Weile hinzugeben. Solange er andauerte. In diesem Traum wurde sie gewollt. Sie war begehrenswert. Sie und Jace waren einander ebenbürtig. Es gab keine unüberbrückbare Kluft zwischen ihren Lebensmodellen, ihren sozialen Klassen. Bethany passte in seine Welt. Sie gehörte in seine Welt. Der letzte Gedanke bewirkte, dass sich ihr Herz sehnsuchtsvoll zusammenzog, während Jace zwei Finger in sie hineingleiten ließ und auf diese Weise Sehnsucht in vollkommen anderen Bereichen ihres Körpers weckte. Er beobachtete sie mit einem feurigen, intensiven Ausdruck in den Augen, während er sich tiefer vorarbeitete. Er liebkoste wieder mit dem Daumen ihren Kitzler, bevor er die beiden Finger spreizte, um sie zu dehnen. Dazugehören. Bethany wollte zu ihm gehören. Wollte an etwas glauben, das über eine weitere Nacht auf der Straße und die Hoffnung, am nächsten Morgen noch zu leben, hinausging. Verdammt sollte er sein, dass er sie zum Träumen brachte, wenn auch nur für eine kurze Weile. Das hier war nicht real. Er war nicht real. Bethany hatte keine Ahnung, welches Spiel er trieb, aber sie durfte sich nicht dazu verleiten lassen, ihm zu glauben. Er würde ihr das Herz brechen, er würde sie brechen. Seine Finger glitten noch tiefer, und sie keuchte laut, als er sie gegen eine Stelle presste, die so empfindsam war, dass sie fast sofort gekommen wäre. Sie bebte unkontrolliert in seinen Armen und klammerte sich noch stärker an seinen Schultern fest. Als sie realisierte, dass ihre Nägel wahrscheinlich seine Haut aufritzten, zog sie die Hände hastig weg. »Entschuldige«, sagte sie schuldbewusst. Jace löste den Arm kurz von ihrer Taille und nahm eine ihrer Hände. Er legte sie mit Nachdruck zurück auf seine Schulter, anschließend verfuhr er mit der zweiten auf dieselbe Weise. »Ich mag das«, bemerkte er heiser. »Markier mich, Baby. Krall deine Nägel in mein Fleisch. Ich liebe es, wie sie schärfer werden, wenn du Lust empfindest.« Sie schloss die Augen und warf den Kopf nach hinten, als er die Finger wieder tief in sie hineinschob und sie von innen streichelte. Er fand von Neuem ihren G-Punkt und übte genau den richtigen Druck aus. Ihre Schenkel zuckten, und sie erschlaffte, aber er hielt sie fest an seinen Körper geschmiegt und stützte sie, als sie die Stirn an seine legte. »Ich hatte mich gefragt, wie schnell ich dich zum Höhepunkt bringen kann«, raunte er. »Du bist sagenhaft empfänglich. Hypersensibel. Jedes Mal, wenn ich dich berühre, reagierst du mit diesem sinnlichen, kleinen Erbeben, das mich verrückt macht. Deine Nippel richten sich auf und werden so hart, dass ich am liebsten die ganze Nacht an ihnen saugen würde.« Seine heiseren, erotischen Worte, die er so nah an ihrem Mund murmelte, zogen sofort besagtes Erbeben nach sich. Jace registrierte es mit einem hinreißenden, selbstzufriedenen Lächeln. Es war arrogant, aber zugleich so wunderschön, dass ihr schwindelte. »Ja, Baby. Genau so.« Er streichelte mit perfektem Druck ihre Klitoris, während seine Finger weiter durch ihre Nässe glitten. Seine Zähne glitten über ihren Nippel und spielten neckisch mit ihm, bevor er ihn in den Mund zog und hart daran saugte. »Jace«, wisperte sie. Es war alles, was sie herausbrachte. Seinen Namen. Ihren Anker. Ihre Hände wanderten von seinen Schultern zu seinem Haar und tauchten in die wirren Locken ein. Sie mochte seine zerzauste, dunkle Mähne. Er hatte wunderschönes Haar. Sie krallte die Finger so fest in seinen seidigen Schopf, dass nicht mehr viel fehlte und sie hätte ihn skalpiert. Das Wasser strömte ihren Körper herab, als sie die Hüften aus den Schaumblasen hob und sich wieder auf seine Finger sinken ließ. »So ist’s gut. Reite meine Hand, Baby. Komm für mich.« Immer mehr wollend und brauchend, bewegte sie sich mit kreisenden Bewegungen auf seinem Schoß. Sie legte die Hände um Jace’ Hinterkopf und drückte sein Gesicht an ihre Brust, während er weiter an ihrem Nippel saugte und knabberte. Jedes Mal, wenn er in die steife Spitze biss, jagte ein flüssiger Lavastrom der Erregung durch ihre Venen. »Mein Baby mag das«, sagte er, seine Stimme belegt vor Lust und Zufriedenheit. Oh ja. Und wie sie es mochte. Ihr Orgasmus rollte mit voller Kraft und solcher Rasanz auf sie zu, dass es ihr den Atem verschlug und ihr Körper sich bis an die Schmerzgrenze verkrampfte. In wildem Verlangen nach der ultimativen Erfüllung hob sie das Becken an und stieß es wieder nach unten. Sie hatte das Gefühl, vollständig erobert zu werden. Von seinem Mund, seinen Händen, seinem Körper. Jace war überall zugleich. Sie ertrank in den Fluten ihrer Wonne, diesen puren, sündigen Empfindungen. Jace presste den Daumen auf ihre Klitoris und rollte ihn darüber. Er rieb weiter mit festen, kreisenden Bewegungen, bis Bethany keuchend nach Luft schnappte und einen Lustschrei ausstieß. »Ja, so ist es gut«, lobte er sanft, bevor seine nächsten Worte diese Sanftheit Lügen straften. Sie klangen schroff. Autoritär. Gebieterisch. »Komm für mich, Bethany. Lass jetzt los.« Und da konnte sie sich nicht mehr beherrschen. Sein Befehl drang zu ihr durch und löste die übermächtige Anspannung, die sich in ihrem Unterleib angestaut hatte. Sie entlud sich mit der Gewalt eines Vulkanausbruchs in ihrem Körper, bis Bethany komplett die Kontrolle verlor. Von ekstatischen Zuckungen geschüttelt, glitt sie an seinem Körper nach unten und ließ den Kopf auf seine Schulter fallen. Er fing sie ab und hielt sie fest, damit sie nicht noch tiefer ins Wasser rutschte. Sie barg das Gesicht an seinem Hals, und ihr Atem ging so schnell, dass ihre Brust an seiner bebte. Sie wand sich rastlos auf seinem Schoß, während seine Finger ihren Zauber wirkten. Nie zuvor hatte ihr die Hand eines Mannes einen derart explosiven Orgasmus beschert. Jace hob ihre ganze Welt aus den Angeln. In seiner Gegenwart hatte sie keine Kontrolle mehr. Er hielt sie lange Minuten in seinen Armen und rieb mit der Hand über ihren Rücken, während sie gegen seinen Hals atmete. Sie fühlte sich schwach, erschüttert, vollständig erschöpft. Sie war fix und fertig, und ihre Glieder waren so schlaff, dass sie sich nicht mehr selbst halten konnte. Als er den Kopf senkte, um ihre Schulter mit knabbernden Küssen zu bedecken, breitete sich eine Gänsehaut auf ihrem Rücken aus. »Du musst hier raus und dich abtrocknen. Du kühlst mir noch aus.« »Na gut«, seufzte sie. Wasser schwappte über ihre Arme, als Jace sie von sich runterschob und so positionierte, dass sie ihm gegenübersaß. Dann stand er auf, und Bethany entschlüpfte ein Laut der Bewunderung angesichts seiner harten, steil aufragenden Erektion. Sie war so prall und verlockend. Bethany leckte sich die Lippen, wurde sich dessen jedoch erst bewusst, als sie Jace’ Gesichtsausdruck bemerkte, mit dem er sie betrachtete. »Oh Baby«, sagte er mit kehliger Stimme. Sie blinzelte mit Unschuldsmiene zu ihm hoch. »Was ist?« Jace ließ ein leises Knurren hören. »Du bringst mich noch um den Verstand.« Sie lächelte, als er aus der Wanne stieg und nach einem der zusammengefalteten Handtücher griff, die auf dem Waschtisch lagen. Bevor er zur Arbeit gegangen war, hatte er sich die Zeit genommen, dafür zu sorgen, dass man sich unterdessen um sie kümmerte. Eine endlose Reihe von Boten hatte sich die Klinke in die Hand gegeben, um Lebensmittel, Haushaltsbedarf, Hygieneartikel und Wäsche anzuliefern. Dinge, an die sie im Gegensatz zu Jace nicht einmal gedacht hätte. Bethany schüttelte den Kopf. Der Mann war furchterregend perfekt. Hatte er überhaupt irgendwelche Fehler? Abgesehen natürlich von seiner Herrschsucht, seiner bestimmenden Art, der Tatsache, dass er sie im Grunde genommen gekidnappt hatte und kein Nein als Antwort akzeptierte. Je länger sie über diese vermeintlichen Fehler nachdachte, desto mehr gelangte sie zu der Auffassung, dass es gar keine waren. Jace wickelte ein Handtuch um seine Taille, dann zog er Bethany auf die Füße und half ihr, aus der Wanne zu steigen. Er trocknete sie mit flinken Bewegungen ab, anschließend hüllte er sie in das Handtuch, um sie warm zu halten, während er sie ins Schlafzimmer führte. »Hast du heute Abend auf irgendetwas Spezielles Appetit?«, erkundigte er sich. Neben dem Bett stand eine kleine Reisetasche. Jace bückte sich und zog Boxershorts sowie Wechselkleidung heraus. Bethany erkannte, dass es Jeans und ein T-Shirt waren, also definitiv legere Sachen. Sie ging im Kopf ihre neue Garderobe durch. Sie hatte eine strassbesetzte Jeans und einen umwerfenden Rollkragenpulli samt Strickjacke und Tuch, die zwanglos waren und trotzdem was hermachten. Dazu Stiefel. Sie besaß neuerdings wunderschöne, pelzgefütterte Stiefel, die großartig zu den Jeans passen würden. »Fingerfood«, antwortete sie, ehe sie sich eines Besseren besinnen konnte. Dann errötete sie. Jace wirkte nicht gerade wie der Typ, der auf schnödes Fingerfood stand. Kaviar schien besser zu ihm zu passen. Teure Steaks und andere exklusive Fleischstücke, deren Namen sie nicht mal aussprechen konnte, wahlweise Gerichte mit Saucen, für die dasselbe galt. Doch er fuhr fort, als hätte er ihren Lapsus nicht bemerkt. »Ich kenne da ein Lokal, nicht weit von hier. Ash und ich haben Mia vor einiger Zeit dorthin ausgeführt. Es ist ein Pub, in dem es leckere kleine Gerichte gibt. Die Nachos sind sehr gut. Sie servieren dort auch Burger und Chicken Wings, die ganze Palette.« Bethany lief das Wasser im Mund zusammen. »Das klingt absolut fantastisch. Können wir gehen?« Lächelnd zog er sie in die Arme. »Zieh dich an, dann brechen wir auf.« 18 Jace saß in seinem Büro, war mit den Gedanken jedoch ganz woanders. Auf ihn wartete ein Stapel Notizen von Eleanor, der Rezeptionistin, mit Rückrufen, die er tätigen sollte. Er musste E-Mails beantworten. Bilanzen überprüfen. In fünfundvierzig Minuten würde eine Videokonferenz stattfinden, aber er konnte sich nicht konzentrieren. Er hasste es, Bethany in einer eigenen Wohnung untergebracht zu haben, auch wenn es ihm zum fraglichen Zeitpunkt richtig erschienen war. Jace hatte sie nicht überfordern wollen. Er wusste, dass er es langsam – oder zumindest langsamer – angehen lassen musste, um nicht Gefahr zu laufen, sie in die Flucht zu schlagen. Denn eins stand fest: Sobald er sie in seinem Apartment, in seiner Privatsphäre, in seinem Bett hätte, würden sich die Dinge grundlegend ändern. Also hatte er sie in Mias Wohnung einquartiert, obwohl er ganz genau wusste, dass er seine Zeit nicht getrennt von ihr verbringen würde – zumindest nicht mehr, als nötig war, um seine Arbeit zu erledigen und seinen Verpflichtungen nachzukommen. Aber wenn ein eigenes Apartment Bethany die Illusion gab, die Kontrolle zu behalten und eine Wahl zu haben, dann konnte er damit leben. Denn er wusste, dass sie weder die Kontrolle noch eine Wahl hatte. Sie gehörte ihm. Ihr Platz war an seiner Seite. Daran änderte auch der äußere Anschein von Unabhängigkeit nichts. Er spielte auf Zeit, wartete auf den richtigen Augenblick, um seinen Eröffnungszug zu machen. Anschließend würde sie ohne jede Einschränkung die Seine werden. Und er wollte verdammt sein, wenn sie dann noch eine Sekunde ohneeinander verbringen würden. Die letzte Woche war höllisch chaotisch gewesen. Er hatte aus einer Reisetasche gelebt und seine Nächte in Mias alter Wohnung verbracht, weil Bethany dort war. Sie hatten eine Art Routine entwickelt, und zwar dergestalt, dass er sie morgens in Kadens und Trevors Obhut ließ und die beiden ablöste, sobald er nachmittags nach Hause kam. Hauptsache, er wusste sie beschützt und in guten Händen. Trotzdem würde er erst wieder zur Ruhe finden, sobald sie bei ihm eingezogen wäre. Ein leises Klopfen ertönte an der Tür. Jace blickte auf und entdeckte seine Schwester, die zögerlich und mit wachsamem Blick in der Tür stand. Vermutlich versuchte sie, seine Stimmung einzuschätzen, und sollte Ash die Wahrheit gesagt haben, hatte sie guten Grund dazu, nachdem Jace sie bei ihren letzten beiden Besuchen angeblich zur Schnecke gemacht hatte. »Hallo, Schwesterherz«, begrüßte er sie und ließ die Zuneigung, die er für sie empfand, bewusst durchklingen. Erleichterung breitete sich auf ihrem hübschen Gesicht aus, als sie sich entspannte und in sein Büro trat. »Gott sei Dank hat sich deine Laune gebessert«, stellte sie fest. Er musste lachen, wurde jedoch schnell wieder ernst, als er aufstand, um seinen Schreibtisch herumging und sie herzlich umarmte. »Ash hat mir berichtet, wie bescheuert ich mich dir gegenüber benommen habe. Verzeih mir, Kleines. Es macht die Sache wahrscheinlich nicht besser, dass ich mich nicht mal an deine Besuche erinnere. Aber Ash schwört, dass sie stattgefunden haben, und er behauptet steif und fest, dass ich mich wie der letzte Idiot aufgeführt habe und Gabe mir am liebsten die Visage poliert hätte, weil ich dir Kummer bereitet habe. Ich hätte es wahrscheinlich verdient.« Mia runzelte besorgt die Stirn, als Jace sich von ihr löste und ihr bedeutete, Platz zu nehmen. »Ist alles in Ordnung, Jace? Du warst nicht mehr du selbst. Außerdem hast du kein Wort über Weihnachten verloren, deswegen bin ich hergekommen. Gabe und ich möchten, dass du und Ash es mit uns verbringt. Gabes Eltern kommen vorbei, aber die meiste Zeit werden wir unter uns sein. Wie in alten Zeiten«, fügte sie sanft hinzu. Jace hatte bisher kaum einen Gedanken an Weihnachten verschwendet. Bethany hatte seine ganze Aufmerksamkeit in Anspruch genommen. Er sah auf seinen Tischkalender und stellte fest, dass es nur noch wenige Tage bis dahin waren. Sein erstes Weihnachten mit Bethany. Bethany, die nichts besaß. Die vermutlich nie einen Christbaum und Geschenke gehabt, die das Fest nie im Kreis ihrer Familie oder von Freunden verbracht hatte. Stattdessen war Weihnachten für sie einfach nur ein weiterer Tag auf der Straße gewesen. Frierend und hungrig, das Gefühl der Einsamkeit noch überwältigender als sonst. Mist, er hatte keinen Baum in seiner Wohnung aufgestellt und auch nicht dafür gesorgt, dass sie einen in ihrer bekam. Er hatte keine Weihnachtseinkäufe mit ihr gemacht und war auch nicht mit ihr zum Rockefeller Center gegangen, wie er es in der Vergangenheit so häufig mit Mia getan hatte, um ihr den Baum zu zeigen. Jace atmete tief durch, dann blickte er seine Schwester an, die ihn mit tiefer Sorge in ihren dunkelbraunen Augen betrachtete. Augen, die das Spiegelbild seiner eigenen waren. »Ich habe eine Frau kennengelernt«, gestand er. Mias Brauen zuckten nach oben, und sie lehnte sich auf ihrem Stuhl vor. »Wow. Nur damit ich mitkomme. Du hast eine Frau kennengelernt? Und wir reden hier nicht von einer, die du mit Ash zusammen aufgegabelt hast?« Jace verzog gequält das Gesicht. »Um Himmels willen, Mia. Ich werde mein Sexleben nicht mit dir erörtern. Was weißt du im Übrigen überhaupt darüber?« Sie verdrehte die Augen. »Oh, bitte. Es ist nicht gerade ein Geheimnis, dass seit langer Zeit keiner von euch mehr ein Solo gespielt hat.« Jace krümmte sich innerlich zusammen. Scheiße. Das Letzte, was er wollte, war, dass seine kleine Schwester über seine und Ashs Vorliebe für flotte Dreier Bescheid wusste. »Zurück zu dieser Frau. Verstehe ich es richtig, dass Ash nicht involviert ist?« Jace seufzte. »Inzwischen nicht mehr.« Mias Lippen formten ein O. »Aber er war es. Das ist ganz schön heikel!« »Ja, das könnte es werden. Zumindest am Anfang. Aber weißt du, Mia, sie ist … anders.« Sie nickte wissend und bedachte ihn mit einem strahlenden Lächeln. »Sieh mal einer an. Mein großer Bruder hat sich endlich verliebt. Damit hat sie natürlich Zutritt zu unserem erlauchten Kreis.« Jace schüttelte den Kopf. »Würdest du mir bitte einfach nur zuhören?« Als spürte sie, wie wichtig ihm das Thema war, ließ sie von ihrer Neckerei ab und wurde ernst. »Was ist los, Jace? Ist alles okay?« Er fuhr sich mit der Hand durch die Haare und lehnte sich in seinem Stuhl zurück. »Wie ich schon sagte, sie ist anders. Völlig anders als du oder ich, Gabe oder Ash. Bethany ist, besser gesagt war, obdachlos.« Sofort überschattete Mitgefühl Mias Augen. Wenn sich seine jüngere Schwester einer Sache rühmen konnte, dann, dass sie das gütigste Herz der Welt hatte. »Wie hast du sie kennengelernt?« »Sie hat auf deiner Verlobungsparty gejobbt. Natürlich wusste ich zu dem Zeitpunkt nichts von ihrem Hintergrund. Langer Rede kurzer Sinn: Ash und ich haben die Nacht mit ihr verbracht, obwohl ich wusste, dass ich sie für mich allein wollte.« »Das ist ziemlich abartig.« »Erzähl mir was Neues. Jedenfalls war sie am nächsten Morgen verschwunden, und ich habe zwei Wochen damit verbracht, die ganze Stadt nach ihr abzusuchen. Das Asyl rief mich an, als sie dort auftauchte und um einen Schlafplatz bat. Sie war von ein paar Schlägern in die Mangel genommen worden, denen ihr Bruder Geld schuldet.« Mia sah ihn erschrocken an. »Lieber Gott, Jace. Geht es ihr gut?« Er nickte. »Sie hat nur ein paar Blessuren davongetragen. Das war vor einer Woche. Sie hat sich inzwischen erholt.« Sie kniff die Brauen zusammen. »Warum habe ich sie noch nicht kennengelernt? Warum hat niemand sie bisher kennengelernt?« »Ich habe vor, das nachzuholen«, entgegnete er ruhig. »Ich möchte, dass sie Weihnachten mit uns verbringt. Ich will nicht, dass sie allein ist, und ganz sicher werde ich ihr nicht sagen, dass ich Weihnachten bei meiner Familie bin, und ihr, indem ich sie nicht einlade, das Gefühl geben, als bedeute sie mir nichts.« »Aber selbstverständlich nicht! Es wäre fantastisch, wenn sie mit uns feiert«, sagte Mia begeistert. »Ich freue mich schon. Wohnt sie bei dir? Du hast sie doch bestimmt nicht zurück auf die Straße gelassen.« Jace’ Miene verdüsterte sich. »Selbstverständlich nicht. Ich habe sie – vorübergehend – in deiner alten Wohnung einquartiert.« Sie hob fragend die Brauen. »Vorübergehend?« »Sehr vorübergehend. Nur so lange, bis ich sie dazu bewegen kann, bei mir einzuziehen.« Mias Mund formte dasselbe überraschte O wie schon zuvor. »Du meinst es ernst mit ihr.« »Glaubst du, ich würde sie Weihnachten einladen, wenn ich es nicht ernst meinte? Wann hätte ich je in Gefahr gebracht, was du, ich, Gabe und Ash haben, indem ich einen Außenstehenden mitbringe? Ihr seid meine Familie, Mia. Ihr alle. Ich würde niemals einfach irgendwem Zutritt zu diesem inneren Kreis gewähren.« »Dann kann ich es erst recht nicht erwarten, sie zu treffen«, sagte Mia sanft. Dann wurde ihre Miene nachdenklich. »Hat sie irgendwelche Freunde? Es klingt, als wäre sie ganz allein auf der Welt. Wie alt ist sie?« Jace schüttelte den Kopf. »Bethany ist in deinem Alter. Sie hatte ein hartes Leben und nie wirklich eine Chance. Aber sie ist klug. Und sie ist süß. Sie bringt jeden Raum zum Erstrahlen. Ich kann es nicht erklären, Mia.« Ihr Lächeln wurde noch heller. »Oh, Jace, ich freue mich so sehr für dich! Aber es klingt, als sollte sie definitiv ein bisschen Zeit mit Mädchen verbringen. Ist es in Ordnung, wenn ich irgendwann mal bei ihr vorbeischneie? Sie könnte mit mir und meinen Freundinnen ausgehen.« Jace zögerte, denn er hasste es, was er als Nächstes sagen musste. Aber Ash wusste Bescheid und Gabe damit vermutlich auch. Mia musste es ebenfalls erfahren, damit sie nicht irgendwann versehentlich ins Fettnäpfchen trat. »Ich bin nicht sicher, ob das eine gute Idee wäre«, sagte er langsam. »Bethany hatte in der Vergangenheit ein paar … Suchtprobleme. Es ist vermutlich nicht ratsam, sie mit Alkohol zu konfrontieren, und ich weiß, dass du und deine Freundinnen ganz gern einen bechert, wenn ihr ausgeht.« »Wir beide können Wasser trinken«, wandte Mia ein. »Ich vertrage sowieso nicht viel Alkohol. Das Wichtige ist, dass sie Kontakt zu Mädchen in ihrem Alter bekommt und Freundschaften schließt. Es sei denn, du hast ein Problem damit?« Jace schüttelte wieder den Kopf. »Nein, ich habe kein Problem damit. Ich weiß dein Angebot zu schätzen, Mia. Du bist ein Engel. Ich bin sicher, Bethany wird sich darüber freuen. Aber ich muss dich warnen. Sie ist still und sehr schüchtern. Es ist leicht, sie zu überfordern, und ich weiß, dass deine Freundinnen ein bisschen penetrant sein können.« Mia quittierte das mit einem bösen Blick. »Es sind die besten Freundinnen der Welt, und sie werden nicht gemein zu Bethany sein. Ich würde das nicht zulassen, selbst wenn sie so veranlagt wären.« Jace lächelte über ihre leidenschaftliche Verteidigungsrede. Dabei kannte sie Bethany noch nicht einmal. »Ich bin absolut überzeugt, dass du gut auf sie aufpassen wirst. Aber, Mia, da ist noch etwas anderes, das du wissen musst und das ich auch Gabe sagen werde.« Sie stöhnte. »Musst du Gabe unbedingt mit reinziehen?« »Wenn es um deine Sicherheit geht, ja, absolut.« Sie runzelte die Stirn und zog auf entzückende Weise die Nase kraus. »Ich habe Bethany Bodyguards zur Seite gestellt. Wie bereits erwähnt, wurde sie von ein paar Gangstern, die Geld von ihrem Bruder wollen, misshandelt. Ich gehe kein Risiko ein, bis diese Sache aus der Welt geschafft ist. Was bedeutet, dass, wenn du mit Bethany ausgehst, diese Bodyguards euch begleiten und auf euch und deine Freundinnen aufpassen werden. Ist das klar?« Sie verdrehte die Augen, nickte jedoch. »Den armen Idioten möchte ich sehen, der sich mit mir und meinen Freundinnen anlegt«, spottete sie. Jace musste unwillkürlich lachen, denn vermutlich hatte sie recht. Trotzdem würde er kein Risiko eingehen. Mia stand auf, kam um den Schreibtisch herum und legte Jace die Arme um den Hals. Sie drückte ihn und fragte: »Also, werdet ihr beide Weihnachten kommen?« Er küsste sie auf die Wange. »Ja, Schwesterchen. Verlass dich drauf.« Auf dem Weg zur Tür wäre Mia beinahe mit Ash zusammengeprallt, der gerade hereinkam. Lachend streckte er die Hände aus und hielt sie an den Schultern fest. »Hoppla, Kleines.« »Hallo, Ash«, sagte sie fröhlich. Er drückte ihr einen liebevollen Kuss auf den Scheitel. »Ich muss mit Jace etwas besprechen. Wir sehen uns später, okay?« Sie warf die Hände in die Luft. »Ich weiß, wann ich entlassen bin. Mal sehen, ob Gabe Zeit für mich hat.« Ash schnaubte belustigt. »Wann hätte er die jemals nicht gehabt?« Grinsend drohte sie ihm mit dem Finger, dann entschwand sie den Flur hinunter. Ash wandte sich Jace zu und schloss die Tür. Jace beobachtete mit hochgezogenen Brauen, wie sein Freund auf den Stuhl zusteuerte, den Mia gerade frei gemacht hatte. Ash warf eine Mappe auf seinen Schreibtisch, bevor er sich setzte. Jace begann diese verdammten Ordner allmählich zu hassen. Sie verhießen nie etwas Gutes. »Die Schulden von Bethanys Bruder wurden beglichen«, verkündete Ash ohne Vorrede. »Die gute Nachricht ist, dass die Arschlöcher, die Bethany aufgelauert haben, an nichts anderem interessiert waren als daran, ihr Geld zurückzubekommen. Zuzüglich ansehnlicher Zinsen, versteht sich.« »Überraschung«, kommentierte Jace in beißendem Tonfall. »Bethany sollte jetzt außer Gefahr sein.« Jace nickte. »Danke, Mann.« »Aber es gibt da noch etwas, das du wissen solltest. Keine Ahnung, was es zu bedeuten hat, aber ich schätze, du brauchst alle Informationen, die du bekommen kannst.« Jace ließ die Schultern sacken und lehnte sich zurück. »Was ist jetzt wieder?« »Bethanys Bruder? Jack Kingston? Er ist gar nicht ihr Bruder. Es besteht keinerlei Blutsverwandtschaft. Aber sie stehen sich nahe. Sie leben zusammen auf der Straße, seit sie ihre letzte Pflegeunterbringung verlassen haben. Allerdings waren sie nicht in derselben, darum sollte ich besser sagen, seit Bethany ihre verlassen hat. Jack ist älter und war zu dem Zeitpunkt schon eine Weile aus dem System raus. Wie es scheint, hat er ihr geholfen, von dort zu türmen. Sie waren seither immer zusammen.« Jace runzelte die Stirn. »Was willst du damit andeuten?« Ash hob abwehrend die Hände. »Ich deute gar nichts an, sondern nenne dir nur sämtliche Fakten, damit du sie zur Verfügung hast. Bethany bezeichnet ihn als ihren Bruder. Ich dachte, du solltest wissen, dass er das nicht ist. Ich habe keinen blassen Schimmer, was das bedeutet. Trotzdem solltest du dir klarmachen, dass sie eine ziemlich raffinierte Nummer abziehen könnte. Sie zockt bei dir ab, so viel sie kann, gleichzeitig sind Jacks Schulden vom Tisch.« Jace begann, innerlich zu kochen, andererseits wäre er hirnvernagelt, wenn er nicht einmal in Erwägung zöge, was Ash da unterstellte. »Danke«, murmelte er. »Es tut mir leid, Mann. Ich weiß, es ist ätzend. Vielleicht ist überhaupt nichts dran, aber du musst dir der Gefahr bewusst sein.« Jace nickte. »Ja, du hast recht.« Sein Handy klingelte, und er erkannte Kadens Nummer auf dem Display. Er hob den Finger, um Ash zu bedeuten, still zu sein, und ging ran. »Ja?« Er lauschte einen Moment, und Eiseskälte durchströmte ihn. »Sucht sie«, blaffte er. »Ihr müsst sie finden. Ich mache mich sofort auf den Weg.« Er nahm das Handy vom Ohr und schaute Ash an, der verwundert zugehört hatte. »Bethany hat den Sicherheitsdienst ausgetrickst und ist verschwunden.« »Kacke«, murmelte Ash. »Was wirst du tun?« »Wenn sie mir den Laufpass geben will, wird sie mir das verdammt noch mal ins Gesicht sagen«, knurrte Jace. »So viel zumindest schuldet sie mir.« 19 Bethany zog den Mantel fester um sich, während sie durch den Madison Square Park – sie konnte gar nicht mehr zählen, wie viele Stadtparks sie schon abgesucht hatte – lief, in der Hoffnung, Jack dort zu finden. Sie hatte an all ihren üblichen Treffpunkten nachgesehen, aber ohne Erfolg. Sie hatte sogar die Obdachlosenheime gecheckt, die sie und Jack regelmäßig frequentierten, darauf hoffend, dass er vielleicht einen warmen Schlafplatz für die Nacht gefunden hatte. Sie hatte nicht vorgehabt, so lange auszubleiben. Jace würde verärgert sein. Nein, er würde kochen vor Wut. Sie hatte sich an ihren Bodyguards – Jace’ Wachhunden – vorbeigeschlichen, denn was hätte sie ihnen schon sagen können? Dass sie plante, die nicht so feinen Viertel der Stadt nach ihrem Bruder abzuklappern, weil sie sich Sorgen um ihn machte? Sie hätten ihr diese Idee so schnell ausgetrieben, dass ihr schwindlig geworden wäre. »Bethy, was tust du denn hier?« Jacks Stimme erwischte sie wie ein Peitschenhieb, und sie drehte sich blitzschnell um. Erleichtert sah sie ihn in den länger werdenden Schatten des anbrechenden Abends stehen. »Jack, Gott sei Dank«, keuchte sie. »Ich habe mir solche Sorgen gemacht.« Sie ging zu ihm und wollte ihn umarmen, doch er trat zurück und legte ihr die Hände auf die Schultern. Mit scharfem Blick musterte er sie von Kopf bis Fuß. »Du siehst gut aus«, bemerkte er anerkennend. Jack fragte sie nicht, wo sie gewesen war. Er fragte sie überhaupt nichts, sondern starrte sie einfach nur an und lobte ihr Aussehen, als wären sie alte Bekannte, die sich zufällig über den Weg gelaufen waren. Hastig fischte Bethany den Zettel aus ihrer Tasche, auf dem sie ihre Adresse notiert hatte. Sie schob ihm das gefaltete Stück Papier in die Hand. »Ich habe eine Unterkunft, Jack. Eine sehr hübsche sogar. Auf der Upper West Side. Du könntest kommen und bei mir wohnen. Dort wärst du sicher.« Er musterte den Zettel einen langen Moment, ehe er ihn einsteckte, ohne ihn auseinanderzufalten. »Ich habe gehört, dass du verletzt wurdest«, sagte er mit schmerzerfüllter Stimme. »Ich wollte nie, dass das passiert, Bethy.« Sie versteifte sich, als ein Zorn, zu dem sie sich nicht berechtigt fühlte, in ihr aufloderte. »Woher wussten sie überhaupt von mir, Jack? Wieso wollten sie bei mir Geld eintreiben, das du ihnen schuldest? Warum hast du es dir geliehen? Wie um alles in der Welt wolltest du es zurückzahlen?« Er schüttelte den Kopf und ließ die Schultern hängen, niedergedrückt von der Last seines Kummers und seiner Erschöpfung. Sein Gesicht war grimmig, hoffnungslos und so grau wie das Zwielicht, das sie umgab. »Es tut mir leid«, sagte er dumpf. »Ich habe dich in Gefahr gebracht, Bethy. Du solltest momentan besser nicht in meiner Nähe sein. Was immer sich in deinem Leben verändert hat … Es ist gut. Bleib von mir weg. Ich schade dir nur.« Bethany schüttelte vehement den Kopf und zog Jack an sich. Sie drückte ihn mehrere lange Sekunden, aber er ließ die Arme weiter schlaff herabhängen, ehe er ihre Umarmung genauso fest erwiderte. »Du und ich, wir haben schon immer zusammengehört«, sagte sie, ihre Stimme gedämpft von seiner zerlumpten Jacke. »Ich verlasse dich nicht, Jack. Du hast mich auch nie verlassen.« Er ging auf Abstand und berührte ihre Wange. »Hör zu, Bethy. Es ist hier draußen nicht sicher für dich. Das war es nie. Du könntest mir keinen größeren Gefallen tun, als in dein Apartment auf der Upper West Side zurückzukehren. Leb dein Leben. Umarm das Gute. Tu nichts, um es zu ruinieren. Und sei glücklich.« Ihr traten die Tränen in die Augen. »Wie könnte ich glücklich sein, wenn du hier draußen bist? Wie könnte ich es genießen, einen sicheren Ort zum Wohnen, Essen und ein Bett zu haben, während du auf der Straße lebst?« Er setzte ein schiefes Grinsen auf. »Ich komme schon zurecht. Mir fällt immer was ein.« »Du kommst nicht zurecht«, widersprach sie erbittert. Er seufzte. »Vielleicht besuche ich dich mal.« Neue Hoffnung keimte in ihr auf, und sie versuchte, ihn darauf festzunageln. »Tu das, Jack. Versprich es mir. Du musst nicht so leben. Ich habe jemanden kennengelernt. Er ist … Er ist gut zu mir. Die Dinge könnten sich von nun an ändern.« Jack lächelte. »Das freut mich für dich, Bethy. Wirklich. Aber was meinst du, was dein Freund davon halten würde, wenn ein anderer Kerl an dir rumschnüffelt?« »Wenn er dich nicht akzeptieren kann, will ich nicht mit ihm zusammen sein«, fauchte sie. Sein Atem formte kleine Dampfwölkchen, als Jack erneut die Hand an ihre Wange legte. Es hatte wieder zu schneien begonnen. Die Flocken wirbelten zwischen ihnen umher, sie setzten sich auf seinen Schultern ab und durchnässten seine dünne, zerschlissene Jacke. Eisige Kälte hatte sich über die Stadt gesenkt und ihre erbarmungslosen Klauen hineingeschlagen. Bethany ertrug es nicht, Jack hier draußen zu wissen, auf Gedeih und Verderb den Elementen ausgeliefert und jenen, die ihm Böses wollten. »Bitte, Jack. Komm mit mir mit«, flehte sie ihn an. »Du kannst dich nicht ewig vor diesen Leuten verstecken.« Jack hob einen Mundwinkel zu einem angedeuteten Lächeln. »Das Problem ist aus der Welt. Sie haben ihr Geld. In ihrem Geschäft geht es um nichts Persönliches. Sie werden mir nichts mehr tun, nachdem sie die Kohle zurückhaben.« Bethany kniff verwirrt die Brauen zusammen, während sie zu frösteln begann, weil die Kälte sogar den dicken Mantel durchdrang, den Jace ihr gekauft hatte. Ihr schlotterten die Knie, und ihr Atem bahnte sich seinen Weg über taube Lippen. »Geh zurück zu deinem Freund, Bethy«, sagte Jack sanft. »Du frierst. Er wird sich Sorgen machen. Du solltest nicht hier draußen sein.« »Genauso wenig wie du!« »Ich komme zurecht. Das habe ich immer getan.« Sie studierte sein Gesicht, suchte in seinen Augen nach irgendeinem Hinweis auf Drogen oder Alkohol. Aber sie wirkten klar. Wenn auch müde. Falten der Erschöpfung hatten sich in seine Stirn gegraben und ließen ihn viel älter aussehen als fünfundzwanzig. Er wirkte nicht wie ein junger Mann, sondern wie jemand, der das Gewicht der ganzen Welt auf seinen Schultern trug. Wie ein vorzeitig gealterter Mensch, der in seinen kurzen Jahren schon mehr gesehen und durchgemacht hatte als andere in der doppelten Zeit. »Tu es für mich, Bethy. Werde glücklich. Leb in Sicherheit. Ich werde dich irgendwann besuchen. Wir halten Kontakt. Es wird Zeit, dass du in die Zukunft schaust. Ich habe dir lange genug im Weg gestanden.« Sie war so schockiert, dass ihr die Kinnlade runterfiel. »Nein!«, flüsterte sie. »Jack, du hast mich gerettet. Du hast mir nie im Weg gestanden. Ich stand dir im Weg. Du hast dich immer um mich gekümmert, hast immer auf mich aufgepasst.« Er schüttelte den Kopf und drehte sie sanft zur Straße um. »Wenn du das glaubst, bist du verrückt. Umgekehrt wird ein Schuh daraus, Bethy. Du hast alles am Laufen gehalten. Du hast dafür gesorgt, dass wir zu essen und einen Platz zum Schlafen hatten. Ich habe nichts für dich getan.« Tränen kullerten aus ihren Augen und gefroren auf ihren Wangen. Das hier klang zu sehr nach einem Abschied, so als wollte er sie für immer fortschicken. »Komm. Ich besorge dir ein Taxi. Hast du Geld?« Sie nickte wie betäubt. Jace hatte ihr welches gegeben, und sie schämte sich schrecklich, weil sie es benutzt hatte, um den Männern zu entwischen, die er zu ihrem Schutz angeheuert hatte. Aber wenn sie jetzt zurückkehren wollte, musste sie sich beeilen. Er würde außer sich sein, und sie musste ihm beichten, was sie getan hatte. Jack geleitete sie zur Straße, wo Scheinwerfer sie blendeten, die sie nur verschwommen durch den Schleier ihrer Tränen sah. Er winkte ein vorbeifahrendes Taxi heran, es verlangsamte und hielt am Straßenrand. »Es macht mich glücklich, dich mir in einem behaglichen Apartment vorzustellen, wo du zu essen hast und dir warm ist.« Bethany warf sich in seine Arme und drückte ihn mit aller Kraft an sich. Heiße Tränen strömten über ihre Wangen, als er die Geste erwiderte. »Ich werde dich vermissen, Jack«, schluchzte sie, realisierend, dass es die Wahrheit war. Ungeachtet seiner Defizite. Ungeachtet dessen, wie viel sie zusammen durchlitten hatten, wie sehr sie sich abgestrampelt hatte, um für sie beide Essen zu besorgen und ihm das nötige Geld für die Dämonen zu geben, die ihn umtrieben. Schweres, lähmendes Schuldbewusstsein senkte sich auf sie herab. Wie viel hatte sie zu seiner Sucht beigetragen? Sie wusste nur, dass sie es ihm nicht hatte abschlagen können. Nicht nach allem, was er für sie getan, was er für sie durchlitten hatte. Ein Teil von ihr hatte gewusst, dass, wenn sie ihm nicht gab, was er brauchte, er zu anderen, gefährlicheren Methoden greifen würde, um es sich zu besorgen, und das hatte sie nicht gewollt. Und trotzdem hatte es am Ende keinen Unterschied gemacht. Er hatte sich Geld geliehen. Geld, das er nicht hatte zurückzahlen können. Sie runzelte die Stirn, als sie in das Taxi einstieg. »Jack?« »Ja?« »Du sagtest, dass die Schulden beglichen seien. Wie hast du das angestellt?«, fragte sie, von plötzlicher Angst übermannt. Was hatte Jack getan? Er zuckte die Achseln und begann, die Tür zu schließen. »Keine Ahnung. Als ich zu ihnen ging, weil ich um einen Aufschub bitten wollte, sagten sie mir, dass sich das Thema erledigt habe. Ich stellte keine weiteren Fragen. Ich möchte nur, dass du in Sicherheit und weit weg von hier bist.« Sie saß stumm da, als er die Tür zudrückte, zurücktrat und in der Dunkelheit verschwand. Ihre Kehle war wie zugeschnürt, und fast wäre sie wieder aus dem Taxi gesprungen und ihm nachgerannt, so sehr fürchtete sie, dies könnte das letzte Mal sein, dass sie ihn sah. Doch der Wagen fuhr bereits an, sodass sie daran gehindert wurde. Bethany schaute zurück, solange sie konnte, bevor sie sich in den Verkehr einfädelten. Sie senkte den Kopf und schlang die Arme um sich, in dem Versuch, den anschwellenden Kummer zu lindern. Die Stadt zog in einem verschwommenen Nebel von Ampeln, Weihnachtsdekoration, plärrenden Hupen und stockendem Verkehr vorbei. Sie realisierte erst, dass sie ihr Ziel erreicht hatten, als der Fahrer sie freundlich darauf hinwies. »Ma’am? Wir sind da.« Sie löste sich aus der Melancholie, die sie befallen hatte, beugte sich vor und kramte hektisch das Fahrgeld aus ihrer Tasche. »Danke«, murmelte sie, bevor sie die Tür öffnete und in die Kälte trat. Sie eilte zum Eingang des Gebäudes, wo der Portier sie mit einem Ausdruck immenser Erleichterung in Empfang nahm. »Miss Willis. Gott sei Dank.« Falls er noch etwas sagte, bekam sie es nicht mit, aber sie runzelte verdutzt die Stirn darüber, wie froh der Mann wirkte. Er geleitete sie zum Aufzug, und als die Türen zuglitten, hatte er bereits das Handy am Ohr. Zögerlich betrat Bethany die Wohnung – ihre Wohnung. Sie fühlte sich wie eine Hochstaplerin. Jack heute Abend gesehen zu haben rief ihr schmerzhaft in Erinnerung, dass sie nicht hierher gehörte. Sie passte nicht in diese Welt, hatte sich das hier nicht verdient. Sie hatte noch nicht mal einen Job. Wie lange konnte das hier wohl andauern? Bis Jace seine derzeitige Vernarrtheit überwunden hatte? Sie begriff noch immer nicht, was er in ihr sah, warum er sich überhaupt mit ihr abgab. Wo doch so viele andere Frauen nur zu gern mit ihr tauschen würden. Wenn sie in der vergangenen Woche bei ihren außerhäuslichen Unternehmungen mit Jace eines gelernt hatte, dann, dass es ihm nicht an weiblichem Interesse mangelte. Und die Frauen reagierten verständlicherweise schockiert darüber, dass Jace mit jemandem wie Bethany zusammen war. Nicht, dass sie irgendetwas über ihre Lebensumstände wussten, aber es war mehr als eindeutig, dass sie es nicht annähernd mit seinem sozioökonomischen Status aufnehmen konnte. Jace mischte sich in ihren Augen ohne erkennbaren praktischen Nutzen unters gemeine Volk. Sie krümmte sich innerlich, als sie sich auf die Couch sinken ließ, ohne sich auch nur die Mühe zu machen, ihren Mantel auszuziehen. Trotz der Wärme in der Wohnung fror sie noch immer. Sie verspürte eine innere Kälte, die selbst die Heizung nicht zu vertreiben vermochte. Bethany lehnte den Kopf gegen das Polster und schloss die Augen. Sie sollte Jace anrufen. Bestimmt hatte er versucht, sie zu erreichen. Aber sie hatte den dummen Lapsus begangen, ihr Handy hier im Apartment zu vergessen. Sie war so konzentriert darauf gewesen, sich von Kaden und Trevor davonzuschleichen, dass sie es auf der Bar hatte liegen lassen. Voll Unbehagen an die bevorstehende Schelte denkend, stand sie auf, um es zu holen. Sie musste Jace zumindest eine SMS schreiben und ihm Bescheid geben, dass alles in Ordnung war. Wieder packte sie das schlechte Gewissen. Jetzt, da sie zurück war, realisierte sie, wie unverantwortlich und selbstsüchtig sie sich verhalten hatte. Jace war ausnahmslos freundlich zu ihr gewesen, und sie hatte noch nicht mal ihr Handy mitgenommen, um ihn wissen zu lassen, dass es ihr gut ging. Vielleicht war es eine unterbewusste Entscheidung gewesen, es zurückzulassen, weil Jace sofort versucht hätte, sie zu erreichen, nachdem Kaden ihn von ihrer Flucht unterrichtet hatte, und sie hätte sich noch schuldiger gefühlt, weil sie seine Anrufe ignorierte. Bethany fand das Telefon dort, wo sie es hingelegt hatte, nämlich auf der Bar in der Küche. Sie zuckte zusammen, als sie die unzähligen verpassten Anrufe und Textnachrichten entdeckte. Von Jace. Von Kaden. Von Trevor. Sie schob das Handy weg, weil sie sie nicht ansehen wollte, trotzdem musste sie Jace wissen lassen, dass es ihr gut ging. Seufzend streckte sie wieder die Hand danach aus, als im selben Moment die Tür aufflog und Kaden und Trevor in das Apartment stürmten. Erschrocken ließ Bethany das Telefon fallen und wich hastig zurück, ehe sie vollständig registrierte, wer die Eindringlinge waren. »Gott sei Dank«, stieß Kaden hervor. »Geht es Ihnen gut? Sind Sie verletzt?« Schockiert über die Mienen der beiden schüttelte Bethany stumm den Kopf. Ohne ein weiteres Wort zog Kaden sein Handy hervor. »Mr Crestwell? Ja, ich habe sie. Sie ist wieder in ihrer Wohnung. Es scheint ihr nichts zu fehlen. Ich hatte noch nicht die Gelegenheit, ihr Fragen zu stellen, sondern wollte Ihnen sofort Bescheid geben. Okay. Bis gleich.« Kaden klappte das Handy zu, dann musterte er Bethany mit aufgebrachtem Blick. Trevor stand mit vor der Brust gekreuzten Armen hinter ihm, auch sein Gesicht drückte erbitterten Zorn aus. Kaden kam mit langsamen Schritten auf sie zu, bis sich die Küche klein und erdrückend anfühlte. »Dürfte ich bitte erfahren, welcher Teufel Sie heute geritten hat?«, blaffte er. »Ich …« Er hob die Hand, offenbar war er noch nicht fertig. »Trevor und ich waren außer uns vor Sorge. Mr Crestwell stand kurz vor einem Herzinfarkt. Er hat uns engagiert, damit wir Ihre Sicherheit gewährleisten. Möchten Sie uns vielleicht erklären, wie wir das bewerkstelligen sollen, wenn Sie eine Nummer wie die heutige abziehen?« »Es tut mir leid«, sagte Bethany kleinlaut. Tränen brannten in ihren Augen, aber sie blinzelte hastig dagegen an, entschlossen, nicht vor diesen beiden Männern zusammenzubrechen. »Es tut Ihnen leid.« Er atmete hörbar aus. »Sie hätten vergewaltigt, ermordet, grauenvoll verletzt werden können. Suchen Sie es sich aus. Und Sie sagen, es tue Ihnen leid. Herrgott.« Alle Farbe wich aus Bethanys Gesicht. Sie setzte gerade dazu an, ihnen zu erklären, dass ihr keine Gefahr gedroht hatte, als ein weiteres Mal die Tür aufging und Jace mit versteinerter Miene eintrat. Er sah kalt und verschlossen aus. Er warf nur einen kurzen Blick in ihre Richtung, bevor er seine Aufmerksamkeit auf Kaden und Trevor richtete. »Vielen Dank. Sie beide können jetzt gehen. Ich übernehme ab hier.« »Sollen wir uns morgen früh zum Dienst zurückmelden?«, fragte Kaden. Jace zögerte einen langen Moment. »Ich werde Ihnen Bescheid geben.« Bethany konnte kaum atmen, so sehr schnürte ihr die Panik die Kehle zu. Das war’s. Jace würde sie rauswerfen. Die Sache zwischen ihnen war vorbei. Er war völlig außer sich. Aber dann sollte es eben so sein. Denn je länger sie in dieser Fantasiewelt lebte, desto schlimmer würde es hinterher sein. Besser, es jetzt zu beenden, bevor sie vergaß, wie ihr echtes Leben aussah. Kaden und Trevor verließen das Apartment, nachdem sie ihr bedeutungsvolle Blicke zugeworfen hatten. Beide besagten dasselbe: hirnverbrannte Idiotin. Bethany presste die Lippen zusammen, damit sie nicht zitterten. Sie würde nicht losheulen, sondern sich dieser Sache mit so viel Würde stellen, wie sie aufbringen konnte. Sie legte das Handy behutsam zurück auf die Bar, dann ging sie in Richtung Schlafzimmer. Jace beobachtete sie bei jedem Schritt. »Ich hole nur meine Sachen«, verkündete sie ruhig. »In ein paar Minuten bin ich weg.« Sie verschwand im Schlafzimmer, dabei kämpfte sie gegen die Flut der Tränen an, die ihr Gesicht überströmten. Erst da realisierte sie, dass sie nichts zu holen oder zu packen hatte. Die Sachen gehörten ausnahmslos Jace. Er hatte sie ihr gekauft. Und selbst wenn sie sie mitnähme, hätte sie keinen Ort, um sie aufzubewahren. Plötzlich legte sich eine feste Hand auf ihre Schulter. Jace drehte sie mit einem Ruck zu sich herum, damit sie ihn ansah. Er wirkte bestürzt, als er ihre Tränen bemerkte. »Würdest du mir bitte erklären, was zum Henker das alles zu bedeuten hat?«, fuhr er sie an. »Ich weiß, dass du wütend bist«, antwortete sie tonlos. »Gib mir ein paar Minuten, dann bin ich verschwunden. Ein Taxi wäre gut, aber ich kann notfalls auch laufen.« Er knirschte mit den Zähnen und schob das Kinn vor, während ein Ausdruck heißen Zorns in seine Augen trat. »Du denkst, ich werfe dich raus?«, fragte er ungläubig. Sie blinzelte. »Tust du es nicht?« »Gottverflucht noch mal, Bethany. Du und ich, wir werden eine lange Unterhaltung führen. Das war ein extrem beschissener Tag, und ich will verdammt sein, wenn ich ihn damit beende, dich gehen zu lassen.« Sie schaute ihn verwirrt an. »Du willst nicht, dass ich gehe?« »Sehe ich aus, als würde ich das wollen?« Ihr Mund wurde trocken. »Aber du bist so wütend. Außerdem hast du Kaden und Trevor nicht gebeten, morgen wiederzukommen.« »Was hätte ich davon?«, entgegnete er barsch. »Offensichtlich hältst du dich nicht an ihre Anweisungen.« Errötend wandte sie den Blick ab. »Es tut mir leid.« »Herrgott, Bethany. Ich dachte, du hättest mich heute verlassen. Was sollte ich sonst daraus schließen? Du bist einfach abgehauen. Ohne eine Zeile, ohne ein Wort. Du hast nicht auf meine Anrufe oder SMS reagiert. Ich geriet total in Panik, weil ich dich nirgendwo finden konnte.« »Nein!«, protestierte sie betroffen. »Ich wollte dich nicht verlassen! Ich musste nur etwas erledigen. Ich bin zurückgekommen.« Jace nickte. »Ja, das bist du. Und das ist auch der einzige Grund, warum ich nicht völlig am Rad drehe. Aber das rechtfertigt nicht, dass du einfach Gott weiß wohin verschwunden bist, ohne die beiden Männer, die ich zu deinem Schutz angeheuert habe. Ich hatte dir mehr als deutlich klargemacht, dass du ohne sie nirgendwo hingehen darfst. Was genau hattest du daran nicht verstanden?« Er verstärkte den Druck seiner Hände an ihren Armen und zog sie an seine Brust. Bethanys Tränen versiegten, als sie mit geweiteten Augen zu ihm hochsah. Er sah furchtbar zornig aus. Allerdings nicht aus dem Grund, den sie vermutet hatte. Er hatte gedacht, sie wolle ihn verlassen? Bethany hob die Hand und berührte sein Gesicht, dabei bemerkte sie zum ersten Mal die Angst unter seinem Zorn. »Ich hatte nicht vor, dich zu verlassen«, wiederholte sie leise. »Gott sei Dank«, murmelte er. »Aber Bethany? Wir beide haben eine Menge zu besprechen. Ich habe versucht, diese Sache so behutsam wie möglich anzugehen, aber scheiß drauf. Das hat jetzt ein Ende. Es wird Zeit, dass wir nach meinen Regeln spielen.« 20 Jace musste sie loslassen und einen Schritt zurücktreten, um Distanz zwischen sie zu bringen. Seine Atemzüge taten ihm weh, weil seine Brust so eng war, als würde sie von einem Schraubstock zusammengepresst. Er musste seine Fassung wiederfinden. Das war das Wichtigste. Bevor sie sich der nächsten Stufe ihrer Beziehung zuwandten – er hatte sich nun schon eine verdammte Woche in Geduld geübt. Eigentlich keine lange Zeit, für ihn jedoch schon. Es fühlte sich an wie ein ganzes Jahr. Er hatte noch nie so lange auf etwas gewartet, das er wollte. Aber bevor sie die Regeln ihrer Beziehung erörtern würden, mussten sie darüber sprechen, warum sie sich davongeschlichen hatte, ohne Bodyguards, ohne irgendwem ein Wort zu sagen. Das machte ihn krank. Bethany hatte sich mehrere Stunden seiner Kontrolle entzogen, seiner schützenden Hand, seiner Hilfe. Er konnte noch immer nicht an diese Stunden denken, ohne halb durchzudrehen. Vielleicht hatte Ash recht. Vielleicht war er wirklich von ihr besessen. Nur schien Besessenheit ein solch unzulängliches Wort zu sein, um seine Gedanken und Gefühle in Bezug auf Bethany zu beschreiben. Woher rührten diese Emotionen? Empfand Gabe dasselbe für Mia? Wieso verlor Jace jede Kontrolle, wenn es um sie ging, und warum war er so entschlossen, dass nichts und niemand zwischen sie kommen durfte? Jace hatte keine Erklärung. Manche Dinge waren einfach so, wie sie waren, und das traf auch auf seine Besessenheit zu. Er würde nicht dagegen ankämpfen. Er hätte es auch gar nicht gekonnt. Was Bethany betraf, war er vollkommen machtlos und ohne jede Vernunft. Unfähig, rationale Entscheidungen zu treffen. Gott, wenn es das war, was Liebe und Gefühle mit einem Mann anstellten, war er sich gar nicht so sicher, ob er so versessen darauf war. Aber er war versessen auf Bethany. Er wollte sie aus tiefster Seele. Mit jedem bewussten Gedanken. Er wollte sie, und er würde sie nicht kampflos ziehen lassen. »Geht es dir gut?«, fragte er, sobald er sich wieder besser im Griff hatte. Er nahm sie in Augenschein, suchte nach irgendeinem Hinweis auf körperliche oder seelische Verletzungen. Doch das Einzige, was er sah, war ihre Verunsicherung, als sie ihn aus großen, kummervollen Augen anblickte. Großer Gott. Sie hatte gedacht, er würde sie rauswerfen, während er gleichzeitig geglaubt hatte, sie wollte ihn verlassen. »Ich bin okay«, sagte sie leise. »Jace, es tut mir so leid. Ich weiß, dass mein Verhalten dumm war.« »Dumm? Ja. Das bringt es ziemlich auf den Punkt. Herrgott, Bethany. Hast du auch nur die leiseste Vorstellung, was hätte passieren können? Ich weiß, dass du lange Zeit auf der Straße gelebt hast, und es grenzt an ein Wunder, dass du nicht längst eine Statistik in einer Stadt voller Statistiken geworden bist. Warum hast du es getan? Wo zur Hölle bist du hin? Was hast du dir nur dabei gedacht?« Sie sank auf die Couch, als würden ihre Beine sie nicht länger tragen. Mit zitternden Händen zog sie ihren Mantel aus und legte ihn akkurat neben sich. Jace konnte sich noch nicht setzen. Er war noch nicht ruhig genug. Darum tigerte er rastlos vor ihr auf und ab. »Ich wollte Jack finden«, gestand sie zögerlich. »Jack.« Dieses eine Wort schlug wie eine Bombe im Wohnzimmer ein. Dieser Wichser Jack. Bethany hatte ihr Leben aufs Spiel gesetzt, weil sie Jack finden wollte. Einen Mann, der sie den Wölfen zum Fraß vorgeworfen hatte. Dem sie völlig am Arsch vorbeigegangen war, als er sich Geld geliehen hatte, von dem er wusste, dass er es nicht würde zurückzahlen können. Der die Konsequenzen auf sie abgewälzt hatte. »Du wolltest Jack finden«, wiederholte er tonlos. »Ich war in Sorge«, sagte sie fast flehentlich. »Er ist alles, was ich habe, Jace. Und diese Männer …« Jace atmete tief durch. »Genau, Bethany. Diese Männer sind exakt der Grund, warum du nicht allein dort draußen herumspazieren solltest. Ist dir je in den Sinn gekommen, mit mir darüber zu sprechen? Oder mit Kaden und Trevor, die den Auftrag hatten, dich zu beschützen? Meinst du, ich habe sie aus Jux und Tollerei angeheuert? Denkst du, ich mache es mir zur Gewohnheit, eine professionelle Sicherheitsfirma zu beauftragen, damit sie auf Menschen aufpasst, die mir egal sind?« Sie senkte den Blick, während Jace fortfuhr, überwältigt von dem Bedürfnis, alles aus sich rauszulassen, seine Wut loszuwerden und damit die Visionen von Bethany, wie sie verblutend auf einem Gehsteig lag. »Und er ist nicht alles, was du hast. Du hast mich.« Bestürzt schaute sie wieder zu ihm hoch. »So hatte ich es nicht gemeint, Jace. Bitte, glaub mir. Ich weiß, wie undankbar ich klinge. Ich wollte dir nicht das Gefühl geben, unwichtig für mich zu sein. Ich meinte nur, dass er die einzige Familie ist, die ich habe. Es gab so lange Zeit nur ihn und mich.« »Er ist nicht dein Bruder«, sagte Jace mit gepresster Stimme und wandte sich damit dem anderen Thema zu, das ihn belastete, seit Ash ihm diese Information gegeben hatte. Die Warnung seines Freunds wollte ihm einfach nicht aus dem Kopf gehen. Spielte sie nur mit ihm? War er das Opfer eines vom Schicksal gebeutelten Liebespaars, das einen raffinierten Plan ausgeheckt hatte, um ihn auszunehmen wie eine Weihnachtsgans? Bethany machte nicht diesen Eindruck auf ihn, aber vielleicht war sie einfach eine erstklassige Schauspielerin. Es schlich sich kein Schuldbewusstsein in ihre Miene, als er ihr sein Wissen enthüllte, dass Jack Kingston nicht ihr Bruder war. Aber womöglich sah er einfach nur das, was er sehen wollte. Nämlich nichts als Traurigkeit. »Treibt ihr ein Spiel mit mir, Bethany?«, fragte er mit gefährlich tiefer Stimme. »Versucht ihr, mich reinzulegen, du und Jack? Hast du ihm das Geld gegeben, das ich dir dagelassen hatte?« Sie wurde leichenblass. Das blanke Entsetzen und der tiefe Abscheu, die sich auf ihrem Gesicht ausbreiteten, waren derart offenkundig, dass Jace noch im selben Moment erkannte, wie entsetzlich falsch es gewesen war, ihr so etwas zu unterstellen, auch wenn er es selbst nie recht geglaubt hatte. Es war einfach aus ihm herausgesprudelt, ein Produkt seiner Angst, seiner Wut und Frustration. Er hatte das Bedürfnis gehabt, sie zu verletzen, damit sie für einen Augenblick das fühlte, was er fühlte. Er bereute es aus tiefster Seele, als er beobachtete, wie sie mit ihrem blassen Gesicht in sich zusammensackte, als habe man ihr den Boden unter den Füßen weggerissen. Dann stand sie auf wackligen Knien schwankend auf. Fast wäre sie hingefallen, aber als Jace zu ihr sprang, um sie aufzufangen, wich sie mit völlig blutleerem Gesicht vor ihm zurück. Ihre Miene machte ihm Angst. Mehr noch als ihr Verschwinden. Mehr noch als die Vorstellung, dass sie ein schmutziges Spiel mit ihm treiben könnte. Der Blick ihrer Augen war verloren und zutiefst verletzt, so gequält, dass Jace sich fragte, ob sie sich je davon erholen würde. Mit dem schwankenden Gang einer wesentlich älteren Frau steuerte sie mit gesenktem Kinn in Richtung Küche. Ihre Schultern waren eingezogen wie bei einem geprügelten Hund, und sie hatte die Arme um ihre Mitte geschlungen, als wollte sie sich vor einem Schlag in die Magengrube schützen. Jace beobachtete mit wachsender Furcht, wie Bethany in einer der Küchenschubladen herumkramte. Einen Moment später zog sie einen vertrauten Umschlag heraus. Er stammte von der Bank, bei der er die Abhebung getätigt hatte. Darin befanden sich mehrere Tausend Dollar in bar, das meiste davon Zwanziger. Er war prallvoll gewesen, und das war er noch immer. Bethany brachte ihn zu ihm, mied jedoch seinen Blick. Als sie ihm den Umschlag reichte, zitterte ihre Hand so heftig, dass Jace seine darum legte, um sie zu beruhigen. Sie versuchte, sie ihm zu entziehen, aber er verstärkte seinen Griff und hielt sie fest, aus Angst, dass wenn er sie losließe, er sie niemals zurückbekäme. »Ich habe hundert Dollar verbraucht«, wisperte sie. »Bitte entschuldige. Ich bin mit dem Taxi ins Zentrum gefahren, weil ich Zeit sparen wollte. Ich hatte nicht vor, lange wegzubleiben, weil ich wusste, dass du dir Sorgen machen würdest. Darum habe ich mir für den Hin- und Rückweg ein Taxi genommen. Ich habe Trinkgeld gegeben. Vielleicht hätte ich das nicht tun sollen, aber ich weiß, wie es ist, wenn man knapp bei Kasse ist, und Taxifahrer bekommen nicht immer gutes Trinkgeld.« »Ach, Baby«, seufzte er. Er zog sie an sich, aber sie blieb stocksteif in seinen Armen. »Baby«, murmelte er wieder. »Sag mir, warum du gegangen bist. Sag mir, warum du nicht mit mir darüber sprechen konntest.« Bei diesen Worten machte Jace mehrere Schritte nach hinten und nahm Bethany mit sich. Er ließ sich auf die Couch fallen und zog an ihr, bis sie auf seinen Schoß sank. Er legte beide Arme um sie, damit sie nicht fliehen konnte, aber ihrem Gesichtsausdruck nach hatte er noch einen langen Weg vor sich, ehe sie freiwillig bleiben würde. »Ich musste ihn warnen, sich in Acht zu nehmen«, flüsterte sie. »Ich wollte nicht, dass diese Männer ihm etwas antun, und ich wusste, dass er das Geld nicht zurückzahlen kann. Außerdem musste ich ihm das mit … uns erzählen. Ich bin einfach von der Bildfläche verschwunden und wollte nicht, dass er denkt, ich sei tot oder hätte ihn ohne ein Wort verlassen.« Jace wusste, dass die Schulden bezahlt worden waren, allerdings ahnte Bethany nichts davon. Aber jetzt war er ernsthaft neugierig, warum sie das Bargeld, das er ihr gegeben hatte, dagelassen hatte. »Es war genug in diesem Umschlag, um Jacks Schulden zu begleichen«, sagte er ruhig. Ihre Stimme war kaum vernehmbar. »Ja, ich weiß.« »Warum hast du es ihm nicht mitgebracht?« Sie versteifte sich an seinem Körper, aber als er nichts mehr sagte, ließ sie die Schultern hängen und sah ihn an. Tiefe Enttäuschung brannte in ihren Augen. »So etwas würde ich niemals tun. Es war nicht mein Geld. Ich würde es nicht von dir nehmen, um Jacks Schulden zu bezahlen. Er hat sich selbst in diese Situation gebracht. Wäre es mein Geld, würde er es bekommen. Ohne Vorbehalte. Was mir gehört, gehört auch ihm. Aber dieses Geld gehört mir nicht. Ich würde dich niemals auf diese Weise ausnutzen. Du warst so gut zu mir, Jace. Ich würde dir diese Freundlichkeit nicht vergelten, indem ich dich hintergehe, auch wenn ich genau das heute getan habe.« Jace seufzte. »Jacks Kredit ist zurückbezahlt. Diese Männer haben kein Interesse mehr an dir oder an ihm. Sie haben ihr Geld zurück, mehr wollten sie nicht. Das ist der Grund, warum ich Kaden und Trevor gesagt habe, dass ich noch nicht weiß, ob ich sie morgen brauche. Nicht weil ich dich auf die Straße setze.« Die Sorge in ihren Augen und in ihrer Miene war unverkennbar. »Was hast du getan, Jace?«, fragte sie leise. »Ich habe die Sache bereinigt.« Sie schüttelte den Kopf. »Es war nicht deine Angelegenheit. Ich wollte nicht, dass du involviert wirst.« Tränen glitzerten in ihren Augen, und sein Herz krampfte sich zusammen, als er zusah, wie Bethany gegen sie ankämpfte. »Aber du bist meine Angelegenheit«, sagte er grimmig. »Ich tat es, weil diese Hurensöhne wegen ihrer Forderung hinter dir her waren. So etwas lasse ich nicht zu. Ich würde alles Menschenmögliche tun, um dich vor Schaden zu bewahren. Und es gibt absolut nichts, was du sagen könntest, um meine Einstellung diesbezüglich zu ändern. Darum spar dir die Puste.« Er streichelte ihre Wange, dann strich er mit einer Fingerspitze federleicht über ihre sinnlichen Lippen. »Nachdem wir das nun geklärt haben, gibt es noch andere Themen, die wir besprechen müssen. Allerdings will ich dieses Gespräch nackt mit dir führen. Im Schlafzimmer. Wo du dich ganz auf mich konzentrierst, und ich mich auf dich.« Ihre Augen weiteten sich in ihrem immer noch blassen Gesicht. »Vertraust du mir genug, um zu tun, worum ich dich bitte, Bethany?« Es war ein Test. Nicht weil er den harten Macker markieren wollte, sondern weil er wissen musste, ob er ihr Vertrauen hatte. Er stand kurz davor, einen Riesenschritt auf etwas zuzumachen, das sich zu einer überaus fordernden Beziehung entwickeln würde. Jace musste wissen, ob sie damit umgehen konnte. Er konnte sich nicht mehr viel länger im Zaum halten. Bethany befeuchtete ihre Lippen und senkte das Kinn, aber er erlaubte ihr nicht, den Blick abzuwenden. Er wollte jeden Gedanken sehen, der durch ihre Augen huschte. Jede Reaktion. Jeden Zweifel und jede Frage. »Bist du immer noch sauer auf mich?«, fragte sie zaghaft. »Ich bin sauer, ja. Aber nicht auf dich. Ich bin frustriert. Aber ebenfalls nicht wegen dir. Unsere Beziehung ist das, was mich momentan frustriert. Ich halte so viel zurück, Bethany, und es bringt mich schier um.« Sie legte den Kopf zur Seite und kniff verwirrt die Brauen zusammen. »Warum hältst du es zurück?« Jace seufzte. »Weil ich dich nicht verschrecken will, Baby. Es wird intensiv sein. Sogar überfordernd. Ich gebe mein Bestes, um die Sache langsam anzugehen, weil ich für dich da sein und sicherstellen will, dass du jeden Schritt des Weges gemeinsam mit mir gehst.« »Das tue ich doch.« »Nein, Baby, das tust du nicht. Noch nicht.« »Dann sprich mit mir darüber. Zeig es mir. Woher soll ich wissen, was du von mir brauchst, wenn du es mir nicht zeigst? Du hast immer nur gegeben, ohne je zu nehmen. Aber ich brauche etwas, das ich dir geben kann. Es mangelt dir an nichts. Ich kann dir nichts bieten, außer mich selbst, aber mich willst du noch immer nicht.« »Und ob ich dich will«, sagte er voller Inbrunst. »Es gibt nichts, das ich mir mehr wünsche. Aber, Baby, du musst dir ganz sicher sein. Wir werden es in kleinen Schritten angehen lassen, aber heute Nacht steht dir ein großer bevor, falls du dafür bereit bist.« »Wie soll ich das je herausfinden, wenn wir es nicht versuchen?« Seine Sinne gerieten in höchste Aufregung. Sein ganzer Körper spannte sich an, während ihn wilde Befriedigung durchströmte. »Steh auf, und geh ins Schlafzimmer«, sagte er mit fester Stimme. Tiefe Ruhe überkam ihn und gab ihm seine Kontrolle zurück. Er musste diese Sache richtig angehen, durfte es nicht vermasseln. Nicht, nachdem Bethany ihr ganzes Vertrauen in ihn legte. »Zieh dich aus, und knie dich auf den Teppich neben meinem Bett. Warte dort auf mich.« 21 Bethany entledigte sich ihrer Kleidung, faltete sie ordentlich zusammen und legte sie auf die Kommode, bevor sie zu dem dicken Läufer neben dem Bett ging. Den Blick auf den Boden fixiert, zögerte sie einen langen Moment. Sie kannte die Bedeutung der knienden Haltung. Des Harrens darauf, dass Jace ins Schlafzimmer kam. Es waren Zeichen ihrer Gefügigkeit. Er bat sie darum, sich ihm zu unterwerfen, ihm zu vertrauen. War sie dazu bereit? Ihre Gedanken kreisten wieder um jene erste Nacht. Die Nacht, in der sie Sex mit Jace und Ash gehabt hatte. Als Ash ihr in sehr deutlichen Worten die Regeln ihres Beisammenseins zu verstehen gegeben hatte. Beide waren dominante Männer, aber für Jace galt das womöglich noch mehr. Ash wirkte ein wenig relaxter, Jace hingegen sehr … intensiv. Hatte er die ganze Zeit, die er mit ihr zusammen gewesen war, mit seiner Natur gerungen? Hatte er sein wahres Ich gezügelt, aus Angst, sie in die Flucht zu schlagen? Ihre Stimmung hellte sich auf. Er hatte sie nicht körperlich diszipliniert. Zwar war er energisch und fordernd gewesen, daran bestand kein Zweifel. Aber es hatte sich alles in einem kontrollierten Rahmen abgespielt, und Bethany hatte den Eindruck, dass die Erfahrung noch sehr viel intensiver wäre, wenn Jace sich nicht zurückhalten würde. Könnte sie damit umgehen? Damit, dass er jeden Aspekt ihres Lebens kontrollierte? Ihr jede Bewegung im Schlafzimmer und außerhalb diktierte? Wäre das so schlimm? In mancher Hinsicht gefiel ihr die Idee, jegliche Kontrolle abzugeben. Jemanden zu haben – einen starken, dominanten Mann wie Jace –, der ihr Leben für sie in die Hand nahm und sich um sie kümmerte. Der die Entscheidungen traf. Sie nach Strich und Faden verwöhnte. Das hatte sie noch nie zuvor gehabt. Sie verzehrte sich danach. Sie war keine Frau, die nach Unabhängigkeit strebte und sich selbst genug war. Sie war schon seit ihrer Kindheit unabhängig und eigenverantwortlich. Niemand war je für sie da gewesen. Mit Ausnahme von Jack. Und sie hatte ebenso viel für ihn getan wie er für sie. Einmal im Leben wollte sie jemanden, der sich um sie kümmerte. Nur um sie. Der die Last von ihren Schultern nahm. Entscheidungen traf. Sie wollte einfach nur leben. Es genießen, nicht um ihre nächste Mahlzeit oder einen Schlafplatz bangen zu müssen. Sie sehnte sich nach Zärtlichkeit. Nach … Liebe. Diese spezielle Erkenntnis ließ ihr den Atem stocken, denn es war gefährlich, sich etwas zu wünschen, das sie womöglich nie haben würde. Jace begehrte sie, das ja. Daran zweifelte sie nicht. Aber für wie lange? Er konnte sie nicht lieben. Er kannte sie kaum und vertraute ihr noch nicht einmal. Was sie hatten, war rein körperlicher Natur, und sie fühlte sich eindeutig von dem Beschützer in Jace angezogen. Das charakterisierte ihn. Gleichzeitig wusste sie, dass sie, egal, was er sagte, nicht auf einer Stufe mit ihm stand. Es erstreckte sich ein ganzer Ozean zwischen ihnen. Sie waren so verschieden, dass sie sich nicht mit seinem Leben identifizieren konnte und er sich ganz sicher nicht mit ihrem. Die Hände an den Seiten zu Fäusten geballt, starrte sie wieder auf den Teppichläufer. Noch ehe ihr ganz bewusst wurde, was sie da tat, sank sie langsam auf die Knie. Jace stand in der Türöffnung und beobachtete, wie eine Vielzahl von Emotionen über ihr Gesicht flackerte. Es war ihr deutlich anzusehen, dass sie mit ihrer Entscheidung zu kämpfen hatte. Er erkannte Verwirrung und Traurigkeit in ihren Augen. Aber auch Sehnsucht. Er merkte nicht mal, dass er die Luft anhielt, bis seine Lungen vor Protest zu brennen begannen. Ohne den Blick ein einziges Mal von Bethany zu nehmen, atmete er durch die Nase weiter. Sie hatte keine Ahnung, dass er sie beobachtete. Bestimmt würde sie sich unbehaglich fühlen, wenn sie wüsste, wie deutlich er ihre Verletzbarkeit sehen konnte. Als sie sich dann hinkniete, krampfte sich seine Brust vor Freude zusammen, bis er keine Luft mehr bekam. Bethany gab nach. Dabei war ihr die Bedeutung dieser Geste, die er ihr abverlangte, eindeutig bewusst. Jace hatte ihren gesamten Gedankenverlauf in ihren ausdrucksstarken, wunderschönen Augen widergespiegelt gesehen. Ihm war schwindlig vor Erleichterung. Natürlich war damit noch nicht alles geklärt, noch nichts in trockenen Tüchern. Ihnen stand noch ein langer Weg bevor, dennoch war dies ein großer Schritt in die richtige Richtung. Es war ein Anfang. Er ging auf sie zu, sie hob das Kinn und sah ihm entgegen. Jace wünschte sich nichts mehr, als diesen Ausdruck von Angst und Unsicherheit aus ihren Augen zu vertreiben, doch dafür brauchte es Zeit. Zeit und Geduld. Ihm blieb keine andere Wahl, als so lange zu warten, wie nötig war, bis sie sich vollständig mit ihrem Platz an seiner Seite arrangierte. Bethany musste darüber hinwegkommen, sich ihr ganzes Leben lang wie ein Mensch zweiter Klasse gefühlt zu haben, und das würde nicht an einem Tag oder in einer Woche oder in einem Monat passieren. Aber Jace wollte verdammt sein, wenn er nicht alles in seiner Macht Stehende tun würde, um ihr zu beweisen, dass er zu ihr stand. Er legte die Hand an ihre Wange und streichelte mit den Fingern über ihre seidenweiche Haut. »Du bist so schön«, bemerkte er heiser. »Ich kann nicht beschreiben, welche Befriedigung es mir verschafft, dich hier kniend auf mich warten zu sehen. Auf die Wonnen, die ich dir schenken werde.« Ein warmer Ausdruck trat in ihre Augen und verscheuchte einen Teil ihrer Verunsicherung. Sie setzte ein zögerliches Lächeln auf, das so süß und schüchtern war, dass ihm die Knie weich wurden. Gott. Was hatte diese Frau nur an sich, das diese überwältigenden Reaktionen in ihm auslöste? Vielleicht würde er es nie erfahren. Vielleicht war es einfach das, was passierte, wenn man die zweite Hälfte seines Ichs fand. Fast hätte er geschmunzelt über diesen kitschigen Gedanken, gleichzeitig konnte er es nicht besser erklären. Die Frauen, die er vor ihr gehabt hatte, waren Lückenbüßer gewesen. Er hatte sich mit ihnen die Zeit vertrieben, während er wartete. Auf Bethany. Er hatte Gabe eine Ehe durchmachen sehen, die nie in tiefer, bedingungsloser Liebe gefußt hatte. Er hatte miterlebt, wie sein Freund sich durch ganze Horden von Frauen gevögelt hatte. Aber erst, seit Gabe mit Mia zusammen war, war sein Freund so lebendig geworden. Seelengefährten. Gabe und Mia waren Seelengefährten. Man merkte es ihnen an jedem Blick, jeder Berührung an. Und nun erlebte er all das, was er an Gabes Reaktionen auf Mia so rätselhaft fand, am eigenen Leib. »Vertraust du mir, Bethany?«, fragte er, während er die Hände in ihr Haar gleiten ließ und sanft daran zog, damit sie den Kopf weiter nach hinten bog. Ihre Blicke kollidierten, und er sah Zögern in ihren strahlend blauen Augen. Sein Magen verknotete sich. Ihm war nicht klar gewesen, wie sehr er sich ihr Vertrauen wünschte. Wie wichtig es für ihn war. Bethany ließ ihm freie Hand. Sie gab die Macht an ihn ab, unterwarf sich ihm. Aber was zählte das ohne ihr Vertrauen? »Ich kenne die Regeln nicht«, sagte sie leise. »Ich weiß, du möchtest, dass ich mich … gefügig zeige. Aber ich kenne die Regeln nicht. Brauche ich deine Erlaubnis, um zu sprechen? Um dir zu sagen, was ich denke? Um die Frage, die du mir gerade gestellt hast, aufrichtig zu beantworten? Ich weiß nicht, wie das Ganze abläuft, und will keinen Fehler machen, noch ehe wir anfangen.« Jace sank auf die Knie und positionierte sich so, dass sie auf Augenhöhe waren. Auf gar keinen Fall würde er dieses Gespräch aus einer dominanten Haltung heraus führen. Dafür war es zu wichtig. Er nahm ihr Gesicht zwischen die Hände und küsste ihre Stirn. Nur ein einziger zärtlicher Kuss, dann zog er sich zurück. »Du brauchst niemals meine Erlaubnis, um mir zu sagen, was du denkst.« Realisierte sie nicht, dass ihre Gedanken der Zugang zu ihr waren? Er musste wissen, was in ihr vorging, um sich in ihr Herz und ihre Seele vorzuarbeiten. Sie schluckte hörbar, dann atmete sie scharf durch die Nase ein. »Ich denke, die wichtigere Frage ist die, ob du mir vertraust.« Seine Augen weiteten sich, und einen Moment lang war er um eine Antwort verlegen. Bethanys Lippen bebten, als sie weitersprach, einerseits ängstlich, anderseits entschlossen, ihrem Herzen Luft zu machen. »Du dachtest … Du dachtest ein paar wirklich schlimme Dinge über mich, Jace. Ich weiß, dass mein Verhalten nicht gerade hilfreich war, aber du hast Schlüsse gezogen, die mir sagen, dass du eine sehr schlechte Meinung von mir hast. Ich weiß, dass wir uns nicht gut kennen. Aber du hast geglaubt, dass ich ein hinterhältiges Spiel mit dir treibe. Dass ich dich bestehle …« Bethany brach ab und atmete tief durch, sie schien um Fassung zu ringen. Schließlich hob sie den Kopf und sah ihm mit ernstem, von Verletzbarkeit gezeichnetem Blick in die Augen. »Warum solltest du überhaupt mit mir schlafen wollen?«, flüsterte sie. »Warum solltest du … das hier wollen?« Sie bewegte die Hand vor ihrem Körper nach unten und um sich herum, um Jace auf ihre Position hinzuweisen. Ihre Unterwürfigkeit. »Mir ist bewusst, dass dieses … Arrangement … diese Beziehung, oder was immer es ist, was wir miteinander haben, eine Menge Vertrauen meinerseits erfordert. Aber dein Vertrauen ist ebenso Voraussetzung. Abgesehen davon, dass ich nicht kapiere, wieso du Sex mit einer Frau willst, von der du so gering denkst, warum sollte ich mich einem Mann hingeben, der mich derart … widerwärtig findet?« Seine Finger verkrampften sich um ihre Schultern, dann lockerte er den Griff. Sie würde andernfalls blaue Flecken bekommen, und er wollte ihr niemals wehtun. Er nahm die Hände weg, aus Angst, sonst noch fester zuzudrücken. Sie wirkte verletzt angesichts seines Rückzugs, und er seufzte leidgeprüft. In Bezug auf Bethany konnte er einfach nichts richtig machen. Jede Berührung, jedes Wort, alles kam falsch bei ihr an. Er war dabei, es zu vermasseln, aber es war zu wichtig. Es bedeutete ihm alles. Zum ersten Mal in seinem Leben hatte er Angst. Weil er wusste, dass er sie verlieren würde, wenn er es nicht richtig anging. Und das war keine Option. Egal, was es erforderte, egal, was er zu tun hatte, sie musste Teil seines Lebens werden. Gott, er war gefährlich nahe daran zu betteln, und er hatte noch nie um irgendetwas gebettelt. Er räusperte sich und rollte auf die Hacken zurück. Seine Kehle war wie zugeschnürt von all den Worten, die er ihr sagen wollte. Dann stand er auf und streckte ihr die Hand entgegen. Sie guckte verblüfft zu ihm hoch, legte die Finger jedoch in seine. Ein weiteres Indiz für ihr Vertrauen. Ein Vertrauen, das er ihr bisher nicht zurückgegeben oder sie hatte fühlen lassen. Jace setzte sich auf die Bettkante und zog ihren nackten Körper in seine Arme, schmiegte sie auf seinen Schoß, damit sie nah bei ihm war, ihn berührte. Er legte das Kinn auf ihre schmale Schulter, dann senkte er den Mund, um ihre Haut zu küssen. Er inhalierte tief, fing ihren Duft ein und schwelgte darin. »Es tut mir leid.« Bethany wurde reglos, und ihr Blick verharrte auf der gegenüberliegenden Wand. Seine Finger glitten unter ihr Kinn und dirigierten ihn sanft zurück zu ihm. »Du hast recht. Ich habe furchtbare Dinge gesagt und gedacht. Ich war nicht fair zu dir. Aber ich hatte Angst, Bethany. Große Angst«, gestand er. »Ich habe schlecht reagiert. Dies ist unbekanntes Terrain für mich. Ich war nie zuvor wegen einer Frau in einem solchen Ausnahmezustand. Ich bin es gewohnt, die Kontrolle zu haben. Das weißt du, oder zumindest hast du Hinweise darauf bekommen. Während dieser Stunden hatte ich sie nicht ansatzweise. Ich konnte dich nicht beschützen, hatte keine Macht darüber, was mit dir passierte. Ich bin fast ausgerastet. Und das habe ich an dir ausgelassen.« »Ich verstehe«, sagte sie mit leiser Stimme. Jace schüttelte den Kopf. »Nein. Das tust du nicht. Und das solltest du auch nicht tun. Du hast mir erklärt, was geschehen ist, und auch wenn ich mit deinem Handeln nicht einverstanden bin, gibt es keine Rechtfertigung für die Dinge, die ich dir unterstellt habe. Ich bin ein Hitzkopf, Baby. Das wirst du noch feststellen. Ich bin es nicht gewohnt, dass sich etwas meiner Kontrolle entzieht. Aber du musst dir merken, dass ich dich niemals verletzen würde. Zumindest werde ich mir alle Mühe geben. Körperlich wird es niemals passieren. Aber wenn ich angefressen bin, sage ich gemeine Sachen. Ich hatte Angst, und damit kann ich nicht gut umgehen. Ich kann nicht dafür garantieren, dass es nie wieder geschehen wird, trotzdem musst du dir schon im Vorfeld einprägen, dass ich es nicht so meine. Ich weiß, dass das viel verlangt ist, aber du musst mich einfach ignorieren, wenn ich sauer bin und Mist von mir gebe, der dich verletzt. Ich werde mich höllisch anstrengen, um es zu verhindern, aber ich kenne mich. Meine Freunde kennen mich. Ich benehme mich ausgerechnet den Menschen gegenüber, die mir am meisten bedeuten, oft wie ein Idiot. Dir gegenüber. Gabe. Ash. Meiner eigenen Schwester. Aber mir ist bewusst, dass ich dir damit wehtue. Du bist nicht an mich gewöhnt. Du kannst nicht hinter meinen Zorn blicken, hinter die Dinge, die ich in der Hitze des Gefechts sage. Aber bald wirst du mich kennen, Bethany. Du wirst mich kennen, weil ich dich nicht loslassen werde und das Band zwischen uns immer stärker wird. Ich will, dass du daran glaubst. Ich will, dass du es ebenso möchtest wie ich, denn daran erkenne ich, dass du bei mir bleibst, auch wenn die See stürmisch wird.« Ihre Augen wurden weit vor Überraschung, während sich heillose Verwirrung in ihrer Miene widerspiegelte. Sie packte einen seiner Arme und krallte die Finger hinein. Jace bezweifelte, dass sie es überhaupt merkte. Ihre Lippen öffneten sich, und er wartete geduldig, bis sie ihre Gedanken sortiert hatte. Es war ihr anzusehen, dass sie seine Worte zu verdauen versuchte. Dabei war er sich nicht sicher, ob er sie schon verdaut hatte. Seinem Herzen Luft zu machen war nichts, was er regelmäßig tat. Beziehungsweise jemals. Jace hatte sich nie zuvor derart verletzlich gefühlt, und es behagte ihm kein bisschen. Es kam ihm vor, als hätte ihn jemand aufgeschlitzt und jetzt verblutete er vor Bethanys Augen. »Also, was willst du von mir?«, stammelte sie. »Was willst du wirklich? Was bin ich für dich, Jace? Ein Abenteuer? Eine flüchtige, gefügige Liebschaft? Eine Almosenempfängerin? Bitte versteh, dass auch ich Angst habe. Ich weiß nicht, was du von mir erwartest. Du hast so viel für mich getan, aber ich kann es nicht genießen, weil ich immer nur daran denke, dass es nur umso schwerer für mich wird, in mein altes Leben zurückzufinden, wenn du mich morgen wieder auf die Straße setzt. Ich hätte dich lieber nie kennengelernt und mich nicht auf die Sache zwischen uns eingelassen, als plötzlich wieder vor dem Nichts zu stehen und die Existenz weiterzuführen, die ich bisher hatte. Sie hat den Großteil meines Lebens ausgemacht. Sogar die Jahre, die ich nicht auf der Straße verbracht habe, waren keine glücklichen. Es waren Jahre, in denen ich ums Überleben kämpfte, in denen ich auf das Beste hoffte und es meistens nicht bekam. Aber ich hatte mich mit diesem Leben arrangiert. Es war das einzige, das ich kannte. Bis du mir ein anderes Leben gezeigt hast.« Ihre Stimme brach, und der Schmerz traf Jace mitten in die Brust und schnürte ihm fast die Luft ab. Er wollte sie in seine Arme schließen und ihrer Selbstzerfleischung ein Ende setzen, aber er wusste, dass sie es herauslassen musste. Das mussten sie beide, um eine echte Beziehung aufzubauen. Tränen stiegen ihr in die Augen, und sie wirkte so verängstigt, dass sich sein Magen zu einem festen Ball verknotete. »Du hast mir gezeigt, wie die Dinge sein können«, wisperte sie. »Und ich verzehre mich danach, Jace. Ich sollte das nicht tun, sollte nicht einmal davon zu träumen wagen, dass mir etwas so Schönes widerfahren könnte. Und trotzdem wünsche ich es mir. Aber solltest du es mir wieder wegnehmen, sollte das zwischen uns nur ein flüchtiges Abenteuer für dich sein, dann will ich es nicht, denn es wird mich umbringen, in mein Leben zurückzukehren.« Tränen perlten über ihre Wangen, und Jace stellte erschrocken fest, dass seine eigenen Augen brannten, als hätte ihm jemand Sand ins Gesicht geworfen. »Mir ist bewusst, wie absurd meine Bitte klingen muss. Wir kennen uns erst so kurz. Es ist nicht fair von mir, das von dir zu verlangen, aber ich muss es wissen, weil ich nicht dorthin zurückgehen kann, wo ich herkomme, nachdem ich davon geträumt habe, wie anders die Dinge sein könnten. Davon, wie es sein würde, mit einem Mann wie dir zusammen zu sein. Mit jemandem, der so weit über mir steht, dass ich es noch immer nicht verarbeiten kann. Lüg mich nicht an. Ich muss wissen, ob ich nur das für dich bin: ein Zeitvertreib. Eine neue Herausforderung. Bitte bring mir wenigstens so viel Achtung entgegen, mich gehen zu lassen, falls ich dir nie etwas bedeuten werde.« Nicht länger imstande, den qualvollen Schmerz in ihrer Stimme zu ertragen, drückte Jace sie an sich und hielt sie so fest, dass er ihr Herz an seiner Brust hämmern fühlte. »Gott, Bethany. Oh, Baby, ich weiß nicht mal, wo ich anfangen soll.« »Bei der Wahrheit«, murmelte sie an seinem Hals. Jace schob sie von sich weg und streichelte fast fieberhaft ihre Arme. Er wollte ihr so viel geben. Trost. Bestätigung. Seine Gedanken formten eine chaotische Wolke in seinem Kopf, aber er musste sie ordnen. Er schuldete ihr die Worte. Die Wahrheit, um die sie gebeten hatte, auch wenn das bedeutete, einen Seelenstriptease vor ihr hinzulegen. Er holte tief Luft und senkte den Blick zu ihrem Gesicht, inständig darauf hoffend, dass sie die Aufrichtigkeit in seinen Augen erkannte. »Die Wahrheit ist, dass ich nie zuvor für eine Frau empfunden habe, was ich für dich empfinde. Die Wahrheit ist, dass ich besessen von dir bin. Die Wahrheit ist, dass ich dich auf jede erdenkliche Art besitzen will. Die Wahrheit ist, dass wenn du mir jetzt sagst, dass du dich mir niemals unterwerfen wirst, mir niemals geben könntest, was ich mir so sehr von dir wünsche, es keinen Unterschied machen würde. Ich würde dich auf jede Weise nehmen, auf die ich dich bekommen kann. Die Wahrheit ist, dass ich dich nicht gehen lassen werde.« Hoffnung erblühte in ihren Augen, und es tat ihm in der Seele weh zu sehen, wie schnell Bethany sie unterdrückte. Fast, als fürchtete sie sich davor, diese Emotion zuzulassen. »Ich werde dich niemals in das Leben zurückkehren lassen, das du bisher geführt hast, Bethany. Unabhängig davon, was mit uns passiert. Selbst wenn du irgendwann zu dem Schluss gelangen solltest, dass ich nicht das bin, was du willst oder brauchst, lasse ich dich nicht dorthin zurück. Auch wenn du nicht mit mir zusammen bist, werde ich mich immer um dich kümmern und für dich sorgen. Verstehst du mich?« Die Unterlippe fest zwischen die Zähne gezogen, nickte sie langsam. Sie biss so heftig darauf, dass jeden Moment die Haut aufplatzen und zu bluten anfangen würde. Mit zärtlichen Fingern drückte er ihren Mund auf und befreite ihre Lippe. »Was willst du von mir, Jace?«, fragte sie wieder. »Ich muss wissen, was du von mir erwartest. Ich kann nicht in der Ungewissheit leben, ob ich mich richtig oder falsch verhalte, ob ich alles ruiniere.« Seufzend fuhr er mit den Händen ihren Körper hinauf und wieder nach unten. Sie fror. Eine Gänsehaut überzog ihren Oberkörper, und ihre Haut fühlte sich kalt an. Jeder Gedanke an Sex verflüchtigte sich. Seine Erektion war erschlafft. Nicht weil er sie nicht begehrte. Nicht weil er sich nicht verzweifelt wünschte, sie zu besitzen. Sondern weil es Dinge gab, die wichtiger waren als Sex und Befriedigung. »Zieh dich an, Baby«, befahl er sanft. Ihre Miene wurde sofort furchtsam. Jace küsste ihre Stirn. »Du hast nichts falsch gemacht. Aber dir ist kalt, und wir müssen reden.« Er zögerte einen kurzen Augenblick. »Würdest du mit zu mir nach Hause kommen? Ich mache dir eine heiße Schokolade, dann setzen wir uns ans Feuer und unterhalten uns. Ich hätte gern, dass du die Nacht bei mir verbringst.« Sie überraschte ihn damit, dass sie die Arme um ihn schlang und ihren nackten Körper an seinen presste. »Das fände ich schön.« 22 Bethany kuschelte sich in Jace’ Couch und sah in das prasselnde Kaminfeuer. Sie hatte die Schuhe ausgezogen und die Füße unter sich gezogen, während sie darauf wartete, dass er mit dem versprochenen Kakao zurückkehrte. Wenige Minuten später kam er zum Sofa und reichte ihr einen dampfenden Becher. Jace war ebenfalls barfuß, und sie fand, dass er mit seiner Jeans, dem lässigen Poloshirt und den nackten Füßen einfach zum Anbeißen aussah. Der Mann war vom Kopf bis zu den Zehen schlichtweg hinreißend. Sein niedlich verstrubbeltes Haar stand am Kragen ab, und es juckte sie in den Fingern, ihm die dunkle Locke, die ihm in die Stirn fiel, zurückzustreichen. Er setzte sich neben sie auf die Couch und rückte so nahe heran, bis sie auf Tuchfühlung waren. Dann legte er wortlos den Arm um sie und hielt sie, während sie ihren Kakao trank. Wann immer sie die Tasse senkte, küsste er sie auf die Schläfe, dann glitt sein Mund über ihr Haar, während sie den nächsten Schluck nahm. Es war ein Moment, an den sie sich noch lange erinnern würde. Die Lockerheit, mit der sie barfuß vor dem Feuer saßen. Behaglich und entspannt einfach die Seele baumeln ließen. Den Augenblick genießend. Ohne jeden Stress. Die bevorstehende Unterhaltung einmal außer Acht gelassen. Aber Bethany hatte in ihrer Wohnung genügend Selbstbestätigung von Jace bekommen, um zu wissen, dass es okay sein würde. Sie war mit sich und der Welt im Reinen, auch wenn sie ihn noch immer mit ein paar harten Fragen konfrontieren musste. Trotzdem sagte ihr das Bauchgefühl, dass das in Ordnung gehen würde. Zum ersten Mal, seit sie denken konnte, sah sie einer Sache erwartungsvoll anstatt ängstlich entgegen. Sie würde nicht auf ihr neues Leben verzichten müssen. Alles war gut. Sie hatten viel zu besprechen. Bethany wollte unbedingt erfahren, welche Erwartungen er an sie stellte. Aber er hatte ihr mit absoluter Aufrichtigkeit versichert, dass er sie wollte. Sie glaubte ihm. Vielleicht war sie eine Närrin, aber sie hatte keinen Zweifel daran, dass es ihm ernst war mit dieser Sache zwischen ihnen. So ernst wie ihr. Sie legte den Kopf auf seine Schulter und seufzte zufrieden, als er sein Kinn auf ihren Scheitel stützte. Sie genoss die letzten Schlucke Kakao, und als sie sich vorbeugen wollte, um die Tasse abzustellen, nahm Jace sie ihr aus der Hand und schob sie auf den Couchtisch. Für einen Moment nahmen sie ihre Position – sie in seinen Armen – wieder ein, und Stille senkte sich herab, als sie in das flackernde Feuer schauten. Dann bewegte sie sich, um Jace ansehen zu können, und erkannte an seinem Gesichtsausdruck, dass auch er den Zeitpunkt für gekommen hielt. »Kann ich dir ein paar Fragen stellen?«, erkundigte sie sich, bevor der Mut sie verließ. Jace nahm ihre Hand und drückte sie, um ihr Selbstvertrauen zu stärken, dann nickte er. »Du kannst mich alles fragen, Bethany.« »Wie war es mit den anderen Frauen, mit denen du diese Art von Arrangement hattest?« Er ließ einen langen, bedächtigen Atemzug entweichen und wählte seine Worte mit großer Sorgfalt. »Baby, du bist nicht wie die anderen Frauen.« Sie seufzte. »Okay. Das habe ich verstanden. Ich unterstelle dir nicht, dass du denkst, ich sei wie die anderen Frauen. Es geht hier nicht darum, dass ich Vergleiche anstellen wollte oder eifersüchtig wäre. Aber ich muss erfahren, was du von mir erwartest. Bisher weiß ich nur, dass ich mich dir gegenüber unterwürfig zeigen soll und du gern die Kontrolle hast. Aber das verrät mir noch nichts Spezifisches. Ich muss wissen, wie das zwischen uns ablaufen wird, und indem ich dich frage, wie es mit den anderen Frauen war, versuche ich nur, deine Erwartungen zu ergründen. Ich tappe im Dunkeln, und das macht mich nervös. Nicht du. Ich glaube nicht, dass du mich verletzen oder verängstigen würdest. Ich muss einfach nur wissen, was ich zu tun habe.« Jace stand das Unbehagen ins Gesicht geschrieben. Mit einem weiteren Seufzer fuhr er sich mit der Hand durch die Haare und verstrubbelte sie dabei noch mehr. Sie fielen ihm wieder in die Stirn, und dieses Mal gab Bethany dem Impuls, sie zurückzustreichen, nach. Sein Blick wurde weich, als sie ihn berührte, fast so, als gäbe sie ihm damit eine dringend benötigte Bestätigung. »Das Erste, was du verstehen musst, ist, dass Ash und ich …« Er brach ab. »Verdammt. Ich weiß nicht, wie ich das ausdrücken soll, ohne dass es komplett pervers klingt.« »Sag es einfach«, drängte sie ihn. »Ich werde nicht sauer sein. Wie könnte ich auch? Du machst mir meine Vergangenheit nicht zum Vorwurf. Wie sollte ich dir deine vorwerfen?« »Du bist unbeschreiblich süß«, sagte er. »Ich kann mein Glück kaum fassen. Wenn ich mir vorstelle, was passiert wäre, hätte ich dich an jenem Abend nicht gesehen. Hätte ich dich nicht in dem Asyl gefunden … Das macht mich ganz krank, Bethany.« Ihre Augen weiteten sich, und ihr Herz begann zu galoppieren, als sie seine warmen, liebevollen Worte sacken ließ. Das alles musste ein Traum sein. Sie hätte nie geglaubt, jemals einen Mann wie Jace kennenzulernen. Er war so ehrlich, so geradeheraus. Er scheute sich nicht, ihr seine Gefühle anzuvertrauen, sich verletzbar zu zeigen. Er wandte den Blick ab, atmete tief durch und sprach weiter. »Ash und ich haben uns Frauen geteilt. Viele Frauen. Genauer gesagt war es wesentlich normaler für uns, mit derselben Frau zu schlafen, als auf Solopfaden unterwegs zu sein. Es waren auch nicht immer nur One-Night-Stands.« »Du meinst, wie in meinem Fall«, hakte sie sanft nach. Seine Augen wurden schmal. »Nein. Ganz und gar nicht wie in deinem Fall. Du warst von Anfang an etwas Besonderes.« »Sprich weiter«, forderte sie ihn auf, um ihn nicht vom Thema abzulenken. »Die Sache ist die, dass wir regelmäßig flotte Dreier hatten. Ich bin kein Heiliger, Bethany, und ich habe ganz sicher nicht wie ein Mönch gelebt. Und wie Ash dir schon in jener ersten Nacht sagte, haben wir gern die Kontrolle. In sämtlichen Aspekten. Es ist ein Fetisch. Eine sexuelle Präferenz. Aber es reicht tiefer als das, zumindest in meinem Fall. Das könnte auch der Grund sein, warum ich mich nie wirklich auf eine echte Zweierbeziehung mit einer Frau eingelassen habe. Es schien besser in den Rahmen einer sexuellen Ménage-à-trois zu passen. Da kam es spielerischer rüber, niemand nahm es sonderlich ernst. Aber für mich ist es ernst. Es ist das, was ich mag. Es ist das, was ich brauche. Falls du eine Erklärung von mir willst, warum das so ist, dann tut es mir leid, aber ich kann dir keine geben. Es ist, wie es ist. Ich bin nie einer Frau begegnet, bei der ich darüber nachgedacht habe, diesen Teil von mir zu unterdrücken. Bis … zu dir.« Ihr Körper verspannte sich instinktiv, und sie protestierte sofort. »Jace, ich will nicht, dass du dich für mich verstellst.« »Aber du weißt nicht, worauf du dich einlässt«, sagte er mit dunkler Stimme. Bethany richtete sich auf dem Sofa auf, froh darüber, dass sie endlich zum Kern der Sache vorstießen. Sie lehnte sich näher zu ihm und sah ihm durchdringend in die Augen. »Dann sag es mir. Nenn mir die Einzelheiten. Wie willst du wissen, was ich akzeptieren kann und was nicht, wenn du mir deine Wünsche und Bedürfnisse nicht schilderst?« »Ich fürchte mich davor, dass sie vielleicht nicht mit deinen übereinstimmen«, gestand er. »Gut möglich, dass ich dich überrasche. Du weißt über meine Vergangenheit Bescheid. Ich habe dir erzählt, wie die Dinge damals waren.« Jace legte die Hand an ihre Wange, und sein Blick wurde plötzlich düster. »Nicht, Baby. Es ist nicht nötig, alles noch mal aufzurollen. Ich mag es nicht, wie sehr dich die Erinnerung schmerzt, außerdem verstärkt es nur wieder deine Überzeugung, nicht gut genug für mich zu sein. Was absoluter Schwachsinn ist.« Sein eindringlicher Ton wärmte ihr das Herz, und sie lächelte. »Worauf ich hinauswollte, ist, dass ich nicht immer nur Blümchensex hatte. In Wahrheit habe ich so ziemlich alles ausprobiert. Du wirst mich also nicht schocken. Aber ich muss wissen, was du erwartest, damit ich entscheiden kann, ob ich die Frau sein kann, die du brauchst.« Er beugte sich vor, bis seine Stirn ihre berührte. Sein Finger zeichnete die Kontur ihres Wangenknochens nach, dann huschte er zärtlich über ihre Lippen. »Ich mag es, die komplette Kontrolle über eine Frau zu haben. Es hat etwas Verführerisches an sich zu wissen, dass eine Frau allein von mir abhängig ist, damit ich für sie sorge und ihr Vergnügen bereite. Das umfasst sämtliche Aspekte. Ich verwöhne und verhätschle gern, gleichzeitig bin ich auch fordernd. Die Sache ist die, dass ich schon seit Langem weiß, dass, sollte ich je eine dauerhafte Beziehung eingehen, meine Kontrolle sich über das Schlafzimmer hinaus auf alle Lebensbereiche erstrecken würde. Es gibt nicht viele Frauen, die sich darauf einlassen würden. Zumindest nicht aus den richtigen Gründen.« Bethany zog verwirrt die Brauen zusammen. »Aus den richtigen Gründen?« »Ich spreche von Geld«, erklärte er verbittert. »Wenn man so reich ist wie ich, sind viele Frauen willens, alles mitzumachen, solange der Rubel rollt. Aber eine solche Frau will ich nicht auf Dauer in meinem Leben oder in meinem Bett. Ich sehne mich nach einer Frau, die dasselbe möchte wie ich. Dass ich die Kontrolle habe. Dass ich für sie sorge. Dass ich meine sexuellen Vorlieben an ihr austobe. Ich will, dass sie mich will. Und nicht meine verdammte Kohle. Ich möchte keine Partnerin, die eine Beziehung erduldet, die ihr zuwider ist, nur weil der Preis stimmt.« »Von welchen sexuellen Vorlieben sprechen wir?« Jace ging ein wenig auf Abstand, aber sie hielt ihn an den Schultern fest und zwang ihn, sie anzusehen. »Sag es mir, Jace. Du wirst mich nicht schockieren.« »Ich mag Schmerz«, bekannte er leise. »Ich mag es, ihn zuzufügen.« Mit unbehaglicher Miene wartete er auf Bethanys Reaktion, doch sie achtete sorgsam darauf, keine zu zeigen. Stattdessen schwieg sie, damit er weitersprach. Als sie nichts sagte, fuhr er schließlich fort, dabei entspannten sich seine Schultern, so als hätte er mit einer heftigen Entgegnung auf sein Eingeständnis gerechnet. »Ich will damit nicht andeuten, dass ich Frauen misshandle. Gott, es macht mich krank, mir nur vorzustellen, du könntest so etwas von mir denken. Ich weiß, ich klinge wie ein Heuchler. Einerseits habe ich einen großen Beschützerdrang gegenüber der Frau in meiner Obhut, andererseits füge ich ihr gern Schmerz zu.« »Auf welche Weise?« Bethany sprach noch immer sehr gelassen, aber er beobachtete sie ganz genau, als rechnete er jeden Augenblick damit, dass sie schreiend aufspringen und aus der Wohnung flüchten würde. »Mit Gerten. Holzpaddeln. Riemen. Ich mag groben Sex. Ich mag Rollen- und Fesselspiele. Manchmal komme ich mir vor wie Dr Jekyll und Mr Hyde. Weil es auch Momente gibt, in denen ich den Frauen, mit denen ich zusammen bin, zu Füßen liege. Sie verwöhne, sie berühre, küsse und Liebe mit ihnen mache. Doch in anderen Momenten will ich es auf meine Weise. Auf jede erdenkliche Weise. Die Frau gefesselt und hilflos. Ihr Hintern rot von meinen Züchtigungen. Manchmal dreht sich der Sex allein um sie und ihren Orgasmus. Und manchmal geht es ausschließlich um meinen.« »Das klingt nicht so übel«, meinte sie ruhig. »Begreifst du, dass ich die Kontrolle über jeden Aspekt unserer Beziehung haben würde, Bethany? Ist dir das wirklich bewusst? Dass jede Entscheidung allein von mir getroffen würde. Wo wir essen, was wir essen, wo wir hingehen, wo du hingehst. Wann wir Sex haben und wann nicht. Was du anziehst. Mit wem du redest. Kapierst du das in aller Konsequenz? Ich bin ein Kontrollfreak, und daran wird sich nichts ändern. Bist du bereit, dich auf so etwas einzulassen?« »Was, wenn nicht?«, fragte sie, seinen durchdringenden Blick erwidernd. »Dann nehme ich, was immer du mir geben kannst.« Das raubte ihr den Atem, bis ihr schwindelte. Oh Gott. Trotz allem, was er gesagt, ihr erklärt hatte, würde er seine wahre Natur unterdrücken, nur um sie zu haben. Ihr schossen die Tränen in die Augen, sie holte tief Luft und versuchte, sie wegzublinzeln. Vergeblich. Sie sammelten sich, bis sie schließlich über ihre Wangen rannen. Jace schaute sie panisch an, dann trat ein Ausdruck von Selbstekel auf sein Gesicht. »Weine nicht, Baby. Bitte, weine nicht«, flüsterte er rau. »Wir finden eine Lösung. Ich schwöre, es wird okay sein.« Bethany schüttelte den Kopf. »Nein, du verstehst nicht.« »Dann bring mich dazu. Was stimmt nicht? Warum bist du so aufgewühlt? Es muss nicht so sein. Ich wollte nur, dass du mich verstehst.« Sie beugte sich vor und küsste ihn. Er schien überrascht zu sein, schob sie jedoch nicht weg. Ihre Lippen vereinigten sich, ihre Zungen lieferten sich ein feuchtes Duell. »Sei einfach nur still, und küss mich.« Jace stöhnte. »Gott, Baby.« Von dem plötzlichen Verlangen übermannt, nichts zwischen ihnen zu haben, zerrte Bethany an ihrer Kleidung. Sie zerrte an seiner, bis er ihr endlich half, dann flogen ihre Klamotten in alle Richtungen davon, landeten auf dem Boden, der Sofalehne, dem Couchtisch. Sie bedeckte seinen Mund mit heißen Küssen, legte all ihre Leidenschaft hinein, während ihre Hände über seinen harten Körper fuhren. Sein steifes Glied war zwischen ihren Bäuchen eingeklemmt. Sie fasste nach unten, um es zu streicheln, dabei bäumte sie sich über ihm auf, wollte ihn in sich spüren. Dann fiel ihr ein, dass er derjenige war, der die Kontrolle haben, den Ton angeben sollte. Aber das war in diesem Moment egal. Sie wusste nur, dass sie ihn begehrte, dass sie diese spezielle Verbindung besiegeln und sie zu etwas Dauerhafterem machen musste. Sie musste ihm mit mehr als nur mit Worten zeigen, dass sie wollte, was er ihr geben konnte. Es nicht nur wollte, sondern brauchte. Sie führte ihn an ihre Öffnung, dann glitt sie, ohne zu zögern, mit einer geschmeidigen Bewegung nach unten und nahm ihn in sich auf. Der Schock seines Eindringens entlockte ihr ein Keuchen, und seine Hände waren plötzlich an ihren Hüften, um den Druck zu verringern. »Baby, nicht. Tu dir nicht weh.« Seine Stimme klang verzerrt, und es war offensichtlich, wie sehr er sich beherrschte. Zur Hölle, nein. Das war nicht das, was sie wollte. Sie wollte alles. Alles, was er ihr geben konnte. Mit weniger würde sie sich nicht zufriedengeben. »Du würdest mir nie wehtun«, wisperte sie. »Zumindest nicht auf eine Art, die ich nicht mag.« Jace lachte leise, während seine Hände zu ihrem Po glitten und ihn umfassten, als sie sich hochstemmte, um ihn wieder in sich aufzunehmen. Dieses Mal bremste er sie nicht, sondern ließ sie bis zur Wurzel hinabgleiten, sodass sie auf seinem Schoß saß. »Gott, du fühlst dich unglaublich an«, stöhnte er. »Ich will, dass du dich einfach zurücklehnst und es genießt.« Seine Augen glitzerten, als er in ihre schaute. Dann nahm er die Hände von ihr, lehnte sich auf der Couch zurück und entspannte sich. »Das klingt gut.« Er strich mit den Fingern an ihrem Körper nach oben und legte sie um ihre Brüste. Stöhnend hob sie das Becken an, dann sank sie bis zum Anschlag wieder nach unten. Sie schmiegte sich an seinen zurückgelehnten Körper, sodass seine Hände zwischen ihnen gefangen waren. Er fühlte sich riesig an in ihr, so groß, dass es ihre Bewegungen erschwerte, gleichzeitig bekam sie nicht genug von dem köstlichen Gefühl, ganz von ihm ausgefüllt zu sein. Jeder Stoß war süße Qual, als er in ihren geschwollenen Schoß glitt. Jedes Mal, wenn seine Hoden mit ihrem Hintern kollidierten, schloss sie keuchend die Augen. Sie war so nah dran, dabei hatten sie gerade erst angefangen. »Halt dich nicht zurück, Baby. Ich will sehen, wie du kommst. Du bist so verdammt schön, dass es mich blendet.« »Nicht ohne dich.« »Oh, ich bin so weit. Ich war es schon in dem Moment, als du mich in dir gefangen genommen hast.« Keine weitere Ermutigung mehr brauchend, beschleunigte Bethany das Tempo, dabei bog sie den Rücken durch, um den Druck zu erhöhen. Er wölbte die Hände um ihre Brüste, dann brachte er den Mund an ihren Nippel und saugte kraftvoll, bevor er gleich darauf wieder ihren Po umfasste und ihn drückte, während sie über ihm vor Lust erschauderte. »Als Nächstes will ich diesen Hintern.« Die Worte drangen wie Donnergrollen aus seiner Brust. »Ich kann es nicht erwarten, tief in ihn einzutauchen. Ich habe ihn in unserer ersten Nacht nicht gehabt, sondern war ganz auf dich konzentriert. Ich wollte dich mit niemandem teilen. Aber jetzt gehört er mir, und ich will ihn haben.« »Jace.« Seine erotischen Worte brandeten auf sie ein und trieben sie über den Kamm ihrer Erlösung. Bethany bäumte sich auf, während wilde Zuckungen ihren Körper erfassten. Sie konnte sich nicht mehr selbst halten, darum legte Jace die Arme um sie und stützte sie ab, während er das Kommando übernahm und immer schneller und härter in sie hineinstieß, bis sie seinen Namen schluchzte. Ein tiefes Knurren drang aus seiner Kehle. Sein Griff war schmerzhaft. Sie würde später blaue Flecken haben, doch das kümmerte sie nicht. Sie wollte genau das hier. Von ihm besessen werden. Sie zersplitterte, zerbarst in seinen Armen in winzige Teile, während er sich unermüdlich in sie hineinrammte. Es war fast qualvoll. So intensiv, dass sich das Zimmer zu drehen begann und ihre Sicht verschwamm. Sie ließ den Kopf auf seine Schulter fallen und rang nach Luft, während ihr Körper sich weiter zuckend um ihn verkrampfte. Mit schnellen Stößen bewegte er sich in ihr, und das Klatschen von Fleisch auf Fleisch hallte laut in ihren Ohren wider. Ihr ganzer Körper zitterte, doch er penetrierte sie noch immer, so als versuchte er, bis in die tiefsten Winkel ihrer Seele vorzudringen. Dann stieß er ihren Namen aus. Bethany. Das Wort klang ihr süß in den Ohren, es strich wie allerfeinste Seide über ihre Haut. Ihr Name. Sie gehörte zu ihm. Jace erschlaffte und schmiegte sie noch fester an sich, bis sie kaum noch Luft bekam. Aber sie beklagte sich nicht, sondern verharrte mucksmäuschenstill auf seinem Körper. Er küsste ihren Hals, ihr Ohr und schließlich ihr Haar. Sie brauchte einen Moment, um zu realisieren, dass er zärtliche Worte flüsterte. Ihr sagte, wie schön sie war und wie sehr es ihn überwältigte, dass sie die Seine war, sie akzeptiert hatte, was er sich von ihr wünschte. Sie schlang die Arme um seinen Hals und hielt ihn so fest, wie er sie hielt. »Ich möchte bei dir bleiben«, hauchte sie. Jace verspannte sich kurz, dann wurde er wieder nachgiebig, als wäre er erleichtert. Er küsste sie von Neuem und strich ihr mit einer Hand die Haare aus dem Gesicht. Dann zog er sie daran ein Stück zurück, damit sie ihn ansehen konnte. Sein Blick war durchdringend, seine Augen schienen fast schwarz, als er sie betrachtete. »Natürlich bleibst du bei mir, Bethany. Du gehörst jetzt mir. Ich bin mir noch immer nicht sicher, ob du ganz begreifst, worauf du dich eingelassen hast, aber ich werde dir nicht die Chance geben, jetzt noch einen Rückzieher zu machen. Du bist mein. Ich gebe dich nicht zurück.« Sie legte die Hand an seine Wange, wie er es schon so viele Male bei ihr getan hatte. Offerierte ihm Geborgenheit und Bestätigung. Er beugte sich vor und strich mit den Lippen über ihre. Einmal, zweimal, dreimal, als könne er nicht genug bekommen. »Wieso hast du geweint, Baby?« Allein bei dem Gedanken an all das, was er zu ihr gesagt hatte, hätte sie am liebsten erneut losgeweint. Auf seinen alarmierten Blick hin realisierte sie, dass tatsächlich Tränen in ihren Augen schwammen. »Oh, Jace«, seufzte sie. »Du machst dir keine Vorstellung, wie viel es mir bedeutet, dass du wirklich bereit gewesen wärst, dich zu ändern, deine Natur zu verleugnen, weil du glaubtest, dass ich das wollen würde. Und dass du mich in dein Herz hast blicken lassen. Aber du musst begreifen, dass ich dich will. Mit allem, was dazugehört. Ich will keine verwaschene Version von Jace. Ich will dich. Kontrollierend, dominant, arrogant, fürsorglich, liebevoll, beschützend …« Sie ließ ihre von Emotionen und Tränen heisere Stimme verklingen. »Verstehst du?«, fragte sie erstickt. Noch immer tief in ihrem Körper gefangen, presste er sie an sich. Bethany konnte seinen Herzschlag spüren. Er zitterte, als er die Finger in ihre Haare wob. Dann zog er sich ein Stück zurück, um seine Stirn an ihre legen zu können. Ihre Lippen waren einander gefährlich nah, als er ihr mit gesenkten Lidern in die Augen sah. »Ich weiß nicht, was ich tun würde, hätte ich dich nicht gefunden«, bekannte er mit emotionsgeladener Stimme. »Es bringt mich um, es mir auch nur vorzustellen. Keine Ahnung, was ich ohne dich tun würde. Der Gedanke macht mich verrückt.« »Verstehst du, was ich sage, Jace? Verstehst du es wirklich? Ich will dich. Ich will deine Dominanz. Ich brauche sie.« Mit tröstlichen Bewegungen kämmte er mit der Hand durch ihre Strähnen. »Ich gehöre dir, Baby. Mit Haut und Haar. Ich hoffe nur, dass du vorbereitet bist. Aber du sollst mich haben. Zu einhundert Prozent. Allerdings musst du mir etwas versprechen.« »Was?« Jace drückte ihr einen hauchzarten, warmen, atemlosen Kuss auf die Lippen. Als er den Kopf zurückzog, schimmerte ein Ausdruck tiefer Zufriedenheit in seinen Augen. »Versprich mir, dass du es mir sagen wirst, falls es dir je zu viel wird und du dich überfordert fühlen solltest, weil ich dich zu hart oder zu rücksichtslos bedränge. Du musst es mir sagen. Ich könnte mir selbst nicht mehr im Spiegel in die Augen sehen, wenn ich etwas täte, das dich verängstigt oder, Gott bewahre, verletzt. Du sollst dich bei dem, was wir tun, nie schlecht fühlen.« Dieses Mal küsste sie ihn, sie schwelgte darin, wie er sich anfühlte, genoss es, in seinen Armen zu sein. Das hier war real. Er war real. Die Herrlichkeit dessen, was gerade geschah, erschütterte sie bis ins Mark. Jace wollte sie. Sie allein. »Ich verspreche es«, wisperte sie an seinen Lippen. 23 Bethany wartete atemlos vor Aufregung. Vor Nervosität. Sie hatte Schmetterlinge im Bauch. Jace würde jede Minute nach Hause kommen. Er hatte ihr eine SMS geschickt, um sie wissen zu lassen, dass er gerade das Büro verließ. Sonst nichts. Keine Instruktionen. Nichts hinsichtlich ihrer Pläne für den Abend. Aber nach ihrem offenen gestrigen Gespräch hatte sie eine ziemlich gute Idee, wie sie ihn empfangen wollte, wenn er eintraf. Sie wollte ihm ein Zeichen ihrer Akzeptanz geben. Ihres Gehorsams. Ihrer Bereitwilligkeit und ihres Verlangens, sich ihm zu unterwerfen. Um die Beziehung, die sie beide sich wünschten, weiter zu festigen. Die nicht nur Jace wollte. Es bedeutete ihr alles, es wärmte ihr das Herz, dass er bereit gewesen war, seine eigenen Wünsche und Bedürfnisse zurückzustellen, hätte sie nur das geringste Zögern angesichts der von ihm umrissenen Rahmenbedingungen ihrer Beziehung gezeigt. Vielleicht war das der Hauptgrund, warum sie die Dinge, die er von ihr verlangte, so bereitwillig und uneingeschränkt akzeptierte. Weil er nichts verlangt hatte. Jace hatte ihr kein Ultimatum gestellt. Er hatte ihr seine Vorstellungen geschildert, sie aber im selben Atemzug wissen lassen, dass, sollte sie sich auf diesen Lebensstil nicht einlassen können oder wollen, er derjenige sein würde, der Kompromisse schließen und sich mit dem begnügen würde, was sie ihm anzubieten hatte. Alles. Bethany würde ihm alles geben. Sie wollte ihn glücklich machen, denn wenn er glücklich war, war sie es auch. Sie schlüpfte aus ihrer Kleidung, faltete sie ordentlich zusammen und verstaute sie in einer der Schubladen, die Jace ihr zur Verfügung gestellt hatte. Er hatte versprochen, ihr Möbel zu kaufen, die allein ihr gehören würden. Aber für den Augenblick reichte es ihr vollkommen, seine mitzubenutzen. Sie unterhielten noch immer getrennte Wohnungen, allerdings hatten inzwischen immer mehr von Bethanys Habseligkeiten ihren Weg in sein Apartment gefunden. Ein Blick auf die Uhr zeigte ihr, dass er jede Sekunde mit dem Fahrstuhl nach oben kommen konnte. Bethany eilte ins Wohnzimmer und kniete sich in einer Position auf den weichen Teppich, die es ihr erlaubte, die Aufzugtüren im Blick zu behalten. Damit würde sie ihn sehen können, wenn er ausstieg, aber viel wichtiger war, dass er sie sehen würde, sobald er das Apartment betrat. Sie würde unterwürfig auf ihn warten. Ihm das geben, was er sich am meisten von ihr wünschte. Die Minuten verstrichen quälend langsam. Stille senkte sich über die Wohnung, nur Bethanys weiche Atemzüge waren zu hören. Und dann endlich das Geräusch des eintreffenden Fahrstuhls. Ihr Puls beschleunigte sich, als die Türen aufglitten. Sie hielt den Blick auf sie fixiert, um Jace’ Gesicht, seine Reaktion zu sehen, sobald er sie bemerkte. Mit dem Aktenkoffer in der Hand stieg er aus. Er sah sie sofort; die Tasche entglitt ihm und landete mit einem dumpfen Rums auf dem Fußboden. »Baby«, murmelte er. Nur dieses eine Wort, aber es schwang so vieles darin mit. Überraschung. Freude. Erleichterung. Ein warmer Ausdruck trat in seine Augen, bevor sie sich gleich darauf vor Begierde verdunkelten. Sein Gesicht wurde weich, die Stirnfalten, die eben noch da gewesen waren, glätteten sich, sein angespannter Kiefer lockerte sich. Er hatte abgelenkt gewirkt, als läge ein hektischer Arbeitstag hinter ihm. All das fiel von ihm ab, als er auf sie zukam, sein ganzer Fokus auf sie gerichtet, sein Blick nicht ein einziges Mal ihr Gesicht verlassend. Er blieb vor ihr stehen, wühlte die Finger in ihr Haar und streichelte durch die Strähnen, ehe er sie an ihre Wange legte und die Kontur ihres Kiefers nachzeichnete. »Wie lange wartest du schon so?«, fragte er sanft. Lächelnd schmiegte Bethany das Gesicht in seine Hand. Sie hungerte nach ihm, hatte den ganzen Tag damit verbracht, auf ihn zu warten, ihn zu wollen. Sie verging vor Sehnsucht, brauchte eine weitere Bestätigung für das, was sie die Nacht zuvor vereinbart hatten. Sie wollte ihm beweisen, dass es ihr ernst war, aber vielleicht brauchte sie diesen Beweis selbst sogar noch mehr. »Nicht lange. Du hattest mir ja eine SMS geschrieben, als du das Büro verlassen hast. Ich wartete eine Weile, dann ging ich ins Wohnzimmer, damit ich dich sehen kann, wenn du aus dem Fahrstuhl kommst. Damit du mich sehen kannst«, setzte sie leise hinzu. »Nie zuvor hat mich ein solch schöner Anblick erwartet, wenn ich von der Arbeit kam, Baby. Ich hätte mir nicht träumen lassen, jemals so zu Hause empfangen zu werden. Von dir. Auf diese Weise. Du bist so lieb, so süß. Bei dir vergesse ich alles außer dir und mir und der Welt, die wir uns zusammen erschaffen haben.« »Gut«, bemerkte sie mit kehliger Stimme. »Genau das sollst du auch. Du hast so viel für mich getan. Ich will genauso viel für dich tun.« Jace lächelte zu ihr hinab und strich mit den Fingern zärtlich über ihre Lippen. »Das tust du. Du hast mir eine riesengroße Freude bereitet. Wenn ich dich so sehe, erinnere ich mich nicht mal mehr an den beschissenen Tag, der hinter mir liegt, oder was bei der Arbeit passiert ist. Und es interessiert mich auch nicht mehr. Denn jetzt bin hier mit dir, und nichts anderes zählt.« »Ich stehe dir zu Diensten«, murmelte sie. »Sag mir, was du möchtest, Jace.« Er blieb zögernd stehen. Seine Augen waren voller Leidenschaft, trotzdem schwieg er, fast so, als hätte er Angst, seine Gedanken zu artikulieren. Dann endlich setzte er, seine Worte mit Bedacht wählend, zum Sprechen an. »Ich weiß, dass wir letzte Nacht darüber gesprochen haben und ich es dir erklärt habe. Ich weiß, du hast zugestimmt. Aber ich will die Dinge nicht überstürzen. Ich möchte dir die Zeit geben, dich mit meinen Erwartungen anzufreunden. Du musst dir ganz sicher sein, dass es das ist, was du willst. Das Letzte, was ich möchte, ist, dich zu überfordern. Darum werde ich es langsam angehen lassen, es Schritt für Schritt steigern. Ich habe keine Zweifel an dir, glaub das nur nicht. Aber ich werde behutsam mit dir umgehen, weil du mir wichtig bist. Das mit uns ist mir wichtig. Und ich will, dass es von Dauer ist.« Ihr Herz schmolz dahin, und die Sehnsucht intensivierte sich. Ein Knoten formte sich in ihrer Kehle, und sie hatte Mühe zu sprechen, so überwältigend waren ihre Emotionen. »Begreifst du denn nicht, Jace? Indem du solche Dinge sagst, steigerst du nur mein Verlangen, dir Freude zu bereiten. Wir müssen nicht gleich am ersten Tag dieser neuen Beziehung sämtliche Barrieren einreißen, trotzdem möchte ich dir zeigen, was ich sein kann. Was ich sein möchte. Für dich. Aber nicht nur für dich, sondern auch für mich. Ich will das hier. Du willst es. Wir wollen es. Darum sag mir, wie ich dir Vergnügen bereiten kann. Sprich es aus, und lass uns etwas Neues und Besonderes beginnen.« »Ich will dich«, sagte er unverblümt. »Gleich hier im Wohnzimmer. Ich will, dass du mir auf den Knien einen bläst, während du so süß und schön aussiehst und dieses warme Funkeln in deinen Augen steht. Anschließend will ich dich über die Couch beugen, dir die Hände auf dem Rücken fesseln und dich ausgiebig durchvögeln. Und wenn ich gekommen bin, möchte ich dich aufs Sofa betten und dich lieben, wie du nie zuvor geliebt wurdest. Ich möchte deine empfindlichste Stelle mit meinem Mund verwöhnen und an deinen Brüsten saugen, bis du dem Wahnsinn nahe bist.« »Ist das alles?«, neckte sie ihn. Sein Grinsen vertrieb einen Teil der Sorge aus seinem Gesicht. »Für den Moment schon. Da ist noch jede Menge mehr, was ich mit dir tun will – tun werde. Aber wir haben alle Zeit der Welt und müssen es nicht alles in den ersten Tag packen. Wir gehen es langsam an, und wenn ich mir sicher bin, dass du so weit bist, brechen wir zu neuen Ufern auf, Baby. Verlass dich drauf. Ich werde dir den Hintern versohlen, dich fesseln und auf jede Weise mit dir Sex haben, die es gibt. Aber im Moment will ich einfach nur deine herrlichen Lippen um mich spüren, anschließend werde ich in diese warme, enge Öffnung eintauchen.« Bethany erschauderte, und ihre Klitoris pochte, bis sie das sehnsuchtsvolle Ziehen am liebsten selbst gelindert hätte. Mit wissendem Lächeln griff sich Jace in den Schritt. Er öffnete den Knopf und zog den Reißverschluss mit einem scharfen Ratschen auf, das in ihren Ohren widerhallte. Er holte seine Erektion heraus und massierte sie mit festen Bewegungen zu ganzer Härte, dann hob er mit der anderen Hand Bethanys Kinn an. »Mach den Mund auf, Baby. Lass mich ein, und verwöhne mich. Bring mich an die Schwelle, aber ich werde erst kommen, wenn ich bis zum Anschlag in dir bin, du über die Armlehne des Sofas gebeugt bist, den Hintern hoch in der Luft, deine Hände hinter dem Rücken gefesselt. Dann werde ich dich so mit meinem Sperma vollpumpen, dass es an deinen Beinen runterläuft, und hinterher werde ich dich genau so lassen, damit ich zurücktreten und dich bewundern kann, in dem Wissen, dass du mein bist und ich mir nur genommen habe, was mir gehört.« Die erotischen Visionen, die er ihr beschrieben hatte, bombardierten ihr Bewusstsein, als sie die Augen schloss und er in ihren Mund glitt. Seine Hände waren sanft, als er sie um ihr Gesicht legte, seine Stöße waren es nicht. Die Zärtlichkeit seiner Berührung und die Kraft, mit der er in ihren Mund stieß, waren ein faszinierender Kontrast. »Das ist es, wie ein Mann zu Hause empfangen werden will«, keuchte er. »Von seiner Frau, die kniend darauf wartet, ihm Lust zu bereiten. Die sich seinem Befehl beugt und alles akzeptiert, was er von ihr verlangt. Verdammt, besser als so kann es gar nicht mehr werden, Baby.« Bethany lächelte um seinen Penis herum, während tiefe Zufriedenheit sie erfasste und ihr Herz erfüllte, bis sie kaum mehr Luft bekam. Wie sie es genoss, diese Wirkung auf ihn zu haben. Dass er sie so ungestüm begehrte und sie ihm Lust verschaffte wie nie eine Frau zuvor. Er stieß noch einmal hart zu, dann glitt er etwas sanfter über ihre Zunge und rieb die Spitze an ihren Lippen, bevor er wieder in die Nässe ihres Mundes hineintauchte. »Du bist so schön«, raunte er. »Und du gehörst mir. Mir allein. Nur mir. Kein anderer wird je das von dir bekommen, was ich habe, nämlich dich auf den Knien, während du darauf wartest, dass ich aus dem Aufzug steige. Wenn andere Männer auch nur von meinem Glück wüssten, sie würden vor Neid vergehen. Du bist eine Frau, um die es sich zu kämpfen lohnt, Bethany. Männer würden töten, um auch nur für eine Stunde das zu haben, was ich besitze.« Seine Worte überwältigten sie, sie saugte sie in sich auf und speicherte sie im tiefsten Teil ihrer Seele ab. Ihr wurde die Brust eng, und ihre Kehle schnürte sich zusammen, sodass sie Mühe hatte, seine ganze Länge aufzunehmen. Er runzelte die Stirn, dann zog er sich zurück, bis seine Eichel auf ihrer Unterlippe zum Liegen kam. »Ist alles okay?« Bethany nickte, unfähig, eine verständliche Antwort von sich zu geben. Wie sollte sie auch, wenn sie den Tränen so gefährlich nahe war? Es waren Freudentränen. Sie fühlte sich überfordert, allerdings auf eine gute Art. Die allerbeste Art. Überwältigt. Sie hatte keine Ahnung, was sie sagen, wie sie reagieren sollte. Sie konnte ihm nur zeigen, wie viel ihr seine Worte bedeuteten. Also ergriff sie die Initiative, beugte sich vor und saugte ihn tief in ihren Mund, dann sah sie hastig nach oben, um festzustellen, wie er reagierte, ob ihre Kühnheit ihn verärgerte. Jace streichelte ihre Wange und lächelte zärtlich, fast, als könnte er ihre Gedanken lesen und wüsste, wie gerührt sie von seinen Worten war. Er hielt ihren Kopf fest, dann stieß er wieder zu, so tief dieses Mal, dass er bis in ihre Kehle vordrang und sie sich um ihn zusammenzog. Stöhnend gab er sie frei und glitt aus ihrem Mund. Er reichte Bethany beide Hände und flocht seine Finger in ihre. Nachdem er sie vorsichtig auf die Füße gezogen hatte, wartete er einen langen Moment, um sicherzugehen, dass ihre Beine sie trugen. »Zur Couch«, sagte er, nun mit mehr Befehlston in der Stimme. »Ich möchte, dass du dich bäuchlings über die Armlehne beugst, sodass deine Stirn auf dem Polster liegt. Den Hintern in die Höhe, die Füße berühren nicht den Boden.« Bethany schluckte, dann gehorchte sie, indem sie die verlangte Position einnahm. Jace entfernte sich in Richtung Schlafzimmer, und sie wartete sehnsüchtig auf seine Rückkehr. Als er wieder zu ihr kam, hielt er einen Seidenstrick in der Hand. Sie hatte die Arme bereits auf den Rücken gelegt, sodass ihre Hände auf ihrem Kreuz lagen. Er nahm ihre Handgelenke und hielt sie mit einer Hand fest, während er mit der anderen das Seil um sie wickelte. Der Strick war zwar weich und scheuerte nicht, aber Jace zog ihn so fest zusammen, ehe er ihn verknotete, dass sie die Hände nicht bewegen konnte. »Dich so zu sehen … Baby, mir fehlen die Worte. Ich werde von diesem Anblick nachts träumen, wenn du in meinen Armen liegst und neben mir schläfst.« Er streichelte ihren Hintern, dann nahm er die andere Hand hinzu, um sie zu liebkosen, bevor er mit beiden ihre Beine spreizte, sodass sich ihr Schoß öffnete. Er positionierte sich an ihrem Eingang, dann hielt er inne, seine Spitze nur ein winziges Stück in sie hineingetaucht. »Ich werde nicht sanft sein«, warnte er sie. »Dafür begehre ich dich zu sehr, Baby. Momentan fühle ich mich eher wie ein Höhlenmensch. Das hier wird ein Fick werden. Ein grober, schmutziger, harter Fick. Wenn ich fertig bin, und erst dann, werde ich mich um dich kümmern. Du wirst bis dahin nicht kommen. Das hier ist für mich. Erst danach bist du dran.« Noch bevor Bethany seine Worte richtig begriffen hatte, penetrierte er sie mit einer einzigen, kraftvollen Bewegung, die ihr den Atem raubte. Ihr ganzer Schoß bebte und prickelte. Feurige Erregung durchströmte sie. Gepaart mit einem verzweifelten Verlangen, das stärker war als jede Gier nach Drogen, die sie je empfunden hatte. Wie sollte sie das durchstehen, ohne zum Höhepunkt zu gelangen? Sie stand schon jetzt kurz davor zu kommen. Und nicht erst, sobald er seine eigenen Gelüste befriedigt hatte und sich ihr zuwenden würde. Als sie unkontrolliert zu zucken begann, versetzte Jace ihr einen warnenden Klaps aufs Gesäß. »Bring es unter Kontrolle, Bethany. Du wirst noch nicht kommen. Solltest du mir nicht gehorchen, werde ich vergessen, dass ich es langsam angehen lassen wollte, und deinen Hintern mit einer Gerte bearbeiten.« Bethany keuchte frustriert. Anstatt sie einzuschüchtern, befeuerte seine Warnung ihre brennende Lust nur weiter, und sie trieb ihrer Erlösung noch rasanter entgegen. Sie biss sich auf die Lippe, schloss die Augen und konzentrierte sich ganz darauf, ihrem Orgasmus nicht nachzugeben. Es war das Schwerste, was sie je versucht hatte. Sie war unbeschreiblich erregt, und jeder Stoß löste verzehrende Wellen der Lust in ihrem Körper aus. »Diesen Hintern will ich auch«, knurrte er. »Aber ich bin zu kurz davor. Ich werde ihn mir ein anderes Mal vornehmen.« Gott sei Dank. Sie würde keine Minute mehr durchhalten, und er stieß nun härter zu, schwoll immer noch weiter in ihr an, füllte sie ganz und gar aus. Die Augen fest zusammengepresst, spannte sie jeden Muskel ihres Körpers an, um ihren Höhepunkt abzuwehren. Unendliche Erleichterung durchströmte sie, als Jace sich über sie beugte und ihren Körper mit seinem bedeckte, während sein Samen sie von innen auszukleiden begann. Fix und fertig sackte sie auf der Sofalehne zusammen, dabei war sie noch nicht mal gekommen. Wenn er sie nur berührte, würde es vorbei sein. Jedes Nervenende war kurzgeschlossen, ihre Haut hypersensibel. Ihr Kitzler zuckte und pochte. Eine einzige Berührung wäre genug. Jace müsste nur nach unten fassen, dann würde sie Erlösung finden. Bethany seufzte frustriert. Sie war derart übererregt, dass ihre Haut sich anfühlte, als hätte sie ein Eigenleben entwickelt. Als würde sie sich kräuseln und versuchen, die Innenseite nach außen zu kehren. Jace drückte einen Kuss zwischen ihre Schulterblätter, dann glitt er sanft aus ihr heraus. »Beweg dich nicht«, befahl er. Sie hörte, wie seine Schritte sich immer weiter entfernten. Einen Augenblick später kam er mit einem warmen Waschlappen zurück und wischte das Sperma zwischen ihren Beinen weg. Danach band er behutsam ihre Handgelenke los und rieb mit den Daumen über die empfindsame Haut. »Geh ins Bad, und mach dich sauber«, wies er sie an. »Ich steh nicht besonders darauf, mich selbst zu schmecken, wenn ich es dir mit dem Mund mache, Baby. Wenn du herauskommst, werde ich dich im Bett erwarten. Ich will, dass du dich auf mein Gesicht setzt, damit ich dich lecken kann.« Nachdem er ihr auf die Füße geholfen hatte, taumelte sie auf wackligen Beinen ins Bad, wie er es ihr befohlen hatte. Sie säuberte sich sorgsam, dabei achtete sie besonders darauf, alle klebrigen Spuren zu entfernen. Als sie ins Schlafzimmer kam, lag Jace ausgestreckt auf dem Bett, sein nur noch halb erigierter Penis seitlich auf einem Oberschenkel ruhend. Jace sah wie immer umwerfend aus, und sein Phallus war selbst im Ruhezustand verdammt beeindruckend. Er winkte sie mit einem Finger zum Bett, dann nahm er ihre Hand und half ihr hineinzuklettern, bevor er nach unten rutschte, sodass seine Füße über die Bettkante ragten. »Klettere auf mich und positioniere deine Knie zu beiden Seiten meines Kopfs«, sagte er. Es war lächerlich, wie schüchtern sie sich fühlte, aber die Vorstellung, einfach auf ihn zu krabbeln, um sich auf sein Gesicht zu setzen und ihren Schoß auf seinen Mund zu pressen, war ihr nicht ganz geheuer. Bethany stützte sich auf die Knie, hielt jedoch mehrere Zentimeter Abstand zu seinen Lippen. Als sie das Becken langsam sinken ließ, legte er eine Hand an ihre Taille, um sie zu stoppen. »Nimm deine Finger und spreiz deine Schamlippen für mich«, verlangte er heiser. »Ich will jeden Millimeter mit meiner Zunge verwöhnen, bis du in meinem Gesicht kommst.« Sie atmete tief durch, um sich zu beruhigen, aber sie stand noch völlig unter dem Bann von dem, was sich im Wohnzimmer abgespielt hatte, und jetzt sandten seine verwegenen, sinnlichen Worte neue Funken der Erregung durch ihren Körper. Zaghaft ließ sie die Hand über ihren Bauch hinunter zu den Locken zwischen ihren Beinen gleiten und tastete nach ihren samtigen Falten. Stöhnend rieb sie mit dem Finger über ihre Klitoris. »Ich kann riechen, wie erregt du bist«, knurrte er. »Gott, bist du sexy. Öffne dich für mich, Baby. Ich kann es nicht erwarten, dich zu schmecken.« Bethany zog ihre Schamlippen auseinander und hielt sie geöffnet, während sie die letzten paar Zentimeter nach unten sank. Kaum dass sie auf seine Zunge traf, zuckte sie erschaudernd nach oben. Jace packte sie mit beiden Händen grob an den Hüften und drückte sie wieder nach unten auf seinen Mund. Er machte sich wie ein Verhungernder über ihre empfindlichsten Stellen her. Er leckte und labte sich an ihr, er saugte und ließ die Zunge in sie hineingleiten, strich mit ihr über ihre Öffnung und ihre Klitoris. Er trieb sie an die Grenze des Wahnsinns, bis sie auf seinem Gesicht ritt, als wäre es sein Schwanz. Dann schob er die Finger zwischen ihre Pobacken und spreizte sie auf dieselbe Weise, wie sie ihre Schamlippen gespreizt hatte. Sein Zeigefinger tastete sich neckend an ihren Anus heran und umkreiste ihn, bevor er ganz leicht in ihn eindrang. Es war noch nicht mal ein Zentimeter. Nur die Fingerspitze, doch das reichte, um sie über die Klippe zu treiben. Bethany kam auf seinem Gesicht und überflutete seine Lippen, sein Kinn mit ihrer Nässe. Sie bäumte sich zuckend auf, wollte mehr von seinem Mund, mehr von seinen raffinierten Fingern. Sie wollte alles, was er zu geben hatte. Ihre Muskeln erschlafften komplett, und sie sank schwer nach unten, bevor sie peinlich berührt feststellte, dass sie Jace vermutlich erstickte. Sie stemmte sich hoch, aber er umfasste ihre Hüften und zog sie nach unten, positionierte sie knapp unterhalb seines Kinns, sodass sein Mund an ihrem Bauch lag. Ihre Säfte glitzerten auf seinem Gesicht. Er leckte sich mit der Zunge über die Lippen und entfernte die Spuren ihrer Erlösung. Es war irrsinnig provokativ und erregend, einen Mann zu beobachten, der es so sehr genoss, eine Frau oral zu verwöhnen. Er wirkte gesättigt und überaus selbstzufrieden. Und er hatte wohl auch allen Grund dazu. »Komm her«, murmelte er und zog sie nach unten, bis sie in seine Arme gekuschelt auf seiner Brust lag. Er rollte sich mit ihr zusammen auf die Seite, barg ihr Gesicht an seinem Hals und legte besitzergreifend die Hände auf ihren Po. »In ein paar Tagen ist Weihnachten.« Bethany hob ruckartig den Kopf, denn dieser plötzliche Themawechsel machte sie argwöhnisch. Aber Jace drückte sie wieder nach unten und schmiegte ihr Gesicht an seinen Hals. »Ich mag dich in dieser Position«, sagte er harsch. »Wenn du mich berührst. Mir so nah bist wie eine zweite Haut. Als würde ich nur dich tragen und sonst nichts.« Sie lächelte an seinem Hals. »Das gefällt meinem Baby«, bemerkte er selbstgefällig. »Ja, es gefällt mir.« »Jedenfalls steht Weihnachten vor der Tür. Wir werden es bei Gabe und Mia verbringen. Gabes Eltern werden ebenfalls kommen, genau wie Ash. Du hast einen ganzen Schrank voller Kleidung, und ich will, dass du aussuchst, was du tragen wirst.« Es verschlug ihr vor Überraschung die Sprache. Das gehörte nicht zu ihrer Abmachung. Jace traf sämtliche Entscheidungen. Sogar die unwichtigen, wie zum Beispiel, was Bethany außerhalb der Wohnung trug. Wenn es um alltägliche Erledigungen ging, sie nur in der Wohnung zu tun hatte oder kurze Besorgungen machte, zog sie einfach das Erstbeste an. Doch wenn sie aus irgendeinem Grund zusammen das Haus verließen, wählte Jace ihre Kleidung aus, und sie musste zugeben, dass sein Geschmack unfehlbar war. »Ich will, dass du dich ungezwungen und selbstbewusst fühlst«, erklärte er mit weicher Stimme. »Solltest du nichts in deinem Schrank finden, das das bewirkt und für dich funktioniert, möchte ich, dass du losziehst und etwas kaufst. Keine Widerrede. Du hast Kreditkarten. Du hast Bargeld. Es wird allmählich Zeit, dass du das Zeug benutzt.« »Danke«, sagte sie. »Nicht für dein Angebot, mir neue Sachen zu kaufen. In diesem riesigen Kleiderschrank sind jede Menge Outfits, unter denen ich wählen kann. An manchen sind sogar noch die Preisschilder! Nein, ich danke dir, weil du dir solche Mühe gibst, damit ich mich nicht unbehaglich fühle.« Jace drückte sie an sich. »Ich will nicht, dass du je in eine Situation gerätst, die dir nicht geheuer ist, Baby. Darum besorg dir, was du brauchst. Such dir etwas aus, in dem du dich gut fühlst.« Trotz seines Versuchs, sie weiter an seine Brust zu schmiegen, hob Bethany den Kopf, schlang die Arme um seinen Hals und küsste ihn stürmisch. »Du bist so gut zu mir, Jace«, sagte sie. »Ich danke Gott jeden einzelnen Tag, dass es dich gibt.« 24 Bethany hätte vor Aufregung die Wände hochgehen können. Sie hatte sich mit extremer Sorgfalt zurechtgemacht, weil sie Jace nicht vor seiner Familie blamieren wollte. Es gab in ihrem Kleiderschrank jede Menge Outfits, die ihr zur Verfügung standen und von denen viele, wie sie Jace gesagt hatte, noch etikettiert waren, weil sie sie noch nicht getragen hatte. Sie hatte sich für ein schimmerndes, silberfarbenes Cocktailkleid entschieden, da es für Weihnachten angemessen festlich wirkte, und nach einigen inneren Debatten mit heftig schlechtem Gewissen ein passendes Paar funkelnde, silberfarbene High Heels gekauft. Jace, der ihre Nervosität spürte, hatte sich praktisch überschlagen, um ihr Selbstvertrauen zu stärken. Als sie im Bad ihre Haare mit einer silbernen Spange, die zu ihrem Kleid passte, hochgesteckt hatte, war er hereingekommen und hatte ihr eine wunderschöne Diamantkette umgelegt. Sie hatte mit offenem Mund in den Spiegel gestarrt, während er sie geschlossen hatte. »Jace!«, hatte sie protestiert. »Das ist zu viel!« Grinsend hatte er sie unterhalb des Ohrs auf den Hals geküsst und dann den Arm nach vorn geschoben, um ihr ein Etui mit passenden Ohrringen zu präsentieren. »Dann wirst du das hier definitiv zu viel finden. Pech für dich, Baby. Ich kann meine Freundin unmöglich zu Weihnachten mit zu meiner Familie nehmen und sie denken lassen, ich würde dich nicht nach Strich und Faden verwöhnen. Ich würde jede Glaubwürdigkeit verlieren. Darum leg sie an. Es gefällt mir, dich mit Schmuck zu behängen. Du bist auch ohne bildschön, aber ich will, dass du dich so schön fühlst, wie du in meinen Augen bist. Jede Frau auf der Welt liebt Diamanten. Du machst da bestimmt keine Ausnahme.« Gegen seine Argumente ließ sich schlecht etwas einwenden. Jace küsste sie wieder, dann gab er ihr einen liebevollen Klaps auf den Po. »Wir müssen in fünf Minuten los, darum gib Gas.« Bethany seufzte, als er ging, dann erhaschte sie einen Blick auf ihr Spiegelbild, als sie die Ohrringe aus der Schatulle nahm, um sie anzulegen. Sie lächelte vor Glück. Ein warmes Strahlen der Zufriedenheit erhellte ihre Augen. Jace wusste immer, wie er ihr Selbstvertrauen stärken konnte. Trotzdem war sie noch das reinste Nervenbündel. Weihnachten war ein Fest, von dem sie kaum je Notiz genommen hatte. Ganz zu Anfang, besonders im ersten Jahr, in dem Jack und sie obdachlos gewesen waren, hatte er sein Bestes gegeben, um dem Ganzen einen feierlichen Anstrich zu verleihen, indem er einen Busch besorgt und ihn in ihrer abgelegenen Ecke des verwaisten Parks aufgestellt hatte. Dann hatten sie ihn gemeinsam unter Zuhilfenahme von weggeworfenem Einpackpapier aus einem nahe gelegenen Laden dekoriert. Sie hatten Schleifen, kleine Sterne und ein paar andere Formen gebastelt, von denen manche sich nicht zwingend als weihnachtliche Symbole klassifizieren ließen, trotzdem hatte Bethany Jack seine Mühe hoch angerechnet. Er hatte außerdem für den Weihnachtsschmaus gesorgt, allerdings ohne ihr zu verraten, wie. Sie hatte ihn nie danach gefragt. Wo mochte er heute sein? Es war kalt und hatte zu schneien begonnen, die Gehsteige waren bereits von einer weißen Schicht überzuckert. Hatte er ein Dach über dem Kopf? Hatte er es warm? Hatte er etwas zu essen? Sie fühlte sich schrecklich schuldig, als Jace ihr beim Einsteigen in seine warme, komfortable Limousine half, die sie zu Gabes Wohnung bringen würde, wo sie essen, Zeit mit Jace’ geliebten Menschen verbringen und das Fest begehen wollten. Er kümmerte sich gut um sie, sorgte dafür, dass sie alles hatte, was sie brauchte. Aber Jack war zum ersten Mal in all den Jahren, die er und Bethany zusammen verbracht hatten, zu Weihnachten allein dort draußen. Sie betastete zum x-ten Mal, seit sie ihre Wohnung verlassen hatten, ihre Frisur, weil sie befürchtete, das kunstvolle Arrangement könnte jeden Moment der Schwerkraft anheimfallen. Jace legte den Arm um sie und zog sie an sich, um ihre Schläfe zu küssen. »Du siehst fantastisch aus«, raunte er. »Hör auf, dir Sorgen zu machen. Du wirst sie mögen, und sie dich auch.« Bethany lächelte, wenigstens versuchte sie es. Es war beängstigend genug, dass sie seine Schwester und deren Verlobten, der gleichzeitig Jace’ enger Freund und sein Geschäftspartner war, sowie dessen Eltern kennenlernen würde, aber noch beunruhigter war sie wegen Ash. Sie würde ihn zum ersten Mal seit ihrer Nacht zu dritt wiedersehen, und schon bei dem Gedanken krampfte sich ihr Magen zusammen. Wie peinlich würde es wohl werden, Höflichkeiten mit einem Mann auszutauschen, der sie zusammen mit Jace gevögelt hatte? Jace konnte dabei nicht wohler zumute sein als ihr. Er hatte ihr seine Gefühle diesbezüglich klar dargelegt und wollte nicht einmal darüber reden, darum hatte Bethany das Thema totgeschwiegen und lieber so getan, als wäre das Ganze nie passiert. Heute Abend würde es kein Verleugnen mehr geben. Dann kam ihr ein anderer beunruhigender Gedanke. Was, wenn die anderen wussten, dass sie gleichzeitig mit Jace und Ash geschlafen hatte? »Baby.« Jace’ weiche Stimme riss sie aus ihren Überlegungen, und sie wandte sich ihm zu. »Du machst dich grundlos verrückt.« Er drückte ihre Hand, dann hob er sie an seinen Mund und hauchte einen Kuss darauf. Er küsste jeden ihrer Finger und drückte die Faust auf, zu der sie sie geballt hatte. »Es ist Weihnachten. Ich möchte, dass du das Fest genießt. Unser erstes gemeinsames«, ergänzte er mit einem Lächeln. »Ich habe furchtbare Angst«, gestand sie. Seine Miene wurde sanft, und er rutschte näher an sie heran. »Dazu besteht kein Grund. Das schwöre ich. Es sind die besten Menschen der Welt. Sie sind meine Familie. Ich würde dich nie einer Situation aussetzen, von der ich denke, dass sie unangenehm für dich sein könnte.« »Ash wird dort sein.« In Jace’ Augen flackerte es, doch er fand seine Fassung schnell wieder. Aber Bethany hatte seine Reaktion gesehen, darum wusste sie, dass er sich keinen Tick mehr auf ihr Wiedersehen mit Ash freute als sie. »Liebling, hör mir zu. Es ist unvermeidbar, dass deine und Ashs Wege sich gelegentlich kreuzen. Ihr seid mir beide sehr wichtig. Was geschehen ist, ist geschehen. Das lässt sich nicht mehr ändern, egal, wie sehr ich mir wünsche, es wäre anders. Darum können wir nichts weiter tun, als uns der Situation zu stellen, und dann Schwamm drüber. Ash ist kein fieser Kerl. Er wird dich nicht in Verlegenheit bringen. Er ist der beste Freund, den ich habe, und er weiß, wie viel du mir bedeutest. Vertrau mir, wenn ich dir sage, dass alles okay sein wird.« Bethany senkte betreten den Blick. »Bitte, entschuldige. Ich ruiniere dir das Weihnachtsfest schon, bevor wir dort sind. Aber ich habe Angst. Ich will dich nicht enttäuschen, indem ich versage und dich vor den Menschen blamiere, die du liebst. Ich kann einfach nicht aufhören, mir vorzustellen, dass sie nur einen Blick auf mich werfen müssen, um Bescheid zu wissen. Sie werden erkennen, dass ich nicht gut genug für dich bin, und denken, dass du etwas Besseres hättest finden können. Ich ertrage den Gedanken nicht, wie sie mich ansehen werden. Wie sie dich ansehen werden, während sie sich fragen, was nur in dich gefahren ist.« Jace’ Miene verdüsterte sich schlagartig. »Jetzt machst du mich ernsthaft sauer. Was du da sagst, ist absoluter Schwachsinn, und ich schwöre bei Gott, dass ich dir diese Gedanken austreiben werde, und wenn es das Letzte ist, was ich tue.« Bethany kniff fest die Augen zusammen, um nichts Dummes zu tun. Zum Beispiel in Tränen ausbrechen. Denn das würde ihr kunstvoll aufgelegtes Make-up ruinieren. Make-up, bei dessen Kauf Jace ihr hatte helfen müssen, weil sie nicht das Geringste davon verstand. Eine überaus geduldige Visagistin hatte ihr Schritt für Schritt gezeigt, wie und in welcher Reihenfolge sie es auftragen sollte. Anschließend hatte sie Bethany mit einer ganzen Tasche voller Kosmetika, an deren Zweck Bethany sich nicht mal mehr zur Hälfte erinnerte, nach Hause geschickt. »Baby, sieh mich an.« Es war keine Bitte, sondern ein mit Bestimmtheit artikulierter Befehl, dem sie augenblicklich Folge leistete. Obwohl Jace sich noch immer zurückhielt, um sie gemächlich an ihre Beziehung zu gewöhnen, fiel es ihm seit ihrem emotionsgeladenen Gespräch hinsichtlich ihrer Rollenverteilung leichter, seine Dominanz zu zeigen. Er wurde zunehmend bestimmender, und das nicht nur im Bett, sondern auch im Alltagsleben. Anfangs hatte Bethany viel darüber gegrübelt, ob sie sich seiner Autorität würde unterwerfen können, doch dann hatte sie festgestellt, dass sie ihr sogar gefiel. Sie genoss ihr wohlgeordnetes Leben. Sobald Jace begonnen hatte, seine Dominanz auszuleben, hatte sie insgeheim vor Erleichterung geseufzt. Es war befreiend gewesen, die Verantwortung an jemanden zu übergeben, dem sie wichtig war. An jemanden, der sie behütete und mit seiner Fürsorge überschüttete. Es gab ihr ein Gefühl von Sicherheit, wie sie es bis dato nie gekannt hatte. Sie fühlte sich … beschützt. »Du tust Gabe, Mia und Ash entsetzlich unrecht, indem du ihnen unterstellst, dass sie so von dir denken. Sie sind keine voreingenommenen Snobs. Deine Vergangenheit oder deine Herkunft spielen für sie keine Rolle. Das Einzige, was sie interessiert, ist, ob du mich glücklich machst, denn ich bin ihnen wichtig. Infolgedessen werden sie auch dich lieben. Ich bitte dich nur darum, dass du ihnen eine Chance gibst.« Plötzlich schämte sie sich, denn Jace hatte recht. Sie gab ihnen keine Chance, sondern hatte sie bereits vorverurteilt. Und damit genau das getan, wovor sie sich bei ihnen fürchtete. »Ich bin der voreingenommene Snob«, gestand sie beschämt. »Du hast recht. Ich verhalte mich nicht fair.« Er drückte sie an sich und küsste ihre Schläfe. »Es ist verständlich, dass du nervös bist. Das mache ich dir nicht zum Vorwurf. Worauf ich hinauswill ist, dass alles in Ordnung sein wird. Vertraust du mir?« Sie nickte, und ihm stand die Erleichterung ins Gesicht geschrieben. Als sie wenige Minuten später ankamen, half Jace ihr aus dem Wagen. Er legte den Arm um sie und achtete darauf, dass sie nicht ausglitt, während sie zum Eingang von Gabes Wohnhaus eilten. Bethany hatte vor Aufregung Schmetterlinge im Bauch, als sie mit dem Fahrstuhl in die oberste Etage fuhren. Sobald die Türen aufglitten, wehten ihnen köstliche Düfte entgegen. Eine Mischung aus köchelndem Essen und etwas, das nach weihnachtlichen Aromakerzen roch. Pfefferminz und Kiefernnadeln? Das Innere des Apartments war in Kerzenlicht getaucht, und in der Ecke des Wohnzimmers stand ein großer Christbaum, an dem Hunderte Lichter funkelten. Das ganze Zimmer war festlich dekoriert, und im Kamin brannte ein Feuer. »Jace!« Eine zierliche, dunkelhaarige Frau eilte zu ihm und schloss ihn stürmisch in die Arme. Ein liebevolles Grinsen huschte über Jace’ Gesicht, als er sie an sich drückte. Dann löste die Frau sich von ihm und wandte sich mit einem warmen Lächeln Bethany zu. »Du musst Bethany sein. Ich bin Mia, Jace’ Schwester. Ich habe schon so viel von dir gehört. Ich freue mich sehr, dass du hier bist!« Bethany wollte ihr zögerlich die Hand entgegenstrecken, als Mia sie fast ebenso stürmisch umarmte, wie sie es zuvor bei Jace getan hatte. Ein wenig linkisch erwiderte Bethany die Geste. »Danke für die Einladung«, murmelte sie. »He, da seid ihr ja.« Bethany schaute auf, als ein großer, attraktiver Mann hinter Mia auftauchte und ihr den Arm um die Taille legte. Sie erkannte ihn von der Party wieder. Tatsächlich erinnerte sie sich an beide. Sie hatte sie sehnsüchtig beobachtet, wie sie getanzt und dabei unendlich verliebt ausgesehen hatten. Aber da Bethany sie nicht darauf aufmerksam machen wollte, dass sie bei ihrer Verlobungsparty zum Personal gehört hatte, nahm sie Zuflucht zu einem strahlenden Lächeln und gab vor, das Paar heute zum ersten Mal zu sehen. Gabe begrüßte Jace mit einem Klaps auf den Rücken, dann wandte er sich Bethany zu. »Hallo, Bethany. Ich bin Gabe, Jace’ Freund und Geschäftspartner. Und bald schon sein Schwager, vorausgesetzt, meine Braut erlöst mich irgendwann aus meinem Elend und setzt ein Hochzeitsdatum fest.« »Hallo, Gabe«, brachte sie mit Mühe hervor. Jace legte den Arm um sie, um sie wortlos seiner Unterstützung zu versichern. Sie liebte ihn für diese kleine Geste. »Kommt mit in die Küche«, schlug Mia vor. »Da sind die anderen versammelt. Sie trinken Wein und naschen von der Obst- und Käseplatte.« Sie hakte sich bei Bethany, die auf der anderen Seite von Jace flankiert wurde, unter und zog sie in Richtung Küche. Bethany sank das Herz in die Hose, als sie im Durchgang auf Ash trafen. Fast wäre sie in ihn hineingelaufen, als er zur Seite auswich, um den Weg frei zu machen. »He, Kumpel«, sagte er zu Jace. »Schön, dass ihr gekommen seid.« Dann beugte er sich vor und küsste Bethany auf die Wange. »Hallo, Bethany. Du siehst sehr hübsch aus.« Sie war sicher, dass sie errötete. So sehr sie sich auch bemühte, sie kam nicht gegen die instinktive Scham an, die sie bei Ashs Anblick erfasste. Er hingegen gab sich vollkommen gelassen, ebenso wie Jace. Einzig sie benahm sich wie eine Idiotin. »Danke«, sagte sie und zwang sich zu einem Lächeln. Ash lächelte warm zurück, dann nahm er ihre Hand und drückte sie. Er beugte sich vor, als wollte er ihre andere Wange zur Begrüßung küssen, stattdessen flüsterte er so leise, dass nur sie es hören konnte: »Es ist alles in bester Ordnung, Bethany. Mach dir keine Gedanken.« Diese simple Geste bewirkte, dass Bethany sich entspannte und zum ersten Mal, seit sie Jace’ Wohnung verlassen hatte, wieder durchatmen konnte. Ihr Lächeln war aufrichtig, als sie Ashs Händedruck erwiderte. Jace bedachte seinen Freund mit einem dankbaren Blick, und die Anspannung, die sie sich womöglich auch nur eingebildet hatte, verflog. Jace legte den Arm um Ashs Schultern, dann lieferten sich die beiden einen vorgetäuschten Ringkampf. »Ihr zwei werdet auch gar nicht mehr erwachsen«, kommentierte eine ältere Frau und schob sich zwischen ihnen hindurch. Ihr Lächeln war nachsichtig, und es bestand kein Zweifel, dass sie große Zuneigung für Jace und Ash hegte. »Ihr Jungs benehmt euch noch immer wie Teenager.« Jace grinste und zog sie in seine Arme. »Hallo, Mama H.« Er küsste sie auf die Schläfe und wandte sich Bethany zu. »Bethany, ich möchte dir Gabes Mutter vorstellen. Mrs Hamilton, das ist Bethany.« Bethany fand sich in einer weiteren Umarmung wieder, dabei spürte sie, wie ihre Reserviertheit dank des unwiderstehlichen Charmes von Jace’ Familie zu bröckeln begann. »Ich freue mich sehr, dich kennenzulernen, Liebes.« »Oh, und hier ist Mr Hamilton«, verkündete Jace. Bethany hob den Blick und sah einen älteren Mann hinter Mrs Hamilton auftauchen. »Es ist mir eine Freude, junge Dame«, sagte er mit brummiger Stimme. »Jace ist ein echter Glückspilz.« Errötend reichte Bethany ihm die Hand, doch Mr Hamilton ignorierte sie und zog sie stattdessen in die Arme. Sie hatte noch nie zuvor eine Gruppe derart spontaner, herzlicher Menschen getroffen. Es war eigenartig und gleichzeitig … wundervoll. »Hast du wirklich gekocht, Mia? Oder hast du geschummelt und einen Catering-Service beauftragt?«, fragte Jace neckend. Mia warf ihm einen vernichtenden Blick zu. »Gabes Mutter und ich haben gekocht. Und es ist hervorragend gelungen, wenn ich das mal so sagen darf.« »Es duftet köstlich«, lobte Bethany hastig. Mia lächelte. »Danke. Es schmeckt auch so. Ehrenwort.« Damit drehte sie sich um und machte eine wegscheuchende Handbewegung. »Und jetzt raus aus der Küche, Jungs. Ihr seid im Weg. Geht ins Wohnzimmer und tut, was Männer halt so tun. Ich brauche noch eine halbe Stunde, dann können wir essen.« Sie guckte Bethany an. »Hast du Lust, uns in der Küche Gesellschaft zu leisten? Du kannst natürlich auch mit Jace gehen, aber wir beißen nicht.« Die warme Offenheit der jungen Frau entlockte Bethany ein spontanes Lächeln. »Ich bleibe gern.« Jace brachte sie in Verlegenheit, indem er sich zu ihr beugte und sie sanft auf den Mund küsste. »Ich bin nicht weit«, sagte er. Bethany stieg die Röte ins Gesicht, weil alle mitbekommen hatten, wie er sie küsste. Wie hätten sie es auch übersehen sollen? Mia grinste und tauschte einen verschwörerischen Blick mit Mrs Hamilton. Beide wirkten entzückt. Die Männer trotteten aus der Küche und ließen die Frauen allein. »Komm, setz dich, Bethany«, forderte Mia sie auf. »Du auch, Mama H. Es dauert nicht lange. Ich muss nur noch die Sauce machen. Der Rest ist fertig.« »Brauchst du bestimmt keine Hilfe?«, erkundigte sich Bethany zögerlich. Mia schüttelte den Kopf. »Setz dich einfach, und genieß die Zeit nur unter Mädchen. Ach, da wir gerade davon sprechen, ich habe schon mit Jace darüber geredet, aber wie ich ihn kenne, hat er die Info nicht weitergegeben. Du musst mich und meine Freundinnen mal in den Klub begleiten. Du wirst sie lieben. Sie sind durch die Bank großartig. Wir gehen alle naselang zusammen aus, haben einen Mordsspaß und lassen uns anschließend von Gabe abholen. Ich habe nur einmal den Fehler gemacht, mit dem Taxi nach Hause zu fahren. Lass es mich mal so ausdrücken: Gabe war nicht erfreut.« Bethany staunte nicht nur über die Einladung, sondern auch über die Tatsache, dass Gabe sauer auf Mia gewesen war. Mia lachte. »Er ist ausgerastet, aber inzwischen ist er drüber weg. Um des lieben Friedens willen füge ich mich und lasse mich von ihm abholen. Gabe ist glücklich, damit geht die Rechnung auf.« »Ich trinke zwar nicht, aber ich komme sehr gern mit.« Mias Miene wurde mitfühlend, als sie nach Bethanys Hand fasste und sie drückte. »Wir beide können Wasser trinken. Ich vertrage Alkohol nicht gut. Mein letzter Kater hat das unter Beweis gestellt.« Etwas an Mias Gesichtsausdruck beunruhigte Bethany. Fast schien es, als wüsste sie … Aber natürlich. Jace hatte es ihr erzählt. Ihr Gesicht wurde heiß, als Schamesröte ihren Hals hinaufkroch. Sie senkte den Blick und zog die Schultern zu einer instinktiven Schutzhaltung nach vorn. Mias warme Stimme durchbrach die Stille. »Bethany? Habe ich etwas Falsches gesagt?« Bethany hob den Kopf und sah die Besorgnis in ihren Augen. »Es war dein Ausdruck. Er hatte Bände gesprochen«, erklärte sie unverblümt. »Jace hat es dir erzählt.« Ihre offenen Worte überraschten sie selbst. Das war nicht typisch für sie. Normalerweise ging sie Konflikten aus dem Weg, und ganz bestimmt initiierte sie sie nicht. Erst in diesem Moment fiel ihr auf, dass Mrs Hamilton still und leise die Küche verlassen hatte. Mia kam um die Bar herum und kletterte auf den Hocker neben Bethanys. »Ja, er hat es mir erzählt«, bestätigte sie ruhig. »Ich denke nicht, dass das seine Absicht war, aber als ich vorschlug, dass du mit uns tanzen gehen könntest, wollte er mich warnen. Er fühlt sich offenbar als dein Beschützer, und er weiß, wie meine Freundinnen und ich es krachen lassen, wenn wir ausgehen. Jace wollte nicht, dass wir dich zu irgendetwas drängen. Aber Bethany, du musst mir glauben, dass ich wegen dem, was er mir anvertraut hat, nicht schlecht von dir denke. Das Einzige, was ich denke, ist, dass mein Bruder eine Frau gefunden hat, die ihm sehr am Herzen liegt, und das macht mich glücklich. Du machst ihn glücklich. Darum werde ich dich mögen, ganz egal, was in deiner Vergangenheit passiert ist.« Bethany schluckte den Kloß, der sich in ihrer Kehle geformt hatte, runter. »Ich hoffe, dass ich ihn glücklich mache«, flüsterte sie. »Denn etwas anderes habe ich ihm nicht zu bieten.« Mia lächelte. »Glaubst du, ich hätte einem Mann wie Gabe etwas anderes zu bieten? Er kann sich jeden Wunsch erfüllen. Aber er scheint nur mich zu wollen, und er ist zufrieden damit. Ich habe den Eindruck, dass Jace genauso tickt.« Bethany erwiderte ihr Lächeln. Es war schwer, Mia nicht zu mögen. Sie war authentisch und ohne jede Falschheit. »So, jetzt lass mich diese Sauce zubereiten«, sagte Mia und glitt von ihrem Barhocker. »Die Männer werden sonst ungeduldig, und das verhagelt ihnen die Laune.« Zwanzig Minuten später hatten sich alle um den Esstisch versammelt. Der Tafelaufsatz, bestehend aus herrlichen, leuchtend roten Weihnachtssternen, die von eleganten Spitzkerzen flankiert wurden, war zauberhaft. Kunstvolle Kerzenleuchter schmückten die Anrichte, und die gedimmten Lampen tauchten den Tisch in ein warmes Licht. Gabe und sein Vater besetzten die Stirnseiten des Tischs, Mrs Hamilton saß zur Linken ihres Mannes und Mia links von Gabe. Bethany hatte man den Platz gegenüber von Mia und zwischen Gabe und Jace zugewiesen, während Ash neben Mia und damit Jace gegenübersaß. Das Essen war köstlich, aber Bethany fühlte sich wie eine Ertrinkende in dem Gesprächsfluss. Das Problem, das ihr bisheriges Leben in Obdachlosigkeit und Armut mit sich brachte, war, dass sie mit diesen Leuten nichts verband. Es gab keine gemeinsamen Interessen. Sie hatte sich über aktuelle Ereignisse nicht auf dem Laufenden gehalten, kannte sich weder mit Sportarten noch in der Finanzwelt und schon gar nicht mit politischen Themen aus. Je länger das Essen andauerte, desto unwohler fühlte sie sich wegen ihres anhaltenden Schweigens. Als die anderen begannen, ihr besorgte Blicke zuzuwerfen, zwang Bethany sich zu lächeln, zu nicken und so zu tun, als sei sie ganz auf ihr Essen konzentriert. Und das war sie. Obwohl sie nun schon einige Zeit mit Jace zusammen war, war es ihr auch weiterhin ein Gräuel, Nahrungsmittel zu verschwenden. Sie lebte noch immer mit der tief verwurzelten Angst, nicht zu wissen, wann sie ihre nächste anständige Mahlzeit haben würde, darum kostete sie jede, die sie bekam, bis zum letzten Bissen aus. Jace schien endlich zu bemerken, wie unbehaglich sie sich fühlte, denn er fasste unter den Tisch, streichelte ihren Schenkel oberhalb des Knies und drückte ihn zärtlich. Er beugte sich zu ihr, um nach einem Brötchen zu greifen, dabei raunte er ihr zu: »Entspann dich, Baby.« Entsetzt stellte Bethany fest, dass Gabe ihn gehört zu haben schien, denn er sah in ihre Richtung, und sein Blick wurde mitfühlend. Bethany wünschte sich, die Erde würde sich unter ihr auftun und sie verschlucken. Noch lieber wäre sie einfach in ihre Wohnung zurückgekehrt. Sie litt an Reizüberflutung. Es waren zu viele Menschen, zu viele Gespräche. Sie war an gesellschaftlichen Umgang nicht gewöhnt. Es war zwar nicht so, als wären es furchtbare Leute, nein, ganz im Gegenteil, trotzdem fühlte Bethany sich unwohl in ihrer Haut und ihnen komplett unterlegen. Trotz Jace’ wiederholter Versuche, ihr ein Zugehörigkeitsgefühl zu vermitteln, kam sie sich vollkommen fehl am Platz vor. Doch das Problem war hausgemacht. Weder Jace noch seine Familie oder irgendwer sonst trug daran Schuld. Es lag ausschließlich an ihr selbst. An ihrer Unsicherheit. »Ich liebe deinen Christbaum«, sagte sie an Mia gewandt. Mia strahlte. »Ich auch. Ich bin ein großer Fan von Christbäumen. Jace ist früher immer mit mir zum Rockefeller Center gegangen, um zuzusehen, wie die Beleuchtung eingeschaltet wurde. Es war eine Tradition, auf die ich mich jedes Jahr gefreut habe. Gabe hat mir dort seinen Heiratsantrag gemacht.« Bethany ging das Herz über angesichts des zärtlichen Ausdrucks, der sich auf Gabes Gesicht ausbreitete. Seine Augen waren unverwandt auf Mia gerichtet. »Ich mag Christbäume auch«, murmelte sie wehmütig. »Ich hatte nie einen. Keinen richtigen, meine ich. In einem echten Zuhause.« Kaum dass ihr die Worte entschlüpft waren, hätte sie sich am liebsten auf die Zunge gebissen. Sie konnte die Bestürzung in ihrer Miene nicht verhehlen, konnte nicht glauben, dass sie das wirklich gesagt hatte. Es war ihr unerträglich, die Reaktionen der anderen auf ihre Bemerkung zu sehen. Bevor sie ihre Blamage durch weitere Worte noch verschlimmern konnte, sprang sie von ihrem Stuhl auf. Jace streckte die Hand nach ihr aus, aber sie war knapp außerhalb seiner Reichweite. Bethany verließ den Tisch und rannte blindlings in die Küche. »Meine Güte«, murmelte Ash. »Sie hatte nie einen Christbaum?« Jace war aufgestanden, hin- und hergerissen, ob er ihr folgen oder ihr einen Moment geben sollte, um sich zu fassen. Er schaute seinen Freund an, dann schwenkte er den Blick zu Gabes und Mias betretenen Mienen und zu Mrs Hamilton, in deren Augen tiefes Mitgefühl stand. »Das hier war zu viel für sie«, erklärte er gedämpft. »Dieser ganze Tag. Verdammt, ich hätte sie nicht überreden sollen herzukommen.« »Haben wir irgendetwas Falsches gesagt?«, fragte Mia bestürzt. »Nein, Kleines, ihr habt alles richtig gemacht. Es ist einfach nur hart für sie. Bethany ist an nichts von dem, was wir für selbstverständlich halten, gewöhnt. Sie ist nicht erfahren im gesellschaftlichen Umgang mit Menschen, besonders nicht mit welchen, die freundlich zu ihr sind. Sie war das reinste Nervenbündel bei der Vorstellung, euch alle kennenzulernen. Sie hat Angst, mich zu blamieren.« Er stieß ein freudloses Lachen aus. »Sie bildet sich ein, nicht gut genug für mich zu sein.« »Scheiße«, murmelte Gabe. »Ich hoffe, du kannst ihr diesen Unfug ausreden.« »Ich halte es für besser, wenn wir jetzt gehen«, sagte Jace und warf einen entschuldigenden Blick in die Runde. Mia nickte, während Gabe aufstand und Jace die Hand auf die Schulter legte. »Falls du irgendetwas brauchst, lass es uns wissen.« »Das mache ich. Danke für das fantastische Essen, Mia. Du hast dich selbst übertroffen.« »Sag Bethany ganz liebe Grüße von uns«, erwiderte sie sanft. Jace lächelte sie an. »Versprochen.« 25 Jace drückte Bethany an sich, während sie hinaus in die Kälte und zu seinem wartenden Wagen eilten. Sie hatte ihn seit seiner Ankündigung, dass sie aufbrechen würden, kein einziges Mal angesehen. Mia und Gabe, ja, sogar Ash – er vor allem – waren extrem zartfühlend mit ihr umgegangen, sie hatten sie umarmt, zum Abschied geküsst und so getan, als sei nichts vorgefallen. Trotzdem war Bethany zutiefst beschämt. Es zeigte sich an der Verkrampftheit ihres Körpers und dem schmerzgepeinigten Ausdruck in ihren Augen. Jace half ihr beim Einsteigen, dann schmiegte er sie fest an sich, als sie in den Verkehrsstrom einscherten. Er hatte seinem Chauffeur ihr Ziel bereits genannt, als er ihn angerufen hatte, um ihm mitzuteilen, dass sie fahren wollten. Bethany fiel gar nicht auf, dass sie nicht zu ihm nach Hause fuhren. Vermutlich dachte sie, dass er sie zu ihrem eigenen Apartment bringen und vielleicht sogar dort übernachten würde. Als würde sie am Weihnachtsabend irgendwo anders als bei ihm schlafen. Die räumliche Distanz zwischen ihnen machte ihn zunehmend ungeduldiger. Er wollte sie in seinem Zuhause, seinem Umfeld haben. Jede Nacht in seinem Bett. Zwar hatten sie, seit er sie in Mias alter Wohnung einquartiert hatte, keine einzige Nacht getrennt verbracht, aber meistens waren sie bei ihr gewesen. Der Verstand sagte ihm, dass er nicht zu hastig vorgehen, nicht zu viel Druck ausüben durfte, andernfalls könnte das Resultat verheerend sein. Aber sein Herz verzehrte sich nach ihr. Er wollte sie in seinen Armen, seinem Bett, seinem Leben wissen. Dafür würde er alles geben. Als der Wagen vor Saks Fifth Avenue hielt, realisierte Bethany endlich, dass sie nicht zu ihr nach Hause gefahren waren. Sie hob den Kopf und schaute sich konsterniert um. »Wo sind wir?« Er beugte sich zu ihr und verschloss ihr mit einem Kuss die Lippen. Dann öffnete er die Tür und zog sie sanft aus der Limousine. »Jace, was tun wir …« Sie brach ab, als ihr Blick auf den Weihnachtsbaum fiel, der über der Eislaufbahn aufragte. Ihr traten spontan die Tränen in die Augen, und seine Brust zog sich zusammen. »Oh, Jace.« Bethany verstummte, ihre Augen erfüllt von verzückter Freude. Ihr Atem formte kleine Dampfwölkchen, während sie den Baum reglos bestaunte. »Ich war früher einmal hier«, sagte sie leise. »Es war mein erstes Weihnachten in der Stadt. Meins und Jacks. Wir sind vierzig Blocks weit durch den Regen gelaufen, nur weil ich das hier ein einziges Mal sehen wollte.« Der Kummer in ihrer Stimme machte Jace das Atmen schwer. Er ballte die Hände zu Fäusten. »Wie lange ist das her, Bethany?« Sie war erst dreiundzwanzig. So jung noch, und doch wirkte sie so viel älter. Die Jahre auf der Straße hatten sie verhärtet und sie mit einem Zynismus ausgestattet, wie man ihn sonst nur bei wesentlich älteren Menschen fand. Jace war sich nicht sicher, ob er überhaupt wissen wollte, wie lange sie auf der Straße gelebt hatte. »Vier Jahre«, bekannte sie. Er unterdrückte den Fluch, der ihm auf der Zunge lag. Bethany hatte vier ganze Jahre lang auf den Straßen von New York City verbracht. Sie war neunzehn gewesen. Also in einem Alter, in dem die meisten Mädchen sich auf den Beginn ihres Lebens freuten. Mit dem Highschool-Abschluss in der Tasche als frischgebackene College-Studentinnen, die Spaß hatten. Die die Welt erobern wollten. Jace war nun noch entschlossener denn je, sie vor allem Negativen zu beschützen. Er würde nicht dulden, dass sie verletzt wurde. Er wollte sie ausschließlich mit schönen Dingen umgeben, wollte ihr glückliche Erinnerungen schenken. »Lass uns näher rangehen«, schlug sie mit vor Aufregung zitternder Stimme vor. Sie nahm seine Hand und zog ihn mit. Angesichts ihrer Begeisterung konnte er sich ein Lächeln nicht verkneifen. Ihre Augen blitzten, und ihr ganzes Gesicht strahlte so hell wie der Weihnachtsbaum. Sie war unfassbar schön, wenn sie lächelte. Allerdings fiel ihm jedes Mal, wenn sie es tat, wieder auf, wie selten sie sich dazu hinreißen ließ. Auch das war etwas, was er ihr unbedingt beibringen wollte. Er würde ihr jeden einzelnen Tag einen Grund zum Lächeln geben. Sie bahnte sich ihren Weg durch die kleine Menschenmenge, dann blieb sie an einer Stelle stehen, an der sich die Menschen nicht ganz so dicht drängten. Sie ließ seine Hand los, um ihre Hände zu verschränken, und sah in andächtigem Schweigen zu dem Baum hoch. Verflixt, er hätte darauf achten sollen, dass sie ihre Handschuhe mitnahm. Ihre Finger waren kalt. Auch sonst war sie nicht angemessen gekleidet, um sich im Freien aufzuhalten. Bethany trug zwar einen Mantel, aber nur den dünneren der beiden, die er ihr gekauft hatte. Er hatte gedacht, dass sie bloß vom Wagen ins Haus und wieder zurückgehen würden. Doch sie schien die Kälte nicht zu spüren. Mit einem Lächeln auf den Lippen hatte sie den Blick den Eisläufern zugewandt. Plötzlich hob sie das Gesicht und öffnete entzückt den Mund. »Jace, es schneit wieder!« Bethany hielt die Hände in die Luft und fing die langsam herabtrudelnden Schneeflocken auf. Sie schmolzen augenblicklich, darum haschte sie nach mehr. Lachend drehte sie sich im Kreis, während die Flocken auf ihrer Nase, ihren Wangen, ihrem Haar landeten. Jace war völlig gebannt von ihrem Anblick. Sie war so anmutig, dass es ihm den Atem raubte. »Weißt du, dass dies das erste Mal ist, dass ich mich über Schnee freue?«, fragte sie in wehmütigem Ton. »Früher bedeutete Schnee für mich, dass ich friere, nass werde und mir ewig nicht wieder warm wird. Aber heute kann ich den Zauber der Schneeflocken genießen, weil ich weiß, dass ich es hinterher wieder warm und trocken haben werde.« Ihre simplen Worte trafen ihn mitten ins Herz. Er empfand körperlichen Schmerz bei der Vorstellung, welch spartanisches, einsames Leben sie geführt hatte. Es war ihm schleierhaft, wie sie es geschafft hatte, das zu überleben. Der Gedanke, was ihr hätte zustoßen können, war ihm unerträglich, darum versuchte er, sich darauf zu konzentrieren, dass die Vergangenheit keine Rolle mehr spielte. Dass Bethany hier bei ihm war und er sie nicht mehr loslassen würde. Dass sie nie wieder in ihr altes Leben zurückkehren musste. Doch das war nicht so leicht, denn dieses Leben hatte sie geprägt und zu dem Menschen gemacht, der sie heute war. Sie hatte unverheilte Wunden, Narben, die bis tief in ihre Seele reichten. Ängste, die nur die Zeit zu lindern vermochte. Jace zog sie kraftvoll in die Arme, weil er sie spüren wollte, wenn auch mehr, um selbst Trost zu finden, als um ihr welchen zu spenden. Sie akzeptierte ihre früheren Lebensumstände weit besser, als er das konnte. »Danke«, wisperte sie. »Ich werde diesen Abend niemals vergessen. Der Baum ist wunderschön. Und dass ich ihn zusammen mit jemandem sehen durfte, der mich mag.« Mag? Herrgott, er mochte sie nicht nur. Er liebte sie. Mit jeder Faser seines Seins. Es war verrückt, es war irre, es war Wahnsinn. So etwas passierte nicht im wahren Leben. Man verliebte sich nicht Hals über Kopf in eine Frau, die man erst seit etwas mehr als einer Woche kannte. Doch er hatte genau das getan. Allmächtiger. »Jace?« Ihre besorgte Stimme durchdrang seine Gedanken. »Stimmt etwas nicht?« Er streichelte ihre Wange, dann beugte er sich nach unten und küsste ihren Hals. »Nein, Baby. Die Dinge könnten nicht perfekter sein.« Als sie lächelte, leuchteten ihre Augen und reflektierten den Lichterglanz. Sie stellte sich auf die Zehenspitzen und küsste ihn. Es geschah selten, dass Zärtlichkeiten von ihr ausgingen. Nicht weil sie es nicht wollte. Es lag an ihrer Scheu. Sie fürchtete immer, das Falsche zum falschen Zeitpunkt zu tun. Er liebte Momente wie diese, wenn sie aufhörte, sich Gedanken zu machen, und sich zu spontanen Gesten hinreißen ließ. Ihre Lippen strichen warm über seine und bildeten einen süßen Kontrast zu der Kälte. Er legte die Arme um sie und hob sie hoch, sodass ihre Münder auf gleicher Höhe waren. Bethany lachte vergnügt, als ihre Füße in der Luft baumelten. Sie stützte die Ellbogen auf seine Schultern, verschränkte die Hände in seinem Nacken und küsste ihn wieder. »Das war mein allerschönstes Weihnachten.« Jace lächelte. »Das freut mich.« Dann wurde ihre Miene ernst, und das Licht in ihren Augen erstarb. »Es tut mir leid, dass ich den Abend bei deiner Schwester ruiniert habe.« »Du hast gar nichts ruiniert, Baby«, wiegelte er sanft ab. »Ich habe dir damit viel abverlangt. Ich hätte dich einzeln mit ihnen bekannt machen sollen, anstatt dich an Weihnachten den Wölfen zum Fraß vorzuwerfen. Ich habe nicht nachgedacht, weil ich zu versessen darauf war, dass du sie kennenlernst und Zeit mit ihnen verbringst.« Bethany schmiegte die Stirn an seine und seufzte leise an seinen Lippen. »Ich arbeite an mir, Jace. Das schwöre ich. Ich versuche, nicht zu viel zu denken und mich damit selbst fertigzumachen. Ich möchte jemand sein, auf den du stolz sein kannst.« Seine Miene verdüsterte sich schlagartig. »Ich bin stolz auf dich, verdammt noch mal«, knurrte er. »Es gibt absolut nichts an dir, wofür ich mich schämen würde.« »Na schön, dann will ich vielleicht stolz auf mich sein können«, ruderte sie zurück. Er drückte sie an sich, dann setzte er sie behutsam ab. »Eines Tages wirst du dich mit meinen Augen sehen, Baby. Dafür sorge ich, und wenn es das Letzte ist, was ich tue.« Bethany wandte das Gesicht nach oben und fing mit der Zunge eine fallende Schneeflocke auf. Sie lachte hell, als sie in ihrem Mund schmolz. Plötzlich wünschte Jace sich nichts mehr, als seinen Schwanz dort zu spüren, wo gerade noch die Schneeflocke gewesen war. Er wollte auf ihrer Zunge zerschmelzen, in ihrem Mund explodieren. Ungeachtet der Kälte und des Schneetreibens durchströmte Hitze seinen Körper, bis ihm der Schweiß ausbrach. »Wir gehen jetzt«, verkündete er ruppig. »Okay.« »Und zwar zu mir.« »Okay.« »Ich werde dir das Hirn rausvögeln, Bethany.« »O-kay«, stimmte sie zittrig zu, doch ihr Blick sprach Bände. Sie war erregt. Mehr Ermutigung brauchte er nicht. Jace schnappte sich ihre Hand und lotste sie zurück zum Wagen. Es würde ihm alles abverlangen, nicht auf dem Rücksitz seiner Limousine über sie herzufallen. Heute Nacht würde er sie auf seine Weise nehmen. Nicht, dass die vergangene Woche nicht nach seinem Geschmack gewesen wäre. Er war definitiv derjenige gewesen, der das Tempo, das Wie und Wo diktiert hatte, trotzdem hatte er sich eher … konservativ verhalten. Selbst nachdem Bethany ihm deutlich zu verstehen gegeben hatte, dass sie willens war, sich auf seine speziellen Vorlieben einzulassen, hatte er sich aus Angst, die Sache zu verbocken, bisher zurückgehalten. Aber damit war jetzt Schluss. Hätte er mehr Druck ausgeübt, wäre sie womöglich nicht mehr so gehemmt. Bethany war eine Frau, der Stabilität und Sicherheit über alles gingen. Sie brauchte eine Struktur. Eine feste Routine. All das, was ihr bislang versagt geblieben war. Sie brauchte Liebe. Seine Liebe. Sie stiegen in den Wagen, dann herrschte während der ganzen Fahrt zu seiner Wohnung nervöse Stille. Die Luft knisterte vor sexueller Spannung, sie war fast mit Händen greifbar. Bethanys Augen schimmerten im matten Schein der vorbeihuschenden Straßenlaternen. Ihre Haare waren verführerisch zerzaust, ihre Lippen geschwollen von seinen Küssen. Genau, wie er sie haben wollte. Verdammt, er musste aufhören, ihren Mund anzusehen. Er stand kurz davor, in seine Hose zu kommen. Er musste sich auf irgendetwas anderes konzentrieren, denn er konnte an nichts anderes denken als daran, wie sich diese vollen Lippen um seine Erektion schlossen. Bethany fuhr sich mit der Zunge über die Oberlippe und bewirkte mit dieser nervösen Geste, dass sich ihm ein lautes Stöhnen entrang. Das Geräusch erschreckte sie, und er streckte automatisch die Hand nach ihr aus, um sie zu beruhigen. »Oh, Baby, wenn du wüsstest, welche Vision ich gerade von diesen Lippen hatte, und dann hast du auch noch drübergeleckt. Ich kann mich fast nicht mehr beherrschen.« Ein Funkeln trat in ihre Augen. »Wie lange haben wir?« Jace runzelte die Stirn. »Wie lange brauchst du?« Sie schob die Hand zwischen seine Beine. »Nun, das hängt ganz von dir ab.« Er betätigte die Gegensprechanlage. »Nehmen Sie die lange Route.« »Ja, Sir.« Bethanys Hand war bereits in seine Hose und unter seine Boxershorts geglitten. Er schnappte zischend nach Luft, als sie die Finger um seinen steifen Phallus schloss. Dann beugte sie sich zu ihm, ihr Mund gefährlich nahe an seinem. »Habe ich deine Erlaubnis, dir einen zu blasen?« Er wäre fast auf der Stelle gekommen. Ihr Atem strich warm über seine Lippen, und es kostete ihn gewaltige Selbstbeherrschung, sie nicht auf den Rücken zu stoßen und sie so zu nehmen, dass ihnen beiden Hören und Sehen verging. »Und ob du die hast«, ächzte er. »Hilf mir«, sagte sie, als sie an seinem Hosenstall nestelte. »Darum musst du mich nicht zweimal bitten.« Jace schob seine Hose nach unten und hörte, wie der Stoff zerriss. Er zerrte sie von seinen Oberschenkeln und befreite seinen geschwollenen, pochenden Penis, der sofort Habachtstellung einnahm. »Sag mir, wie du es möchtest«, forderte sie ihn auf. Sie suchte seinen Blick, und er erkannte die Verunsicherung in ihren Zügen. Ihm wurde warm ums Herz. Sie bemühte sich, aber sie war gleichzeitig ängstlich und zaghaft. Sie wollte seine Dominanz. Sie brauchte sie. So, wie er Bethany brauchte. Er wob die Finger in ihre Haare und drückte ihren Kopf nach unten zur Spitze seiner Erektion. »Nimm ihn tief auf«, befahl er. Zögerlich tastete sie mit der Zunge nach seinem Spalt, wo sich bereits ein Lusttropfen gesammelt hatte. Jace stöhnte, als sie eine heiße Spur um seine Eichel zog. Er legte die Hände um ihren Nacken, um ihn in stummer Ermutigung zu streicheln und zu massieren. Bethanys Mund glitt über seine gesamte Länge und badete sie Zentimeter für Zentimeter in ihrer warmen Nässe. »Wenn ich Stopp sage, hörst du sofort auf, verstanden?« Sie schaute zu ihm hoch, sodass sein Schwanz zwischen ihren Lippen herausglitt, dann nickte sie. »Das fühlt sich fantastisch an, Baby. Aber wenn ich jetzt schon komme, wird das all meine Pläne für den Abend zunichtemachen. Ich lasse mich von dir auf Touren bringen, bis wir zu Hause sind. Dort schaffe ich dich in mein Bett, binde dich fest und drücke dich auf die Matratze, anschließend nehme ich dich, bis du meinen Namen schreist.« Ein lustvoller Schauder durchfuhr ihren Körper. Ihre Pupillen weiteten sich, und ihren Lippen entschlüpfte ein winziges Keuchen. Ihr Puls beschleunigte sich unter seinen Fingern, die um ihre Handgelenke lagen. Er lächelte über ihre Reaktion. Es war definitiv an der Zeit, die Samthandschuhe auszuziehen. Bethany war bereit. Und er war es schon lange. Trotzdem würde er ihr noch eine letzte Chance geben, einen Rückzieher zu machen und ihm zu sagen, dass sie sich nicht bereit fühlte. Er hatte sie noch nie zu hart oder zu schnell zu etwas gedrängt. »Solltest du dich doch noch nicht darauf einlassen wollen, musst du es mir jetzt sagen, Baby. Dir muss klar sein, was heute Nacht passieren wird. Ich habe mich zurückgehalten, weil ich dich nicht unter Druck setzen, dich nicht überfordern oder verängstigen wollte. Aber heute Nacht ist eine andere Geschichte. Ich werde deinen süßen Hintern mit einer Gerte bearbeiten. Ich werde dich markieren, dich besitzen. Ich werde dich nehmen, wie du nie zuvor genommen wurdest. Verstehst du? Kannst du das akzeptieren? Heute Nacht wirst du in meine Welt eintauchen.« Mit geweiteten Augen nickte sie zaghaft. »Du musst dir sicher sein, Bethany. Und zwar zu hundert Prozent. Und solltest du an einen Punkt kommen, wo du nicht länger mitspielen willst, dann sag es mir. So einfach ist das. Du musst nur Nein sagen, und ich höre sofort auf.« »In Ordnung«, flüsterte sie. »Hast du Angst?« Sie schüttelte den Kopf. »Willst du es wirklich?« Sie nickte. »Baby, sprich mit mir. Allmählich mache ich mir Sorgen.« Als sie daraufhin lächelte, war seine Erleichterung unbeschreiblich. Bethany fürchtete sich nicht. Sie wollte es wirklich. »Ich begehre dich, Jace. Dein wahres Ich. Ich will nicht, dass du dich zurückhältst. Was du möchtest, erregt mich. Ich hoffe nur, dass ich dich nicht enttäuschen werde.« Er seufzte. »Oh, Baby, du musst mit diesem Quatsch aufhören. Du wirst mich nicht enttäuschen. Dass du dich mir auf diese Weise hingibst, dass du mir vertraust und mir erlaubst, alles mit dir zu machen, was ich will, das ist schöner als ein Traum. Nein, du wirst mich nicht enttäuschen. Das ist völlig ausgeschlossen.« Sie beugte sich vor, um ihn erneut zu küssen, dabei umfasste sie wieder seine Erektion. »Wie viel Zeit bleibt uns noch?«, hauchte sie an seinem Mund. 26 Bethany kniete auf dem Teppich in Jace’ Schlafzimmer, ihr ganzer Körper angespannt vor Erwartung. Jace umkreiste sie wie ein Raubtier seine Beute. Sie fühlte sich wie in einer köstlichen Falle. Ein Kribbeln erfasste sie vom Kopf bis zu den Zehen, wenn sie daran dachte, was Jace heute Nacht alles mit ihr vorhatte. Sie war ihm gegenüber aufrichtig gewesen, als sie gesagt hatte, dass sie während ihrer Sex-als-Verdrängungsmittel-Phase so gut wie alles ausprobiert hatte. Abartige und weniger abartige Spielarten. Sie war offen für alles gewesen. Der überwältigende Unterschied bestand jedoch darin, dass sie nichts davon je mit einem Mann getan hatte, dem sie wirklich am Herzen lag, der ganz und gar auf ihr Wohlergehen, ihr Vergnügen bedacht war. Bethany konnte es kaum erwarten, ausnahmslos alles mit Jace zu tun. Sie liebte seine Dominanz, seine Stärke, seine Autorität über sie. Seine feste Hand. Aber sie hatte gewusst, dass er sich beherrschte, dass er ihr noch nicht alles gab. Doch das würde jetzt ein Ende finden. Zumindest hoffte sie das. Adrenalin kreiste durch ihre Venen und bescherte ihr ein ungekanntes Hochgefühl. Keine Tablette, keine Droge hatte je eine vergleichbare Wirkung gehabt. Sie wünschte, sie könnte die Empfindung in Flaschen abfüllen. Bethany zuckte zusammen, als die Spitze der Ledergerte über ihre Schulter und zwischen ihren Brüsten hindurchstrich. Sie hatte nicht mal mitbekommen, dass Jace sie herausgeholt hatte, so sehr war sie in ihrer Erregung gefangen gewesen. Er war noch immer voll bekleidet, sie hingegen komplett nackt. Seine Ärmel waren hochgekrempelt. Das Bild, das sie abgaben, törnte sie an. Jace sah aus, als wollte er gerade körperliche Arbeit verrichten. An ihr. Sie befeuchtete ihre Lippen und war plötzlich nervös, ängstlich, tierisch aufgeregt und unglaublich scharf. Er ließ die Spitze abwechselnd über ihre Brüste gleiten. Ihre Nippel verhärteten sich, als er mit dem Leder darüberstrich, damit sie sich noch mehr aufrichteten. Dann führte er die Gerte tiefer, über ihren Bauch und bis zu ihrem Venushügel, anschließend zeichnete er die Kontur ihres Körpers damit nach, bis er zwischen ihre Beine gelangte. Bethany keuchte, als sie zwischen ihre Falten, über ihren Kitzler und in ihre Nässe glitt. Und sie war nass. Klatschnass. Er rieb leicht darüber, dann führte er sie tiefer bis zum Eingang ihres Schoßes, bevor er sich wieder ihrer Klitoris annahm. Ihre Atmung beschleunigte sich, und sie schloss die Augen, während sie sich hilflos aufbäumte, unfähig, ihre Reaktion auf die federleichten Berührungen zu verhehlen. Die Gerte konnte benutzt werden, um Lust zu schenken oder Schmerz. Der Kontrast faszinierte sie. Bethany verzehrte sich danach, die gegensätzlichen Empfindungen am eigenen Leib zu erleben. Das Knallen des Leders auf ihrer Haut zu spüren, wenn Jace sie zeichnen würde, wie er es versprochen hatte. Sie würde sein Zeichen tragen. Seinen Stempel, mit dem er einen Besitzanspruch auf sie erhob und anzeigte, dass sie ihm gehörte. Das klang so barbarisch. So unfassbar himmlisch und dekadent. Sie wollte sein Besitz sein. Beschützt. Verhätschelt. Bethany stöhnte leise, als er die Gerte durch ihre Löckchen und über ihren Schamhügel zog. Dann hob er die Spitze an ihren Mund. Ihre Augen weiteten sich, als sie seine Intention verstand. »Leck sie sauber«, verlangte er heiser. »Leck deinen Nektar von dem Leder, Bethany. Schmeck dich. Schmeck dein Verlangen.« Die Augen Zustimmung heischend auf Jace gerichtet, berührte sie das Leder zögerlich mit der Zunge. Seine Miene drückte Zufriedenheit aus, es gab keinen Hinweis auf Enttäuschung. Kühner werdend, zog sie das Leder weiter in ihren Mund, dabei ließ sie ihn keine Sekunde aus den Augen. Sie saugte leicht daran, dann fuhr sie mit der Zunge über die Oberfläche, schmeckte die zarte Moschusnote ihrer Erregung. Ohne Vorwarnung riss er die Gerte weg und holte nach ihrer Brust aus. Sie traf mit der flachen Seite auf ihren Nippel und den Warzenhof. Das Brennen kam so überraschend, dass sie sich keuchend auf die Hacken zurückrollte. Der scharfe Schmerz war das verstörendste Gefühl, das sie je empfunden hatte. Doch dann flaute er allmählich zu einem warmen, pochenden Pulsieren ab, das seltsam verführerisch war. Sie wollte mehr davon. Sie verzehrte sich nach diesem Brennen, weil sie wusste, was darauf folgen würde. Ihre Nippel standen in Flammen. Zu straffen, harten Knospen erigiert, ragten sie nach oben, als bettelten sie um die Gerte. War sie von allen guten Geistern verlassen? Sie flehte praktisch darum, dass er sie wieder schlug. Er versetzte der anderen Brust einen Hieb, und glühende Funken explodierten in ihrem Nippel. Sie schloss schwankend die Augen, trunken von der heißen Brandungswelle, die ihren Körper unter sich begrub. »Du würdest mit Brustwarzen-Piercings rattenscharf aussehen«, bemerkte Jace mit seidenweicher Stimme. Sie öffnete überrascht die Lider. Jace wirkte nicht wie der Typ Mann, der Körperschmuck bei Frauen gut fand. »Niemand außer mir würde sie sehen«, fügte er hinzu. »Es wäre unser kleines Geheimnis. Und es würde mich verrückt machen zu wissen, was sich unter deinem BH verbirgt.« Am liebsten wäre sie sofort losgerannt, um sich im nächstbesten Studio piercen zu lassen. Aber es klang schmerzhaft, und das nicht im positiven Sinn. »Rauf aufs Bett«, kommandierte er. »Auf Hände und Knie. Schieb den Hintern über die Bettkante. Behalte diese Stellung bei, egal, was ich tue. Du darfst dich nicht rühren. Allerdings hast du die Erlaubnis, jedes Geräusch zu machen, das du möchtest. Ich will dich hören. Jedes Stöhnen, jeden Schrei, jedes Keuchen, wenn die Gerte auf dein Fleisch knallt.« Bethany nahm ihre Hände zu Hilfe, um sich hochzustemmen, dabei wusste sie, dass sie unmöglich ihr Gleichgewicht halten konnte. Sie war zu trunken vor Begierde. Sie geriet ins Torkeln, aber Jace fasste sie sofort am Arm, damit sie nicht hinfiel. Sobald er sicher war, dass sie aus eigener Kraft stehen konnte, ließ er sie los. Bethany krabbelte aufs Bett und positionierte sich exakt so, wie er es ihr befohlen hatte. »Jetzt leg die Wange auf die Matratze und heb den Hintern an. Die Arme über den Kopf, die Handflächen flach aufs Bett. Und lass sie dort.« Mit einem etwas flauen Gefühl im Bauch angesichts dieser schutzlosen Haltung senkte Bethany langsam den Kopf. Sie war vollkommen hilf- und wehrlos. Zu ihrer Überraschung entfernte Jace sich, kehrte jedoch ebenso schnell zurück. Er packte einen ihrer Knöchel und zog ihre Beine weiter auseinander, sodass ihr Schoß ganz geöffnet war. Schockiert spürte sie, wie er ein Seil um ihren Knöchel schlang und es so straff zog, dass sie sich nicht mehr bewegen konnte, bevor er das andere Ende am unteren Bettpfosten festband. Großer Gott! Sie würde ihm wirklich total ausgeliefert sein! Sobald er einen Knöchel fixiert hatte, knöpfte er sich den anderen vor und fesselte ihn auf identische Weise ans Kopfende des Bettes. Mit weit gespreizten Beinen lag sie hilflos gefesselt vor ihm. Doch er war noch nicht fertig. Er ging zur anderen Seite des Bettes, und Bethany bemerkte aus dem Augenwinkel, dass er noch ein Seil in der Hand hielt. Wortlos zog er ihr beide Arme über den Kopf, sodass sie ein V bildeten. Er wickelte das Seil um ihre Handgelenke, band sie zusammen, zurrte es straff und befestigte es am Bettrahmen. Alle viere von sich gestreckt, war sie mit überdehnten Gliedern auf dem Bett fixiert. Bethany konnte keinen Muskel rühren, war ihm auf Gedeih und Verderb ausgeliefert. Ihre einzige Verteidigung war das Wort Nein, und sie war entschlossen, es nicht zu benutzen. Das kam gar nicht infrage. Sie wollte das hier zu sehr. Sie wollte die ganze Kraft seines Verlangens spüren. Keine Zurückhaltung, keine mühsame Selbstbeherrschung mehr. Sie drehte den Kopf zur Seite und hielt nach Jace Ausschau, konnte ihn jedoch nirgends entdecken. Aber er war da. Ganz nah. Sie fühlte seine Präsenz, seine übermächtige Anspannung, die nach einem Ventil suchte. Sie zuckte leicht zusammen, als die Spitze der Gerte sie zwischen ihren Schultern berührte und sich dann verführerisch ihren Weg über ihre Wirbelsäule bis zu ihrer Poritze bahnte. Er nahm die Gerte wieder weg, und Bethany hielt voller Erwartung die Luft an, doch er ließ sie nicht sofort herabsausen. Er wartete, bis sie ausatmen musste, erst dann zog er eine Schneise des Feuers über ihre Gesäßbacken. Keuchend verspannte sie sich, dann schloss sie die Augen, als das Brennen durch warme, sündhaft lustvolle Euphorie ersetzt wurde. Ein berauschendes Pulsieren ging durch ihre Blutbahnen, es überschwemmte ihr Bewusstsein, ihre Seele. »Sprich mit mir, Bethany. Ich will wissen, was du fühlst. Auf jedem einzelnen Level.« Jace’ belegte Stimme veranlasste sie, die Augen zu öffnen. Sie blinzelte und hatte Mühe, die richtigen Worte zu finden. Was ja kein Wunder war. Ein weiterer Hieb erfolgte, härter und kraftvoller dieses Mal. Der Schrei blieb ihr in der Kehle stecken, aber noch ehe er sich in einen der Agonie verwandeln konnte, wurde daraus ein lustvolles Stöhnen, das ihrem tiefsten Inneren entsprang. »Sag es mir«, forderte er sie erneut auf. »Ich empfinde Schmerz«, antwortete sie zittrig. Jace strich mit der Gerte über die sensible, von Striemen überzogene Haut ihrer Kehrseite, dann nahm er sie weg. »Zu viel?« In seiner Stimme schwang Besorgnis mit, das Versprechen, dass er aufhören würde, wenn sie das Wort sagte. »Nein!«, protestierte sie sofort. Sie wollte nicht, dass es vorbei war. »Der Schmerz geht in Lust über«, erklärte sie. »In wundervolle, überwältigende Lust. Ich habe nie zuvor etwas Vergleichbares gefühlt. Der Schmerz ist einfach nur Schmerz, aber die Wonne ist unbeschreiblich. Sie lässt mich nach dem Schmerz gieren, weil ich weiß, was auf ihn folgt.« »Und du möchtest, dass ich ihn dir zufüge? Du willst mehr?« »Ja«, versicherte sie atemlos. »Bitte. Bitte.« Er bückte sich und küsste das brennende Fleisch ihres Pos. Seine Lippen an ihrer weichen Haut zu spüren, löste einen neuen Schauder des Verlangens aus. Dann zog er sich zurück, holte aus und gab ihr, was sie begehrte. Schmerz. Hitze. Eine Feuersbrunst, die sich durch ihre Haut fraß, um jeden Muskel, jedes Gelenk zu erfassen. Sie erschlaffte, als das berauschende Flammenmeer mit unberechenbarer, überwältigender Kraft über sie hinwegtoste. »Du genießt den Schmerz«, raunte er. »Ich genieße es, ihn dir zuzufügen. Dir Vergnügen zu schenken, zu sehen, wie du den Kuss der Peitsche willkommen heißt, ist magisch. Ich verzehre mich danach, dir mehr zu geben.« Wohlig seufzend schloss sie wieder die Augen und wartete auf die nächste Welle der Lust. Jace belohnte sie mit einem weiteren Gertenhieb. Härter diesmal. Quälend und doch so sinnlich. »Lass uns herausfinden, wie viel du verträgst.« Seine Stimme klang unvorstellbar sexy. Sie ließ die Flammen in ihrem Inneren noch höher lodern, bis sie sich zu einem wilden Inferno auswuchsen, das sie versengte. Bethany konnte sich nicht bewegen. Es gab kein Entkommen. Sie war seine Gefangene. Seine willige Gefangene, die sich an jeder Demonstration seiner Dominanz ergötzte. Jace überzog ihr Gesäß mit unterschiedlich starken Hieben. Manche härter, manche sanfter. Nie traf er dieselbe Stelle zweimal. Er trieb sie an die Grenze der Raserei, bis sie unaufhörlich keuchte, bettelte und flehte, ohne überhaupt zu wissen, worum sie bat. Der Schmerz war längst verschwunden. Bethany fühlte nur noch süße Wonne. Eine Ekstase, wie sie sie sich nie hätte erträumen lassen. Niemand hatte sie je zuvor auf eine solch fantastische Reise mitgenommen. Dann legten sich starke Hände auf ihren Hintern, sie kneteten ihr hyperempfindliches Fleisch und spreizten es. Sein Phallus fand den Eingang zu ihrem Schoß und zwängte sich vorsichtig hinein, bevor er innehielt, damit sie sich um ihn entspannte. Bethany schnappte nach Luft, dann überließ sie sich ganz der Empfindung, aufs Köstlichste gedehnt und ausgefüllt zu werden. Endlich penetrierte er sie richtig, dabei glitten seine Hände an ihre Taille, um sie festzuhalten, was unnötig war, da Bethanys Fesseln jede Bewegung verhinderten. Ihre Beine waren weit gespreizt, ihre Arme über ihrem Kopf fixiert. Jace grub die Finger in ihre Taille, dann wanderten sie zu ihrer Hüfte, während er tief in sie vorstieß. Er war noch nicht ganz am Ziel, als er stoppte und die Nägel in ihr Fleisch krallte, um sie auf dieselbe Weise zu zeichnen wie zuvor mit der Gerte. »Ist alles okay, Baby?«, flüsterte er. Bethany gab keine Antwort. Konnte es nicht. Aber da sie nicht Nein sagte, nahm er das letzte Stück in Angriff, um seinen Körper bis zum Anschlag mit ihrem zu vereinigen. Anfangs waren seine Stöße sanft, er zog sich nur zurück, um wieder in sie einzutauchen. Aber als sie um ihn herum nasser wurde und ihm damit leichter Zugang gewährte, beschleunigte er das Tempo. Seine Bewegungen wurden kraftvoller, bis ihr ganzer Körper von der Wucht seiner Stöße erschüttert wurde. Sein Becken schlug gegen ihren Hintern, als er tief in sie eindrang und einen Teil von ihr berührte, den er nie zuvor berührt hatte. Jedes Mal, wenn er über diese Stelle strich, begann sie wie wild zu zucken, während Wellen der Lust durch sie hindurchbrandeten und sie gefährlich nah an den Höhepunkt trieben. Es war, als hätte sie jede Kontrolle über ihren Körper verloren. Jace kommandierte ihn. Er besaß ihn. Mit einem kehligen Stöhnen füllte er sie aus und erhöhte den Druck, indem er in ihr nach oben strebte, seinen Körper so fest auf ihren gepresst, dass ihre Beine von den Stricken überdehnt wurden. »Bist du so weit, Bethany? Ich will dich dabeihaben. Ich werde nicht ohne dich kommen.« Ihr wurde warm ums Herz. Dieses Szenario drehte sich in erster Linie um ihn, seine Wünsche und Begierden, trotzdem war er ganz auf ihre Lust fokussiert. Er hatte sich immer wieder vergewissert, dass er sie nicht zu hart rannahm und es okay für sie war, was er tat. Die ersten Vorboten ihrer Erlösung hatten sich schon vor Langem eingestellt. Vermutlich wäre sie längst gekommen, hätte sie dem Drang nachgegeben. Aber sie hatte die Zähne zusammengebissen und dagegen angekämpft, weil sie mit ihm zusammen den Höhepunkt erreichen wollte. »Ich bin so weit«, bestätigte sie im Flüsterton. »Sag mir, was ich tun soll, Baby, wie ich dir helfen kann.« »Berühr mich einfach. Und nimm mich hart, Jace. Sei nicht zu sanft. Ich brauche es hart und schnell. Und tief.« Sein Knurren warf ein Echo durch das Zimmer, als ihre unverblümten Worte ihm den letzten Rest seiner Selbstkontrolle raubten. Wie ein wild gewordener Berserker begann er, so hart und schnell in sie hineinzustoßen, wie sie es verlangt hatte. Ihre Umgebung verschwamm, als sich ihr Orgasmus höher und immer höher aufbaute, bis sich ihr ganzer Körper wie ein riesiges, bis zum Zerreißen gespanntes Gummiband anfühlte. Oh Gott, viel mehr würde sie nicht verkraften. Sie sehnte die Erlösung herbei, aber noch war es nicht so weit. Ihr Gipfelsturm beförderte sie in noch gewaltigere Höhen, bis sie keine Luft mehr bekam, nicht mehr denken konnte, nichts anderes mehr wahrnahm als die lustvolle Anspannung in ihrem Unterleib. Bethany presste die Lider zusammen und ballte die Fäuste über ihrem Kopf. Sie stemmte die Knie gegen die Matratze und bog mit erhobenem Kopf den Rücken durch auf der verzweifelten Suche nach der Erlösung von dem flammenden Begehren, das sie verzehrte. Jace stieß wieder zu. Hart. Fast brutal. Nein, es war brutal. Jede wuchtige Bewegung trieb ihr die Luft aus den Lungen, bis sie um Gnade winselten. Verkrampft bis in die Zehenspitzen knirschte sie mit den Zähnen. Sie musste jetzt kommen. Mehr konnte sie nicht ertragen, ohne zu zerbersten. Und dann rollte der Orgasmus in einer tosenden, erbarmungslosen, mächtigen, alles verschlingenden Flutwelle über sie hinweg. Ihr Körper schien in ein Dutzend verschiedene Richtungen davonkatapultiert zu werden. Etwas in ihr löste sich in seine Bestandteile auf, als die unglaubliche Anspannung von ihr abfiel. Sie sackte aufs Bett und presste die Wange auf die Matratze. Mit geschlossenen Augen und erschlafften Gliedern lag sie reglos da, während Jace sich weiter in sie hineinpumpte. Jeder Stoß löste ein fast unerträglich süßes Beben in ihrem Schoß aus. Sie war so übersensibilisiert, dass jede Bewegung köstliche Agonie mit sich brachte. Bethany wimmerte, als Jace reglos in ihr verharrte, dann spürte sie, wie er sich in nassen Krämpfen in ihr entlud. Sie war glitschig von seinem Ejakulat, aber er blieb weiter zuckend in ihr, bis sein Orgasmus abklang. Er beugte sich nach vorn und schmiegte seinen warmen Körper an ihren. Dann küsste er sie zwischen die Schulterblätter, während er mit heißen Händen über ihre Flanken streichelte und schließlich ihre Hüften umfasste. »So wunderschön«, murmelte er. »Ich habe nie zuvor etwas Schöneres gesehen als dich an mein Bett gefesselt, auf mich wartend, dein Hintern rot von meiner Gerte.« Sie erbebte unter ihm, als er sich hochstemmte und aus ihr herausglitt. Dann stand er auf, und sie hörte, wie sich seine Schritte in der Ferne verloren. Befriedigt und ermattet lag sie da und kostete die letzten Nachwehen der Erlösung aus. Sie driftete davon, befand sich in einem Schwebezustand zwischen Bewusstsein und Schlummer. Sie konnte nicht einschätzen, wie viel Zeit verstrichen war, bis Jace sie in die Gegenwart zurückholte, indem er mit den Händen über ihren Po strich. Als er sich gegen sie presste, stellte sie zu ihrer Überraschung fest, dass er wieder steif war. Sie musste länger gedöst haben als gedacht. Er begehrte sie von Neuem. Ihre Arme und Beine schmerzten von dem straffen Zug der Seile, aber sie beklagte sich nicht. Jace würde sich hinterher um sie kümmern. Er würde niemals zu weit gehen, sondern schien genau zu wissen, wo ihre Grenzen lagen. Außerdem hatte er sehr viel Geduld dabei bewiesen, sie an diesen Punkt zu bringen. Sie vertraute ihm. »Ich werde mir jetzt deinen süßen Po vornehmen«, flüsterte er nahe an ihrem Ohr. »Davon träume ich schon lange. Deine Position ist perfekt. Flach auf dem Bauch, die Beine gespreizt. Hilflos. Du hast mir nichts entgegenzusetzen. Ich werde in und auf deinem Hintern kommen. Ich werde so tief in dir sein, dass du mich in deinem Bauch spürst.« Ein heftiges Beben durchfuhr sie von den Schultern bis zu den Füßen. Ein Schauder lief ihr über die Haut, bis ihr ganzer Körper vor Erwartung vibrierte. Jace löste sich wieder von ihr, bevor er wenige Sekunden später zurückkam. Etwas Warmes tröpfelte in ihre Pospalte. Dann zog er die Backen auseinander und gab mehr Gleitmittel auf ihren Anus. Er verteilte es, dann hielt er kurz inne, bevor er sie mit einem Finger penetrierte. Ohne Mühe überwand er die Barriere und verstrich das Gel innen und außen. Er nahm mehr Gleitmittel zu Hilfe, bevor er einen zweiten Finger einführte und sie dehnte, bis beide Platz fanden. Bethany stöhnte leise und spürte einen brennenden Schmerz, der sich gar nicht so sehr von dem von der Gerte zugefügten unterschied. Beide waren angenehm, nur eben anders. »Ich sollte mehr Zeit darauf verwenden, dich vorzubereiten«, sagte er stockend. »Aber ich kann nicht. Ich will dich zu sehr. Du musst dich entspannen und mithelfen, Baby. Ich versuche, es langsam angehen zu lassen.« Er zog die Finger heraus und verteilte noch mehr Gel um ihre Öffnung. Dann presste er die stumpfe Spitze seines Glieds dagegen. Druck baute sich auf, als ihr Körper Widerstand leistete und ihm den Zugang verwehrte. Ein leises Knurren entrang sich seiner Kehle. Sie erzitterte wieder vor Erregung, stand in Flammen, verzehrte sich nach ihm. »Lass mich ein, Baby. Entspann dich. Kämpf nicht dagegen an.« Bethany holte tief Luft, dann ließ sie sie langsam entweichen, während sie sich zu zwingen versuchte, seine Anweisung zu befolgen. Sie wimmerte wieder, als er sich gnadenlos in sie hineinzwängte und ihren Körper seinem Willen unterwarf. Sie presste die Lippen zusammen aus Angst, er könne aufhören. Doch das tat er nicht. Er schien sich schon zu sehr in seiner Lust verloren zu haben, um noch auf Anzeichen ihres Unbehagens achten zu können. Jace übte weiter stetig Druck aus, bis ihr Körper seinen Widerstand endlich aufgab und er bis zur Hälfte in sie eindringen konnte. Er krampfte seine zuckenden Finger in ihre Taille. »Gott, Baby«, keuchte er. Er zog sich aus ihrem hyperempfindsamen, gedehnten Inneren zurück. Sein Herausgleiten war eine mächtige Erleichterung, doch dann penetrierte er sie wieder, und das natürliche Aufbegehren ihres Körpers gegen seine Invasion machte es zu einem schwierigen, schmerzhaften Unterfangen, als er ganz in sie eintauchte. »Nimm mich auf«, forderte er mit erstickter Stimme. »Bis zum Anschlag. Oh, Bethany. Du hast keine Ahnung, was du mit mir anstellst.« Langsam glitt er wieder heraus, bis nur noch seine Eichel von ihrer zuckenden Öffnung umschlossen war. Er wartete, bis sie sich um seine Spitze zusammenzog, sie fest umschmiegte, dann wagte er den nächsten Vorstoß und überwand kraftvoll ihren Widerstand. Bethany öffnete den Mund zu einem tonlosen Schrei. Sie atmete hektisch durch die Nase, bis sie auf diese Weise nicht mehr genügend Luft bekam und gierig mit dem Mund danach schnappte. Ihre Brust hob und senkte sich in schneller Folge auf der Matratze, während sie mit dem Bombardement widerstreitender Empfindungen klarzukommen versuchte. Schmerz. Wonne. Erregung. Machtlosigkeit. Stärke. Unerbittliche Wollust. Sicherheit. Geborgenheit. Unterwerfung. »Ich werde mich danach um dich kümmern«, versprach Jace, als er sich nach vorn lehnte und sich Einlass in ihre geweitete Öffnung verschaffte. »Das hier ist für mich.« Und dann begann er, sich in sie hineinzurammen, sodass seine Schenkel gegen ihre Pobacken klatschten und jeder Stoß eine neue Schockwelle durch ihren Körper sandte. Er legte die Hände um ihr Gesäß und hob es an, um leichter Zugang zu haben. Durch die Bewegung schloss sich ihr Anus fester um seine Erektion, und er stöhnte vor Entzücken. Dann ließ er sich nach unten sinken und legte sich mit seinem ganzen Gewicht auf sie. Er bedeckte jeden Zentimeter ihres Rückens, während er die Hüften hob und senkte, um immer noch tiefer in sie einzutauchen. Seine Zähne schabten über ihre Schulter, als er die Arme über ihren Kopf streckte, ihre gefesselten Handgelenkte umfasste und sie festhielt, während er sich weiter an ihr austobte. Heißer Samen ergoss sich in ihren Hintern, doch er stieß weiter zu und entlud mit jeder Vorwärtsbewegung mehr von seiner Erlösung tief in ihren Körper. In einem schier endlosen Schwall pumpte er sie voll Sperma, bis er schließlich mit abklingenden Zuckungen erschöpft auf ihr zu liegen kam. Sein Penis steckte noch immer in ihr und pumpte das Letzte aus sich heraus. Ein Teil seines Samens war durch die kraftvollen Bewegungen aus ihrem Hintern gequollen und glitt nun warm an ihren Schenkeln herab. Noch immer mit ihr vereinigt, blieb Jace eine lange Weile auf ihr liegen, bis sich seine Atmung und sein Körper beruhigten. Er küsste ihre Schulter, dann streichelte er ihre Arme und ihre Seiten. »So schön«, wiederholte er. »Und mein. Du bist mein, Bethany. Du gehörst mir. Mir allein.« Es regte sich kein Widerspruch in ihr. Sie war absolut zufrieden damit, ihm so lange zu gehören, wie er sie haben wollte. Dabei versuchte sie, nicht darüber nachzudenken, von welch kurzer Dauer das sein könnte. 27 Sorgsam darauf achtend, sie nicht zu wecken, stieg Jace aus dem Bett. Bethany schlief tief und fest. Sie hatte sich nicht mehr geregt, seit er sie losgebunden und ins Bad getragen hatte, um sie zu waschen und zu umsorgen, bevor er sie zu Bett brachte. Ihr Kopf hatte kaum das Kissen berührt, als sie auch schon eingeschlummert war. Was ihm sehr gelegen kam, da sie nichts von den Vorbereitungen für ihre Weihnachtsüberraschung mitbekommen sollte. Es hatte ihn bestürzt zu erfahren, dass Bethany noch nie einen Weihnachtsbaum gehabt hatte, daher bedauerte er es umso mehr, keinen in ihrer gemeinsamen Wohnung aufgestellt zu haben. Ihrem Zuhause. Selbst in dem anderen Apartment gab es keinen. Dabei hatte er für die heranwachsende Mia immer einen besorgt und war mit ihr zum Rockefeller Center gegangen, um zuzusehen, wie die Lichter am Weihnachtsbaum erstrahlten. Doch als sie älter geworden war und sie nicht mehr zusammen wohnten, hatte er auf einen Baum verzichtet. Er sah keinen Sinn darin, für sich alleine einen aufzustellen, und war deshalb auch nicht auf den Gedanken gekommen, einen für Bethany zu besorgen. Nachdem Bethany, erschöpft von ihrem Liebesspiel, eingenickt war, hatte er ein paar Notanrufe getätigt, anschließend waren Gabe, Mia und Ash mit einem künstlichen Christbaum samt Deko angerückt und hatten ihn im Wohnzimmer geschmückt. Jace hatte die funkelnden Lämpchen angelassen, damit Bethany sie sofort sah, wenn sie am nächsten Morgen ins Wohnzimmer ging. Er konnte es kaum erwarten, ihr Gesicht zu sehen. Und er würde dafür sorgen, dass sie Weihnachten nie wieder ohne einen Baum verbringen musste. Er ging zur Kommode, zog die oberste Schublade auf und holte das kleine, verpackte Geschenk für Bethany heraus. Dann kehrte er zum Bett zurück und schaute zum Fenster, während die ersten Vorboten der Dämmerung ihr milchiges Licht in das Zimmer warfen. Sie sah wunderschön aus im bleichen Licht des Morgens. Ihr Haar lag über sein Kissen gebreitet, ihre Finger waren in seine Laken gewühlt. Sie war in seinem Bett, und genau dort gehörte sie auch hin. Jace legte sich wieder neben sie und deponierte das Geschenk zwischen ihnen, dann beobachtete er sie auf einen Ellbogen gestützt zufrieden beim Schlafen. Er konnte warten. Es gab nichts Schöneres, als ihr beim Aufwachen zuzusehen, wenn ihre Augen noch ganz verträumt und schlaftrunken waren und ein zärtliches Lächeln ihre Lippen umspielte. So erwachte sie jeden Morgen. Als wäre sie dankbar für jeden Moment abseits ihres alten Lebens. Es tat ihm in der Seele weh, dass sie je so gelebt hatte. Er würde alles geben, um diese Erfahrung ungeschehen zu machen. Aber er konnte die Vergangenheit nicht ändern. Dafür konnte er definitiv Einfluss auf die Zukunft nehmen. Nach ein paar Minuten konnte er der Versuchung nicht länger widerstehen und zeichnete mit dem Finger die anmutigen Konturen ihres Gesichts nach. Er ließ ihn über ihren Wangenknochen gleiten und erfreute sich an der Samtigkeit ihrer Haut. Ihre Wimpern flatterten, dann öffnete sie die Lider und fand sofort seinen Blick. In ihren Augen stand ein weicher, zärtlicher, zwar noch benommener, aber so froher Ausdruck, als sei sie die zufriedenste Frau auf der ganzen Welt. Welcher Mann würde es nicht lieben, seine Partnerin mit diesem Ausdruck aufwachen zu sehen? Als würde sie um keinen Preis irgendwo anders sein wollen. »Frohe Weihnachten«, murmelte er, als er sich zu ihr beugte, um sie zu küssen. »Frohe Weihnachten«, erwiderte sie. Er schob das Kästchen über das Bett, bis es direkt vor ihr stand. »Ich habe dir ein Geschenk besorgt. Na ja, eigentlich ist es nur eins der Geschenke, die ich für dich habe.« Ihre Augen weiteten sich. »Jace, wir hatten vereinbart, uns nichts zu schenken.« Sie klang so aufrichtig bekümmert, dass Jace die Brust eng wurde. Er legte den Finger auf ihre Lippen, um sie zum Schweigen zu bringen. »Nein, du hast diese Vereinbarung getroffen. Ich habe dem nie zugestimmt«, wies er sie sanft zurecht. »Aber ich habe nichts für dich«, jammerte sie. Ihm ging das Herz über, und er musste lächeln. »Wie kannst du das, nach allem, was du mir letzte Nacht geschenkt hast, heute Morgen ernsthaft behaupten?« Sie senkte errötend den Blick. Doch das ließ er nicht zu. Er hob ihr Kinn an und zwang sie, ihn anzusehen. »Bethany, du hast mir etwas gegeben, das viel kostbarer ist als alles, was ich dir je bieten kann. Du hast mir dein Vertrauen geschenkt. Du hast mir dich geschenkt.« Ihre Wangen wurden feuerrot, aber ihre Augen leuchteten vor Freude. »Jetzt mach es auf. Ich wollte dir dieses hier separat geben.« Bethany richtete sich auf und setzte sich im Schneidersitz vor die Schachtel, dabei starrte sie sie an, als könnte sie beißen. Schließlich zog sie zaghaft die Schleife auf und entfernte das Papier. Sie brauchte zwei Anläufe, ehe es ihr gelang, die Schatulle zu öffnen, dann nahm sie das exquisit gearbeitete Lederband mit dem großen, tropfenförmigen Diamanten in der Mitte heraus, der so platziert war, dass er sich in die Kuhle ihres Halses schmiegen würde. Jace hatte lange nach dem richtigen Schmuckstück gesucht. Es war nicht einfach nur eine Halskette. Weit gefehlt. Es war ein Symbol seines Besitzanspruchs. Es war ein … Choker. Nicht, dass er ihr das auf die Nase binden würde. Dafür war später noch Zeit, sobald sie sich an ihre Art der Beziehung gewöhnt hatte. Für den Moment war er zufrieden damit, dass er wusste, was es bedeutete, und dass sie es tragen würde. Er hatte sich andere Diamant-Halsbänder angesehen, wundervoll geschliffene, kostbare Steine, die in filigrane Muster eingearbeitet waren. Aber keins der Stücke schien ihm zu Bethany zu passen, bis er das rustikale Lederdesign entdeckt hatte. Er hatte den tropfenförmigen Diamanten hinzufügen lassen, weil er den schlichten Choker in etwas Elegantes, Kostspieliges verwandelte. In etwas, das mehr der Frau entsprach, die er als die seine betrachtete. »Jace, das ist ein zauberhaftes Geschenk. Hilfst du mir, es anzulegen?« Noch während sie sprach, hielt sie ihm den Choker hin, dann drehte sie ihm den Rücken zu, als er ihn nahm. Sie fasste in ihren Nacken, um ihre Haare anzuheben, damit er ihn ihr umlegen und schließen konnte. Das Schmuckstück schmiegte sich perfekt um ihren schlanken Hals. Als Bethany sich ihm wieder zuwandte, konnte er die ganze Wirkung sehen und war überwältigt. Sein Penis erwachte augenblicklich zum Leben, als er sie mit seinem Halsband betrachtete. Sie gehörte jetzt ihm, und alle Welt würde es sehen. Die einzelnen Lederschnüre waren zu einem komplizierten Flechtmuster verwoben, das sich rund um ihren Hals zog. Der mittig herabbaumelnde Diamant verlieh dem Schmuckstück etwas Zartes, Anmutiges. Genau wie Bethany es war. Der Choker war perfekt. Sie war perfekt. »Ich möchte, dass du das Band immer trägst«, sagte er mit sonorer Stimme. »Leg es nie ab. Versprich es mir.« Sie schaute ihn verwundert an, aber ihre Augen strahlten vor Glück. »Ich verspreche es.« Jace beugte sich zu ihr und küsste sie auf den Mund, eroberte ihn mit der Zunge, bis sie beide außer Atem waren. »Zieh einen meiner Bademäntel über, damit dir nicht kalt wird. Ich werde den Kamin anzünden, danach kannst du deine übrigen Geschenke auspacken.« Sie schürzte unglücklich die Lippen. »Ich wünschte, du hättest keine Geschenke für mich besorgt.« Jace grinste. »Pech gehabt, Baby. Du wirst dich daran gewöhnen müssen, dass ich dich bei jeder sich bietenden Gelegenheit verwöhnen werde. Indem ich dich zu Weihnachten beschenke, mache ich mir selbst eine Freude. Dich glücklich zu sehen ist das beste Geschenk, das ich mir wünschen könnte. Dir dabei zuzusehen, wie du deine Päckchen öffnest, wird dies zum besten Weihnachtsfest meines Lebens machen.« Bethany überraschte ihn, indem sie sich in seine Arme warf, ihn nach hinten drängte und rücklings aufs Bett schubste. Sie umarmte ihn stürmisch und bedeckte sein Gesicht mit Küssen. »Ich danke dir. Du kannst dir gar nicht vorstellen, was mir das bedeutet«, sagte sie. Jace lächelte sie zärtlich an, während er ihr das Haar aus dem Gesicht strich. »Nicht so viel, wie du mir bedeutest. Das garantiere ich.« Er gab ihr einen Klaps auf den Po, dann sagte er: »Jetzt lass uns aufstehen. Im Wohnzimmer wartet eine Überraschung auf dich.« »Ach, Jace«, seufzte sie kapitulierend, aber er grinste nur und rollte sie von sich runter. »Komm schon. Es ist Weihnachten. Zeit, den Hintern aus dem Bett zu schwingen und zu feiern.« Sie lächelte, und ihre Augen glänzten vor Aufregung. Auch wenn sie darauf bestanden hatte, auf Geschenke zu verzichten, würde er den Teufel tun und ihr erstes gemeinsames Weihnachtsfest so großartig wie möglich gestalten. Jace reichte ihr einen Bademantel, damit sie nicht fror. Er wollte nicht, dass sie sich anzog, weil er vorhatte, den restlichen Tag mit ihr im Bett zu verbringen, nachdem sie den Baum gesehen und ihre Geschenke geöffnet hatte. Er selbst streifte sich rasch eine Pyjamahose über, bevor er Bethany an die Hand nahm und sie ins Wohnzimmer führte. Sie blieb wie angewurzelt stehen, als sie den Christbaum mit den Hunderten weißen Lichtern und den aufgetürmten Päckchen darunter erblickte. Ihr fiel die Kinnlade runter, dann schossen ihr die Tränen in die Augen. In ihrer Miene spiegelte sich eine Mischung aus Entzücken und Fassungslosigkeit wider. »Wie hast du das hinbekommen? Oh, Jace, wie wundervoll. Mir fehlen die Worte.« Er zog sie in die Arme und küsste ihre Stirn. »Frohe Weihnachten, Baby. Jetzt mach deine Geschenke auf.« Bethany musste sich beherrschen, um nicht wie ein übereifriges Kind bei der Bescherung zum Baum zu stürzen. Jace blutete das Herz bei dem Gedanken, dass sie diese Erfahrung nie zuvor gemacht hatte, gleichzeitig freute er sich unbeschreiblich, dass er derjenige war, der sie ihr ermöglichte. »Die Päckchen sind so schön, dass ich sie gar nicht öffnen will«, bekannte sie in ehrfurchtsvollem Ton. Jace lachte. »Der Spaß liegt darin, das Papier so schnell aufzureißen, wie du kannst.« Mehr brauchte sie nicht als Ermutigung, um sich über die Geschenke herzumachen und jedes einzelne unter freudigen Jauchzern auszuwickeln. Am allerbesten kamen die Schuhe an. Jace hatte ihr ein ganzes Sortiment funkelnder, sexy High Heels gekauft. Von all den Dingen, die ihr bei ihrer ersten Shoppingtour gefallen hatten, waren die Schuhe ihre Favoriten gewesen. Bethany hatte sich wehmütig mehrere Paare angeschaut, war jedoch von den Preisschildern abgeschreckt worden. Am zweitbesten gefiel ihr der gigantische Korb mit dem Sortiment an Gourmet-Kakao, das von Milchschokolade bis Zartbitter reichte. Nachdem sie sämtliche Geschenke ausgepackt hatte, fiel sie ihm wieder in die Arme. Sie landeten auf dem Fußboden, er flach auf dem Rücken und aus voller Kehle lachend, als sie sein Gesicht ein weiteres Mal mit Küssen bedeckte. Er sah zu ihr hoch und nahm ihr hinreißendes Lächeln, die Freude, die hell in ihren Augen glänzte, in sich auf. »Das ist das beste Weihnachten aller Zeiten«, bemerkte er zärtlich. »Warte, das ist mein Satz«, protestierte sie. »Und wie kannst du so etwas behaupten? Ich habe überhaupt nichts für dich besorgt.« Jace schüttelte bedächtig den Kopf. »Das Einzige, was ich wollte, halte ich hier in meinen Armen. Wie du mich ansiehst und dabei lächelst, als hätte ich dir gerade die Welt zu Füßen gelegt. Es wird für mich nie ein schöneres Geschenk geben als das, Baby.« 28 Bethany bewegte sich, als Jace unter der Decke hervorglitt. Er beugte sich zu ihr und küsste sie auf die Stirn, dabei murmelte er: »Schlaf weiter, Baby. Ich muss heute zur Arbeit. Du kannst hierbleiben.« Sie setzte sich auf und zog das Laken hoch, um ihre Brüste zu bedecken. Es war eine absurde Geste, ihre Blöße zu verstecken, nachdem sie Weihnachten hauptsächlich nackt verbracht hatte. In Jace’ Armen. Er hatte Liebe mit ihr gemacht, bis sie beide vor Erschöpfung eingeschlafen waren. Doch jetzt fühlte sie sich verlegen und ein wenig nervös. Sie hob die Hand zu dem Halsschmuck, den Jace ihr geschenkt hatte, und folgte der Kontur des Lederdesigns mit einer Fingerspitze. Sie fühlte sich nicht wohl dabei, den Tag in Jace’ Wohnung zu verbringen, wenn er nicht da war. Ihre Sachen waren nicht hier. Es war sein Zuhause. Das Musterbeispiel eines Junggesellenapartments. Alles wirkte und roch maskulin. Und auch wenn sie nicht viel besaß, war die Wohnung, in der sie derzeit lebte, zumindest sehr feminin. Sie fühlte sich dort fast so wohl, als wäre es ihre eigene. »Eigentlich wollte ich in dem Fall, dass du zur Arbeit musst, lieber heimfahren«, entgegnete sie leise. Jace runzelte die Stirn, bekam sich jedoch schnell wieder in den Griff. »Wie du meinst. Dann komme ich zu dir, sobald ich im Büro fertig bin. Wir könnten den Abend bei dir verbringen.« Bethany nickte. Obwohl sie eine eigene Wohnung hatte, hatten sie bisher keine einzige Nacht ohne einander verbracht. Tatsächlich waren sie mit Ausnahme der Zeit, in der Jace arbeitete, praktisch unzertrennlich. »Wenn du möchtest, setze ich dich auf dem Weg zur Arbeit dort ab.« »Kommst du dann nicht zu spät?« Er grinste. »Ich bin der Boss, schon vergessen? Ich kann tun und lassen, was ich will.« »Na gut, dann gern.« »Gib mir fünf Minuten, um zu duschen, danach kannst du rein.« Bethany beobachtete, wie er nackt und all seine maskuline Schönheit, seine harten Kanten, zur Schau stellend zum Bad ging. Sein von ihrem endlosen Liebesspiel verstrubbeltes Haar machte ihn nur noch hinreißender. Er blieb in der Badezimmertür stehen und sah sich mit einem Glitzern in den Augen zu ihr um, als wüsste er genau, was sie dachte. Dann breitete sich ein umwerfendes Grinsen auf seinem Gesicht aus, das ihr den Atem raubte. Er zeigte sich nicht oft von dieser heiteren Seite, sondern verströmte meist etwas Beherrschtes, eine fast grüblerische Nachdenklichkeit. Aber wenn er lächelte, bekam sie kaum noch Luft. Bethany setzte sich auf, nachdem er im Bad verschwunden war. Allerdings hatte er die Tür offen gelassen. Eine Einladung? Sie leckte sich die Lippen und spürte, dass ihr Mund plötzlich trocken geworden war. Wenn sie zusammen duschten, wären sie in der Hälfte der Zeit fertig. Oder auch nicht. Denn falls sie sich zu ihm gesellte, würden sie nicht nur duschen. Was nicht unbedingt eine schlechte Sache wäre. Nein, es wäre eine ganz fantastische Sache. Bethany warf die Decke beiseite und krabbelte aus dem Bett. Sie fröstelte leicht, als sie sich aus der Wärme schälte, die noch daher stammte, dass Jace neben ihr gelegen hatte. Sie zögerte einen Moment, während sie zum Bad spähte und auf das untrügliche Zeichen aufsteigenden Dampfs in der Dusche wartete. Nach einigen Minuten hörte sie, wie Jace das Wasser aufdrehte, und schlich auf Samtpfoten zur Tür. Seine Dusche war gigantisch groß. Sie bot locker Platz für zwei. Oder sogar drei. Sie war komplett verglast, und es gab mehrere Duschköpfe, einen an der Decke und zwei Brausen an der Wand. Jace’ Umriss war durch die beschlagene Scheibe zu erkennen, und sie sah, wie er sich wusch und seine Hände tiefer und tiefer glitten … Sie öffnete die Kabinentür und trat ein, bevor sie der Mut verlassen konnte. Er hatte die Hand an seinem Penis, riss die Augen auf und blinzelte überrascht, doch diese Überraschung wurde zügig von aufflammendem Verlangen ersetzt. Mit glutvollen Augen strich er über die Länge seines Gemächts, das sich binnen zwei Sekunden von halb erschlafft in erigiert transformierte und gleich darauf steil aufragte. Sollte Bethany noch irgendeinen Zweifel gehegt haben, ob sie in seiner Dusche willkommen war, verflog er in diesem Moment, als sein Körper vor ihren Augen so deutlich auf sie reagierte. »Das ist mein Job«, erklärte sie, als sie ihre Hand um sein Glied schloss und seine verscheuchte. »Dem stimme ich uneingeschränkt zu.« Wasser strömte über seinen Rücken und benetzte seinen herrlichen Körper. Sein Haar war nass, und Bethany erkannte, dass es länger war, als sie gedacht hatte. Das Gewicht des Wassers nahm ihm die Fülle und glättete jede widerspenstige Locke, sodass es ihm bis auf die Schultern reichte. »Du bist wunderschön«, murmelte sie, als sie so nahe zu ihm trat, dass ihre Körper sich berührten. Das Wasser prasselte auf sie herab, und sie genoss die exquisite, verführerische Wärme. Jace verspannte sich, und sein Blick wurde heißblütiger, wilder. Er schlang die Arme um sie und zog sie an sich, während sie ihn weiter mit der Hand stimulierte. »Du bist hier die Schönheit, Bethany. Ich werde nie müde, dich anzusehen.« Lächelnd rollte sie sich auf die Fußballen, um ihn küssen zu können. »Ich hatte noch nie Sex in einer Dusche«, bekannte sie an seinen Lippen. »Dann sollten wir das unbedingt sofort nachholen.« Bethany glitt an seinem Körper nach unten und kniete sich vor ihn hin, während das Wasser auf sie beide herabregnete. Sie schaute hoch und suchte seinen Blick, bevor sie ihre Aufmerksamkeit auf seine Lenden richtete, um ihn weiter anzuheizen. Zart wie ein Schmetterling huschten ihre Lippen über die pilzartige Spitze, dann zuckte ihre Zunge hervor und strich neckend über die empfindsame Unterseite. Wassertropfen trafen auf ihre Zunge und schlüpften in ihren Mund, als sie ihn einließ. Sein lustvolles Stöhnen übertönte die Geräusche des Wassers. Jace vergrub die Finger in ihren Haaren, die ihr nun klatschnass an den Schläfen klebten. Er umrahmte ihr Gesicht mit den Handflächen und hielt es fest, während er in ihren Mund eintauchte. Seine Züge waren verzerrt, die Furchen um seinen Mund und seine Augenwinkel wurden sichtbar. Sie sah, wie sich seine Brust hob und senkte und sein Atem immer hektischer wurde, als sie ihn bis zu ihrer Kehle vordringen ließ. Zart an ihm saugend, nahm sie ihn noch tiefer auf und imitierte kühn den Geschlechtsakt. Er berührte wieder ihre Kehle, und sie schluckte. Dieses Mal stieß er ein Zischen aus, und das kraftvolle Entweichen der Luft bildete einen lauten Gegenpol zum Rauschen des Wassers. Er streichelte ihren Kopf, ihre Wangen, liebkoste ihr ganzes Gesicht bis hinunter zu ihrem Hals, während sie ihn mit dem Mund bearbeitete. Seine Berührung war so unendlich zärtlich, so liebevoll, dass sich ihr Herz vor Freude zusammenzog. Er war ihre Sucht, er hatte jede andere ersetzt. An seiner Seite brauchte sie die Bewältigungsmechanismen der Vergangenheit nicht länger. Er war ihr Anker, das, was früher Sex und Tabletten für sie gewesen waren. Ein sicherer Hafen in einer Welt der Ungewissheit. Hatte sie einfach nur eine Abhängigkeit gegen eine andere eingetauscht? Der Gedanke schlug Wurzeln in ihrem Geist und warf einen Schatten, der sie stocken ließ. Doch dann schüttelte sie ihn ab, entschlossen, sich von ihrer Vergangenheit nicht das ruinieren zu lassen, was sie mit Jace hatte. Das Hier und Jetzt zählte. Sie hatte mit ihrem früheren Leben abgeschlossen, oder? Jace hatte ihr eine zweite Chance geschenkt, sie davon überzeugt, dass sie einen kompletten Neuanfang machen würde und dass das, was einmal gewesen war, keine Rolle mehr spielte. Dass es nur auf die Zukunft ankam. Neben all den anderen Geschenken, die er ihr zu Weihnachten gemacht hatte, war dies das kostbarste, das er ihr hätte geben können. Bethany saugte ihn wieder tief in ihren Mund und legte ihr ganzes Herz, all ihre Empfindungen in die Bewegung. Sie hoffte, dass er erkannte, dass er fühlte, was sie ihm gab. Denn mehr hatte sie nicht zu bieten. Sie musste darauf vertrauen, dass es genug sein würde. Jace schloss die Hände fester um ihr Gesicht, dann ließ er sie ungestüm unter ihre Achseln gleiten und zog Bethany auf die Beine. Sein Mund vereinigte sich mit ihrem zu einem wilden, atemlosen Kuss. Schon hob er sie hoch, drehte sich mit einer geschmeidigen Bewegung um und presste sie mit dem Rücken gegen die Duschwand. »Schling deine Beine um mich«, knurrte er. Der hitzige Befehl verursachte bei ihr ein erwartungsvolles Schaudern. Schmetterlinge stoben in ihrer Magengrube auf und ließen sich in ihrer Brust nieder. Sein Phallus hatte ihre Öffnung bereits gefunden, und noch während Bethany die Knöchel in seinem Kreuz verhakte, drang er mit einem einzigen wuchtigen Stoß tief in sie ein. Massierend und knetend grub er die Finger in ihre Pobacken und spreizte sie, während er sie von Neuem penetrierte. Sein Mund strich aufreizend über ihren Hals, dann versenkte er die Zähne in die sensible Haut, was ihr ein weiteres Keuchen entlockte. An ihrem Hals saugend stieß er wieder und wieder in sie hinein und hämmerte sie mit dem Rücken gegen die Glaswand. Seine Hände schienen überall zu sein, sein Mund machte sie rasend vor Lust. Sie würde später einen Knutschfleck haben, als Erinnerung an seinen Besitzanspruch und die zerschmetternde Kraft, mit der er sie nahm. Und trotzdem wollte sie noch mehr. Mehr von seiner Stärke, von seinem Ungestüm. Sie würde nie genug bekommen. »Ich kann mich nicht mehr lange beherrschen, Baby«, presste er mit rauer, angespannter Stimme hervor. »Wie nah bist du dran? Ich will, dass du kommst.« Bethany nahm eine Hand von seinem Hals, an dem sie sich festgehalten hatte, und ließ sie zwischen ihren Körpern hindurch zu ihrem Kitzler gleiten. Kaum dass sie sich berührte, verkrampfte sich ihr Körper vor Wollust. »Sehr nahe«, stöhnte sie. »Gut. Dann lass jetzt los.« Jace presste sich gegen sie und nahm ihre Hand zwischen ihnen gefangen. Bethany blieb kaum mehr genügend Spielraum, um den festen Knoten, in dem so viele Nerven zusammenliefen, zwischen ihren Beinen zu streicheln. Sie gegen die Wand drückend drang er mit einer einzigen schnellen Bewegung wieder in sie ein und trieb seine Härte in ihre feuchten Tiefen. Lustvoller Schmerz breitete sich in ihr aus, und sie fühlte sich überwältigt von der Macht seiner Begierde. Sie war sein. Sie gehörte ihm mit Leib und Seele. Ihre Schenkel zitterten, sie bebte am ganzen Körper. Das Verlangen wurde brennender, verzehrender. Übermächtig. Ihr Orgasmus baute sich zu einem fast ohrenbetäubenden Crescendo auf. Ihre Ohren brausten, ihr Herz raste. Sie stieß einen heiseren Laut der Ekstase aus, den Jace mit einem wilden Triumphschrei beantwortete. Bis zum Anschlag mit ihr vereinigt, seine Lungen pumpend vor Kraftanstrengung schmiegte Jace seinen Körper an ihren. Er küsste ihren Hals, ihre Kinnlinie. Dann ihre Lippen, bis sich sein Atem mit ihrem vermischte. Benommen wurde Bethany sich des Wassers bewusst, das noch immer auf sie niederregnete. Dichter Dampf hüllte sie ein, und die Luft war so feucht, dass man kaum atmen konnte. »Himmel«, murmelte Jace. »Du machst mich fix und fertig, Bethany. Woher zur Hölle soll ich jetzt noch die Kraft nehmen, mich auch nur zu bewegen, geschweige denn fertig zu duschen und zur Arbeit zu gehen?« Sie lächelte an seinem Hals, dann ließ er sie nach unten gleiten und stellte sie auf ihre zittrigen Beine. »Ich denke, ich sollte dich jetzt zu Ende waschen«, schlug sie vor. »Großer Gott, nein«, protestierte er. »Ich werde dir die Haare schamponieren, danach werfe ich dich aus der Dusche. Wenn du mich noch einmal anfasst, werden wir nie aus dem Bad rauskommen.« Ihr Lächeln wurde breiter, als sie sich auf die Zehenspitzen stellte und seinen markanten Kiefer küsste. »Ich werde mich auf keinen Fall mit einem Mann streiten, der mir die Haare waschen will.« 29 Als Jace’ Limousine vor Bethanys Haus hielt, fiel es ihm eindeutig schwer, sie gehen zu lassen. Er hielt einen langen Moment ihre Hand, bevor er sich zu ihr beugte und sie küsste. Leidenschaftlich. Besitzergreifend. Sie bekam kaum noch Luft, als er sich schließlich von ihr löste. Seine dunklen Augen schimmerten feurig. »Ich komme nach der Arbeit zu dir.« Bethany nickte, dann öffnete sie die Tür. »Sei vorsichtig. Der Regen wird stärker. Ich möchte nicht, dass du nass wirst.« Sie lächelte. »Ein bisschen Regen hat noch keinem geschadet, Jace.« »Trotzdem, es ist kalt. Geh so schnell wie möglich nach drinnen, damit du nicht krank wirst.« Bethany gab ihm noch einen letzten Kuss, dann stieg sie aus und hastete gehorsam und den Regentropfen nach Möglichkeit ausweichend zum Eingang. Ein helles Lachen entschlüpfte ihr, und sie staunte darüber, wie glücklich und unbeschwert es klang. Sie drehte sich im Eingang um und beobachtete, wie Jace’ Wagen sich in den Verkehr einfädelte und schließlich außer Sicht geriet. Sie wollte gerade die Lobby betreten und zu ihrer Wohnung hochfahren, als sie ihren Namen hörte. Stirnrunzelnd drehte sie sich um, dann stellte sie schockiert fest, dass Jack wenige Meter entfernt stand. Er war durchnässt und schmuddelig und hatte nichts als seinen zerfledderten Rucksack dabei. »Jack!« Sie stieß seinen Namen im Flüsterton hervor, dann eilte sie zu ihm und setzte sich ein weiteres Mal dem eisigen Nieselregen aus. »Jack, was tust du denn hier? Wie lange stehst du schon hier draußen?« Er bedachte sie mit einem schiefen Lächeln. »Ich wusste nicht, wann du zurückkommen würdest. Ich ließ den Pförtner gestern in deinem Apartment anrufen, aber du warst nicht da. Also bin ich in der Nähe geblieben, in der Hoffnung, dich irgendwann zu erwischen.« »Oh, Jack, das tut mir so leid«, sagte sie mit schuldbewusster Stimme. Während sie glücklich und im Warmen das Weihnachtsfest mit Jace und seiner Familie verbracht hatte, hatte Jack hier draußen in der Kälte auf sie gewartet. Ohne einen Schlafplatz, schutzlos den Elementen ausgesetzt. »Es muss dir nicht leidtun, Bethy. Falls es kein guter Zeitpunkt ist, kann ich später wiederkommen …« »Auf keinen Fall!«, protestierte sie. »Komm mit. Du musst aus der Kälte raus. Ich hatte keine Ahnung, dass du mich besuchen wolltest. Allerdings hatte ich es gehofft. Hätte ich es gewusst, wäre ich hiergeblieben.« Bethany nahm ihn am Arm und zog ihn zum Eingang. Als sie am Pförtner vorbeikamen, hob sie trotzig das Kinn, als wollte sie ihn herausfordern, sich ein Urteil anzumaßen. »Das ist Jack. Er ist mein Bruder. Ich werde ihm einen Schlüssel geben. Wenn ich nicht hier bin und er in die Wohnung will, werden Sie ihn durchlassen.« Der Pförtner nickte respektvoll. »Selbstverständlich, Miss Willis.« Sie drängte Jack in den Aufzug und bemerkte schockiert, dass er buchstäblich tropfnass war. Er bibberte und wirkte noch dünner als bei ihrer letzten Begegnung. Hatte er seitdem überhaupt etwas gegessen? Sie hätte besser auf ihn aufpassen und dafür sorgen müssen, dass man sich um ihn kümmerte. Ihr selbst ging es jetzt so gut, und es traf sie tief, dass Jack noch immer auf der Straße lebte. Und das, obwohl sie ihm eine Unterkunft und Essen geben konnte. »Nette Bude«, kommentierte Jack, als sie ihn in ihr Apartment schob. »Ja, das stimmt. Geh ins Bad und nimm eine heiße Dusche. Ich lege dir ein paar von Jace’ Klamotten raus. Sie werden dir zu groß sein, aber wenigstens sind sie warm und trocken.« Er bedachte sie wieder mit seinem schiefen Grinsen, während sie ihn in ihr Schlafzimmer scheuchte. »Jace ist der Kerl, der dir das alles hier zur Verfügung stellt?« Bethanys Miene wurde weich, als sie lächelnd antwortete: »Ja. Er ist ein guter Mann, Jack. Der beste von allen. Ich bin … glücklich.« Jack berührte sanft ihre Wange. »Das freut mich, Bethy. Du verdienst es, glücklich zu sein.« »Genau wie du«, sagte sie mit Nachdruck. Sein Lächeln wurde kummervoll. »Was passiert ist, tut mir leid. Ich wollte dich da nie mit reinziehen.« »Ich weiß«, erwiderte sie milde gestimmt. »Jetzt ab mit dir unter die Dusche. Ich mache dir in der Zwischenzeit etwas zu essen, okay?« Nachdem Jack im Bad verschwunden war, kramte Bethany eine von Jace’ Jeans sowie eins der T-Shirts, die er in ihrer Wohnung deponiert hatte, heraus. Sie fand ein Paar Socken, die Jack passen und seine Füße warm halten würden. Schuhe. Sie musste ihm neue Schuhe kaufen. Die, die er momentan trug, waren abgetragen und durchlöchert, außerdem lösten sich die Sohlen ab. Sie boten keinen Schutz vor der Kälte. Nachdem sie die Sachen an einen Platz gelegt hatte, wo er sie finden würde, ging sie in die Küche. Sie nahm Frühstücksspeck, eine Schachtel Eier, Käse und Schinken aus dem Kühlschrank. Ein Omelett war schnell gemacht und hatte jede Menge Proteine. Bethany machte sich an die Zubereitung, und als Jack sich, nun in Jace’ Klamotten, wieder zu ihr gesellte, hatte sie seinen Teller fertig. »Möchtest du Saft oder Milch?«, erkundigte sie sich, als er sich an die Bar setzte. Er zuckte mit den Achseln. »Mir egal. Ich trinke alles.« Sie dachte kurz nach, dann nahm sie zwei Gläser aus dem Regal und füllte eins mit Milch und das andere mit Saft. Die zusätzlichen Kalorien würden ihm definitiv nicht schaden. »Ich kann nicht lange bleiben«, informierte Jack sie, während er sich mit Heißhunger über sein Essen hermachte. Bethany zerriss es das Herz, als sie sich vorstellte, wann er wohl seine letzte ordentliche Mahlzeit gehabt hatte. »Es gibt da eine blöde Sache, um die ich mich kümmern muss. Ich wollte dich nur kurz besuchen und meinen Rucksack hierlassen, falls das in Ordnung ist.« »Natürlich ist das in Ordnung«, versicherte sie ihm. »Aber warum kannst du nicht bleiben?« »Ich komme zurück. Aber vorher muss ich ein paar Dinge erledigen, und da möchte ich meine Tasche nicht dabeihaben. Sie könnte da draußen gestohlen werden. Du weißt ja, wie es ist. Da ist immer irgendjemand, der etwas will, das einem anderen gehört.« Seine vage Auskunft beunruhigte sie. »Was ist in dem Rucksack?« Jack ging nicht auf die Frage ein, sondern griff in seine Tasche und zog ein Tablettenfläschchen heraus. Bethanys Bauch krampfte sich zusammen. »Ich habe die hier für dich besorgt, Bethy. Ich weiß, dass du sie manchmal brauchst.« Ihr Herz begann zu wummern, als er sie über den Tresen schob. »Nein, Jack.« Sie schüttelte ablehnend den Kopf. »Ich bin davon los. Und du weißt das. Ich kann damit nichts mehr anfangen. Nie wieder.« »Solltest du sie doch brauchen, werden sie hier sein.« »Woher hast du sie?«, fragte sie, während sich ein Gefühl der Angst in ihr ausbreitete. »Wie kannst du dir das leisten? Sag mir nicht, dass du dir noch mehr Geld geliehen hast.« Er schaute auf und schluckte den letzten Bissen seines Omeletts herunter. »Ich habe mir kein Geld geliehen. Jemand schuldete mir einen Gefallen. Er hat sie mir gegeben.« Bethany schloss die Augen. »Jack, du kannst so nicht weitermachen. Du weißt, dass es nicht gut ist. Das ist keine Art zu leben. Und ich will auch nicht, dass du Drogen nimmst. Du kannst das überwinden. Es muss nicht so sein. Jetzt nicht mehr.« Sein Blick wurde hart. »Die Art, wie wir gelebt haben, ist kein Leben. Wir überleben, Bethy, mehr nicht. Und manchmal machen diese Pillen den Überlebenskampf erträglicher. Und auch wenn du es in der Welt eine Stufe höher geschafft haben magst, für mich gilt das nicht.« »Das ist nicht wahr!«, ereiferte sie sich. »Was meins ist, ist auch deins. Das weißt du.« Jack schüttelte den Kopf. »Meinst du wirklich, deinem neuen Freund würde es gefallen, wenn ich hier abhänge? Denk darüber nach, Bethy. Welcher Mann würde den obdachlosen Bruder seiner Freundin als Zusatzgepäck wollen? So naiv kannst du nicht sein.« Sie schnappte nach Luft, als ihre Brust sich schmerzhaft zusammenzog. »Du weißt, dass ich nicht zwischen euch beiden wählen werde. Das würde ich niemals tun. Ich liebe dich, Jack. Ich verdanke dir alles. Und das werde ich nicht vergessen. Falls Jace das nicht akzeptieren kann, dann gibt es für uns keine Zukunft.« Jack fasste über den Tresen und legte die Hand auf ihre. »Sei nicht dumm, Süße. Wirf diese Chance nicht wegen mir weg. Du hast die Aussicht auf ein gutes Leben. Mach sie nicht kaputt.« Ihr stiegen die Tränen in die Augen. »Ich werde dich nicht einfach so vergessen. So ein Mensch bin ich nicht. Traust du mir ernsthaft zu, dass ich hier leben und mir eine neue Existenz aufbauen könnte, während du da draußen auf der Straße bist? Wenn du das glaubst, kennst du mich schlecht.« Seine Miene wurde weich. »Du bist der einzige Mensch auf dieser Welt, den ich liebe und der mich liebt. Darum will ich nur das Beste für dich. Tu es für mich, okay? Lass mich nur meinen Kram ein paar Stunden bei dir deponieren. Ich werde zurückkommen. Vielleicht können wir zusammen zu Abend essen. Ich habe mir schon immer gern ausgemalt, wir hätten eine Wohnung, wo du kochen könntest und wir vorgeben würden, ganz stinknormale Leute zu sein.« Das Herz schlug ihr noch immer bis zum Hals, als sie nickte. Sie würde Jace anrufen. Er würde es verstehen, wenn sie ihre abendliche Verabredung abblies. »Ich werde uns etwas kochen. Worauf hast du Lust? Dann kaufe ich das Nötige ein.« »Was immer du kochen möchtest. Ich bin nicht wählerisch. Überrasch mich.« Bethany drehte die Handfläche nach oben, um Jacks Hand drücken zu können. »Ich bin so froh, dass du hier bist. Wirklich. Ich habe mir schreckliche Sorgen um dich gemacht.« »Das musst du nicht, Süße. Du weißt, dass ich auf mich selbst aufpassen kann.« Er entzog ihr seine Hand, dann leerte er beide Gläser und stellte sie ab. »Ich muss los und diese Sache erledigen. Ich werde versuchen, zurück zu sein, bevor es dunkel wird.« »Bitte, sei vorsichtig«, flehte sie ihn an. Wieder bedachte er sie mit seinem halbseitigen Grinsen. »Das bin ich doch immer. Danke für das Essen und die Klamotten. Ich habe meinen Rucksack in deinem Schlafzimmer gelassen. Ich hole ihn später ab, okay?« Bethany nickte, dann sah sie zu, wie er ebenso abrupt verschwand, wie er aufgetaucht war. Ihr Blick fiel auf die Flasche, die er zurückgelassen hatte, und sie verstaute sie in einem der Küchenschränke. Sorge und Angst nagten an ihr, bis ihr Magen in völligem Aufruhr war. In was hatte Jack sich da reinziehen lassen? Sie warf einen Blick auf ihre Armbanduhr, bevor sie zu der Schublade ging, in der das Bargeld lag, das Jace ihr zur Verfügung gestellt hatte. Sie war sich nicht sicher, wo der nächste Supermarkt war, aber sie konnte den Pförtner fragen. Hoffentlich musste sie nicht weit laufen. Das Wetter war grauenvoll, aber sie wollte kein Geld für ein Taxi verschwenden. Im Kopf ging sie bereits die Möglichkeiten durch. Sie würde Jack ein fabelhaftes Essen zaubern, ihm alle seine Lieblingsgerichte kochen. Außerdem würde sie ihm belegte Brote zum Mitnehmen machen, denn sie wusste, dass er nicht zustimmen würde zu bleiben. Sie würde auch unverderbliche Lebensmittel kaufen, die er in seinem Rucksack verstauen konnte, damit er für mehr als nur ein paar Tage etwas zu essen hätte. Sie zog mehrere Scheine aus dem Bündel und stopfte sie in die Hosentasche ihrer Jeans, anschließend fuhr sie nach unten, um sich beim Pförtner nach dem nächsten Supermarkt zu erkundigen. Nachdem sie den Fahrpreis bezahlt hatte, stieg Bethany aus dem Taxi und eilte mit Tüten beladen zum Eingang des Apartmentkomplexes. Der Portier hatte ihr geraten, ein Taxi zu nehmen, und sie hatte sich angesichts des zunehmenden Regens überzeugen lassen. Aus dem leichten Nieselregen war kurz darauf ein heftiger Wolkenbruch geworden, und sie war froh, auf ihrem Rückweg vom Supermarkt mit ihren Taschen voller Lebensmittel nicht hineingeraten zu sein. Als sie die Tür zu ihrer Wohnung aufsperrte und eintrat, entdeckte sie zu ihrer Überraschung Jace im Wohnzimmer, der mit finsterer, Unheil verkündender Miene auf sie wartete. Er kam auf sie zugestürmt, noch ehe sie die Zeit hatte, ihre Einkäufe auf dem Küchentresen abzustellen. »Wo zum Teufel warst du?«, fuhr er sie an. Bethany riss verdattert die Augen auf, dann senkte sie den Blick zu den Lebensmitteltüten. »I-ich war einkaufen.« »Möchtest du mir sonst noch etwas sagen?« Die Anschuldigung in seiner Stimme war wie ein Stich in ihr Herz. Was um alles in der Welt dachte er von ihr? Dass sie ihn betrog? Dass sie sich heimlich davongeschlichen hatte, um einen Liebhaber zu treffen? Woher hatte er überhaupt gewusst, dass sie ausgegangen war? Er riss ihr die Tüten aus den Händen und knallte sie auf die Bar, dann starrte er sie wieder zornig an. Bethany konnte keinen klaren Gedanken fassen. Sie wich instinktiv einen Schritt zurück, und Jace fluchte. »Ich werde dir nicht wehtun, verflucht noch mal.« »Wieso bist du so wütend? Ich war doch nur im Supermarkt. Ich war gerade mal eine Stunde weg.« »Du denkst, hier ginge es um deine Besorgungen?«, fragte er ungläubig. »Was sollte ich sonst denken? Du benimmst dich kindisch, Jace. Meine Güte, ich war doch nur einkaufen.« »Lass es uns mal so versuchen: Ich saß gerade in einem wichtigen Meeting, als ich einen Anruf von Kaden bekam, der mir mitteilte, dass du Besuch bekommen hast.« Bethany war so entgeistert, dass ihr die Kinnlade runterfiel. »Und woher weiß Kaden, wer mich in meiner Wohnung besucht? Er hat nicht mal mehr den Auftrag, mich zu beschützen.« Ihre Augen wurden schmal, als es ihr dämmerte. »Du vertraust mir noch immer nicht.« Es zerriss ihr schier das Herz, diese Worte, diese Wahrheit auszusprechen. Und es war die Wahrheit. Jace kochte vor Zorn. Er hatte diese Männer angeheuert, damit sie sie observierten. »Kaden war nicht hier, um auf mich aufzupassen. Er war hier, um mir nachzuspionieren.« »Wie es scheint mit gutem Grund«, knurrte Jace. Jeder Hoffnungsschimmer erstarb in ihr. Maßlos verletzt schaute sie ihn mit unverhohlenem Schmerz in den Augen an. »Jack war hier. Aber das weißt du dann bestimmt auch schon.« »Ja. Jack«, spie er ihr entgegen. Ihre Miene verfinsterte sich, und sie zog die Brauen zusammen, als sie einen Schritt auf ihn zu machte. »Jack hat mich besucht. Er war schon Weihnachten hier, nur war ich nicht da, weil ich mit dir zusammen war. Er musste die Feiertage alleine verbringen. Ohne Essen. Ohne warmes Quartier. Mutterseelenallein, Jace. Auf der Straße. Ich muss dir wohl nicht erst erklären, was für ein tolles Weihnachten das für ihn war.« »Woher wusste er überhaupt, dass er dich hier finden würde?«, fragte er unwirsch. Bethany blinzelte. »Ich habe ihm die Adresse gegeben.« »Und wann genau hast du das getan?« Sie errötete. »An dem Tag, an dem ich ihn gesucht habe.« Jace presste die Lippen zu einem kaum mehr erkennbaren Strich zusammen. »Du hast ihn hierher eingeladen.« Sie nickte. »Selbstverständlich.« Er fluchte wieder. »Daran ist nicht das Geringste selbstverständlich, Bethany. Was in Dreiteufelsnamen hast du dir dabei gedacht?« »Wo liegt eigentlich dein Problem?«, schoss sie zurück. »Ist es mir nicht gestattet, jemanden in diese Wohnung einzuladen? Habe ich dich missverstanden, und sie steht gar nicht zu meiner freien Verfügung? Oder darf ich nur dann frei über sie verfügen, wenn ich dich vorher um Erlaubnis bitte?« »Du hast einen Mann eingeladen, der dich um ein Haar das Leben gekostet hätte. Jack ist der Grund, warum du attackiert wurdest. Er ist der letzte Mensch, mit dem du etwas zu tun haben solltest.« Ein Ausdruck des Abscheus breitete sich auf Jace’ Gesicht aus und verdunkelte seine Züge. »Ich meine es ernst, Bethany. Was denkst du, warum er gerade jetzt bei dir aufgekreuzt ist?« Sein Ton gefiel ihr so wenig wie seine Miene. Diese ganze Diskussion gefiel ihr nicht. Er war völlig in Rage. Übelkeit stieg in ihrem Magen auf und verknotete ihn zu einem festen, schmerzhaften Ball. »Er hat mich nur besucht«, wiederholte sie tonlos. »Ihm war kalt, und er hatte Hunger. Ich habe ihm etwas zu essen gemacht, anschließend war ich einkaufen, um heute Abend für ihn zu kochen.« Jace streckte den Arm über die Rückenlehne der Couch und hangelte Jacks Rucksack hervor. In seinen Augen brannte kalter Zorn, als er ihn von seinem Finger baumeln ließ. »Ist das der einzige Grund, warum er hier war? Wo ist er jetzt?« »Ich habe keine Ahnung, was du damit anzudeuten versuchst. Jack sagte, dass er etwas zu erledigen habe. Er wollte seinen Rucksack hier lassen, damit er ihm nicht geklaut wird. Du kennst die Gesetze der Straße nicht. Wenn ein anderer sieht, dass man etwas hat, nimmt er es einem weg. Er würde dich mit einem Messer verletzen oder sogar umbringen, um es zu bekommen. Man kann dort wegen fünf Dollar sein Leben verlieren.« »Oh, ich bezweifle nicht, dass Jack wegen dem, was hier drin ist, einem Mord zum Opfer fallen könnte«, blaffte Jace. Mit einem Ruck zog er die Öffnung weit genug auf, dass Bethany einen Blick hineinwerfen konnte. Nun wich ihr auch noch der letzte Rest Blut aus den Wangen. Sie taumelte auf puddingweichen Beinen und musste sich an der Bar festhalten, um ihre Balance wiederzufinden. Drogen. Massenhaft Drogen. Verschreibungspflichtige Tabletten, etwas, bei dem es sich um Marihuana zu handeln schien, und anderes Zeug, das sie nicht identifizieren konnte, aber es sah … gefährlich aus. Richtig gefährlich. »Ich habe ihn in deinem Schlafzimmer gefunden«, fuhr Jace barsch fort. »Mit dieser ganzen Scheiße darin. Ich hoffe bloß, dass du davon nichts wusstest, als du ihm erlaubt hast, ihn hierzulassen.« »Ich hatte keine Ahnung«, meinte sie mit kläglicher Stimme. »Herrgott, Bethany. Wie lange willst du dich noch von ihm manipulieren lassen? Bis dich jemand umbringt? Was braucht es noch, damit du endlich aufwachst und der Wahrheit ins Gesicht siehst?« »Er würde mir nie wehtun!«, schrie sie. »Hör einfach auf!« Am ganzen Körper vor Wut bebend warf Jace den Rucksack zurück auf die Couch. »Das werde ich nicht dulden. Nicht hier. Nicht in deinem Umfeld. Solange du mein Halsband trägst, stehst du unter meinem Schutz. Er ist hier nicht willkommen, Bethany. Entweder du sagst es ihm, oder ich tue es. Und nächstes Mal werde ich nicht allein kommen. Ich werde die Polizei mitbringen und ihn festnehmen lassen. Es kümmert mich einen Dreck, ob dir das schmeckt oder nicht. Mir geht es hier einzig und allein um dich. Dieser Mann, der so wenig Achtung vor dir hat, dass er dich in diesen Scheiß mit reinzieht, geht mir vollkommen am Arsch vorbei.« »Ich werde mich nicht zwischen euch beiden entscheiden!«, brüllte sie. »Auf keinen Fall! Du verstehst es einfach nicht. Ich kann ihn nicht aus meinem Leben streichen. Und das werde ich auch nicht!« »Das war’s dann also«, folgerte Jace grimmig. »Aber das muss nicht so sein! Warum kannst du nicht einfach gehen und mich diese Sache mit Jack klären lassen? Wieso vertraust du mir noch nicht mal so weit?« »Es liegt nicht daran, dass ich dir nicht vertrauen würde«, gab er ebenso laut zurück. »Verdammt noch mal, Bethany, schalt dein Gehirn ein! Weißt du, was die Folge wäre, wenn man dich mit diesem Stoff erwischen würde? Du würdest in den Knast gehen und nicht dein kostbarer Jack. Du würdest den Kopf hinhalten müssen, und bilde dir nur nicht ein, dass ihn das weiter kümmern würde.« Sie schüttelte den Kopf. »Nein. Nein! Geh einfach, Jace. Ich werde diese Sache klären. Jetzt geh.« »Du vergisst, dass dies meine Wohnung ist«, sagte er zähneknirschend. Bethany wurde noch bleicher, und alles Gefühl wich aus ihrem Gesicht. Taubheit erfasste sie bis in die Zehenspitzen. Sie drehte sich um und stakste steifbeinig zur Tür. »Bethany, bleib stehen.« Es war ein Befehl. Und der erste, den sie ignorierte. Als sie hörte, wie er ihr nachsetzte, begann sie zu rennen. Bethany stürmte aus der Tür und in Richtung Aufzug. Beim Einsteigen hörte sie, wie Jace ihren Namen rufend den Gang entlanglief. Sie hämmerte wie wild auf den Knopf und betete, dass der Fahrstuhl sich noch rechtzeitig schließen würde. Die Tür glitt zu, als Jace nur noch zwei Schritte entfernt war. Sie hörte das Echo seiner Verwünschungen, während der Aufzug sich in Bewegung setzte. Als sie die Lobby erreichte, versuchte der Pförtner, der wahrscheinlich von Jace verständigt worden war, sie aufzuhalten, aber sie flitzte an ihm vorbei, ohne sich um seinen Appell, doch bitte zu warten, zu kümmern. Sie rannte hinaus auf die Straße und wäre fast von einem Taxi angefahren worden, das nur wenige Zentimeter vor ihren Beinen mit quietschenden Reifen zum Stehen kam. Bevor der Fahrer aussteigen konnte, hastete sie auf die Beifahrerseite und riss die Tür auf. »Haben Sie noch alle Tassen im Schrank?«, schimpfte der Mann. »Ich hätte Sie töten können!« »Fahren Sie einfach«, keuchte sie. »Egal wohin, Hauptsache, Sie bringen mich von hier weg. Bitte.« Sie musste ein Bild des Jammers abgeben. Tränen, von denen sie erst jetzt merkte, dass sie sie weinte, liefen in feuchten Rinnsalen über ihre Wangen. Das Gesicht des Taxifahrers wurde mitfühlend, bevor er sich wieder nach vorn drehte, aufs Gaspedal trat und den wütenden Autofahrern hinter ihnen, die durch sein abruptes Bremsmanöver zum Anhalten gezwungen worden waren, entschuldigend zuwinkte. Hupen ertönten, doch sie verloren sich in der Ferne, als sie die Straße hinunterpreschten. 30 Bethany legte die letzten Meter bis zu ihrer Wohnung zurück. Sie fühlte sich taub. Taub vor Kälte. Taub von dem unerbittlichen Regen, der ihre Kleidung durchnässte. Sie hatte sich kein Taxi genommen, weil nicht mehr genügend Geld von ihrer Einkaufstour übrig war. Darum war sie zu Fuß gegangen. Endlos lange, ihre Gedanken ein einziger Tumult, ihr Herz ein fester Knoten des Schmerzes. Jace hatte jedes Recht, wütend zu sein. Das bestritt sie nicht. Aber er hatte ihr nicht die Chance gegeben, es ihm zu erklären. Er war blind vor Zorn gewesen. Und dann hatte er sie darauf hingewiesen, dass das Apartment ihm gehörte und er sie nur aus Edelmut dort wohnen ließ. Er hatte sie daran erinnert, dass sie nichts besaß. Nichts als die Hoffnungslosigkeit ihrer Situation. Jace vertraute ihr nicht, das hatte er ihr wieder und wieder glasklar zu verstehen gegeben. Und sie konnte nicht in einer Beziehung leben, in der ihr Partner stets das Schlechteste von ihr annahm. Damit würde sie niemals zurechtkommen. Egal, wie sehr sie sich auch anstrengte, wie viel sie ihm gab, sie würde sein Vertrauen niemals gewinnen. Bethany wusste noch nicht mal, warum sie zurückgekehrt war. Außer, dass sie ihre Sachen brauchte. Sie würde einen Teil der Kleidungsstücke mitnehmen. Natürlich nicht alle, aber sie brauchte unbedingt einen Mantel. Und ein paar Jeans und Pullover. Sie konnte das Essen mitnehmen, das sie für Jack gekauft hatte, und vielleicht auf seine Rückkehr warten. War er bereits zurückgekommen? Hatte sie ihn verpasst? Zumindest würden sie für eine kleine Weile zu essen haben. Sie könnte in den Asylen, die sie früher frequentiert hatte, nachfragen, und mit viel Glück wäre irgendwo ein Bett frei. Möglicherweise sollte sie Jace anrufen und versuchen, es ihm zu erklären. Wenigstens das schuldete sie ihm. Er musste erfahren, warum sie sich niemals von Jack würde abwenden können. Sie hatte ihm nie den ganzen Grund genannt, diesen Teil von sich nie preisgegeben. Würde er es verstehen? Konnte er das überhaupt? Aber welchen Sinn sollte das haben, nachdem er ihr sowieso nie vertrauen würde? Als sie ins Gebäude trottete, musterte der Pförtner sie besorgt. Sie winkte ab und stieg in den Aufzug, sehnte sich nur noch nach Wärme und Trockenheit, auch wenn es wahrscheinlich nur für kurze Zeit sein würde. Es musste einen Weg geben, die Sache mit Jace in Ordnung zu bringen. Er war das Beste, was ihr im Leben je passiert war. Das einzige Gute und Makellose. Sie wollte ihn nicht mit Jacks Problemen belasten. Das hatte er nicht verdient. Er verdiente jemanden ohne die Narben, die sie auf der Seele trug. Jemanden, dem er vollauf vertrauen konnte. Eigentlich konnte sie ihm das Misstrauen, das er in seinem Herzen nährte, nicht einmal verübeln. Bethany wollte sein Vertrauen, wollte, dass er an sie glaubte, aber würde es, nach allem, was er von ihr wusste, nicht fast schon an ein Wunder grenzen, wenn er ihr blind vertraute? Eine Welle der Traurigkeit schwappte über sie hinweg. Sie wollte nicht mehr die Person sein, die sie so lange gewesen war. Sie wollte jemand sein, der Liebe und Vertrauen verdiente. Sie wollte, dass jemand an sie glaubte. Sie hatte gedacht, Jace könnte ihr all das geben. Aber sie hatte sich geirrt. Sie schloss die Wohnungstür auf und ging in die Küche, um sich einen heißen Kakao zu machen. Als sie den Küchenschrank öffnete, in dem die Tassen standen, fiel ihr Blick auf die Tablettenflasche, die Jack zurückgelassen hatte. Bethany starrte sie eine Ewigkeit einfach nur an. Dann streckte sie wie in Trance langsam die Hand aus und schloss die Finger um das Plastikbehältnis. Sie nahm es heraus und stellte es vor sich auf die Arbeitsfläche. Nur eine Pille. Eine einzige. Sie würde die Dinge leichter handhabbar machen und sie an einen wärmeren, glücklicheren Ort befördern. Sie würde ihr ein Gefühl von Wohlbehagen schenken, ihr Selbstvertrauen stärken und ihr den so dringend benötigten Energieschub geben, damit sie Entscheidungen treffen konnte. Sie würde sie von der grausamen Realität, der sie sich gegenübersah, wegbringen. Und ihr bei ihrer bevorstehenden Unterhaltung mit Jace helfen. Bevor sie sich eines Besseren besinnen konnte, öffnete sie die Flasche mit zitternden Fingern und schüttelte eine Tablette heraus. Oder sollte sie lieber zwei nehmen? Es war schon eine Weile her. Tatsächlich kam es ihr wie eine Ewigkeit vor, seit sie zuletzt eine geschluckt hatte. Eine würde sie vermutlich benommen machen. Zwei konnten sie ins Koma befördern. Bethany steckte die zweite zurück in die Flasche, dann warf sie sich die andere in den Mund. Sie nahm ein Glas, ließ Wasser hineinlaufen, führte es an ihre Lippen und füllte ihren Mund mit genügend Flüssigkeit, um die Pille zu schlucken. Dann erstarrte sie. Oh Gott, oh Gott, was tat sie da bloß? Sie spuckte das Wasser mitsamt der Tablette kraftvoll in die Spüle, bevor sie sich von Schluchzern geschüttelt am Beckenrand festklammerte. Was hätte sie da beinahe getan? Zornig schnappte sie sich die Flasche, schüttete die Tabletten in den Ausguss und drehte das Wasser auf, um sie wegzuspülen. Sie schleuderte das nun leere Behältnis quer durch die Küche und hörte, wie es dumpf auf den Boden polterte. Dann vergrub sie das Gesicht in den Händen und weinte. Großer Gott. Sie durfte das nicht tun. Nicht wieder. Niemals wieder. Sie musste hier und jetzt einen Schlussstrich ziehen. Diese Sache tat ihr nicht gut. Wenn es das war, wozu ihre Beziehung mit Jace sie trieb, musste sie sie noch heute beenden. Sie durfte sich das selbst nicht antun. Nicht, nachdem sie so lange so hart an sich gearbeitet hatte, um clean zu werden und sich von der Sucht zu befreien. Sie mochte nicht viel besitzen, aber wenigstens hatte ihr Leben jetzt einen Wert. Ohne sich umzuziehen, stürzte sie zur Tür, weil sie wusste, dass sie es Jace jetzt sagen musste, bevor sie den Mut verlor. Sie musste es beenden, ihm mitteilen, dass sie aus dem Apartment ausziehen würde. Sie musste ihn konfrontieren und von Angesicht zu Angesicht Schluss machen. Bethany würde ihn über ihre weiteren Pläne im Unklaren lassen. Sie würde ihn in seiner Wohnung aufsuchen und ihm sagen, dass sie weg war. Anschließend würde sie in ihr altes Leben zurückkehren. Es mochte nicht das beste Leben sein, aber zumindest erhielt es ihr ihren Stolz und ihre geistige Gesundheit. Ihr fiel ein, dass sie kein Bargeld mehr hatte, darum ging sie zu der Schublade und nahm den Rest heraus. Was nach der Taxifahrt noch übrig blieb, würde sie Jace zurückgeben. Sie würde nicht mehr von ihm nehmen, als sie musste. Dann erinnerte sie sich wieder an Jacks Rucksack, der noch immer auf der Couch lag. Sie hängte ihn sich über die Schulter und verließ das Apartment. Als sie die Lobby betrat, bedachte der Pförtner sie mit einem alarmierten Blick. »Miss Willis. Wo wollen Sie hin? Ich denke, es wäre besser, Sie würden hier warten.« Sie ignorierte ihn und begab sich von Neuem in die eisige Kälte, um ein Taxi anzuhalten. »Wo ist sie?«, bellte Jace, kaum dass er Bethanys Apartmentgebäude betreten hatte. Der Pförtner seufzte. »Ich habe versucht, Sie noch mal telefonisch zu erreichen, Sir. Sie kam zurück, danach habe ich Sie das erste Mal angerufen. Aber wenige Minuten später kam sie schon wieder herunter. Ich habe versucht, sie aufzuhalten. Sie hatte sich nach ihrer Rückkehr nicht umgezogen, sondern war noch immer nass bis auf die Knochen. Sie wirkte sehr verstört.« Jace schloss die Augen und fluchte ausgiebig. »Sie haben keine Ahnung, wo sie hin ist?« Er sah hinaus auf die Straße, wo der Regen sich mit Graupel mischte und auf die Gehsteige prasselte. Ihm rutschte das Herz in die Hose, als er sich Bethany dort draußen in der Kälte vorstellte. Unglücklich und allein. Vermutlich war sie auf dem Weg zu Jack. Zu ihrem kostbaren Wichser Jack. Gott, er hatte es nach allen Regeln der Kunst verbockt. Aber er war so außer sich gewesen, dass er all seine Angst und Wut an Bethany ausgelassen hatte. Und jetzt war sie weg. Damit war die schlimmste Befürchtung, die er von Anfang an gehabt hatte, Realität geworden. »Nein, Sir. Es tut mir leid, aber sie hat gar nichts gesagt, als sie ging. Und sie hatte nur einen Rucksack dabei.« Jace gefror das Blut in den Adern. Er würde Jack umbringen, sollte Bethany wegen dieser Sache irgendein Leid zustoßen. Bestimmt war sie auf dem Weg zu ihm, aber es gab keine Garantie, dass Jace sie überhaupt noch finden konnte. Beim ersten Mal hatte er Wochen gebraucht, um sie aufzuspüren. Und jetzt würde sie gar nicht gefunden werden wollen. Damals hatte sie nicht geahnt, dass er auf der Suche nach ihr war, heute würde sie sich dessen bewusst sein. Vorausgesetzt sie glaubte überhaupt, dass sie ihm wichtig genug war, um nach ihr zu suchen. Er hatte ihr keinen Grund zu dieser Annahme geliefert. Das setzte ihm am allermeisten zu. Und jetzt war sie irgendwo dort draußen auf der Straße und schleppte ein ganzes Vermögen an Drogen mit sich herum. Menschen waren schon für viel weniger ermordet worden. Er fixierte den Pförtner mit erschöpftem Blick. »Falls sie zurückkommt, setzen Sie sich auf sie drauf, wenn Sie müssen. Lassen Sie sie unter gar keinen Umständen wieder gehen. Verstanden?« Der Pförtner nickte. »Ja, Sir. Ich tue mein Bestes.« Mit hängenden Schultern wandte Jace sich zum Ausgang, ohne zu wissen, wo er als Erstes nach Bethany suchen sollte. Als er gerade in den Regen treten wollte, klingelte sein Handy. Er blieb stehen und hob es an sein Ohr. »Jace Crestwell«, meldete er sich ungeduldig. »Mr Crestwell, Sir, sie ist hier, bei Ihnen zu Hause.« Jace erkannte die Stimme von Roger, seinem Portier. Mit rasendem Puls lief er geduckt hinaus in den Regen und winkte seinen Wagen heran, der ein kurzes Stück entfernt parkte. »Ich bin sofort da«, sagte Jace. »Lassen Sie sie nicht aus den Augen.« »Sie müssen sich beeilen, Sir«, erklärte Roger in ruhigerem Ton. »Ich habe versucht, sie dazu zu bringen, in Ihrem Apartment auf Sie zu warten, aber sie hat sich geweigert. Sie wollte noch nicht mal die Lobby betreten. Sie steht tropfnass und bibbernd vor Kälte draußen im Regen.« »Was?« Jace konnte den Zorn in seiner Stimme nicht kontrollieren. »Sir, ich habe alles versucht. Es geht ihr nicht gut. Sie ist wegen irgendetwas sehr bestürzt. Sie müssen schnell herkommen. Ich behalte sie im Auge, bis Sie eintreffen.« Fluchend legte Jace auf, dann wies er seinen Chauffeur an, ihn so schnell wie möglich nach Hause zurückzubringen. Während der gesamten Fahrt verspürte Jace eine stechende Enge in der Brust. Er ging wieder und wieder in Gedanken durch, was er Bethany sagen wollte. Doch es schien nicht genug zu sein, es wirkte dürftig. Was sollte er auch zu der Frau sagen, die er liebte, der Frau, die ihn fast den Verstand kostete? Er saß angespannt im Wagen und glaubte bei jeder Ampel, die sie zum Halten zwang, zu sterben. Was, wenn er es nicht rechtzeitig schaffte? Was, wenn er dort ankam und Bethany bereits wieder weg wäre, so wie es gerade bei ihrer eigenen Wohnung passiert war? War er dazu verdammt, auf ewig einem flüchtigen Traum nachzujagen? Nein, darüber würde er nicht nachdenken. Bethany gehörte zu ihm. Er würde sie nicht kampflos aufgeben. Vielleicht hatte sie noch nie jemanden gekannt, der bereit war, um sie zu kämpfen, aber das hatte sich jetzt geändert. Endlich stoppten sie vor dem Haus. Jace sprang hinaus in den Regen und rannte zum Eingang, dabei hielt er wie wild nach Bethany Ausschau. Ihm rutschte das Herz in die Hose, als er sie nirgendwo fand. Vielleicht hatte der Portier sie doch überzeugen können, ins Haus zu kommen. Oder sie war gegangen. Er war schon fast an der Tür, da entdeckte er sie endlich. Ihm blieb fast das Herz stehen, als er sah, wie sie, die Knie an die Brust gezogen, hockend vor dem Gebäude kauerte. Wasser tropfte aus ihrem Haar und ihrer Kleidung und bildete um sie herum eine Pfütze auf dem Asphalt. »Bethany.« Ihr Name kam wie ein gedehnter Atemstoß heraus, als ein Wispern, von dem er nicht wusste, ob sie es überhaupt gehört hatte. Aber mehr brachte seine verkrampfte Brust nicht zustande. Er hockte sich neben sie und berührte ihren Arm. Sie fuhr zusammen, riss den Kopf hoch und schaute ihn an. Ihre Augen waren groß und furchtsam, aber vor allem drückten sie unendliche Trauer aus. Überwältigende Emotionen spiegelten sich in ihnen wider. Es war, als würde er in die trostlosesten Winkel ihrer Seele blicken. Als er ihr auf die Füße half, erschrak er über die Kälte ihrer Hände und ihrer Haut. Sie war kalkweiß und zitterte wie Espenlaub. »Baby, komm bitte mit nach drinnen.« Jace gab sich große Mühe, seine Stimme sanft und beschwichtigend klingen zu lassen, obwohl ihm sein Puls die Schläfen zu sprengen drohte. Er versuchte, sie zur Tür zu ziehen, aber sie riss sich los und ging einen Schritt auf Abstand. Sie starrte ihn mit todtraurigen Augen an. Der Tränenschleier, der auf ihnen lag, reflektierte den Schein der Straßenlaternen. »Nicht«, sagte sie tonlos. »Ich kann nicht, Jace. Ich bin nur gekommen, weil ich es dir schuldig bin, dir das hier persönlich zu sagen, anstatt einfach zu verschwinden.« Er hob die Hand, um sie zu unterbrechen, weil er das, von dem er wusste, dass es kommen würde, nicht ertragen konnte. Er wollte diese Worte niemals von ihr hören. Sein Herz schien aus seiner Brust herausspringen zu wollen, und seine Augen brannten, als er die Hoffnungslosigkeit in ihren erkannte. »Baby, bitte, du musst mich anhören. Aber zuerst werde ich dich aus der Kälte und dem Regen bringen. Du bist halb erfroren. Du wirst noch krank.« Bethany schüttelte den Kopf und schlang schützend die Arme um ihren Oberkörper. Grundgütiger, hatte sie etwa Angst vor ihm? Hatte er ihr wirklich den Eindruck vermittelt, als könnte er sich jemals an ihr vergreifen? Bei dem Gedanken, dass sie sich davor fürchtete, er könne gewalttätig werden, wurde ihm übel. Könnte er doch nur diese wenigen Minuten in ihrem Apartment ungeschehen machen. »Nein, hör mir einfach zu, Jace. Bitte. Mach es mir nicht noch schwerer. Ich muss das tun, bevor ich mich selbst verliere. Bevor ich das bisschen Selbstachtung verliere, das ich mir in den letzten Jahren aufbauen konnte.« Ihre Stimme ging in ein Schluchzen über, und sie rang mühsam nach Luft. Sie zitterte so stark, dass Jace sich beherrschen musste, um sie nicht unter Gewaltanwendung in seine Wohnung zu schleifen. Aber er wusste, dass dieser Moment, das, was immer sie ihm zu sagen hatte, wichtiger war als alles in seinem bisherigen Leben. Er durfte es nicht vermasseln. Nicht wie zuvor in ihrem Apartment. »Sprich weiter«, drängte er sie. Die Tränen strömten ihr nun ungehindert über die Wangen und vermischten sich mit dem Regen, der auf ihr Gesicht fiel. Die Haare klebten in feuchten Strähnen an ihrer Haut, in ihren Wimpern glitzerten Regentropfen und betonten ihre wundervollen, traurigen Augen. Bethany war das schönste Wesen auf diesem Planeten, und Jace stand gefährlich nahe davor, sie zu verlieren. »Jack hatte heute Morgen eine Tablettenflasche dabei. Er hat sie mir mitgebracht.« Jace stieß zischend den Atem aus, als ihn erneut die Wut packte. Er wollte diesen Hurensohn ausfindig machen und ihm die Scheiße aus dem Leib prügeln. Wie konnte er Bethany gegenüber derart gleichgültig sein? Wo er doch auf sie aufpassen müsste. Und Bethany begriff noch immer nicht, dass Jack schlecht für sie war. Sehr schlecht sogar. Ihr Bild von ihm war ein Relikt der Vergangenheit. »Ich habe ihm gesagt, dass ich sie nicht will. Ich wollte sie nie. Er hat versucht, mir zu helfen. Früher hätte ich sie genommen. Ich hätte alles getan, um an sie ranzukommen. Aber heute nicht mehr. Ich habe das nicht mehr nötig. Doch dann bist du aufgetaucht, und wir hatten diesen furchtbaren Streit, und dann hast du mich daran erinnert, dass ich arm bin wie eine Kirchenmaus.« »Oh Gott, Baby, so war das doch nicht gemeint«, sagte er erstickt. »Ganz bestimmt nicht.« Bethany fuhr fort, als hätte sie ihn nicht gehört. Sie schien so verloren in ihren Gedanken, so erpicht darauf, alles herauszulassen, als wäre es Gift, das sie loswerden musste. »Und dann bin ich gegangen, weil es zu wehgetan hätte zu bleiben. Aber ich bin zurückgekommen, denn ich wusste, dass es nicht richtig war, einfach so zu verschwinden, dass ich aufhören musste wegzulaufen. Dass ich die Konfrontation mit dir suchen und die Sache logisch angehen sollte. Doch dann stand ich in der Küche und fühlte mich, als wäre meine ganze Welt kollabiert. Mir war kalt, darum wollte ich mir eine heiße Schokolade machen, aber als ich den Küchenschrank öffnete, stand da diese Tablettenflasche, und ich wusste, dass ich mich besser fühlen würde, wenn ich nur eine nähme, dass ich besser mit dem Schlamassel, der sich mein Leben schimpft, zurande käme.« »Oh Gott«, stöhnte Jace. »Ach, Baby.« »Ich war so knapp davor.« Bethany hielt ihre zitternden Finger einen Zentimeter weit auseinander. »Ich war so knapp davor, es zu tun. Ich hatte die Pille schon im Mund. Ich nahm einen Schluck Wasser, in der festen Absicht, sie zu schlucken. Sie war schon hinten in meiner Kehle. Und dann begriff ich, was ich da tat. Was ich um ein Haar zugelassen hätte.« Sie unterdrückte ein Schluchzen, senkte den Kopf und ballte ihre herabhängenden Hände zu Fäusten. »Aber du hast sie nicht geschluckt«, folgerte Jace leise. »Trotzdem war ich ganz nah dran«, sagte sie mit trostloser Stimme. »Ich wollte sie. Ich brauchte sie. Dann habe ich sie ausgespuckt und sämtliche Tabletten in der Spüle entsorgt. Ich kann damit nicht wieder anfangen, Jace. Wir müssen die Sache zwischen uns beenden, bevor wir uns gegenseitig zerstören. Wenn unsere Beziehung das mit mir macht, kann ich sie nicht weiterführen. Ich tue dir nicht gut. Ich tue mir nicht gut«, flüsterte sie. Panik schoss in ihm hoch. Er schüttelte den Kopf, unfähig, die Worte aus seiner zugeschnürten Kehle herauszuquetschen. Er war am Boden zerstört wegen dem, was sie beinahe getan hätte. Nicht weil er sie dafür verurteilte, sondern weil sie so verletzt gewesen war, dass sie dem Drang um ein Haar nachgegeben hätte. Was, wenn sie es nicht bei einer belassen hätte? Ihr letzter Rest Selbstbeherrschung schien vom Regen davongespült zu werden. Ein herzzerreißendes Schluchzen entrang sich ihrer Kehle, als sie die Arme fest um ihre Mitte schlang, auf die Knie fiel und sich vor und zurück wiegte. Jace sank sofort neben sie, zog sie in die Arme und schmiegte sie an sich. Er küsste ihr nasses Haar und wiegte sich mit ihr, während der Regen auf sie niederprasselte. »Ich hasse mich selbst dafür«, schluchzte sie. »Für meine Schwäche. Dafür, dass ich überhaupt in Versuchung geraten bin. Dafür, dass ich dir wehgetan, dich enttäuscht habe. Aber ich kann Jack einfach nicht im Stich lassen. Ich erwarte nicht, dass du das verstehst. Ich habe es dir nie erklärt.« Sein Zorn auf Jack, auf die ganze Situation, loderte mit verzehrender Kraft in ihm hoch. »Warum riskierst du so viel, um ihn zu beschützen? Er ist ein totales Arschloch, Bethany. Wieso erlaubst du ihm weiterhin, über dein Leben zu bestimmen?« Sie stieß sich von ihm ab und sprang auf die Beine. »Weil er so viel für mich erduldet hat!«, brüllte sie, während sich die Regentropfen in ihrem Gesicht mit ihren Tränen vereinigten. »Er hat so viel für mich getan! Dinge, die ich ihm niemals zurückgeben kann! Du verstehst es nicht. Du könntest niemals verstehen, was er wegen mir alles durchgemacht hat!« Der Kummer drückte so schwer auf ihre Stimme, dass jedes einzelne Wort erstickt klang. Bethany war vollkommen aufgelöst, sie konnte kaum noch die Fassung bewahren, dazu schlotterte sie vor Kälte. Da war etwas an ihrer Stimme, an ihren verzweifelten Worten, das ihm schreckliche Angst machte. Was immer in ihrer Vergangenheit verborgen lag und sie an Jack kettete, verfolgte sie Tag für Tag. Jace musste herausfinden, was es war. Denn es war der Schlüssel dazu, warum sie derart bedingungslos für Jack einstand. »Dann bring mich dazu, es zu verstehen«, sagte er ruhig. »Aber wir werden drinnen weiterreden, wo es warm ist. Nachdem du dir etwas Trockenes angezogen hast. Dann erklärst du es mir, und ich höre dir zu. Wir finden eine Lösung. Und zwar gemeinsam, Bethany.« Sie wollte schon den Kopf schütteln, aber er gebot ihr Einhalt. »Ich akzeptiere kein Nein als Antwort«, sagte er mit zusammengebissenen Zähnen. »Den Teufel werde ich tun, dich aus meinem Leben verschwinden zu lassen. Wir werden diese Sache klären, und du wirst mir erzählen, worauf sich deine blinde Loyalität gegenüber diesem verfluchten Jack begründet. Und ich schwöre bei Gott, dass du nicht gehen wirst, wenn wir das hinter uns gebracht haben. Du wirst nirgendwo anders hingehen als in mein Bett.« 31 Jace stieß einen tiefen Seufzer der Erleichterung aus, als sich die Fahrstuhltüren in seiner Wohnung hinter ihm schlossen. Er würde dafür sorgen, dass Bethany nicht einmal in die Nähe des Aufzugs gelangte. Und zwar für verdammt lange Zeit. Er trug sie ins Bad, setzte sie auf dem Toilettendeckel ab und stellte die Dusche an. Dann machte er sich sofort daran, sie aus ihren nassen Klamotten zu befreien. Seine Hände zitterten – wenn auch nicht vor Kälte –, aber er konnte nichts dagegen tun. Er war zutiefst erschüttert über die Tragweite dessen, was er fast getan hätte. Was er getan hatte. »Bitte, Jace, lass mich einfach gehen«, sagte sie mit weicher, emotionsgeladener Stimme. »Es hat keinen Sinn, das Ganze künstlich hinauszuzögern. Jeder von uns sollte einfach mit seinem Leben weitermachen.« Jace nahm ihr Gesicht zwischen die Hände und schaute ihr tief in die Augen. »Ich lasse dich nicht gehen. Niemals. Das wird nicht passieren. Wie zur Hölle soll ich mit meinem Leben weitermachen, wenn du mein Leben bist? Als hätte mein Leben ohne dich irgendeine Bedeutung. Wir stellen uns jetzt unter die Dusche und wärmen uns auf. Wir sind beide völlig durchgefroren. Du noch mehr als ich. Du warst stundenlang in der Kälte. Es würde an ein Wunder grenzen, wenn du dir keine Unterkühlung zugezogen hast.« Sie sah ihn mit großen Augen an, dann gab er ihr Gesicht frei und zog sie auf die Füße. Er streifte seine eigenen Klamotten ab, während er sie zur Dusche schob. Jace konnte das Bibbern, das von seinen Gliedmaßen Besitz ergriffen hatte, nicht kontrollieren. Er schaffte es nur mit Mühe, Bethany in der Dusche aufrecht zu halten, darum drückte er sie so fest er konnte an sich, damit nicht nur das Wasser, sondern auch sein Körper sie wärmte. Sie fühlte sich an wie ein Eisblock, so tief war ihr die Kälte in die Knochen gedrungen. Es brachte ihn fast um, dass sie so lange einsam und verzweifelt im Regen ausgeharrt hatte, nur weil er die Dinge völlig falsch angepackt hatte. Er hatte sie glauben lassen, dass sie wertlos sei. Arm wie eine Kirchenmaus. Dabei bedeutete sie ihm alles. Jace liebte sie. Sollte zuvor noch irgendein Zweifel daran bestanden haben, so war er jetzt ausgelöscht. Und man behandelte jemanden, den man liebte, nicht so, wie er Bethany behandelt hatte. Er hatte ihr kein Verständnis entgegengebracht, ihr nicht zugehört, sie es nicht erklären lassen. Die ganze Zeit hatte er geduldig darauf gewartet, dass sie ihm ihre Vergangenheit offenbarte, sich ihm anvertraute, und als es endlich so weit gewesen war, hatte er es vermasselt. Das würde nie wieder passieren. Er wollte verdammt sein, wenn er sie aus seinem Leben verschwinden ließe, nachdem er achtunddreißig Jahre darauf gewartet hatte, dass sie auftauchte. Die Wärme intensivierte sich und hüllte sie ein, bis Bethanys Zittern endlich nachließ und sie sich nachgiebig und so unendlich süß an ihn schmiegte. Alles, was er sich je erträumt hatte, hielt er gerade in seinen Armen. Er würde sie nicht loslassen. Er hatte noch nie einen Kampf verloren, an dem ihm wirklich gelegen war, und dies war der bedeutsamste seines Lebens. Jace küsste ihre Schläfe und fuhr mit dem Mund über ihre weiche Wange bis hinunter zu ihrem Kinn. Sie war sein. Seine Freundin. Seine Geliebte. Sogar seine Frau, wenn es nach ihm ginge. Er würde sie so fest an sich binden, dass sie dieselbe Luft atmete wie er. »Ist dir jetzt warm?«, murmelte er an ihrem Ohr. Als sie nickte, entließ er sie widerstrebend aus seiner Umarmung und stellte das Wasser ab. Er schob sie aus der Dusche und trocknete sie zügig mit einem Handtuch ab, damit ihr nicht wieder kalt wurde. Als er zu ihrem Haar kam, hob er es in ihrem Nacken an und betrachtete das Lederhalsband, das er ihr zu Weihnachten geschenkt hatte. Sie hatte es nicht abgenommen, obwohl sie so sehr verletzt gewesen war. Er folgte der Kontur mit dem Finger, dann küsste er die Stelle zwischen ihrem Ohr und dem Choker und spürte, wie ihr Puls unter seinen Lippen flatterte. Ihre Augen zeigten noch immer diesen wachsamen, gehetzten Ausdruck, als sie einen Schritt zurücktrat. »Jace …« »Schsch, Baby. Hab ein wenig Geduld. Du musst warm und trocken sein, bevor wir reden. Über alles. Und du wirst nicht gehen. Schlag dir das aus dem Kopf. Notfalls werde ich dich ohne einen Funken Reue an mein Bett fesseln.« Sie biss sich auf die Lippen, erhob jedoch keine Einwände, sondern ließ sich von ihm das Handtuch um die Haare wickeln. Anschließend nahm er einen Bademantel von dem Haken an der Innenseite der Tür, half ihr hinein und verknotete den Gürtel fest um ihre Taille. Jace brauchte nur einen Augenblick, um sich selbst abzurubbeln und in trockene Sachen zu schlüpfen, bevor er sie ins Wohnzimmer führte. Nachdem sie es sich auf dem Sofa bequem gemacht hatte, zündete er den Kamin an. »Gib mir nur ein paar Minuten, um dir eine heiße Schokolade zu machen, dann bin ich sofort zurück.« Er zögerte, weil er sie nicht mal für diese kurze Zeitspanne allein lassen wollte, doch da sie nur seinen Bademantel trug – dafür hatte er bewusst gesorgt –, war er sicher, dass sie nicht aus seiner Wohnung türmen würde. Trotzdem wartete er auf ihre Zustimmung, und als sie schließlich nickte, wurde ihm schwindlig vor Erleichterung. Die Mikrowelle schien eine Ewigkeit zu brauchen, um die Milch zu erhitzen. Hastig rührte er die Kakaomischung hinein und süßte das Getränk, so wie Bethany es gern hatte, dann ging er zurück ins Wohnzimmer, wo sie sich auf die Couch gekuschelt hatte. Als wäre ihr noch immer kalt, hatte sie die Füße unter den Körper gezogen und das Plaid von der Lehne genommen, um ihren Schoß damit zuzudecken. Jace konnte nicht sagen, ob sie die Extrawärme wirklich benötigte oder ob sie die Decke als Schutzschild benutzte. Gegen ihn. Er würde keine Barrieren zwischen ihnen dulden. Jetzt nicht mehr. Doch zuerst mussten sie offen über alles sprechen. Jace reichte ihr die Tasse, und sie legte beide Handflächen darum, um die Wärme aufzunehmen. Er setzte sich neben sie aufs Sofa und wandte sich ihr zu, dabei zog er ein Knie an, sodass es ihres berührte. Bethany rutschte nicht weg, was er als positives Zeichen wertete, trotzdem war ihm bewusst, dass er jede Menge verlorenen Boden wiedergutzumachen hatte. »Ich muss mich bei dir entschuldigen«, begann er leise. »Es tut mir sehr, sehr leid, Bethany. Ich habe schlichtweg die Kontrolle verloren. Als ich mir ausmalte, was dir alles hätte zustoßen können, bin ich ausgerastet und habe Dinge gesagt, die so nicht gemeint waren. Ich wollte dir nie das Gefühl geben, als seist du nichts und hättest nichts. Auch wenn du mir sonst nichts glaubst, glaub mir zumindest das.« Der Becher zitterte in ihren Händen, als sie ihn von ihren Lippen nahm. »Ich glaube dir. Das tue ich wirklich, Jace. Aber ich habe dir erzählt, was ich beinahe getan hätte.« Schmerz und Schuldbewusstsein verzerrten ihre Züge. Ihm brach das Herz bei ihrem Anblick. Nicht länger fähig, auch nur die winzigste Distanz zwischen ihnen zu ertragen, nahm er ihr die Tasse aus der Hand und stellte sie auf den Couchtisch, dann rückte er näher zu ihr. Er legte den Arm auf die Rücklehne des Sofas, sodass seine Finger Bethanys Schulter berührten, dann nahm er ihre andere Hand und streichelte die Innenseite mit dem Daumen. »Beinahe ist hier das Schlüsselwort, Baby. Du hättest beinahe eine Tablette genommen. Aber dann hast du dich eines Besseren besonnen und es nicht getan.« Sie schloss die Augen, und ihm wurde weh ums Herz, als eine Träne ihre Wange hinabkullerte. »Ich hatte es nach langem Kampf überwunden«, flüsterte sie. »Bis heute. Bis ich diese Pillen sah. Dabei hatte ich nicht mal mehr an sie gedacht. Ich habe sie nicht gewollt. Schon nicht mehr, seit ich clean bin. Aber heute, da wollte ich sie mehr als alles andere. Es war wie ein Zwang.« Schaudernd ließ sie den Kopf hängen. Jace schob sanft die Finger unter ihr Kinn und hob es an, damit sie ihm in die Augen sah. »Baby, du hast es nicht getan«, wiederholte er mit leisem Nachdruck. »Es spielt keine Rolle, was du wolltest, was du dachtest. Du hast sie nicht genommen. Das erfordert Stärke. Du hast dagegen angekämpft und bewiesen, dass die Sucht dich nicht länger in ihren Klauen hält. Siehst du das nicht so?« Der Hoffnungsschimmer in ihren Augen war so hell, dass es ihn fast zerriss. »Meinst du wirklich?« »Ja, das tue ich. Ich will nicht, dass du dich wegen dieser Sache zerfleischst. Und von nun an werde ich da sein, um dich zu unterstützen. Du bist nicht allein, und du wirst auch nie wieder allein sein. Weil du nämlich zu mir ziehst. Ich habe damit gewartet, denn ich wollte dich nicht zu sehr bedrängen. Darum habe ich dich in Mias alter Wohnung untergebracht. Aber das ist jetzt vorbei. Du wirst hier bei mir leben.« Ihre Augen wurden weit, und sie öffnete den Mund zu einem Protest, doch er versiegelte ihn mit einem Kuss. »Du bist mein, Bethany. Du gehörst zu mir. Ich gehöre zu dir. Du gehörst hierher. Das ist nicht verhandelbar.« »Aber Jace …« Er löste sich von ihr, und seine Miene verdüsterte sich sichtlich. »Wir müssen über Jack reden. Er ist gefährlich für dich, Bethany. Und das werde ich nicht tolerieren. Ich werde nichts tolerieren, was dir Schaden zufügen könnte.« Ihr Atem ging in winzigen Stößen, und es war offensichtlich, dass sie Mühe hatte, die Tränen zurückzuhalten. »Ich kann mich nicht einfach von ihm abwenden, Jace. Ich erwarte nicht, dass du das verstehst.« »Dann bring mich dazu. Nenn mir den Grund. Sag mir, welche Macht er über dich hat.« Bethany schloss die Augen, und die Tränen, mit denen sie gekämpft hatte, strömten in stillen, silbrigen Bächen über ihre Wangen. »Jack hat so viel für mich in Kauf genommen. Er hat mich beschützt. Du machst dir keine Vorstellung, welche Opfer er für mich gebracht hat.« Jace fühlte ein Brennen in der Brust, und seine Kehle wurde eng. Er wusste mit Gewissheit, dass ihm das, was sie ihm zu erzählen hatte, nicht gefallen würde, doch er würde sitzen bleiben und es sich anhören, selbst wenn es ihn umbrächte. Hier ging es um Bethanys Vergangenheit, und endlich würde sie sie offenlegen. Sie würde ihm die Geheimnisse, die sie bewahrt hatte, anvertrauen, damit er den tiefen Schmerz in ihren Augen verstehen konnte. »Jack und ich sind in wechselnden Pflegeeinrichtungen aufgewachsen. Wie du weißt, sind wir nicht blutsverwandt, aber wir stehen uns sehr nahe, darum hat das Jugendamt nach Möglichkeit versucht, uns zusammen unterzubringen, was nicht immer machbar war. Aber sie wussten, dass wir seltener Ärger machten, wenn sie einen Platz für uns beide fanden, darum kamen sie unserem Wunsch, zusammenzubleiben, entgegen, wann immer sie konnten. Wir waren einander die einzige Familie, die wir hatten.« Bethany machte eine Pause und atmete tief durch, um sich zu fassen. »Sprich weiter, Baby«, ermutigte Jace sie. »Ich bin ganz Ohr. Nichts kann dich jetzt mehr verletzen.« »Ich war gerade zwölf und Jack fünfzehn. Er war groß für sein Alter. Heute wirkt er nicht mehr so. Er ist zu dünn, aber wenn er gesund und wohlgenährt ist, ist er ein imposanter Kerl. Groß und breitschultrig. Jedenfalls waren wir zusammen in einer Pflegefamilie, aber der Vater …« Jace verspannte sich, und seine Nackenhaare stellten sich auf. Er hatte ein ungutes Gefühl dabei, in welche Richtung das Gespräch steuerte. »Der Vater hat mich immer so komisch angesehen, und das hat Jack beunruhigt. Er ließ mich keine Sekunde mehr aus den Augen und sorgte dafür, dass ich nie allein mit unserem Pflegevater war. Aber wie sich herausstellte, machte es für den Mann keinen Unterschied, ob es ein Mädchen oder ein Junge war.« Bethanys Gesicht war blass, und sie schauderte vor Abscheu. Ihre Seelenpein strahlte in Wellen von ihr ab. Jace zog sie fest in seine Arme und drehte ihr Gesicht zur Seite, damit sie weitersprechen konnte. Er streichelte ihr Haar und versuchte, ihr so viel Trost wie möglich zu spenden. »Jack hat sich für mich geopfert«, wisperte sie. »Jedes Mal, wenn der Vater es auf mich abgesehen hatte, kam Jack dazwischen. Er ließ sich von dem Mann missbrauchen, um zu verhindern, dass er mich missbrauchte, und … Das werde ich ihm niemals vergessen. Ich kann es nicht, Jace. Er ertrug das über Monate, bis es uns endlich gelang, von dort wegzukommen.« »Oh, Baby. Das tut mir unendlich leid.« »Jack hat sich immer um mich gekümmert. Vor dem Autounfall und auch danach. Es war immer er, der dafür gesorgt hat, dass wir Essen und Kleidung hatten. Als ich keine Rezepte für meine Schmerztabletten mehr bekommen konnte – und damals litt ich noch furchtbare Schmerzen –, hat Jack mir die Pillen beschafft. Und als ich am Ende abhängig war, hat er eine Verhaftung und Gott weiß was sonst noch alles riskiert, um zu gewährleisten, dass ich hatte, was ich brauchte.« Jace seufzte. Es war eine verfahrene Situation, daran bestand kein Zweifel. Er sah Jack jetzt in einem anderen Licht, aber das bedeutete nicht, dass er den Mann Bethanys Leben verpfuschen lassen würde. Jacks eigene Sucht beschränkte sich nicht auf verschreibungspflichtige Medikamente. Er beschaffte sich das harte Zeug, dealte womöglich sogar damit. Stoff, der einen umbringen oder zumindest für sehr lange Zeit hinter Gitter bringen konnte. Um nichts in der Welt würde er Bethany diesem Risiko aussetzen. »Ich kann deine Gefühle nachempfinden, Baby, aber du musst mir zuhören. Jack ist über diesen Punkt längst hinaus. Er ist in üble Geschäfte verwickelt und bringt dich damit in ernsthafte Gefahr. Das kann und werde ich nicht zulassen. Ich werde niemals etwas akzeptieren, das dir schaden könnte. Verstehst du das?« Bethany veränderte ihre Position und hob den Kopf, um ihm in die Augen sehen zu können. »Natürlich verstehe ich das, Jace. Und ich will ihn auch gar nicht in Schutz nehmen. Es gefällt mir nicht, was er tut, aber die Vorstellung, wie er frierend und hungrig und selbst in Gefahr dort draußen ist … bricht mir das Herz. Ich kann nicht aufhören, mich zu fragen, ob er ohne mich so geworden wäre, wie er ist.« Jace schüttelte so nachdrücklich den Kopf, dass ihr seine Vehemenz nicht entgehen konnte. »Du kannst dir diese Schuld nicht aufbürden. Das lasse ich nicht zu. Er hat dich beschützt. Dafür werde ich ihm immer dankbar sein. Aber, Baby, selbst er würde dich nicht dafür verantwortlich machen, was aus ihm geworden ist. Wir alle treffen unsere eigenen Entscheidungen. Er hat ein paar sehr schlechte getroffen, aber das bedeutet nicht, dass du dafür den Preis zahlen musst.« »Aber was soll ich denn tun? Ich kann ihn doch nicht fallen lassen. Er ist ganz allein und hat nichts, wohingegen ich alles habe.« Jace schaute in ihre tränennassen Augen und begriff, dass sie nicht die Frau wäre, die er liebte, wenn sie es über sich brächte, sich einfach so von ihrer einzigen Familie abzuwenden. Er wischte ihr die Tränen von der Wange, dann seufzte er. »Ich werde mir wegen Jack etwas überlegen. Aber wenn ich die Sache in die Hand nehme, bedeutet das, dass du dich zurückziehst.« Bethanys Miene wurde bekümmert, dann senkte sie wieder den Blick. »Könnte er nicht …« Sie biss sich auf die Lippe und verstummte. »Könnte er was nicht, Baby? Du kannst mich um alles bitten, ohne Angst haben zu müssen.« »Aber diese Bitte steht mir nicht zu«, meinte sie zaghaft. »Du hast mir so vieles gegeben, und ich habe dir nichts zurückgegeben.« »Du bedeutest mir alles. Alles, Bethany. Und das sage ich nicht leichtfertig. Ich habe das definitiv noch nie zu einer anderen Frau gesagt. Und auch zu sonst keinem Menschen.« Bethanys Gesicht drückte solche Verwunderung, solches Staunen aus, dass er nicht anders konnte, als sie so fest an seine Brust zu drücken, bis sie kaum mehr Luft bekam. »Nenn mir deine Bitte, Bethany.« »Ich wollte dich fragen, ob Jack vielleicht in dem anderen Apartment wohnen könnte«, wisperte sie. »Nur für eine kurze Weile. Bis er wieder auf die Füße kommt und sich eine eigene Bleibe leisten kann.« Jace gab sie behutsam aus seiner Umarmung frei und schob sie gerade weit genug weg, dass sie einander ansehen konnten. Seine Miene war ernst. »Wenn du bei mir einziehst, werde ich sehen, was ich diesbezüglich arrangieren kann.« Bethany zeigte keine Reaktion auf seine subtile Erpressung. Nicht, dass sie wirklich subtil gewesen wäre. Aber Jace scheute sich nicht, jedes nötige Druckmittel einzusetzen, um Bethany in seiner Wohnung, in seinem Bett und damit noch stärker in seinem Leben zu etablieren. »Das würdest du tun?«, fragte sie leise. Und ob er das tun würde. Ohne jede Bedenken. »Ja.« Sie warf sich ihm so stürmisch in die Arme, dass er fast nach hinten umgekippt wäre. »Danke«, sagte sie euphorisch. »Ich verdiene dich nicht, Jace. Trotzdem danke ich Gott jeden Tag für dich.« Ihre Begeisterung bereitete ihm leichtes Kopfzerbrechen, aber nachdem sie nicht abgelehnt hatte, bei ihm einzuziehen, wollte er das Thema nicht weiter vertiefen. »Ich kann es nicht erwarten, Jack davon zu erzählen«, fuhr sie fort. »Er wird es nicht glauben.« Jace hob abwehrend die Hände. »Es sind ein paar Bedingungen daran geknüpft, Bethany.« Sie verstummte und blickte ihn fragend an. »Ich werde keine Drogen in dem Apartment dulden. Und auch nicht irgendwo in deiner Nähe. Sollten Kaden oder Trevor irgendwann welche finden, ist Jack raus. Und wenn du ihn triffst, werden Kaden, Trevor oder meine Wenigkeit dabei sein. Was das anbelangt, gibt es keine Kompromisse.« Bethany schwieg noch immer. Jace konnte fast sehen, wie sich die Rädchen in ihrem Kopf drehten. Er hielt den Atem an, dabei fragte er sich, ob er zu energisch gewesen war. Aber so war er nun mal. Das konnte er nicht ändern und wollte es auch gar nicht, wenn so etwas Wichtiges wie Bethanys Sicherheit auf dem Spiel stand. »In Ordnung«, stimmte sie zu. »Ich werde es Jack sagen.« »Nein.« Sie kniff verwirrt die Brauen zusammen. »Ich werde es Jack sagen«, erklärte Jace grimmig. »Ich möchte dich nicht in eine unangenehme Situation bringen. Lass mich das Arschloch sein. Ich habe kein Problem mit der Rolle, wenn es um dich geht.« »Du bist kein Arschloch«, widersprach sie so hitzig, dass er lächeln musste. »Heißt das, dass du frohen Herzens bei mir einziehen und mich nicht für ein Arschloch halten wirst, weil ich dich manipuliert habe?« Ihr Blick wurde weich, als sie sich an ihn kuschelte und ihr Körper wie flüssige Seide über seinen glitt. Sie war so weich, so warm. So unfassbar perfekt. Seine Hände strichen über ihren Rücken, und er wünschte sich inständig, der Bademantel würde sie nicht verhüllen. »Ich wollte dich nicht verlassen«, bekannte sie leise. »Aber ich dachte, du wolltest es.« »Schsch, Baby, nein. Sag so etwas niemals.« »Und ich mache mir Sorgen, Jace. Darüber, wohin das alles führt, und wie lange du wohl glücklich sein wirst mit … mir.« Ihre tief sitzende Angst war so fühlbar, dass sie sie nicht erst in Worte kleiden musste. Bethany befürchtete, dass sie nur ein vorübergehender Zeitvertreib für ihn war, und hatte keine Ahnung, wie es mit ihr weitergehen sollte, wenn er sie irgendwann satthatte und sich neu orientierte. »Außerdem denke ich noch immer, dass ich nicht gut genug für dich bin«, setzte sie mit brüchiger Stimme hinzu. »Ach, Baby.« Doch Bethany schüttelte den Kopf und sprach weiter. »Ich passe nicht in deine Welt. Wie sollte ich auch? Ich mache mir schreckliche Sorgen, dass du das eines Tages erkennen wirst.« Ihr Kopf ruhte weiter an seiner Schulter, als er ihr Gesicht mit der Handfläche streichelte. »Du bist meine Welt, Baby. Das hatten wir bereits.« Sie kniff die Augen zu, und er spürte, wie sie zitterte. Er verstärkte den Druck seiner Arme und küsste ihr seidiges Haar. »Ich möchte es so gern glauben. Denn du bist der Mann meiner Träume, Jace. Und das macht mir Angst. Du bist mein Ein und Alles. Das Beste, das mir je passiert ist. Ich habe in der Vergangenheit viel verloren, aber ich habe überlebt. Aber sollte ich dich verlieren, wird das die verheerendste Erfahrung meines Lebens sein. Du hast so viel Macht über mich, dass es beängstigend ist.« Er schloss die Augen und atmete tief ein, während er ihre Worte sacken ließ. Bethany hatte nicht gesagt, dass sie ihn liebte, aber er war sich sicher, dass sie es nur deshalb nicht getan hatte, weil sie damit die letzte Lücke schließen und das ultimative Zeichen ihrer Kapitulation setzen würde. Und vielleicht war sie dazu noch nicht bereit. Er konnte warten. Ewig, falls nötig. Es würde ihm mehr als genügen, die nächsten vierzig Jahre damit zu verbringen, sie davon zu überzeugen, dass sie nirgendwo hingehen würde. Irgendwann würde er diese Worte aus ihrem Mund hören, und wenn dieser Tag gekommen war, würden sie sich unauslöschlich in seine Erinnerung einprägen. »Baby, hör mir zu.« Bethany rückte wieder von ihm ab und sah ihn an. Er berührte ihren Mund und zeichnete den Amorbogen nach. »Die Macht, von der du sprichst, dreht sich nicht um Kontrolle. Auch nicht um Unterwerfung. Es geht nicht um meine Dominanz, es geht um emotionale Macht. Aber, Baby, du hast exakt die gleiche Macht über mich. Was unsere Beziehung anbelangt, bist du weitaus mächtiger als ich.« Ihre Augen wurden groß vor Überraschung. »Es ist wahr«, insistierte er, bevor sie widersprechen konnte. »Du besitzt mehr Macht, mehr Kontrolle, als du ahnst. Mein Herz liegt in deinen Händen. Das ist kein Süßholzgeraspel. Ich sage das nicht, weil ich denke, dass du es hören willst, oder um dich auf diese Weise zu manipulieren. Ich könnte nicht aufrichtiger sein. Ich gehöre dir, Baby. Du kannst alles von mir haben. Mein Herz, meine Seele, sie gehören dir.« »Jace«, stieß sie atemlos hervor. Ihre Augen blickten ihn fassungslos an, und ihre Lippen waren vor Bestürzung leicht geöffnet, als sie ihre zitternden Hände an sein Gesicht hob. Als sie ihn berührte, schmiegte er die Wange in ihre Handfläche, dann drückte er einen Kuss auf ihre samtige Haut. »Wirklich?«, hauchte sie. Jace lächelte. »Du denkst doch nicht, ich würde das zu jeder Frau sagen, mit der ich schlafe?« Sie schüttelte den Kopf. »Nein. Das kann ich mir nicht vorstellen.« »Dann glaub es einfach, Bethany. Glaub an mich. An dich selbst. An uns. Das hier ist real. Nichts in meinem Leben war je realer.« »Okay«, sagte sie mit leiser, atemloser Stimme, die einen sensorischen Stromstoß über seine Haut sandte. »Du ziehst bei mir ein?« Bethany nickte. »Du lässt mich die Sache mit Jack regeln?« Sie nickte wieder. »Bist du bereit, dich mir voll und ganz zu fügen? Und ich meine damit nicht nur im Schlafzimmer, Baby. Es betrifft sämtliche Aspekte unserer Beziehung.« Sie zögerte nur kurz, ehe sie ein drittes Mal nickte. »Lauf nie wieder vor mir weg, Bethany. Ganz egal, was geschieht, du wirst bleiben und kämpfen. Schrei mich an, streite mit mir, bewirf mich mit Dingen, was immer du willst, aber renn nie wieder davon. Du bleibst und kämpfst für das, was wir haben. Ich weiß, dass ich ein hitziges Temperament habe. Und du weißt, dass ich manchmal dummes Zeug labere, das ich so nicht meine. Aber du wirst nicht kneifen und abhauen, wenn die See unruhig wird. Versprich mir das.« Bethany schlang die Arme um seinen Hals und schmiegte sich zärtlich an ihn. »Ich verspreche es.« 32 »Jace«, flüsterte Bethany an seinem Ohr. »Ja, Baby?« Sie lag neben ihn gekuschelt, erschöpft und befriedigt von ihrem Liebesspiel. Und sollte Jace zuvor noch den geringsten Zweifel gehegt haben, dass es dabei wirklich um Liebe ging, war dieser verflogen. Sie hatten endlose Stunden damit zugebracht, sich zu küssen, sich zu berühren und den Köper des anderen zu erforschen. Bethanys Kühnheit im Bett hatte ihn besonders entzückt. Sie war noch immer anbetungswürdig scheu, manchmal sogar zögerlich, doch ihr Selbstvertrauen wuchs stetig, und Jace freute sich über jede Initiative, die sie ergriff. Vergangene Nacht war kein Platz für Dominanz und SM gewesen, während sie einander neu entdeckt hatten. Stattdessen hatte er jede emotionale Empfindung in den Liebesakt einfließen lassen, bis sie beide völlig ermattet waren. Sie nahm den Kopf von seiner Schulter und stützte sich auf einen Ellbogen. Jace, dem ihr plötzliches Fehlen in seinen Armen missfiel, wollte sie zurückziehen, als er sah, dass sie ihn mit zusammengezogenen Augenbrauen ansah. Ihr lag irgendetwas auf dem Herzen, und er wollte sie nicht entmutigen, es auszusprechen. Bethany fasste an das Lederband um ihren Hals und strich mit dem Finger darüber, während sie ihre Gedanken sortierte. »Was ist das hier für dich?«, fragte sie zaghaft. »Was bedeutet es wirklich? Du sagtest, dass ich unter deinem Schutz stünde, solange ich dein Halsband trage. Was hast du damit gemeint?« Jace seufzte, verbittert über seine Unfähigkeit, einfach die Klappe zu halten, wenn er in Rage war. Er hatte nicht vorgehabt, ihr die Bedeutung des Schmucks auf diese Weise zu erläutern. »Es ist ein Symbol meines Besitzanspruchs«, sagte er vorsichtig. »Ein Geschenk, das ein Mann seiner devoten Partnerin macht. Einer Frau, die er wertschätzt und behütet. Es bedeutet, dass du mir gehörst. Dass du mir gegenüber unterwürfig bist.« Bethany zog die Brauen noch fester zusammen und schwieg einen langen Moment. »Warum hast du mir das nicht gesagt, als du es mir gegeben hast?« Jace stemmte sich nun ebenfalls auf einen Ellbogen, sodass sie auf Augenhöhe waren. Er berührte ihre Wange und strich über die weiche Haut. Dann glitten seine Finger zu dem Choker und dem Diamanten, der an Bethanys Kehle ruhte. »Ich hatte befürchtet, dass es zu früh sein könnte. Dass du es nicht ganz verstehen würdest. Ich wollte dich nicht überfordern. Ich hatte Angst, dass du es nicht haben willst, wenn du die wahre Bedeutung kennst.« Sie zog nachdenklich die Lippen zwischen die Zähne. »Aber, Jace, wieso solltest du wollen, dass ich das Band trage, ohne zu wissen, wofür es tatsächlich steht? Jede Befriedigung darüber, es an meinem Hals zu sehen, muss doch hohl gewesen sein, weil ich ja nicht wusste, was ich da trage.« Er lächelte reumütig. »Erwischt. Und du hast recht. Obwohl es mir schon reichen würde, es an dir zu sehen und als Einziger zu wissen, wofür es steht, kann es seine wahre Bedeutung erst entfalten, wenn auch du sie kennst und akzeptierst.« »Das ist dir wichtig.« Es war keine Frage, sondern eine Feststellung. Jace nickte. »Ja. Wenn auch vielleicht nicht aus den Gründen, die du vermutest. Ich bin kein Idiot, der dich als seinen Besitz markieren muss. Die schlichte Wahrheit ist, dass ich es gern an dir sehe, weil ich es dir gegeben habe, und dass es ein Symbol für dein Geschenk an mich ist.« »Aus der Perspektive habe ich es noch gar nicht betrachtet.« Er lächelte. »Nein, weil du noch immer überzeugt bist, dass du mir nichts gibst und auch nichts zu geben hast. Aber das ist nicht wahr, Baby. Du hast mir das kostbarste Geschenk gemacht, das ich je bekommen werde. Dich selbst.« Helle Tränen glitzerten in Bethanys strahlend blauen Augen. Dann fasste sie zu seiner Überraschung an ihren Nacken und löste den Verschluss des Lederbands. Sie ließ es von ihrem Hals gleiten und hielt es ihm hin. Von Panik ergriffen starrte er sie an. Lehnte sie es ab? »Ich wusste zuvor nicht, wofür es steht«, erklärte sie und streckte ihm den Choker noch immer entgegen. »Ich möchte, dass du es mir jetzt, wo wir seine Bedeutung beide kennen, noch einmal umlegst.« Sein innerer Jubel war so grenzenlos, dass ihm fast das Herz aus der Brust sprang. Mit zitternden Fingern nahm Jace ihr den Choker ab. Er stemmte sich in eine sitzende Haltung hoch und sagte: »Auf die Knie, Baby. Knie dich für mich hier aufs Bett.« Bethany positionierte sich vor ihm. Sie war wunderschön anzusehen mit ihrem zerzausten Haar und den schläfrigen Augen. Augen, in denen sich etwas spiegelte, auf das er kaum zu hoffen wagte. Liebe. Er breitete den Choker in seinen Händen aus und hielt ihn so, dass sie ihn sehen konnte. Dann schaute er sie an. »Willst du mein Halsband tragen, Bethany? Es ist nicht nur das Symbol meines Besitzanspruchs auf dich, sondern auch ein Symbol für dein Geschenk an mich und mein Geschenk an dich. Ich verspreche, dass ich dich achten und beschützen werde. Es wird dir an nichts fehlen. Dein Körper wird mir gehören, aber meiner gehört ebenso dir. Ich werde dich mit Herz und Seele lieben und wertschätzen.« »Ja, Jace. Oh ja«, hauchte sie. Er legte ihr das Halsband wieder um. Nur war es dieses Mal unvergleichlich süßer, weil sie jetzt seine Bedeutung kannte. Sie hatte den Choker akzeptiert und damit ihn. Konnte er sich mehr wünschen als das? Er machte den Verschluss zu, dann ließ er die Finger nach vorn gleiten und versetzte den tropfenförmigen Diamanten leicht in Schwingung. Er beugte sich nach unten und ergriff von ihrem Mund Besitz. Als seine Zunge ihre fand, löste das eine sensorische Schockwelle aus, die ihn schwindeln ließ. »Ich liebe dich, Bethany.« »Jace!« Doch er ließ nicht zu, dass sie weinte. Nicht in seinem Bett, und schon gar nicht in seinen Armen. Er wollte nur, dass sie glücklich war, und solange es in seiner Macht stand, diese Tränen in Schach zu halten, würde er es tun. »Mach Liebe mit mir, Baby. Wieder und wieder. Dieses Mal in dem beidseitigen Wissen, dass du mir mit Leib und Seele gehörst.« Sie schlang ihm die Arme um den Hals und zog ihn mit sich, während sie sich rücklings auf die Matratze fallen ließ. Er drückte sie mit seinem Körper aufs Bett und verlor sich in ihrem leidenschaftlichen Kuss. »Ich habe nie zuvor so für eine Frau empfunden«, raunte er an ihren Lippen. »Und das werde ich auch nie wieder tun.« »Jace«, sagte sie, ihre Stimme ein heiseres Flüstern. »Liebe mich. Bitte.« »Das tue ich. Das werde ich. Darum musst du niemals bitten, Baby. Meine Liebe gehört dir. Ich gehöre dir. Daran wird sich nie etwas ändern.« Küssend bahnte er sich seinen Weg zu ihren Brüsten und liebkoste einen Nippel, bis dieser steif aufragte, bevor er sich dem anderen zuwandte. Er leckte und saugte, dabei ergötzte er sich an dem leisen Wimmern, das sie von sich gab. Ihr Körper versteifte sich unter ihm, als sie sich seinem Mund entgegendrängte. Sie wühlte die Hände in sein Haar und zog daran, um ihn fester an ihre Brust zu pressen. Er lächelte. »Gefällt das meinem Baby?« Sie stöhnte. »Das Einzige, was mir noch besser gefällt, ist, deinen Mund … dort unten zu spüren.« Ihre Schüchternheit war anbetungswürdig. Er liebte das an ihr, ihre Scheu, in Worte zu fassen, was sie wollte und brauchte. »Man soll mir nie nachsagen können, nicht alles unternommen zu haben, um die Frau meines Herzens zu befriedigen«, gurrte er, als er nach unten glitt. Jace spreizte ihre Schenkel, sodass sie sich ihm öffnen musste. Er strich mit dem Finger über ihre empfindsamen Falten und öffnete sie weiter, um Zugang zu ihrem geschwollenen, rosafarbenen Fleisch zu haben. Es glitzerte von ihren Säften, und sein Penis wurde noch härter, als er sich ihren Geschmack auf seiner Zunge vorstellte. Er strich mit der ganzen Oberfläche seiner rauen Zunge über ihren Eingang und bis hinauf zu ihrem Kitzler. Er ließ die Zunge zärtlich um die samtige Knospe kreisen, bevor er sie vorsichtig zwischen die Lippen zog und ganz leicht daran saugte. Bethany buckelte unter ihm, bäumte sich auf und vergrub die Finger in seinen Haaren, um ihn dort unten festzuhalten. Er labte sich an ihr, verwöhnte sie mit leckenden, saugenden Liebkosungen, nahm sie mit seiner Zunge. Jace bekam nicht genug von ihr, von ihrem Geschmack, dem Gefühl ihres seidigen, süßen Fleischs an seinen Lippen. Er liebte es, wie sie unter seinen Berührungen zuckte, wie sie atemlos stöhnte und keuchte. Nie hätte er sich vorstellen können, einer Frau so sehr zu verfallen. Er hatte nicht gelogen, als er Bethany gesagt hatte, dass sie immense Macht über ihn besaß. Weit größere, als er je über sie haben würde. Denn ohne sie hatte er nichts. Ohne sie bedeuteten sein Geld, sein Wohlstand, sein Prestige überhaupt nichts. Sie glaubte, seiner nicht würdig zu sein, weil er über materielle Dinge verfügte, die sie nicht besaß. Doch was sie ihm gab, war so unvergleichbar kostbarer. »Jace«, sagte sie mit einem leisen Stöhnen. »Baby, bitte.« Es war das erste Mal, dass sie ein Kosewort gebrauchte, und es gefiel ihm. Es gefiel ihm sogar sehr. Er hatte sich nie als den Typ eingeschätzt, der von seiner Partnerin mit Kosenamen bedacht werden wollte. Selbst hatte er das auch nie zuvor bei einer Frau getan. Doch bei Bethany kamen ihm die Worte leicht über die Lippen. Zärtliche Ausdrücke, die ihm entschlüpften, ehe er es merkte. »Sag das noch mal«, forderte er sie heiser auf. Bethany hob den Kopf, ihre Augen erfüllt von Liebe und Wärme. »Was denn?« »Du hast mich Baby genannt.« Ein Lächeln umspielte ihre Lippen, dann breitete es sich über ihr ganzes Gesicht aus, bis es hell erstrahlte. »Mochtest du es?« »Ja«, brummte er. »Ich mochte es.« »Baby«, sagte sie zärtlich. Jace schloss die Augen und leckte wieder über ihre Schamlippen, weidete sich genüsslich an den Zuckungen, die seine Zunge ihr entlockte. »Sag mir, wie du es willst«, forderte er sie auf. »Möchtest du an meinem Mund kommen, oder willst du mich in dir spüren?« »Ich habe die freie Wahl?« Es klang Belustigung in ihrer Stimme mit, und als Jace den Kopf hob, sah er das neckende Funkeln in ihren Augen. Gott, wie sehr er das hier liebte, diese behagliche, unbefangene Verbindung, die zwischen ihnen entstanden war. Er konnte sich problemlos vorstellen, wie sie sich über Jahrzehnte hinweg auf diese Weise lieben und miteinander lachen würden. »Ja, Baby, du hast die freie Wahl. Kommen wirst du so oder so. Und für mich ist es ebenfalls eine Win-win-Situation. Entweder kommst du auf meiner Zunge – eine Entscheidung, mit der ich definitiv einverstanden wäre –, oder du kommst mit meinem Schwanz, so tief, dass ich bis zu den Eiern in dir stecke. Damit wäre ich erst recht einverstanden.« Bethany lachte vergnügt, dann ließ sie den Kopf wieder aufs Kissen fallen und seufzte wohlig. »Nun, das ist eine schwere Entscheidung, weil deine Zunge unglaublich geschickt ist, andererseits liebe ich es, wenn du in mir bist.« »Sag nichts mehr«, ächzte er und glitt nach oben, bis ihre Lippen auf einer Höhe waren. Er küsste sie, indem er tief mit der Zunge in ihren Mund vordrang und sie von ihrer eigenen Essenz, ihrem süßen Moschus, den er auf der Zunge trug, kosten ließ. »Hilf mir dabei, in dich einzudringen. Leite mich hinein.« Jace konnte fast nicht mehr an sich halten, als Bethany eine Hand um seinen steifen Phallus legte und mit der anderen ihre Schamlippen auseinanderschob, um seine Spitze an ihrer Öffnung zu positionieren. Sie hielt einen Moment inne, dabei strich sie zart mit den Fingerkuppen über seine Hoden, ehe sie sie umfasste und liebkosend massierte, bis Jace vor Verlangen keuchte. Er stand ganz kurz davor zu ejakulieren, ohne sie überhaupt penetriert zu haben. Das war allein Bethanys Werk, sie machte ihn verrückt vor Verlangen. Bei ihr verlor er alle Kontrolle, alle Geduld. Jace schloss die Augen und stützte sich auf die Unterarme, damit sie nicht unter ihm zerquetscht wurde. »Bist du so weit?«, fragte sie. »Machst du Witze?«, entgegnete er stöhnend. Bethany lächelte schelmisch, dann bog sie den Rücken durch und umschloss die ersten zwei Zentimeter seines Glieds. Sie nahm die Hand von seinen Hoden, schlang beide Arme um seine Schultern und zog ihn nach unten, bis er auf ihr lag. »Nimm mich. Mach Liebe mit mir, Jace.« Langsam und zärtlich glitt er tiefer in sie hinein, so weit es nur ging. Sie schlang die Beine um seinen Rücken und bewegte sich im Rhythmus mit seinen Stößen. Er küsste ihre Lippen, dann ging er zu ihrem Mundwinkel über und zog von dort eine heiße Spur bis hinauf zu ihrem Ohr. Er knabberte spielerisch an ihrem Ohrläppchen, dann saugte er es zwischen die Lippen und ahmte die Aufmerksamkeit nach, die er sonst ihren Brüsten zuteilwerden ließ. Sie verflüssigte sich um sein Glied, badete es in der von ihm ausgelösten Flutwelle der Begierde. »Das gefällt meinem Baby also auch«, raunte er. »Mmmm«, machte sie. »Meine Ohren sind sehr empfindlich.« Er leckte über ihr Ohrläppchen, dann zeichnete er die Kontur der Ohrmuschel mit der Zunge nach, bis Bethany vor Wonne erschauderte. Sie zog sich wie eine Faust um ihn herum zusammen und saugte ihn tiefer in sich hinein. »Mein Baby mag das wirklich«, stellte er zärtlich lachend fest. Sie grub die Zähne in seine Schulter, und nun war er derjenige, der von Lustschaudern übermannt wurde, bis er zuckte. »Hmm, und das gefällt meinem Baby«, schnurrte sie zufrieden. »Oh ja, und wie. Ich liebe deine Zähne, deinen Mund, deine Zunge. Jeden Teil von dir, den ich bekommen kann, Baby. Ich liebe alles.« »In dem Fall …« Sie knabberte mit den Zähnen bis hinauf zu seinem Ohr und wieder nach unten. Seine Nervenenden prickelten und sprühten helle Funken. Jace stieß seine Härte tief in sie hinein, dann nahm er sie so heftig, dass er schon Angst hatte, ihr wehzutun. Aber er hatte jede Kontrolle über seinen Körper verloren, der sich instinktiv nahm, was er brauchte, um Erlösung zu finden. »Ich komme gleich«, stieß er hervor. »Jede Sekunde jetzt, Baby. Ich stehe so kurz davor. Lange kann ich mich nicht mehr beherrschen.« Die Hände um seinen Hals gelegt, presste sie ihn an sich und schob das Becken nach oben, als wollte sie noch mehr bekommen. »Ich liebe dich«, wisperte sie, ihr Bekenntnis wie ein zarter Windhauch an seinem Ohr. Sie hatte es gesagt, Gott, sie hatte es gesagt. Es war das Einzige gewesen, das er sich noch von ihr ersehnt, das Einzige, das sie ihm bisher nicht gegeben hatte. Es war der schönste Satz, den er in seinem ganzen Leben gehört hatte. Euphorie erfüllte ihn und breitete sich bis in die verborgensten Winkel seiner Seele aus, vertrieb alle Dunkelheit mit ihrem hellen Glanz. »Bethany«, presste er hervor. »Oh Baby, ich liebe dich auch. Du weißt gar nicht, wie sehr. Komm jetzt mit mir.« »Ich komme bereits.« Ihre süßen Worte, ihr zärtlich gehauchtes Ich liebe dich, das noch immer sein ganzes Bewusstsein ausfüllte, beförderten ihn in den freien Fall. Sein Samen entlud sich mit der Heftigkeit eines Vulkanausbruchs in ihren Schoß, die Hitze und Reibung waren so intensiv, dass es schon fast schmerzhaft war. Jace kam weiter und weiter, sein Orgasmus so unbeherrschbar wie eine Naturgewalt. Er kleidete ihr Innerstes mit der Essenz seiner Erlösung aus, dann tauchte er wieder so tief er konnte in sie ein und blieb so, hielt diese Vereinigung aufrecht, als wollte er ihren Uterus erstürmen. In diesem Moment verfluchte er die Tatsache, dass sie verhüteten. Er verspürte das übermächtige Bedürfnis, sie zu schwängern, ihr ein Baby zu machen. Ein gemeinsames Kind. Einen Sohn oder eine Tochter. Die Vorstellung, wie sie sein Kind unter dem Herzen trug, bewirkte, dass sein Penis weiter erigiert blieb, anstatt zu erschlaffen. Er ließ sich auf sie sinken, ertrank in ihrer köstlichen Weichheit. Wie er es liebte, sie unter sich zu spüren. Wohlig seufzend küsste Bethany die Seite seines Halses, während sie mit den Händen seinen Rücken und seinen Hintern streichelte. »Wenn es nach mir ginge, würde ich für immer in dir bleiben.« Jace spürte, wie sie an seiner Haut lächelte. »Sag es noch mal«, drängte er sie. »Ich will die Worte noch einmal hören, Bethany.« Sie zögerte nicht, denn sie wusste sofort, was er meinte. »Ich liebe dich.« Jace schloss die Augen und atmete tief durch. Er würde nie um mehr bitten als um das hier. Das, was er hier und jetzt in seinen Armen hielt. »Ich liebe dich auch, Baby.« 33 Jace wurde vom Läuten eines Telefons wach. Er schlug die Augen auf, schaute auf seine Armbanduhr und fluchte. Er hatte verschlafen. Selbst auf dem College war er nie zu spät zum Unterricht erschienen. Es war schon nach neun, und er hatte sich bis zu dieser Minute noch nicht mal geregt. Es war erst das zweite Mal, an das er sich erinnern konnte, wo er zu spät und derart benommen aufgewacht war. Und beiden Malen war eine leidenschaftliche Nacht mit Bethany vorausgegangen. Er blickte zu ihrem dunklen Schopf, der auf seiner Schulter ruhte. Auch sie hatte sich bisher nicht gerührt. Nachdem sie unzählige Male Liebe gemacht hatten, waren sie beide in einen erschöpften Schlaf gesunken. Jace hangelte nach seinem Handy auf dem Nachtschrank und stellte fest, dass es sich bei dem Anrufer um Kaden handelte. »Jace Crestwell«, meldete er sich. »Mr Crestwell, es wird Sie bestimmt interessieren, dass Kingston in das Apartment zurückgekehrt ist.« »Er ist jetzt gerade dort?«, fragte Jace leise. »Ja, Sir. Er tauchte vor ein paar Minuten hier auf. Er hat sich mit einem Schlüssel Eintritt verschafft und die Wohnung seither nicht verlassen.« »Sorgen Sie dafür, dass das so bleibt«, wies Jace ihn knapp an. »Ich bin gleich da.« »Verstanden, Sir.« Jace legte auf, als Bethany sich neben ihm regte. Sie hob den Kopf und sah ihn schlaftrunken an. »Ist alles in Ordnung?« Er küsste sie auf die Stirn. »Ich muss für eine Weile weg.« Nach kurzem Zögern fügte er hinzu: »Jack ist wieder in deiner Wohnung.« Ihre Augen wurden wachsam, als sich der schläfrige Nebel von ihnen hob. »Ich werde dich begleiten.« Jace schüttelte den Kopf. »Nein. Ich erledige das allein, Bethany.« Sie wirkte beunruhigt, aber bevor sie sich weiter aufregen konnte, erklärte er mit fester Stimme: »Ich will nicht, dass du in diese Sache verwickelt wirst. Wir hatten eine Abmachung. Du musst mir vertrauen. Ich werde das regeln.« »Okay«, kapitulierte sie. Er küsste sie wieder. »Es kommt alles in Ordnung, Baby. Verlass dich auf mich.« »Das tue ich.« »Und während ich dort bin, arrangiere ich auch gleich, dass deine Sachen hierher gebracht werden.« Bethany biss sich auf die Lippe. »Hast du es dir anders überlegt?«, fragte er misstrauisch. Sie schüttelte den Kopf. »Nein, ich will es. Ich will dich. Und ich vertraue dir, Jace. Bitte denk nicht, dass ich das nicht tue. Aber es ist schwer für mich. Jack ist mir sehr wichtig. Ihr beide seid das. Ich weiß, dass er nicht perfekt ist. Ich weiß, dass er Dinge getan hat, die nicht … gut waren. Aber ich wünsche mir, dass er in Sicherheit ist und die Dinge hat, die die meisten Leute für selbstverständlich halten.« »Das weiß ich, Baby. Mach dir keine Sorgen. Ich rufe dich an, sobald ich das mit Jack geregelt habe. Ist dein Handy geladen?« Sie zuckte mit den Achseln, was er quittierte, indem er die Augen verdrehte. »Ich hänge es ans Ladegerät, bevor ich gehe. Du findest es auf dem Küchentresen.« Jace schob das Laken beiseite und glitt aus dem Bett, doch dann beugte er sich zu ihr, beseelt von dem Wunsch, sie zu küssen, ein letztes Mal die Samtigkeit ihrer Lippen unter seinen zu spüren, bevor er sich um die Angelegenheit mit Jack kümmern musste. Er freute sich nicht darauf, aber für Bethany würde er es tun, auch wenn er Jack am liebsten sagen würde, dass er sich verpissen und von jetzt an von Bethany fernhalten solle. Doch das würde sie ihm niemals verzeihen, und er würde nicht riskieren, sie zu verlieren. Vor allem, da der einzige Preis, den er dafür zahlte, Jack zu helfen, die unangenehme Konfrontation mit ihm war. Aber insgeheim freute er sich darauf. Er wollte mit eigenen Ohren hören, wie Jack zu Bethany stand. Auch wenn sie ihn als ihren Bruder betrachtete, war Jace nicht davon überzeugt, dass der Mann zwingend brüderliche Gefühle für sie hegte. Allerdings würde er das für sich behalten, denn Bethany war in vielerlei Hinsicht – Jack eingeschlossen – naiv, und sie hatte die Situation nie aus einer objektiven Warte betrachtet. Anderseits war Jace in Bezug auf Bethany alles andere als objektiv. »Ich will nicht, dass du dich wegen dieser Sache grämst, Baby. Es wird sich alles zum Guten fügen. Jack kann dich anrufen, und du kannst ihn anrufen. Es stört mich auch nicht, wenn ihr euch trefft, solange Kaden oder Trevor dabei sind, sollte ich verhindert sein.« »Ich danke dir, Jace.« Ihre hellen Augen blickten ihn ernst an. »Das bedeutet mir unendlich viel.« »Ich liebe dich«, sagte er mit rauer Stimme. Ihre Züge wurden weich, als die Besorgnis aus ihnen schwand. Erst da realisierte er, wie beruhigend seine Worte auf sie wirkten, und er gelobte sich sofort hoch und heilig, keinen Tag verstreichen zu lassen, ohne sie zu ihr zu sagen. »Ich liebe dich auch.« Jace verschwand im Bad, bevor er beschließen konnte, Jack Jack sein zu lassen und Bethany wieder auf die Matratze zu drücken, um den restlichen Tag Liebe mit ihr zu machen. Er würde schon jetzt sehr spät zur Arbeit kommen, was unüblich für ihn war. Er wollte Eleanor auf dem Weg nach draußen anrufen und ihr Bescheid geben. Auch wenn Weihnachten gerade erst vorbei war, lief das Geschäft weiter, zudem planten sie mehrere Projekte. Projekte, die seine, Gabes und Ashs permanente Aufmerksamkeit erforderten. Wenn er ehrlich zu sich war – und das war er –, musste er zugeben, dass er sich seit Wochen nicht mehr richtig auf die Arbeit konzentriert hatte. Womöglich würde sie nie wieder seine oberste Priorität werden. Denn jetzt hatte er Bethany, und sie war das Allerwichtigste in seinem Leben. Wichtiger als seine Arbeit, sein Geschäft und auch die Partnerschaft mit seinen beiden besten Freunden. Als Jace fünfundvierzig Minuten später den Apartmentkomplex betrat, erwartete Kaden ihn in der Lobby. »Er ist noch oben?«, erkundigte Jace sich. Kaden nickte. »Ja, Sir. Er ist seit seinem Eintreffen nicht wieder nach unten gekommen.« »Sehr gut. Ich möchte, dass Sie und Trevor ihn auf Schritt und Tritt überwachen. Auch wenn er das Gebäude verlässt. Ich will wissen, wohin er geht, wen er trifft, was er treibt. Vor allem will ich wissen, ob und wann er Bethany kontaktiert, ob er sich mit ihr trifft oder ein Treffen vereinbart. Er darf unter gar keinen Umständen mit ihr allein sein. Ich habe ihr jede Begegnung mit ihm untersagt, falls nicht ich, Sie oder Trevor dabei sind, doch sollte Jack beschließen, sie zu überraschen, erfährt sie das vielleicht erst, wenn er vor ihr steht. Ich möchte, dass Sie das verhindern. Sie muss um jeden Preis vor ihm geschützt werden.« »Verstanden«, erklärte Kaden grimmig. Jace ging zum Aufzug, und Kaden schloss sich ihm an. Er warf dem Bodyguard einen forschenden Blick zu und sah, dass sein Kiefer angespannt war. »Sir, es steht zu befürchten, dass der Mann eine potenzielle Gefahr für Bethany darstellt, und die bevorstehende Konfrontation bedeutet auch für Sie ein Risiko. Ich würde mich besser fühlen, wenn ich bei dem Gespräch dabei sein dürfte. Natürlich werde ich diskret Abstand halten und alles, was ich hören könnte, streng für mich behalten.« Jace musste unwillkürlich grinsen, als sie in den Fahrstuhl stiegen. »Kaden, Sie sind gerade dabei, sich sehr beliebt zu machen.« Schweigend fuhren sie nach oben. Als sie zur Tür des Apartments gelangten, verzichtete Jace darauf, sich anzukündigen, indem er klopfte. Stattdessen benutzte er seinen Schlüssel und trat einfach ein. »Bethy, das wird aber auch Zeit«, rief Jack, der ausgestreckt auf der Couch im Wohnzimmer lag. »Ich dachte schon, ich würde nie mehr in den Genuss des Essens kommen, das du mir versprochen hast.« Dann blickte er auf, und seine Augen wurden schmal und wachsam, als er Jace und Kaden entdeckte. »Wo ist Bethany?«, fuhr er sie an. »In Sicherheit«, beschied Jace ihm knapp. »Und dort wird sie auch bleiben. Wir beide müssen eine kleine Unterredung führen, Jack.« »Du scheinst mir gegenüber im Vorteil zu sein«, sagte Jack gedehnt. »Wer zur Hölle bist du, Mann?« »Ich bin derjenige, der dafür Sorge tragen wird, dass du dich von Bethany fernhältst, du arroganter Wichser.« Jacks Brauen zuckten nach oben. »Dann bist du also ihr neuer Freund. Eine geile Bude hast du Bethy da zur Verfügung gestellt. Echt großzügig von dir.« Sein sarkastischer Tonfall bewirkte, dass sich Jace’ Augen zu schmalen Schlitzen verengten. »Sie wird hier nicht länger wohnen«, informierte er ihn. Mit vor Zorn blitzenden Augen sprang Jack vom Sofa auf. »Was hast du getan, du Arschloch? Hast du sie rausgeworfen? Wenn du ihr wehgetan hast, bringe ich dich um.« Kaden machte mit drohender Miene einen Schritt auf ihn zu, doch als Jace die Hand hob, ging er wieder auf Distanz. »Bethany zieht bei mir ein. Sie wird von jetzt an mit mir zusammenleben.« Irgendeine Emotion huschte durch Jacks Augen. Schmerz? Eifersucht? Sie ließ sich schwer bestimmen, weil er sofort den Blick abwandte. »Das ist gut«, sagte er leise. »Ich habe ihr versprochen, dass sie sich keine Sorgen um mich machen muss. Sie verdient ein besseres Leben.« »Zumindest in dem Punkt sind wir uns einig«, erwiderte Jace barsch. »Also bist du hier, um mich auf die Straße zu setzen?«, wollte Jack mit erneut arrogantem Tonfall wissen. Jace holte tief Luft. Das Wörtchen Ja lag ihm schon auf der Zunge. Am liebsten hätte er ihm befohlen, zu verschwinden und sich nie wieder in Bethanys Nähe blicken zu lassen. Es wäre so leicht. Aber sollte Bethany je davon erfahren, würde sie Jace niemals vergeben, und dieses Risiko würde er nicht eingehen. Er wollte, dass sie glücklich war, doch das würde sie erst sein, wenn sie sich keine Sorgen mehr um ihren verdammten Jack machen musste. »Nein«, sagte er schließlich. »Du darfst in diesem Apartment bleiben. Ich werde Bethanys Sachen in meine Wohnung bringen lassen, der Rest steht dir zur Verfügung.« Jack kniff argwöhnisch die Augen zusammen. »Wo ist der Haken? Es kann nicht sein, dass ein Typ wie du mir einfach so ein Apartment überlässt. Bethany ist dir doch schon sicher. Wieso solltest du das für mich tun?« Seine Brust verkrampfte sich vor wütender Anspannung, als Jace auf ihn zuging. »Lass uns eins klarstellen, Jack. Ich tue das nicht für dich. Ich tue es für Bethany. Sie liebt dich, und sie macht sich Sorgen um dich. Was den Haken betrifft, es gibt keinen, allerdings stelle ich ein paar Bedingungen.« Mit einem schiefen Grinsen ließ Jack sich wieder auf die Couch sinken. »Schieß los.« »Du wirst keine Drogen in dieses Apartment mitbringen«, blaffte Jace. Jack wurde sichtlich blass. »Ja, ich weiß von dem Rucksack. Ich habe ihn, und du wirst ihn nicht zurückbekommen. Ich sollte dich hochkant rausschmeißen, weil du den Stoff in Bethanys Wohnung deponiert hast. Was zum Teufel hast du dir dabei gedacht, ihr Schmerztabletten zu geben, obwohl du verdammt genau weißt, dass sie früher davon abhängig war? Was für ein Drecksack muss man sein, um das jemandem anzutun, den man eigentlich beschützen sollte?« Jack schluckte hörbar und wurde noch blasser um die Nase. »Ich muss diesen Rucksack zurückhaben. Du verstehst es nicht. Ich bin ein toter Mann, wenn ich ihn nicht wiederbekomme. Ich habe ihn nur hiergelassen, weil es sicherer war.« »Sicherer für dich vielleicht, du Penner. Aber bestimmt nicht für Bethany. Sie hätte für dich in den Knast gehen können.« Jack sprang wieder auf die Füße. »Ich brauche diese Tasche unbedingt. Ich muss sie wo abliefern. Danach wirst du diesen Scheiß nie wieder bei mir sehen. Das schwöre ich. Ich bringe keine Drogen mit in die Wohnung und auch nicht in Bethanys Nähe. Ich ziehe einen Schlussstrich. Aber wenn ich diesen Rucksack morgen nicht abgebe, ist mein Leben keinen Pfifferling mehr wert.« »Nenn mir einen verfluchten Grund, warum ich dir den Stoff zurückgeben sollte«, verlangte Jace zähneknirschend. Jack schnitt eine Grimasse, dann wandte er den Blick ab. »Weil sie von Bethany wissen.« Blind vor Zorn warf Jace sich auf ihn und packte ihn mit beiden Fäusten am Ausschnitt seines zerlumpten T-Shirts. Er schleuderte ihn zurück auf die Couch, dann beugte er sich über ihn, bis sein Gesicht nur noch wenige Zentimeter von Jacks entfernt war. »Was zur Hölle hast du getan?« Jack schloss die Augen. »Ich musste ihnen etwas geben, das sie als Druckmittel gegen mich einsetzen können, und Bethany ist das Einzige, was ich habe. Der einzige Mensch, der mir etwas bedeutet.« Ein bedrohliches Knurren hallte durch das Zimmer, und Jace brauchte einen Moment, um zu kapieren, dass es von Kaden kam, der wutschnaubend nur einen Schritt von ihm entfernt stand. »Du verkommener Bastard«, zischte Jace. »Gib mir einfach nur die Tasche, dann verschwinde ich aus ihrem Leben«, beschwor Jack ihn. »Du wirst mich nie wiedersehen oder von mir hören.« Jace versetzte ihm einen derart brutalen Stoß, dass Jacks Hals nach hinten gegen die Sofalehne knallte und sein Kopf auf und ab ruckte. »Du könntest mir keinen größeren Gefallen tun, als dich zu verpissen und ein für alle Mal aus Bethanys Leben zu verschwinden, aber das würde ihr wehtun, und sie ist das Einzige, was für mich zählt. Denk ein einziges Mal an jemand anderen als nur an dich.« Jace’ Stimme triefte vor Verachtung. »Ich denke ja an sie«, verteidigte Jack sich. »Aber sie hat jetzt dich. Sie braucht mich nicht länger, sie hat mich nie gebraucht. Sie redet sich gern ein, dass ich mich um sie gekümmert habe, doch das stimmt nicht. Es war immer andersrum. Sie verdient etwas Besseres als ein Leben auf der Straße mit einem Wrack wie mir.« Jace richtete den Blick auf Kaden. »Könnten Sie zu meiner Wohnung fahren und die Tasche holen? Ich möchte nur, dass Sie sie ihm hierher zurückbringen. Danach ist er auf sich allein gestellt. Ich will nicht, dass Sie in die Sache verwickelt werden. Und ich will nicht, dass dieser Scheiß hierbleibt. Sollte der Rucksack nicht direkt nach der Übergabe verschwunden sein, möchte ich, dass die Polizei eingeschaltet wird.« Kaden nickte, und Jack erbleichte von Neuem. »Betrachten Sie es als erledigt, Sir«, sagte Kaden knapp. Er hatte während des gesamten Wortwechsels Jack mit den Augen durchbohrt und nicht einmal Jace angesehen. »Du kannst hier wohnen«, sagte Jace zu Jack. »Du darfst mit Bethany telefonieren. Du darfst sie treffen. Aber nur, wenn Kaden, Trevor oder ich dabei sind. Solltest du Drogen in dieses Apartment schmuggeln oder Bethany damit konfrontieren, werde ich dich so schnell hinter schwedische Gardinen bringen, dass dir Hören und Sehen vergeht. Ist das klar?« Jack nickte. »Solltest du Bethany je wieder Drogen anbieten, reiße ich dir deinen gottverdammten Arsch auf. Ist das ebenfalls klar?« »Ja«, murmelte Jack. »Ich muss jetzt ins Büro«, sagte Jace zu Kaden. »Ich werde Ihnen einen Wohnungsschlüssel geben und Bethany Bescheid sagen, dass Sie vorbeikommen. Ich möchte nicht, dass sie irgendetwas von dem hier erfährt. Holen Sie einfach nur den Rucksack. Er steht gleich hinter der Tür auf dem Fußboden.« Kaden nickte, dann fing er den Kartenschlüssel für den Fahrstuhl auf, den Jace ihm zuwarf. Anschließend richtete Jace den Blick wieder auf Jack. Er betonte jedes einzelne Wort, als er sagte: »Du kannst hier wohnen, aber das ist kein Freifahrtschein. Krieg dein Leben auf die Reihe, und such dir einen Job. Es ist mir scheißegal, was für einen. Ich werde für die Nebenkosten aufkommen und zweimal wöchentlich Lebensmittel liefern lassen. Alles andere ist deine Angelegenheit.« »Sei gut zu ihr«, bat Jack ihn leise. Da war wieder dieses Flackern in seinen Augen, das Jace verriet, dass Bethany mehr für ihn war als eine Schwester. »Du solltest dir klarmachen, dass das mit Bethany und mir keine flüchtige Affäre ist«, sagte er, sich nicht darum scherend, dass er grausam war. Jack musste begreifen, welche Rolle Jace in Bethanys Leben spielte und dass sie niemals eine Option für Jack sein würde. »Ja, ich verstehe«, nuschelte Jack. »Ich wusste immer, dass ich keine Chance bei ihr habe, trotzdem hat sie immer zu mir gehört.« »Jetzt nicht mehr. Sie gehört mir, und ich beschütze, was mir gehört. Solltest du je versuchen, ihr wehzutun, werde ich dich zertreten wie einen Käfer.« »Mach sie einfach nur glücklich. Mehr verlange ich nicht.« »Du kannst sie glücklich machen, indem du dein Leben auf die Reihe kriegst«, konterte Jace. Ein düsterer Ausdruck der Resignation trat in Jacks Augen. Zum ersten Mal erhaschte Jace einen Blick auf die Dämonen, die den Mann beherrschten. Es waren dieselben Dämonen, die auch Bethany früher in ihren Klauen gehalten hatten. »Ich werde es versuchen«, versprach er tonlos. 34 Jace und Bethany verbrachten Silvester zusammen mit Gabe, Mia und Ash. Das Zusammentreffen war diesmal nicht mehr so peinlich für Bethany, trotzdem behielt Jace sie ganz genau im Auge. Sie war in beständiger Sorge um Jack, und Jace verfluchte den selbstsüchtigen Mistkerl dafür, dass er ihr das zumutete. Am Tag nachdem Jace ihm den Rucksack zurückgegeben hatte, war Jack verschwunden und seither nicht mehr in dem Apartment aufgetaucht. Er hatte Bethany auch nicht angerufen oder sonst irgendwie versucht, Kontakt zu ihr aufzunehmen. Jace wusste das, weil Trevor das Apartment observierte, während Kaden Bethany aus sicherer Entfernung beschattete. Jace hatte Kaden klipp und klar angewiesen, Jack bei jedem seiner Schritte zu beobachten, doch er musste bemerkt worden sein, denn Jack hatte seine Spuren bei seinem Verschwinden sorgfältig verwischt. Während Jack also trieb, was immer er so trieb, geriet Bethany allmählich außer sich vor Sorge. Jace hatte sich von Gabe, Mia und Ash Rückendeckung geholt, um Bethany einen entspannten, heiteren Silvesterabend zu bescheren. Sie hatten sich in Jace’ Wohnung versammelt, weil er dachte, dass sie sich vielleicht wohler fühlen würde, wenn sie ihre Gäste zu sich nach Hause, in Bethanys vertrautes Umfeld, einluden. Er hatte nicht nur die gesamte Palette an Bethanys Fingerfood-Favoriten geordert, sondern auch dafür gesorgt, dass reichlich Traubenkirschlimonade – Mias bevorzugte Sorte – vorhanden war und entdeckt, dass Bethany sie auf Anhieb mochte. Er machte sich sofort eine geistige Notiz, sie künftig häufiger zu bestellen. »Ich wollte, dass ihr die Ersten seid, die es erfahren«, verkündete Gabe, sobald sich das Stimmengewirr gelegt hatte. Jace wandte die Aufmerksamkeit seinem zukünftigen Schwager zu. Gabe und Mia saßen auf dem Zweiersofa, während Jace und Bethany sich auf die große Couch kuschelten. Ash hatte es sich auf dem Sessel daneben bequem gemacht. Nachdem sie sich ordentlich die Bäuche vollgeschlagen hatten, waren sie ins Wohnzimmer gegangen, um sich bei Drinks zu entspannen und vor dem laufenden Fernseher darauf zu warten, dass auf dem Times Square die Kugel herabgelassen wurde. Mia hatte vorgeschlagen, sich das Ereignis live vor Ort anzusehen, aber Gabe und Jace hatten ihr Veto eingelegt, da sie sich nicht in das Menschengedränge stürzen wollten. Hinzu kam, dass Jace kein Risiko hinsichtlich Bethanys Sicherheit eingehen würde, solange er nicht wusste, wo Jack steckte oder ob er die Sache mit den Drogen aus der Welt geschafft hatte. Gabe schaute Mia liebevoll an, und sie erwiderte seinen Blick mit vor Aufregung funkelnden Augen. »Wir haben endlich ein Datum festgesetzt«, sagte Gabe nach einer längeren Pause. »Genauer gesagt, hat Mia es festgelegt«, fügte er trocken hinzu. Mia knuffte ihn tadelnd, und Gabe lachte, dabei massierte er sich die Stelle in gespieltem Schmerz. Bethany lächelte und lehnte sich gespannt nach vorn. »Das ist ja wunderbar.« »Aber sie lässt mich bis April warten«, stöhnte Gabe. »Sie will eine Frühlingshochzeit. Ich habe sie davon zu überzeugen versucht, morgen mit mir durchzubrennen, um Neujahr in Vegas zu heiraten. Ich kann mir keinen besseren Start ins Jahr vorstellen, als die Frau, die ich liebe, offiziell zu meiner zu machen.« Mias Gesicht wurde ganz weich, als sie Gabe ansah. Jace fühlte, wie sich seine Brust zusammenzog. Er schmiegte Bethany mit dem Rücken an sich und verstärkte seine Umarmung. Er genoss das hier, dieses entspannte Beisammensein mit seiner Familie. Mit den Menschen, die ihm auf dieser Welt am meisten bedeuteten. Während er die Frau seines Herzens in den Armen hielt und seine Schwester und den Mann beobachtete, der sie über alle Maßen liebte und vergötterte. Das Einzige, was fehlte, war … Ash. Nicht, dass er nicht anwesend gewesen wäre, aber er stach durch seinen Junggesellenstatus heraus. Er war der einzige Single in der Gruppe. »Du hast ein sehr romantisches Argument für deine Idee, durchzubrennen, angeführt«, sagte Mia. Gabes Augen glitzerten durchtrieben. »Heißt das, du ziehst es in Erwägung? Ich könnte den Flieger auftanken und in einer Stunde startklar machen lassen.« Sie boxte ihn wieder und verdrehte die Augen. »Nein, ich will eine echte Hochzeit, bei der mein Bruder mich dir zuführt. Mit allem Drum und Dran.« Ihre Miene wurde sehnsüchtig. »Ein märchenhaftes Kleid und eine himmlische Torte. Und alle sollen dabei sein, wenn ich Mrs Gabe Hamilton werde.« Gabe gab seinen neckenden Ton auf und wurde ernst. »Und ich möchte, dass du alles bekommst, wovon du träumst. Das Einzige, was für mich dabei herausspringen muss, ist, dass du meine Frau wirst. Alles andere ist nur der Zuckerguss auf der Torte, die du dir vorstellst.« Als sie den Hals reckte, um ihn zu küssen, schaute Jace Ash an und verdrehte die Augen. Der schüttelte zur Antwort nur den Kopf. »Das heißt, dass wir die nächsten vier Monate diesem Süßholzgeraspel ausgesetzt sein werden«, stöhnte er. Gabe lachte, während Mia einen bösen Blick in Jace’ und Ashs Richtung abfeuerte. Dann wandte sie ihre Aufmerksamkeit Bethany zu. »Ich möchte, dass du eine meiner Brautjungfern wirst, Bethany«, sagte sie sanft. Bethany verspannte sich an Jace’ Brust und öffnete überrascht den Mund. Sie schien so verwirrt zu sein, dass ihr die Worte fehlten. Jace drückte sie beruhigend an sich. »Aber du kennst mich doch kaum«, stammelte sie schließlich. »Bitte, fühl dich nicht dazu verpflichtet, nur weil ich mit Jace zusammen bin.« Mia lächelte. »Das tue ich nicht. Ich möchte es wirklich. Gabe zufolge ist es mein großer Tag, und jedes Mädchen sollte an seinem großen Tag alles genau so haben, wie es sich das vorstellt. Und ich möchte dich an meiner Seite wissen.« Bethanys Wangen röteten sich, aber ihre Augen strahlten vor Freude über Mias Einladung. Jace hätte seine Schwester umarmen können, weil sie Bethany das Gefühl gab, wichtig zu sein und dazuzugehören. »Dann nehme ich gern an«, sagte Bethany leise. Mia strahlte sie an. »Und da ich gerade schon mal das Kommando habe – meine Freundinnen und ich gehen diese Woche aus, und zwar ins Vibe.« Noch ehe sie weitersprechen konnte, stöhnten Gabe und Jace wie aus einer Kehle. »Pscht, ihr zwei!«, tadelte Mia sie, dann guckte sie Bethany entschuldigend an. »Also, wie ich schon sagte, gehen meine Mädels und ich tanzen, und wir würden uns freuen, wenn du mitkommst.« Bethany schaute hastig zu Jace, als wollte sie sich seiner Zustimmung versichern. Er quittierte das mit einem Stirnrunzeln. »Natürlich kannst du mitgehen«, sagte er so leise, dass die anderen es nicht hörten. »Du musst mich nicht um Erlaubnis fragen.« Ihr Blick drückte aus, dass sie sich nur an die Regeln hielt, die sie miteinander vereinbart hatten. Jace liebte sie dafür, dass sie ihm so bereitwillig die Macht und die Kontrolle überließ. Aber er würde das nicht missbrauchen, sondern war bereit, ihr die Sterne vom Himmel zu holen, wenn sie das wollte. Abgesehen davon hatte er ja schon im Vorfeld von Mias Plan, Bethany zu einem Mädelsabend einzuladen, gewusst. Als er ihr die Situation mit Jack erklärt hatte und wie besorgt Bethany deswegen war, hatte seine Schwester die Gelegenheit genutzt, um zu verkünden, dass Bethany unbedingt mal mit ihr und ihren Freundinnen losziehen müsse. »Das würde ich sehr gern«, erwiderte Bethany. Mia strahlte vor Freude. »Gut. Das wäre also abgemacht. Übermorgen Abend gehen wir zusammen in den Klub. Ich komme vorbei und hole dich hier in Jace’ Wohnung ab, dann laden wir auf dem Weg dorthin die anderen Mädchen ein. Gabe stellt uns für den Abend einen Fahrer.« »Verdammt richtig«, grummelte Gabe. »Das Letzte, was ich brauche, ist eine Horde betrunkener Hühner, die durch Manhattan torkeln.« Ash lachte. »Was du nicht sagst.« »Es ist unsere Wohnung, Mia«, korrigierte Jace sie nachsichtig. »Bethanys und meine. Nicht meine allein.« Mia errötete und sah Bethany betroffen an. »Aber natürlich! Ich bin es einfach gewohnt, sie so zu nennen. Bitte entschuldige, Bethany. Es war keine böse Absicht.« Bethany stand die Verlegenheit ins Gesicht geschrieben, und sie warf Jace einen solch tadelnden Blick zu, dass er grinsen musste. Er verspürte nicht den Anflug von schlechtem Gewissen, weil er die anderen an Bethanys Platz in seinem Leben erinnert hatte. »Mach dir keine Gedanken, Mia. Ich wusste, was du meinst«, beschwichtigte Bethany sie. »Oh, seht mal!«, sagte Mia aufgeregt. »Es ist fast Mitternacht. Der Countdown läuft.« Sämtliche Augenpaare richteten sich gerade noch rechtzeitig auf den Fernseher, um die Uhr den Jahreswechsel verkünden zu sehen. »Frohes neues Jahr!«, rief Mia. »Frohes neues Jahr«, stimmte Ash mit ein und erhob sein Glas zum Toast. »Frohes neues Jahr«, echote Gabe. Jace lehnte sich vor und küsste Bethany sanft auf die Lippen. »Frohes neues Jahr, Baby.« »Das wünsche ich dir auch«, flüsterte sie und erwiderte seinen Kuss. »Willst du wissen, wie ich den Neujahrstag zu verbringen gedenke?«, flüsterte er. »Wie denn?« »Ich werde Liebe mit dir machen. Es heißt, dass man das, was man an Neujahr tut, das ganze restliche Jahr tun wird.« Bethany lächelte. »Echt?« »Ja, so sagt man.« »In dem Fall bin ich unbedingt dafür«, sagte sie und küsste ihn wieder. »Dann sind wir einer Meinung.« »Und da soll noch mal einer behaupten, wir seien schlimm«, grummelte Mia und holte Jace damit zurück in die Gegenwart, bevor er sich vollends in dem Kuss verlieren konnte. Er warf seiner Schwester einen schelmischen Blick zu. »Oh, bitte. Niemand ist schlimmer als du und Gabe.« Gabe wirkte amüsiert, sagte jedoch nichts. »Versucht mal, euch in meine Lage zu versetzen«, brummte Ash. »Ich fühle mich, als wäre ich in einem Pärchenklub gelandet.« »Dann such dir endlich eine Freundin«, schlug Mia ungerührt vor. Ash verdrehte die Augen und leerte sein Weinglas. »Was das betrifft, habe ich keine Eile, Süße. Und welche vernünftige Frau würde schon in meine irre Familie einheiraten wollen?« Mia schnappte nach Luft. »Hat er uns gerade beleidigt?« Jace lächelte und liebte sie in diesem Moment noch ein Stückchen mehr. Ash schien einen Moment verwirrt zu sein, dann erhellte ein warmes Lächeln sein Züge, und seine Augen schimmerten vor Zuneigung. Mia hatte ihn gerade nachdrücklich daran erinnert, dass sie seine Familie waren. Nicht sein Vater, seine Mutter oder seine durchgeknallten Geschwister. Hier, in diesem Wohnzimmer, war Ashs echte Familie versammelt. Die, die ihn rückhaltlos unterstützte. »Nein, ihr wart auf keinen Fall gemeint«, sagte Ash. »Aber danke für die Gedächtnisstütze, Kleines.« Bethany betrachtete die anderen mit einem Ausdruck, der an Staunen grenzte. Ihr Lächeln war von schmerzhafter Sehnsucht erfüllt. Nach dem, was die anderen teilten. Diesem unzerreißbaren Band. Einem Band, an das auch sie jetzt geknüpft war, auch wenn sie es noch immer nicht ganz glauben konnte. »Sie sind inzwischen auch deine Familie«, raunte Jace ihr ins Ohr. Sie wandte sich ihm zu, und zum ersten Mal seit Tagen schimmerten ihre Augen vor Glück. Sie waren strahlend hell und nicht mehr von Traurigkeit und Sorge umwölkt. »Ja«, stimmte sie ihm leise zu. »Ich schätze, das sind sie jetzt.« Er drückte sie an sich und küsste sie leidenschaftlich. »Das fühlt sich doch gut an, oder?« »Besser als alles andere sogar. Ich hätte mir nie träumen lassen, das je zu haben. Und ich kann es noch immer nicht fassen. Jeden Morgen beim Aufwachen muss ich mich kneifen, um zu glauben, dass es die Realität ist und nicht irgendein versponnener Traum.« Jace lächelte sie an, und seine Brust zog sich vor Liebe zusammen. »Glaub es ruhig, Baby. Es ist die Realität, und sie gehört dir.« 35 »Ich fühle mich so schuldig«, bekannte Bethany. Mia, die neben Bethany in der Limousine saß, schaute mit fragender Miene zu ihr rüber. Bethany seufzte. »Ich habe keine Ahnung, wo Jack steckt. Ob er tot ist oder am Leben, ob er hungert oder friert. Und trotzdem mache ich weiter, als wäre nichts, gehe mit dir und deinen Freundinnen aus. Es kommt mir so … kalt und herzlos vor.« Mia griff nach Bethanys Hand und drückte sie. »Ach, Liebes, du bist alles andere als kalt und herzlos. Gönn dir eine Verschnaufpause. Jack ist ein erwachsener Mann. Er trifft seine Entscheidungen, ob sie nun falsch oder richtig sind, und du musst das akzeptieren. Du kannst sein Leben nicht für ihn in die Hand nehmen und ihn zwingen, das Richtige zu tun. Was du stattdessen tun solltest, ist, dich auf dein eigenes Leben zu konzentrieren und deine Entscheidungen ohne schlechtes Gewissen fällen.« Verblüfft darüber, wie viel Einfühlungsvermögen Mia besaß, sah Bethany sie blinzelnd an. »Ich bin eine Idiotin.« Mia lachte. »Zuerst bist du kalt und herzlos, und jetzt bezeichnest du dich als Idiotin?« Bethany holte tief Luft. »Du hast recht. Ich weiß, dass du recht hast. Jace hat mir dasselbe gesagt, nur habe ich nicht darauf gehört. Und jetzt sagst du es, und plötzlich macht es weitaus mehr Sinn.« »Das liegt daran, dass ich klüger bin als Jace«, behauptete Mia vergnügt. Lächelnd stellte Bethany fest, dass ihr leichter ums Herz war als seit einer ganzen Woche. »Danke, dass du mich heute Abend mitnimmst«, sagte sie und schloss Mia impulsiv in die Arme. Mia erwiderte die Geste voller Herzlichkeit. »Danke, dass du meinen Bruder glücklich machst.« Bethany löste sich von ihr und verzog kläglich den Mund. »Ich hoffe nur, dass mir das auf Dauer gelingt. Weil ich ihn nämlich liebe.« »Und er liebt dich«, stellte Mia sachlich fest. »Das ist völlig offensichtlich. Ich habe ihn noch nie so sehr aus dem Häuschen wegen einer Frau erlebt. Es ist wirklich erstaunlich zu beobachten!« Der Wagen blieb vor einem anderen Apartmentkomplex stehen, vor dem vier Frauen warteten. Mia stieg aus und zog Bethany mit. »Ich werde das hier schnell über die Bühne bringen. Es ist bitterkalt!«, verkündete Mia. »Bethany, ich möchte dir die besten Freundinnen der Welt vorstellen: Caroline, Chessy, Gina und Trish. Mädels, das ist Jace’ Freundin Bethany.« »Ach, verdammt. Mia, du brichst mir das Herz«, stöhnte Chessy melodramatisch. Bethany guckte die hübsche Frau verwirrt an. Mia lachte. »Sie steht schon lange auf Jace. Es bringt sie um, dass er jetzt vom Markt ist.« Bethany lachte fröhlich. »Oh, das tut mir leid. Nun ja, nicht wirklich.« Die anderen stimmten in ihr Lachen ein. »Mir täte es auch nicht leid«, warf Trish ein. »Jace ist ein feiner Kerl. Du kannst dich glücklich schätzen, Bethany.« »Was ist mit Ash?«, fragte Gina hoffnungsvoll. »Ist er damit auch vom Markt?« Mias Augen weiteten sich. »Großer Gott, nein! Bethany ist nur mit Jace zusammen!« Heiße Röte überzog Bethanys Wangen. Allem Anschein nach wussten sie alle von Jace’ und Ashs Vorliebe für flotte Dreier. Und jetzt dachten sie, sie habe sich mit beiden eingelassen. Aber sie würde um keinen Preis der Welt gestehen, dass sie tatsächlich mit beiden Männern geschlafen hatte. Die anderen Mädchen guckten sie ehrfürchtig an. »Verdammt«, entfuhr es Caroline. »Jace ist jetzt auf Solopfaden unterwegs. Du musst seine Welt wirklich aus den Angeln gehoben haben.« »Okay, jetzt hört auf, Bethany mit den sexuellen Eskapaden meines Bruders zu martern«, befahl Mia. »Lasst uns einsteigen, und dann auf ins Vergnügen!« »Ich bin dabei«, verkündete Chessy. »Caro, arbeitet Brandon heute Nacht?« Carolines Gesicht begann zu leuchten. »Ja, und er hat versprochen, gut auf uns aufzupassen.« Die anderen schnaubten vielsagend, als sie in die Limousine stiegen. »Caros Freund arbeitet als Rausschmeißer im Vibe«, erklärte Mia. »Sie wohnen inzwischen zusammen, und er hat einen ausgeprägten Beschützerinstinkt ihr gegenüber, und, nun ja, uns gegenüber auch, wenn wir ausgehen. Wir müssen uns keine Sorgen machen, dass uns irgendjemand zu sehr auf die Pelle rückt. Brandon hat seinen Kollegen dort Bescheid gesagt, dass wir kommen, und das heißt, wir kriegen das volle VIP-Programm. Was immer wir wollen, wir bekommen es, und alle passen auf uns auf. Gabe hat Brandon dieses Versprechen abgenommen, bevor er eingewilligt hat, uns wieder in den Klub gehen zu lassen.« Bei den letzten Worten verdrehte sie die Augen, und die anderen begannen zu kichern. »Ich möchte auch einen von diesen überfürsorglichen Männern«, sagte Chessy schmachtend. »Es muss schön sein, so einen wilden Neandertaler zum Beschützer zu haben. Außerdem sollen sie Granaten im Bett sein, zumindest behaupten das Mia und Caroline.« Sie beugte sich vor, bis ihre Nase fast gegen Bethanys stupste. »Du musst uns unbedingt davon berichten, was für ein großartiger Liebhaber Jace ist. Du hast ja keine Ahnung, wie viel Zeit wir schon damit verbracht haben, über diese spezielle Unbekannte zu spekulieren.« »Und bitte sag nicht, dass er nur auf langweiligen Blümchensex steht«, meinte Gina und schüttelte sich. »Falls es doch so sein sollte, dann lüg uns an und lass uns unsere Illusion noch eine Weile.« Bethany brach wieder in Lachen aus. »He, Mädels!«, fauchte Mia. »Gönnt ihr eine Atempause. Ihr verschreckt sie ja, noch ehe wir beim Klub ankommen. Sollte sie einen Rückzieher machen und Jace diesen ganzen Mist erzählen, wird er sie nie wieder mit uns ausgehen lassen!« »Wirf uns wenigstens einen Knochen hin«, bettelte Trish. Bethany grinste. »Er steht nicht auf langweiligen Blümchensex.« Es ertönte ein mehrstimmiges Stöhnen. »Das ist gemein. Uns etwas unter die Nase zu halten, das wir nie haben werden.« Bethany entspannte sich und ließ sich genüsslich auf etwas ein, das sie nie zuvor gekannt hatte. Freundinnen. Kameradschaft. Es waren immer nur sie und Jack gewesen. Niemand anders hatte ihr je nahegestanden, aber jetzt wollte sie das hier haben. Freundschaften. Diesen Mädelsabend. Es machte Spaß. Als der Wagen vor dem Nachtklub hielt, wurde die Tür geöffnet und ein bildhübscher, südamerikanisch aussehender Mann mit modischem Spitzbärtchen reichte Caroline die Hand, um ihr beim Aussteigen behilflich zu sein. Er schloss sie sofort in seine muskulösen Arme und gab ihr einen Kuss, der die anderen veranlasste, sehnsüchtig zu seufzen und durch die Zähne zu pfeifen. »Verflixt«, murmelte Chessy. »Jetzt bin ich richtig neidisch.« »Das ist wohl ihr Freund«, mutmaßte Bethany. Mia lächelte. »Ja, das ist Brandon. Er ist bis über beide Ohren in Caro verschossen, und sie in ihn.« »Ladies«, sagte Brandon und streckte ihnen die Hand entgegen, nachdem er Caroline freigegeben hatte. »Ab ins Warme mit euch. Euer Tisch wartet bereits, und ihr habt eure eigene Bedienung für heute Abend. Die Jungs werden auf euch aufpassen, und sollte es irgendwelche Probleme geben, wendet euch an mich. Dann kümmere ich mich darum.« »Heiliger Strohsack«, wisperte Bethany. »Der Typ ist ganz schön heiß!« »Als hättest du nicht selbst so einen zu Hause«, grummelte Gina und nahm Brandons Hand. Nachdem sie eine nach der anderen ausgestiegen waren, eskortierte Brandon sie nach drinnen. Musik schallte von den Wänden wider, und die kaskadierenden Neon- und Stroboskoplichter taten Bethany fast in den Augen weh. Sie war nicht zum ersten Mal in einem Klub. In ihren Tagen bedeutungsloser sexueller Abenteuer hatte sie auf diese Weise jede Menge Männer kennengelernt. Für einen Moment raubte ihr die leidvolle Erinnerung den Atem, während sie von Scham übermannt wurde. Die Klubs, die sie frequentiert hatte, waren nicht so edel wie dieser hier gewesen, sondern zwielichtige Kneipen und Diskotheken, in der Frauen wie sie Typen für eine Nacht aufrissen. »Was ist los?«, brüllte Mia ihr ins Ohr. Bethany lächelte. »Nichts. Gar nichts.« Sie verjagte die Vergangenheit aus ihren Gedanken, fest entschlossen, sich davon nicht den schönen Abend verderben zu lassen. Sie war inzwischen ein anderer Mensch. Sie hatte jetzt Jace. Jace, der von ihrem früheren Leben wusste und sie trotzdem akzeptierte. Sie musste dorthin nicht zurück, sondern konnte endlich die Person sein, von der sie immer geträumt hatte. Als sie ihren Tisch erreichten, tauchte unverzüglich eine lächelnde Kellnerin auf, und Bethany bemerkte, dass zwei Rausschmeißer in der Nähe ihres Tischs Stellung bezogen. Brandon hatte nicht zu viel versprochen, als er sagte, dass man auf sie aufpassen würde. Als die Bedienung sich an Mia und Bethany wandte, legte Bethany ihre Hand auf Mias. »Lass uns einen Drink nehmen. Ich weiß, du wolltest Wasser mit mir trinken, aber warum sollen wir nicht ein bisschen Spaß haben?« Mia wirkte besorgt. »Bist du sicher? Mir macht es nichts aus, Sprudel mit dir zu trinken.« »Ich war nie alkoholabhängig«, beschwichtigte Bethany sie. »Ich weiß, dass Jace deswegen Befürchtungen hegt, aber das muss er nicht. Ich bin nicht mehr der Mensch von früher. Und ich freue mich so sehr, dass du mich eingeladen hast, mit dir und deinen Freundinnen auszugehen. Lass uns eine gute Zeit haben. Du sagtest, wir werden später abgeholt?« Mia grinste. »Da kannst du die Uhr nach stellen. Verlass dich drauf, dass Gabe in ein paar Stunden auftaucht. Er ist noch immer angefressen wegen dem einen Mal, als ich mit den Mädels ausgegangen und anschließend sturzbetrunken allein mit dem Taxi heimgefahren bin. Es stört ihn nicht, dass ich trinke, aber er besteht darauf, mich abzuholen.« »Dann lass es uns tun!«, beharrte Bethany. Mia wandte sich an die Kellnerin. »Ich hätte gern einen Cosmo. Was möchtest du, Bethany?« »Einen Amaretto Sour, bitte.« Als die Frau wenige Minuten später mit dem Getränketablett zurückkam, nahm Mia ihr Glas und prostete den anderen zu. »Hoch die Tassen, Mädels. Heute Nacht werden wir uns amüsieren.« »Und uns zulaufen lassen«, ergänzte Gina und hob ihr Glas. Bethany beteiligte sich an dem Spaß, indem sie mit den anderen anstieß. Alle lachten, dann schütteten sie ihren ersten Drink runter. Das süße Getränk traf auf Bethanys Zunge und sengte sich eine warme Schneise bis in ihren Magen. Sie setzte das leere Glas ab, als die Kellnerin zu ihrer Überraschung auch schon die nächste Runde servierte. Mia lachte. »Sie kümmert sich immer um unseren Tisch, wenn wir hier sind, und sie weiß, dass wir anstoßen und den ersten Drink auf ex leeren, darum gibt sie immer gleich eine Doppelbestellung auf. Sie kennt uns.« »Das gefällt mir«, sagte Bethany und schnappte sich ihr zweites Glas. »Lasst uns tanzen!«, forderte Chessy die Runde auf. »Die Nacht ist jung, und die Kerle warten.« »Du kannst mit mir tanzen«, rief Mia Bethany über die laute Musik hinweg zu. »Besser gesagt, du, Caro und ich werden uns abwechseln. Brandon würde einen Koller kriegen, wenn sie mit einem anderen Mann tanzen würde. Die anderen können es krachen lassen.« »Klingt gut!«, rief Bethany zurück. Sie drängten sich auf die Tanzfläche, und Bethany ließ sich von der Musik mitreißen. Für ein paar Stunden konnte sie Jack und ihre Sorge um ihn vergessen. Sie schwelgte in dem unbekannten Gefühl, Freundinnen und Spaß und einen wundervollen, liebenden Mann zu haben, der sie am Ende des Abends zu Hause erwarten würde. Lachend und völlig befreit tanzten sie, Mia und Caroline, in engem Kreis. Sie blieben dicht zusammen, während sie sich, mit den anderen Tanzenden schäkernd und kollidierend, zum frenetischen Rhythmus der Musik bewegten. Nach vier Songs kehrten sie zu ihrem Platz zurück, wo bereits frische Drinks auf sie warteten. Brandon stand neben dem Tisch und hatte ein belustigtes Funkeln in seinen dunklen Augen. Er legte den Arm um Caroline und schmiegte sie besitzergreifend an sich. »Baby, ich muss dich warnen. Wenn du und deine Mädels dieses sexy Pogewackel nicht sein lasst, werden die Jungs und ich Probleme bekommen, euch die Kerle vom Hals zu halten.« Lachend reckte Caroline ihm das Gesicht entgegen, damit er sie küssen konnte. »Ich muss jetzt meine Runde drehen. Ich werde später wieder nach euch sehen.« Er küsste sie, aber es war kein einfacher Schmatzer, sondern ein höllisch sinnlicher Zungenkuss, mit dem er sein Revier markierte. Bethany ließ sich nicht zum Narren halten. Brandon tat das absichtlich, um jeden wissen zu lassen, dass Caroline ihm gehörte und niemand sonst sie anzufassen hatte. Sein athletischer Körperbau trug sein Übriges bei. Niemand, der bei vollem Verstand war, würde sich auf eine Schlägerei mit ihm einlassen. Caroline seufzte, und ihre Augen hatten diesen verschleierten Blick, allerdings lag es nicht am Alkohol, dass sie leicht betrunken wirkte. »Er ist einfach unglaublich«, rief sie Mia und Bethany zu. »Das ist uns nicht entgangen«, antwortete Mia. »Trinkt aus«, forderte Caroline sie auf. »Tina ist schon mit Nachschub unterwegs. Hier wird kein Alkohol vergeudet!« Mia und Bethany lachten, dann leerten sie zügig ihre Gläser. Zwei Stunden später spürte Bethany den Alkohol deutlich und kicherte wie verrückt über alles, was die Mädchen sagten. Sie tanzten ausgiebig, gebärdeten sich dabei zunehmend aufreizender und kehrten immer wieder an ihren Tisch zurück, um weitere Drinks runterzustürzen. Als sie zum dritten Mal die Tanzfläche betraten, war Bethany definitiv betrunken. Soweit sie das feststellen konnte, war Mia in keiner besseren Verfassung, und sie gackerten wie die Hühner, wenn sie schwankend gegeneinanderstießen und ihre Bewegungen immer provokanter wurden. »Bin ich froh, dass Jace nicht hier ist und mich so sieht«, brüllte Bethany über die Musik hinweg. »Er würde mich wahrscheinlich umbringen.« Mia kicherte, dann riss sie die Augen auf. »Oh Scheiße.« »Was ist?« »Ich wollte gerade sagen, wie froh ich bin, dass Gabe noch nicht aufgetaucht ist, aber siehe da, da drüben steht er.« Bethany wirbelte herum und hätte fast das Gleichgewicht verloren, als sich der Raum weiter drehte, nachdem sie gestoppt hatte. Die High Heels, die sie trug, weil sie sie zum fraglichen Zeitpunkt für eine gute Idee gehalten hatte, da sie unglaublich sexy waren und ihre Beine ein gutes Stück länger machten, entpuppten sich plötzlich als ziemlich schlechte Idee, denn wenn sie hinfiel, würde sie sich den Knöchel brechen. Es hatte Spaß gemacht, sich herauszuputzen, auch wenn sie nicht mit Jace ausging. Bethany hatte sich für ein scharfes, schimmerndes Cocktailkleid entschieden, das wie angegossen saß und ihr ein paar Kurven an den Körper mogelte. Sie war noch immer sehr dünn – was den vielen ausgelassenen Mahlzeiten und dem Leben, das sie geführt hatte, geschuldet war –, aber seit sie Jace kannte, hatte sie mindestens fünf Kilo zugenommen, von denen die Hälfte in ihre Brüste gewandert zu sein schien. Nicht, dass Jace sich über ihre neue Oberweite beschwert hätte. Sie hatte sich sorgfältig geschminkt, ihre Haare zu einem lockeren Knoten aufgesteckt, sodass einzelne Strähnen auf ihren Hals fielen, und voluminöse Hängeohrringe angelegt, von denen sie fand, dass sie echt heiß aussahen. Es lagen Welten zwischen ihrer Aufmachung und den zerschlissenen Jeans und fadenscheinigen T-Shirts, die sie so lange Zeit getragen hatte. Bethany fühlte sich hübsch. Tatsächlich fühlte sie sich … begehrenswert. Wie eine Frau, die die Aufmerksamkeit eines Mannes wie Jace verdient hatte. »Hoppla«, sagte Mia und hielt sie am Arm fest, damit sie nicht der Länge nach umkippte. Beide fingen an zu kichern, während Gabes Augen schmal wurden, als er registrierte, wie betrunken sie waren. »Ich finde, wir sollten noch nicht zu ihm gehen«, schlug Bethany vor. »Er, na ja … Er sieht irgendwie verstimmt aus.« »Du hast recht. Komm, wir geben ihm stattdessen eine Show, die sich gewaschen hat«, schlug Mia kampflustig vor. Bethany schaute sie mit großen Augen an, als sie sich von Gabe abwandten. »Hältst du das für eine gute Idee?« Mia lachte. »Oh ja. Und willst du wissen warum? Weil er später, nachdem er uns heimgeschleppt hat, so scharf auf mich sein wird, dass er es höchstens noch durch die Wohnungstür schafft, bevor er mir die Kleider vom Leib reißt. Allerdings wird er mir die High Heels anlassen, weil er auf die Dinger völlig abfährt.« Bethany klappte der Mund auf, während Mia sie weiter durchtrieben angrinste. Mia zwinkerte ihr zu. »Beschwipster Sex ist der allerbeste. Ich wette, Jace wird genauso auf dich reagieren. Eine angetrunkene, sexy Frau in diesem Kleid und mit diesen Stilettos? Er wird über dich herfallen, kaum dass du das Apartment betrittst.« Ein Frösteln strich über Bethanys Schultern. »Eigentlich hatte ich vor, nüchtern zu werden, bevor wir uns auf den Heimweg machen. Jace sollte besser nicht erfahren, dass ich getrunken habe. Er würde wahrscheinlich beunruhigt und missbilligend reagieren. Aber an dem, was du sagst, könnte was Wahres dran sein …« Mia stieß mit der Hüfte gegen Bethany und warf die Arme in die Luft. »Natürlich ist da was Wahres dran!«, rief sie aus. »Er wird dir nicht widerstehen können!« »In dem Fall sollten wir uns noch einen Drink genehmigen«, schlug Bethany vor. »Nachdem wir Gabe eine Show geliefert haben, die er sein Lebtag nicht vergisst«, stimmte Mia mit einem verschwörerischen Blinzeln zu. Bethany lachte, dann fielen sie wieder in den Rhythmus der Musik ein. Mit geröteten Wangen und einem glücklichen Glänzen in den Augen gesellte Caroline sich kurz darauf zu ihnen. Zu dritt zogen sie eine Show ab, die Bethany später vermutlich die Schamesröte ins Gesicht treiben würde, aber es machte so viel Spaß, und sie konnte sich nicht erinnern, wann sie sich zuletzt so locker und ausgelassen gefühlt hatte. Als der Song zu Ende war, griff Mia nach Bethanys Arm, dann stützten sie sich aufeinander, während sie zu ihrem Platz zurückschwankten, wo die Kellnerin erwartungsgemäß bereits die nächste Runde serviert hatte. Gabes Lippen zuckten vor Belustigung, als er die beiden zum Tisch torkeln sah, bevor er mit hochgezogenen Brauen beobachtete, wie sie ihre Drinks in zwei Sekunden leerten. »Ihr Mädels gebt ja ordentlich Gas heute«, bemerkte er, während sein Blick liebevoll zu Mia glitt. »Ich hoffe, du kippst mir nicht aus den Latschen, Liebling.« Mia lächelte kokett, dann stellte sie sich auf die Zehenspitzen und gab Gabe einen feurigen Kuss auf den Mund, bevor ihre Lippen über seine Wange strichen und sie ihm etwas ins Ohr flüsterte. Sein Körper wurde ganz straff, er spannte den Kiefer an, und seine Augen begannen zu funkeln. Bethany verspürte ein Flattern im Bauch, als sie seine Reaktion auf Mias Worte beobachtete. Sie war überzeugt, dass es etwas extrem Aufreizendes gewesen sein musste. Es schien zu stimmen, was Mia über beschwipsten Sex gesagt hatte. Sie winkte der Kellnerin zu und hob ihr Glas, damit sie ihr ein neues brachte. Gabe legte locker den Arm um Bethany und zog sie an sich, damit sie seine Worte verstehen konnte. »Alles okay, Bethany? Wie viel hast du schon getrunken?« Sie lächelte ihn strahlend an. »Mir geht es super! Mia hat gesagt, dass du uns heute abholst und wir deshalb so viel trinken können, wie wir wollen.« Er verstärkte den Druck seines Arms um ihre Taille. »Das ist vollkommen richtig. Ich werde dich heim zu Jace bringen, also hast du Narrenfreiheit. Ich wollte mich nur vergewissern, dass du damit umgehen kannst.« Sie lächelte wieder. »Das ist echt süß von dir.« Er verdrehte die Augen. »Süß ist nicht zwingend der Ausdruck, mit dem ich mich beschreiben würde.« Da hatte er vermutlich recht. Er verströmte die gleiche Autorität wie Jace. In seinen Augen war dieses Feuer, besonders, wenn er sie auf Mia richtete, das ihr einen Schauder über den Körper jagte. Selbst jetzt, während er den Arm um Bethany gelegt hatte, um sie zu stützen, hielt er Mias Handgelenk fest und sorgte dafür, dass kaum ein Blatt Papier zwischen sie passte. »Pass nur auf, dass dir nicht schlecht wird«, riet er ihr. »Ansonsten möchte ich, dass ihr Mädels Spaß habt und an nichts anderes denkt. Sobald ihr bereit zum Gehen seid, werde ich euch alle nach Hause fahren.« »Danke!« »Lass uns wieder tanzen, Bethany!«, schlug Mia vor. Gabe stöhnte frustriert. »Das, was ihr da abzieht, nennst du tanzen, Baby? Es sollte gesetzlich verboten werden. Ich werde jedem Mann in den Hintern treten, den ich dabei erwische, wie er deinen anstiert.« Mia grinste, dann schnappte sie sich Bethanys Hand und zog sie zurück auf die Tanzfläche. Die nächste Stunde amüsierten sie sich damit, zu tanzen, zu trinken und wieder zu tanzen. Als sie das letzte Mal von der Tanzfläche kamen, wusste Bethany, dass sie keinen weiteren Drink vertragen würde. Ihr war leicht schwindlig, und sie fühlte sich angenehm benebelt. Sie lachte über alles, ob es nun witzig war oder nicht. Gabe setzte eine konstante Miene der Belustigung auf, und auch Brandon konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen, als er wieder nach ihnen sah. »Ich glaube, ich habe genug«, verkündete Bethany atemlos. »Aber ich möchte euch anderen den Abend nicht verderben.« Sie sah zu Gabe hoch, der Mia aufrecht hielt. Sie selbst klammerte sich an der Tischkante fest, besorgt, dass sie lautstark auf den Boden knallen würde, wenn sie losließe. »Nein, ich bin auch bereit zu gehen«, lallte Mia. »Bist du bereit, Baby?«, fragte sie Gabe. »Mehr als bereit«, brummte er. Sie kicherte. »Aber zuerst müssen wir Bethany zu Hause abliefern. Jace dürfte inzwischen vor Wut kochen.« »Ich habe ihm eine SMS geschickt. Er weiß, was auf ihn zukommt«, entgegnete Gabe trocken. »Ich sammle schnell die anderen ein«, verkündete Mia. »Caro will bleiben, bis Brandon Feierabend macht.« »Ich lasse den Wagen vorfahren«, sagte Gabe. »Und ihr spaziert nicht alleine hier raus, sonst kann ich euch einzeln vom Boden auflesen.« Bethany grinste und hielt sich weiter am Tisch fest, während sie darauf wartete, dass Mia den Rest der Gruppe zusammentrommelte. »Der Abend hat Spaß gemacht«, rief sie Gabe zu. »Danke, dass du mich heimfährst. Mia ist toll.« Gabe lächelte, und sein Blick wurde warm und voller Zuneigung. »Es freut mich, dass du ihn genossen hast, Bethany. Und ja, Mia ist die Beste. Es macht keine Umstände, dich nach Hause zu bringen. Auf keinen Fall würde ich dich allein den Heimweg antreten lassen. Jace würde es auch nicht erlauben. Wäre ich nicht gekommen, um euch abzuholen, hätte er es getan.« Mia kehrte einen Moment später mit Chessy, Trish und Gina zurück. Sie waren alle genauso betrunken wie Mia und Bethany und gackerten wie verrückt. Gabe verdrehte die Augen und gab Brandon ein Zeichen. Er kam mit einem weiteren Türsteher im Schlepptau zu ihnen, dann geleiteten sie Chessy, Trish und Gina zum Ausgang, während Gabe jeweils einen Arm um Mia und Bethany legte. Bethany taumelte und fing an zu kichern, sodass Gabe seinen Griff verstärkte. »Lieber Himmel, wie viel habt ihr beide bloß intus?« Mia mimte die Unschuldige, dann hob sie die Hand und versuchte nachzuzählen. Nachdem sie drei Anläufe später noch immer verwirrt auf ihre Finger starrte, warf sie die Arme in die Luft und verkündete: »Eine Menge.« »So viel wusste ich schon vorher«, entgegnete Gabe lachend. Er geleitete sie nach draußen, wo sein Wagen stand, und wartete geduldig, bis Brandon und sein Kollege die drei anderen Mädchen ins Innere verfrachtet hatten. Brandon bedachte ihn mit einem mitleidigen Grinsen. »Viel Glück, Mann. Wie es aussieht, bekommst du alle Hände voll zu tun.« »Endlich mal was Neues«, seufzte Gabe. Er half Mia und Bethany beim Einsteigen, dann glitt er neben seine Verlobte. »Du bist echt ein geiler Typ«, bemerkte Chessy und grinste Gabe breit an. »Absolut«, stimmten Trish und Gina ihr zu. »Wir haben Mia gesagt, dass sie eine Idiotin wäre, wenn sie dich jemals von der Angel ließe«, fügte Trish feierlich hinzu. Chessy nickte ebenso feierlich. »Aber nur damit du Bescheid weißt: Sollte sie sich je als diese Idiotin entpuppen, springe ich nur zu gern für sie ein.« Die Mädchen brachen in lautes Gegacker aus, und Gabe verdrehte in einem gespielten Flehen um göttlichen Beistand die Augen gen Himmel. Sie setzten Mias Freundinnen der Reihe nach ab, und Gabe geleitete jede geduldig ins Haus, um sicherzustellen, dass sie heil dort ankamen, bevor er zum Wagen zurückkehrte. »Er ist wirklich toll«, flüsterte Bethany Mia zu, während sie zusahen, wie Gabe zurückkam, nachdem er Chessy abgeliefert hatte. »Ja«, bestätigte Mia. »Ich bin so dankbar, dass ich ihn habe.« »Wir sind zwei echte Glückspilze«, sagte Bethany. »Jace und Gabe sind einfach die Besten.« »Ja«, gab Mia ihr wieder recht. »Aber das sind wir beide auch.« »Ja, das sind wir, nicht?« »Absolut.« Sie prusteten wieder los und kicherten noch immer wie verrückt, als Gabe einstieg. Er schüttelte den Kopf. »Ich weiß nicht, was ich mit euch machen soll.« Mia blickte ihn durchtrieben an. »Tja, wenn du nicht weißt, was du mit mir machen sollst …« »Das habe ich nicht gesagt, Liebling«, konterte er. »Für dich habe ich Pläne.« Mia warf Bethany ein wissendes Grinsen zu, das eindeutig besagte: »Na, hab ich zu viel versprochen?« »Jace erwartet uns in der Lobby«, erklärte Gabe, als sie sich Bethanys Adresse näherten. Ihr Herz begann vor Aufregung zu flimmern. Sie hoffte inständig, dass Mia sich nicht irrte. Plötzlich wurde sie nervös und bekam einen trockenen Mund. Mia drückte ihre Hand. »Vertrau mir.« Bethany erwiderte die Geste, und Gabe bedachte beide mit einem misstrauischen Blick. Sobald der Wagen hielt, stieg Gabe aus und half Bethany vom Rücksitz. Sie wackelte unsicher auf ihren hohen Schuhen, als sie auf den Eingang zusteuerten. »Du wirst dir mit den Schuhen noch das Genick brechen«, kommentierte Gabe. »Aber sie sind sexy«, verteidigte Bethany sich. »Wenigstens dachte ich das.« »Daran besteht kein Zweifel, Süße. Du siehst heiß aus in den Dingern. Jace wird dich mit Blicken verschlingen. Aber wenn du dir den Hals brichst, bevor du bei ihm bist, werden sie dir nicht viel nützen.« »Mia hat gesagt, dass Jace mich in diesen Schuhen vernaschen wollen wird«, sagte sie, bevor sie entsetzt realisierte, was sie da von sich gegeben hatte. Gabe lachte leise, und seine Augen funkelten amüsiert. »Hat sie das? Nun, Mia ist Expertin darin, sich in sexy High Heels vernaschen zu lassen, darum würde ich ihr mal glauben.« Bethany lächelte verschmitzt, als sie die Lobby betraten. Jace wartete wenige Meter entfernt, und seine Augen wurden schmal, als er ihren torkelnden Gang bemerkte. »Gabe findet, ich sehe sexy aus«, verkündete sie, als sie ihn erreichte. »Und er hat gesagt, dass du mich in diesen Schuhen vernaschen wirst.« Sie blieb stehen und runzelte die Stirn über das Kuddelmuddel ihrer Gedanken. »Vielleicht war es auch Mia, die das gesagt hat. Jedenfalls möchte ich in diesen Schuhen vernascht werden.« Neben ihr bebte Gabe vor Lachen. Ein bedächtiges Grinsen strich über Jace’ Lippen. »Ich denke, das lässt sich arrangieren.« Bethany nickte, dann drehte sie sich um, stellte sich auf die Zehenspitzen und gab Gabe einen Kuss auf die Wangen. »Nochmals danke, dass du heute Abend so gut auf uns aufgepasst hast.« Gabe lachte wieder. »Gern geschehen, Bethany.« Dann wandte er sich an Jace. »Du solltest sie lieber stützen. Wenn ich sie loslasse, wird sie vermutlich zu Boden gehen.« Jace stimmte in sein Lachen ein, dann nahm er Bethany fest am Arm, als Gabe sich zum Gehen wandte. »Danke, Kumpel. Nächstes Mal bin ich dran.« »Gott sei Dank«, murmelte Gabe. »Du hast keine Ahnung, was ich heute Abend durchgemacht habe. Ich will es mal so ausdrücken: Es gab nicht einen Mann in dem verdammten Klub, der angesichts ihrer Mätzchen nicht zu sabbern angefangen hat.« Jace zog die Brauen hoch, dann betrachtete er Bethany mit forschendem Blick. Sie lächelte ihn beschwingt an, und er musste unwillkürlich grinsen. »Ich gebe zu, diese Schuhe sehen wirklich sexy an dir aus.« »Mia hatte also recht«, antwortete sie keck. Er drehte sie zum Aufzug um, dann trug er sie halb hinein. »Inwiefern, Baby?« »Sie sagte, dass du nur einen Blick auf mich in meiner beschwipsten Verfassung und mit diesen hammermäßigen High Heels werfen und mich sofort vögeln wollen würdest. Und ich dabei die Schuhe anlassen soll.« Jace lachte, dann öffneten sich die Fahrstuhltüren in seine Wohnung. »Dieser Einschätzung würde ich nicht unbedingt widersprechen, allerdings finde ich es etwas bedenklich, dass sie von meiner Schwester stammt.« »Sie sagte, dass Gabe es nicht mal bis ins Schlafzimmer schaffen, sondern er sie gleich hinter der Tür vögeln würde, während sie ihre Stöckelschuhe trägt«, erklärte sie ernst. Jace zog eine Grimasse. »Baby, sei still. Ich will definitiv nichts davon hören, wie irgendein Mann es mit meiner kleinen Schwester treibt, und verschone mich vor allem mit den Details.« Bethany lachte, dann ruderte sie mit den Armen, als er sie losließ. »Hoppla!«, sagte sie, als er sie wieder auffing. »Wie viel hast du heute Nacht getrunken?« »Viel«, antwortete sie übermütig. »Ich wollte betrunken Sex mit dir haben, und ich wollte, dass du mir das Kleid vom Leib reißt und mich in meinen High Heels bumst, so wie Gabe Mia bumsen wird.« Jace ächzte. »Baby, hör endlich auf. Ich bin mehr als gern bereit, dich auf jede Art, die du dir wünschst, zu bumsen, aber könnten wir bitte Gabe und Mia aus der Sache rauslassen?« Sie nickte. »Oder vielleicht werde ich dich bumsen.« Ihr Gesicht begann bei dieser Idee zu leuchten, dann fixierte sie ihren benommenen Blick auf Jace. »Geht das denn?« Lachend zog er sie ins Schlafzimmer. »Und ob das geht, Baby. Du kannst tun, was immer dir in deinem betrunkenen kleinen Kopf vorschwebt. Ich bin absolut bereit, mich von dir in deinem angeschickerten Zustand übervorteilen zu lassen.« Bethany torkelte hinter ihm ins Schlafzimmer, dann schloss er die Tür und warf ihr dabei einen solch heißblütigen Blick zu, dass sie vor Vorfreude erbebte. Seine Augen schimmerten vor Heiterkeit und Lust, was ihr verriet, dass alles, was Mia prophezeit hatte, in Erfüllung gehen würde. Sie machte sich umständlich daran, ihr Kleid auszuziehen, bekam jedoch den Reißverschluss nicht richtig zu fassen und wäre fast auf die Nase gefallen, als sie die Arme stärker anwinkelte. »Lass mich mal«, sagte Jace. »Du musst gar nichts machen, Baby. Ich werde den größtmöglichen Nutzen aus deinem alkoholisierten Zustand ziehen, und nachdem du das hier den ganzen Abend geplant hattest, werde ich nicht den Anflug von Reue verspüren angesichts all der Dinge, die ich mit dir zu tun gedenke. Allerdings kann ich dir nur raten, dich morgen früh noch daran zu erinnern.« Bethany erbebte wieder, als seine Hände ihren Rücken hinaufglitten, den Reißverschluss nach unten zogen und ihr Kleid öffneten. »So beschwipst bin ich nun auch wieder nicht«, verteidigte sie sich. Als er leise lachte, strich sein Atem über ihren entblößten Rücken, dann presste er den Mund in ihren Nacken und löste ein Kribbeln aus, das ihre ganze Wirbelsäule erfasste. »Und ob du beschwipst bist. Dabei bist du verführerisch süß. Ich werde deinen Mund vögeln, deine Muschi und deinen herrlichen Hintern. Aber solltest du mir aus den Latschen kippen, werde ich nicht erfreut sein.« Bethany schloss die Augen und schwankte bedenklich, bis er sie an den Schultern packte und sie an seine Brust zog, während er das Kleid zu Boden gleiten ließ. Um keinen Preis würde sie das hier verpassen. »Ich liebe deine Dessous«, murmelte er, als er sie hinter dem Ohr küsste. »Aber deine High Heels liebe ich noch mehr. Die wirst du definitiv anlassen.« Ein leises Wimmern des Begehrens stieg in ihrer Kehle hoch. »Ich sehe keine Veranlassung, dich heute Nacht zu fesseln«, bemerkte er amüsiert. »Du bist hilflos wie ein Kätzchen. Das gefällt mir. Ich denke, es wäre eine überaus lohnende Sache, wenn ihr regelmäßig einen Mädelsabend veranstalten würdet.« Jace hakte ihren BH auf, strich ihr die Träger von den Schultern und warf ihn beiseite. Dann drehte er sie zu sich herum und manövrierte sie rückwärts zum Bett, bis sie gegen die Matratze stieß. Sobald sie saß, drückte er sie mit fester Hand nach unten, bis sie auf dem Rücken lag und ihre Beine über die Bettkante hingen. Er beugte sich über sie und drückte ihr zwischen dem Nabel und dem zarten Stoff ihres Höschens einen Kuss auf den Bauch. Anschließend schob er beide Daumen unter die Spitze und riss das Material entzwei, um sie seinem hungrigen Blick zu enthüllen. Er umfasste ihre Fußknöchel, zog sie nach oben und winkelte ihre Knie an. Seine Finger strichen über ihre Stilettos, dann schlossen sie sich darum, bevor er Bethanys Beine weiter spreizte. »Ich war ein ungezogenes Mädchen«, schnurrte sie. Er zog die Brauen hoch und zwinkerte sie belustigt an. »Ach, wirklich?«, fragte er gedehnt. Sie nickte feierlich. »Sehr ungezogen sogar«, flüsterte sie, als vertraute sie ihm ein Geheimnis an. Dann runzelte sie die Stirn und schürzte die Lippen. »Ich sollte vermutlich bestraft werden.« Jace betrachtete sie mit amüsiert zuckenden Mundwinkeln, während eine ganze Bandbreite von Mienenspielen über ihr Gesicht flackerte. Sie war anbetungswürdig süß und sehr betrunken. Sie törnte ihn mächtig an. »Dann sage mir, durch welches Verhalten du dir eine Bestrafung zu verdienen glaubst.« »Ich habe geflirtet«, bekannte sie im Flüsterton. Dann runzelte sie wieder die Stirn. »Nein, warte. Ich habe nicht geflirtet.« Sie schüttelte so nachdrücklich den Kopf, dass ihre Brüste verführerisch auf und ab wippten. Sie stützte sich auf die Ellbogen, und ihre Miene wurde ernst. »Vielmehr haben die Männer mit mir geflirtet. Nur haben Brandon und Gabe nicht zugelassen, dass sie in unsere Nähe gelangten. Aber Mia und ich waren unartig. Wir haben getanzt, und zwar aufreizend.« Jace presste die Lippen fest aufeinander, um sein Gelächter im Zaum zu halten. »Das verdient eine Bestrafung, oder?« Bethany klang so hoffnungsvoll, dass er den Kampf verlor und losprustete. Sie kniff die Augen zusammen und sah ihn vorwurfsvoll an. »Das ist nicht lustig«, maulte sie. »Ich war ein sehr böses Mädchen, und böse Mädchen müssen bestraft werden.« Jace nickte. »Da kann ich nicht widersprechen, Baby.« Ihre Miene hellte sich schlagartig auf, und er schüttelte den Kopf, während weiteres Gelächter aus seiner Brust zu explodieren drohte. »Vermutlich solltest du mir den Hintern versohlen«, schlug sie mit todernstem Gesicht vor. Seine Hände glitten über die Innenseiten ihrer Oberschenkel, und Bethany erschauderte vor Wonne. »Ich bin hin- und hergerissen«, gestand er und legte einen gespielten Ernst in seine Stimme, der dem ihren entsprach. »Du warst in der Tat ein sehr ungezogenes Mädchen, gleichzeitig warst du aber auch sehr, sehr brav.« Als Bethany wieder eine Schnute zog, beugte er sich nach unten und küsste ihre sinnlichen Lippen. »Ich denke, die Lösung wäre, dich zuerst zu bestrafen und anschließend zu belohnen.« »Ja, das kling perfekt«, sagte sie mit vor Aufregung heiserer Stimme. »Auf die Knie, Baby«, befahl er in einem Ton, von dem er wusste, dass sie darauf reagieren würde. Ihre Pupillen weiteten sich, und ihre Wangen begannen zu glühen. Ihr Blick wurde verschleiert, und ihre Brustwarzen richteten sich auf. Obwohl Jace noch nicht mal angefangen hatte, reichte bereits die Aussicht auf das, was folgen würde, um ihren ganzen Körper zu entflammen. Sie war so perfekt. Perfekt für ihn. Für ihn gemacht. Er würde nie wieder eine Frau finden, die auch nur annähernd so gut zu ihm passte wie Bethany. Sie stemmte sich hoch, dann teilten sich ihre Lippen zu einem freudigen Lächeln, das in ihm den Wunsch weckte, ihren Mund mit einem gierigen Kuss zu verschlingen. Er nahm ihre Handgelenke und half ihr, sich aufzusetzen, bevor sie sich ungeschickt auf Hände und Knie stützte. Sie landete auf dem Gesicht und fing an zu kichern, bis ihr ganzer Körper bebte. Sie wackelte mit dem Po, und sein Ständer wurde so hart, dass er zu bersten drohte. Oh ja, er würde sich all ihrer Öffnungen bedienen, um es mit ihr zu treiben, bis sie beide das Bewusstsein verloren. Nachdem er sie in die richtige Stellung gebracht hatte, begann sie vor Ungeduld zu zappeln, dabei schaute sie ihn über ihre Schulter an. Ihre Augen blitzten vor Lust und Vorfreude. Seine Hände zitterten, und seine Selbstbeherrschung hing nur noch an einem seidenen Faden. »Also, womit soll ich dich bestrafen, Baby?«, fragte er mit samtiger, neckender Stimme, von der er wusste, dass sie Bethany um den Verstand bringen würde. »Mit meiner Hand? Der Gerte? Oder … Wir könnten auch etwas Neues versuchen.« Sie wurde völlig reglos. »Etwas Neues?«, fragte sie aufgeregt. »Ich habe noch keinen Gürtel und auch kein Holz benutzt. Ich hätte da ein biegsames Holzpaddel. Es hat genau die richtige Schlagkraft und wird deinen wunderschönen Hintern erröten lassen, bis er glüht.« »Oh«, hauchte sie. »Du hast die Wahl, Baby. Ich überlasse sie dir. Heute Nacht darfst du entscheiden. Ich bin in besonders großmütiger Stimmung. Willst du wissen, warum, Liebling? Weil ich, nachdem ich dir ausgiebig den Hintern versohlt habe, es dir mit dem Mund machen werde, bis du an meiner Zunge kommst. Aber da bin ich noch lange nicht fertig mit dir. Denn anschließend werde ich deinen Mund nehmen, dann deine süße Spalte und zuletzt deinen wundervollen Po, bis du vor Ekstase meinen Namen schreist.« »Oh mein Gott.« Lächelnd streichelte er ihr verlockendes Hinterteil, während er mit sich sekündlich steigernder Spannung auf ihre Antwort wartete. »Das Paddel«, stammelte sie. »Ich will das Paddel.« »Ausgezeichnet«, gurrte er. »Eine vortreffliche Wahl. So vortrefflich, dass deine Belohnung besonders großzügig ausfallen wird. Du bereitest mir sehr viel Freude, Bethany.« Wohlig gab sie sich seiner Berührung hin, und ihr ganzer Körper wurde nachgiebig, während sie zufrieden seufzte. Sie wandte wieder den Kopf nach hinten, um ihn anzusehen, und ihr Blick war so süß, so liebevoll, dass ihm das Herz überging. Er beugte sich nach unten und küsste das Grübchen oberhalb ihrer Poritze. »Ich bin sofort zurück, Liebling.« Jace nahm das dünne Paddel aus seinem Kleiderschrank, dann ließ er sich Zeit dabei, zum Bett zurückzukehren, um sich an Bethanys Anblick, wie sie auf allen vieren, den Hintern verlockend in die Luft gereckt, auf dem Bett kauerte und seiner harrte, zu ergötzen. Er streichelte eine Pobacke, dann die andere, bis sie sich erwartungsvoll zitternd seiner Berührung entgegendrängte. »Schenk mir deinen Schmerz. Schenk mir deine Lust«, knurrte er. »Ich will alles, Bethany. Jedes Geräusch, jede Reaktion. Halte nichts zurück.« Jace ließ das Paddel auf ihr Gesäß klatschen, und sie zuckte mit einem überraschten Keuchen zusammen. Er lächelte. Es war kein Laut der Pein gewesen, sondern einer der Entdeckung, der diese neue Erfahrung begleitete. Er schlug wieder zu, ein wenig härter dieses Mal. Der nächste Hieb galt ihrer anderen Pobacke. Ein pinkfarbener Schimmer breitete sich auf der Haut aus. Der Kontrast zwischen den blassen Stellen, die er bisher verschont hatte, und den getroffenen war mehr als erregend. Er konnte es nicht erwarten, bis ihr ganzer Hintern rot war, doch er zügelte sich, weil er wollte, dass sie beide das ultimativ Beste aus diesem Moment zogen. »Zehn«, verkündete er leise. »Ich werde dir zehn Schläge versetzen. Das hier ist neu für dich, Baby. Ich möchte dich nicht überfordern, sondern dich einfach nur auf den Geschmack bringen. Zähl sie laut mit. Fang jetzt bei eins an.« Er ließ das Holzpaddel auf den fleischigsten Teil ihres Hinterns knallen und beobachtete befriedigt, wie er sich augenblicklich rötete. »Eins«, stöhnte sie, und seine Hoden begannen zu kribbeln. »Zwei.« Als Jace realisierte, in welch schneller Abfolge er ihr die Schläge drei, vier, fünf und sechs versetzt hatte, mäßigte er sein Tempo. Bethany verspannte sich in Erwartung des siebten, doch er strich liebkosend und besänftigend mit der Hand über ihr gerötetes Gesäß. »Bitte«, flehte sie ihn an. Und da fügte er sich ihrem Wunsch. Sieben. Acht. Neun und dann zehn. Es waren federleichte Hiebe, wesentlich sanfter als die ersten. Bethany sackte nach unten, bevor sie ihm das Gesicht zuwandte und ihn, nun nicht mehr nur vom Alkohol berauscht, mit umnebelten, benommenen Augen ansah. Sie war trunken vor Lust und dem Sinnestaumel, die der schmale Grat zwischen Schmerz und Wonne mit sich brachte. Sie schwebte über dem Hier und Jetzt, aber Jace würde sie wieder herunterholen, um sie in eine völlig andere Art von Ekstase zu versetzen. »Dreh dich um, Baby.« Er streckte die Hände aus, um ihr zu helfen, als sie sich linkisch umdrehte und mit einem verträumten Lächeln auf ihren sinnlichen Lippen auf den Rücken fiel. »Ich sollte öfter unartig sein«, murmelte sie. »Ich hatte Spaß mit den Mädels, und dann bin ich zu dir nach Hause gekommen. Das war die beste Nacht aller Zeiten.« Ihm schmolz das Herz, und er beugte sich zu ihr und nahm sie in die Arme, beseelt von dem Wunsch, sie zu halten, bevor er irgendetwas anderes tat. »Du wirst immer zu mir nach Hause kommen.« »Ja«, bestätigte sie zufrieden. »Ich liebe es, das zu hören, Baby.« Lächelnd strich sie ihm das Haar aus der Stirn. Dann reckte sie ihm den Mund entgegen, und er nahm die wortlose Einladung an, indem er sich hungrig über ihre Lippen hermachte, sie schmeckte und sich an ihrem Mund labte, wie er sich an ihren Schamlippen laben würde. »Wirst du langsam wieder nüchtern?« Bethany schüttelte den Kopf und öffnete die Augen, die noch immer vom Alkohol und der genossenen Wonne vernebelt waren. Verträumt und trunken vor Lust. Besser konnte eine Frau nicht aussehen. Sie schaute ihn an, als gäbe es keinen anderen Mann auf der Welt, als hätte es für sie nie einen anderen gegeben. »Ich werde dich jetzt da unten kosten«, verkündete er an ihrem Mund. »Oh.« Er trank ihr euphorisches Keuchen mit den Lippen, inhalierte es tief in seine Lungen und verstaute es in seinem Herzen. »Stell diese sexy Stilettos aufs Bett, umfass deine Knie und halt sie fest. Öffne deine Schenkel für mich, Bethany, und beweg die Hände nicht. Ich bin heute Nacht sehr gierig, und ich will, dass du auf meiner Zunge kommst.« Sie bog den Rücken durch, zog ungelenk die Füße aufs Bett und stemmte die Absätze in die Matratze. Sie würde vermutlich Löcher hineinbohren, doch das kümmerte ihn nicht. Notfalls würde er morgen eine neue kaufen. Die Vorstellung, es in diesen Schuhen mit ihr zu tun, wie Bethany es sich so dringend wünschte, war den Preis einer neuen Matratze allemal wert. Später würde er sie dazu bringen, sich an den Stilettos festzuklammern, während er sie von hinten nahm. Oh ja, das lohnte jeden potenziellen Schaden am Bett. Sie legte die Hände auf die Knie und spreizte scheu die Schenkel, dann drückte sie sie nach außen, bis sich ihre Schamlippen öffneten und ihr schimmerndes Fleisch zum Vorschein kam. Der Kontrast zwischen den dunklen Löckchen und den geschwollenen, von ihren Säften glänzenden Falten ließ ihm das Wasser im Mund zusammenlaufen. Er kniete sich auf den Boden, damit sein Kopf auf der richtigen Höhe war, dann beugte er sich vor, um es ihr mit der Zunge zu besorgen. Kaum dass er begonnen hatte, bäumte Bethany sich auf und rief seinen Namen. »Deine Hände, Baby«, erinnerte er sie. »Lass die Hände auf den Knien und halte sie für mich auseinander.« Sie öffnete sie noch weiter, und Jace zog mit der Zunge eine lange, bedächtige Spur von ihrer Öffnung bis zu ihrem Kitzler. Spielerisch und neckend malte er gemächliche Kreise um die feste Knospe, bevor er wieder und wieder die Zungenspitze über sie zucken ließ. Bethany krümmte und wand sich vor Lust, doch sie ließ die Hände auf den Knien und hatte die Schenkel weiterhin weit gespreizt. Sie wurde noch nasser, als seine Zähne hauchzart über ihr Fleisch rieben, während er zurück zu ihrem Eingang glitt. Er penetrierte sie mit der Zunge, leckte sie von innen nach außen, bekam nicht genug von ihrem Geschmack, ihrer süßen Erregung. »Das ist die Belohnung, Baby. Du hast deine Strafe bekommen, jetzt erhältst du deine Belohnung.« »Ach, Jace«, seufzte sie. »Weißt du denn nicht, dass alles, was du mir gibst, die himmlischste Wonne ist, die ich je gekannt habe? Die Bestrafung ist ebenso lustvoll wie die Belohnung. Deine Liebe ist mehr, als ich mir je hätte erträumen können.« Ihre Worte waren ernst gemeint und so unglaublich süß, dass ihm der Atem stockte. Er schmeckte sie, labte sich an ihr, trank von ihr und wollte immer noch mehr. Jace wollte ihr das hier schenken, wollte, dass es andauerte. Er wollte sie wahnsinnig machen vor Lust und sie in einen Rausch versetzen, der nichts mit zu vielen Drinks zu tun hatte. »Ich will deinen Schwanz«, sagte sie mit belegter Stimme. Jace wusste nicht, ob der Alkohol sie so träge machte oder ob es an ihrer immensen Erregung und ihrem Verlangen lag. Er schaute hoch und musste grinsen, als er den unfokussierten Ausdruck in ihren Augen bemerkte. Sie sah ihn angestrengt an, schien jedoch Mühe zu haben, ihren Blick präzise auf etwas zu richten. Gott, war sie niedlich. »Mein Schwanz gehört dir, sobald du gekommen bist, Baby. Du wirst noch eine Menge mehr als nur meinen Schwanz kriegen, ehe wir für heute Nacht fertig sind.« »Mmm, lecker«, erwiderte sie mit einem kecken Grinsen. »Ich möchte dich schmecken, wie du mich schmeckst.« Jace stöhnte. Der Alkohol nahm ihr definitiv ihre Hemmungen. Er liebte ihre Zurückhaltung, aber heute Nacht hatten die Drinks ihr Mut eingeflößt, und das würde er vielleicht nicht überleben. Er stand kurz davor, in seine Hose zu ejakulieren, ohne auch nur in irgendeiner Form in sie eingedrungen zu sein. Er musste sich am Riemen reißen. Das rief er sich immer wieder ins Gedächtnis, denn andernfalls hätte er sich einfach diese sexy High Heels über die Schultern gelegt und Bethany auf der Stelle das Hirn rausgevögelt. Und wenn sie wüsste, was in ihm vorging, würde sie ihn ermutigen, genau das zu tun. Heute Nacht war sie eine ungeduldige, gierige Nymphomanin, und er bekam nicht genug davon. Er senkte wieder den Kopf, um sie mit Mund und Zunge zu verwöhnen, dabei übte er mehr Druck aus und berührte sie an Stellen, von denen er wusste, dass sie besonders empfänglich waren. Er kannte jeden Zentimeter ihres Körpers, darum wusste er, wie sie es genoss, wenn er einen Finger in sie einführte und leicht gegen ihren G-Punkt drückte. Bethany liebte es, wenn er die Zunge um ihre Klitoris kreisen ließ, aber sie mochte es nicht, wenn er zu fest daran saugte. Es gefiel ihr, wenn er den Eingang zu ihrem Schoß mit seiner Zunge, seinen Fingern, seinem Glied stimulierte. Der schnellste Weg, sie an die Klippe zu treiben, bestand darin, nur mit der Spitze und mit sehr kurzen, flachen Bewegungen in sie hineinzustoßen. »Du bist ein Genie mit deinem Mund«, nuschelte sie verträumt. »Ich muss Mia davon erzählen. Sie hat nur gesagt, dass Gabe sie gleich hinter der Tür nehmen wird, aber ich wette, das hier bekommt sie nicht.« Jace hob den Kopf und warf ihr einen strafenden Blick zu. »Das war überflüssig, Baby. Absolut überflüssig.« Ihr Blick irrlichterte fröhlich umher, und sie kicherte, dabei ließ sie für einen Moment ein Knie los, um ihr Lachen mit der Hand zu ersticken. »Deine Hände«, knurrte Jace. »Upps!« »Während ich meiner wundervollen, gefügigen Gespielin beim Sex Befehle erteilen, sollte sie auf gar keinen Fall meine Schwester erwähnen. Niemals.« »Ja, Sir«, erwiderte sie züchtig. »Oder sollte ich lieber Ja, mein Herr und Meister sagen?« »Vorlaute Göre«, tadelte er sie milde. Jace liebte dieses unbeschwerte Wortgefecht, den Spaß und das Flirten mit ihr. Bethany hatte den heutigen Abend genossen, das war eindeutig. Er bekam eine andere Seite von ihr zu sehen. Er sah sie glücklich. Sein Herz wurde leicht, denn er erhaschte gerade einen Blick auf die Zukunft. Darauf, wie ihre Beziehung sein würde. Er kostete jede einzelne Sekunde aus und gierte nach mehr, denn von Bethany konnte er nie genug bekommen. Er leckte mit einer rauen Bewegung von ihrer Öffnung zu ihrem Kitzler, dann ließ er die Zunge immer wieder über den festen Knoten rollen und flattern, bis Bethany sich unter ihm verkrampfte. Während er weiter ihre Klitoris liebkoste, strich er mit dem Finger zärtlich über ihr feuchtes, geschwollenes Fleisch, dann drang er bis zum Knöchel in sie ein und übte mit der Fingerspitze Druck auf ihre Scheidenwand aus. »Jace!« »Ich will, dass du kommst«, verlangte er heiser. »Ich bringe dich zum Höhepunkt, und dann lecke ich dich trocken, während du auf meiner Zunge explodierst.« »Oh Gott«, wimmerte sie. Sie begann, um seinen Finger zu zucken, und badete ihn in einer neuen Flutwelle süßer Nässe. Er streichelte ihr schlüpfriges, seidenweiches Fleisch, während er ihren Kitzler mit der Zunge bearbeitete. Als ihre Atemzüge so hektisch wurden, als ob sie unter Sauerstoffmangel litt, zog er den Finger heraus und legte blitzschnell den Mund an ihren Eingang, um mit einer saugenden Bewegung die Zunge tief in sie hineinzuschieben. Sie ging ab wie eine Rakete, buckelte mit den Hüften und krallte die Finger so fest in seine Haare, dass es ihm fast wehtat, dabei drückte sie ihn mit aller Kraft an ihre Öffnung, als befürchtete sie, er könne mitten in ihrem Orgasmus aufhören. Sie bog den Rücken durch und drängte ihm unter wilden Zuckungen das Becken entgegen. Er saugte und leckte wie ein Verhungernder. Als sie zu erschlaffen begann und nur noch ihr Schoß gegen seinen Mund bebte, ging er zu sanfteren Streicheleinheiten über, um sie langsam von ihrer explosiven Erlösung zurückzuholen. Er wechselte zwischen gemächlichen Zungenstrichen und zärtlichen Küssen, um ihr noch immer zuckendes Fleisch zu beruhigen. »Darf ich jetzt ohnmächtig werden?«, wimmerte sie. Er lachte an ihrem Schoß, dann hob er den Kopf und suchte ihren Blick. Mit ihren glasigen Augen, den geröteten Wangen und den mit steifen Lippen genuschelten Worten wirkte sie noch betrunkener als zuvor. »Ich werde dich auf jeden Fall vögeln, Baby. Ob du bei Bewusstsein bist oder nicht. Allerdings würde ich dich wach bevorzugen.« »Mmm, ich mich auch. Aber, Jace?« »Ja, Baby?« »Ich bin beschwipst.« Er lachte. »Darauf wäre ich nie gekommen.« »Aber das war es wert, um von dir in diesen Schuhen genommen zu werden.« »Ich habe dich noch nicht genommen, Baby. Zu dem Teil komme ich erst noch.« Sie ließ ein weiteres verträumtes Seufzen hören. »Ich mag diese Schuhe.« Jace grinste. »Ich möchte, dass du sie trägst, während ich dich nehme.« »Wirst du mich jetzt endlich nehmen?« Die schmollende Ungeduld in ihrer Frage ließ ihn schmunzeln. Er glitt nach oben, bis er über ihr war, und ihr Atem beschleunigte sich, als sie zu ihm hochspähte. Die kokette Leichtigkeit war verflogen und purer Begierde gewichen. »Ich werde dich in deinen hübschen Mund vögeln, sobald ich mich dieser Klamotten entledigt habe.« Bethany leckte sich die Lippen, und Jace’ Ständer schrie praktisch danach, endlich aus der Hose herausgelassen zu werden. »Beeil dich«, flüsterte sie. »Oh, das werde ich«, gab er zurück. »Während ich mich ausziehe, möchte ich, dass du dich auf den Rücken legst, den Kopf zu mir, den Hals auf die Bettkante. Warte so auf mich. Ich werde mir deinen Mund vornehmen, als wäre es dein Hintern, dabei wirst du deine Schenkel geöffnet lassen, damit ich jederzeit wechseln kann.« Obwohl er ihr befohlen hatte, es zu tun, während er sich entkleidete, blieb er neben dem Bett stehen, bis er sich sicher sein konnte, dass sie nicht auf den Boden purzelte. Er half ihr dabei, ihren Kopf so zu positionieren, dass sie es bequem hatte, dann zog er sich in Rekordzeit aus. Seine Erektion sprang heraus. Sie tat höllisch weh, nachdem sie sich so lange in seine Hose hatte zwängen müssen. Seine Hoden pochten, und er war bereit, unverzüglich auf Tiefgang zu gehen. Doch da er vorhatte, Bethany auf drei verschiedene Arten zu nehmen, bevor er in ihrem Hintern kam, würde er sich zügeln. Sie würden das hier beide genießen, und wenn es ihn umbrächte. Er legte die Handflächen um ihr Gesicht, damit sie sich nicht bewegte, während sein Penis direkt über ihren Lippen wippte. »Mach den Mund auf, Baby«, wies er sie an. »Ich möchte, dass du dich entspannst und mir die ganze Arbeit überlässt. Bleib einfach still liegen, während ich es mit dir treibe.« Auf seinen Befehl hin öffnete sie die Lippen, und er tauchte in ihre feuchte Wärme ein. Seine Spitze glitt über ihre Zunge, und er verdrehte die Augen. Jesus, er würde in zwei Sekunden bersten. Jace beugte sich über sie und nahm eine dominante Haltung ein. Er spannte die Muskeln an, dann glitt sein Glied über ihre samtweiche Zunge bis zu ihrer Kehle, wo er einen Moment verharrte, bevor er sich mit einer sinnlichen, fließenden Bewegung aus ihr zurückzog. Bethany streckte die Hände nach hinten und tastete nach seinen Oberschenkeln, bevor sie sie so zögerlich, als wartete sie auf seine Erlaubnis, ihn berühren zu dürfen, um seinen Hintern wölbte. Jace genoss es viel zu sehr, um ihr zu befehlen, die Hände zurückzuziehen, vor allem, da sie sich in ihrem alkoholisierten Zustand fantastisch hemmungslos benahm und fest entschlossen zu sein schien, ihn auf erotischste Weise zu erkunden. Tiefe, sinnliche Laute stiegen aus ihrer Kehle und vibrierten um seinen Phallus, wann immer er tiefer vordrang. Als seine Bewegungen kraftvoller wurden, erfüllten nasse, saugende Geräusche das Zimmer. Es war geil. Alles an dieser Nacht war genau nach seinem Geschmack. Er hatte es nie zuvor mit einer betrunkenen Frau getrieben. Das war bisher immer ein Tabu für ihn gewesen, weil er sich nicht nachsagen lassen wollte, eine Frau auszunutzen, die sich ihrer Handlungen nicht voll bewusst war. Aber Bethany war ganz bei ihm. Sie wollte das hier. Sie hatte ihm mit glühenden Wangen und blitzenden Augen praktisch befohlen, sie in ihrem hinreißend angesäuselten Zustand in ihren Schuhen zu nehmen. Und er würde ihr ohne Einschränkung geben, was sie verlangte. Jace schloss die Augen, stellte sich auf die Zehenspitzen und verstärkte den Druck um ihr Gesicht, bevor er die Finger in ihre Haare wühlte und Bethany nötigte, seinen Stößen entgegenzukommen. Mit langen, tiefen, gleitenden Bewegungen dehnte er sein Vergnügen aus, fühlte jedes Lecken, jedes Saugen, jedes Blähen ihrer Wangen, bevor sie sich wieder entspannten. Dann hielt er inne, sein Atem ein heiseres Keuchen. Bethany protestierte leise, als er die Hände wegnahm und sie anlächelte, ehe er sich nach unten beugte und einen Kuss auf ihre nach oben gewandten Lippen drückte. »Ich werde mir jetzt deine Muschi vornehmen, Baby.« Ihre Augen begannen zu leuchten, und sie lächelte ihn töricht an. »Das ist gut. In welcher Stellung möchtest du mich?« Die simple Frage löste dunkles Begehren in ihm aus. Sie war so unterwürfig, so erpicht darauf, ihm zu gefallen. »Dreh dich um, und streck mir deine prachtvollen Beine entgegen. Ich werde sie um mich legen, dann packe ich dich an deinen Absätzen, spreize deine Schenkel weit auseinander und besorg es dir nach Strich und Faden.« Bethany erschauderte vor unkontrollierbarer Lust, dabei reckten sich ihm ihre Nippel so keck entgegen, dass Jace der Versuchung nicht widerstehen konnte, sich über sie zu beugen und zuerst den einen, dann den anderen in seinen Mund zu saugen. Stöhnend wand sie sich unter ihm, während er sie mit der Zunge neckte und stimulierte. »Das magst du, hm?«, fragte er leise lachend. »Mmm, sehr sogar.« Jace half ihr dabei, sich umzudrehen, und lächelte über ihren benommenen, verschleierten Schlafzimmerblick. Sie ließ sich rücklings aufs Bett fallen und öffnete die Beine. Einer ihrer Schuhe baumelte gerade noch so an ihren Zehen, darum schob er ihn wieder auf ihren Fuß, bevor er ihre Knöchel umfasste und sie grob an die Bettkante zog. Er winkelte ihre Knie an, legte sich ihre Beine um die Taille und penetrierte sie mit einem einzigen, wuchtigen Stoß. Sie keuchte. Er ebenfalls. Sie war zwar eng, dabei aber so feucht, dass sie ihn mühelos bis zu den Hoden aufnahm. Jace verharrte einen langen Moment reglos in ihr, während er sich darauf konzentrierte, nicht zu kommen. Dann hielt er sein Versprechen, indem er hinter sich fasste, ihre verhakten Knöchel löste, ihre Knie auf ihren Körper drückte und sie weit auseinanderspreizte. Seine Hände glitten über die teuren, glitzernden High Heels, dann schlossen sie sich um die schmalen, zehn Zentimeter langen Absätze. »Bist du bereit?«, fragte er mit einer Stimme, die so brüchig war wie seine Selbstbeherrschung. Bethany nickte, ihre strahlenden Augen schwerlidrig von den Auswirkungen des Alkohols. Dann begann er, sich mit harten, kraftvollen Bewegungen in sie hineinzustoßen. Sein Körper klatschte gegen ihren, während er ihre Stilettos fester umklammerte. Ihre Scheide verkrampfte sich um ihn, dann begann sie zu zucken, was ihm signalisierte, dass sie kurz vor dem Orgasmus stand. Aber er wollte nicht, dass sie kam. Noch nicht. Nicht, solange er nicht tief in ihrer Kehrseite steckte. Wenn sie wieder so schnell kam, wäre sie nicht bereit für den Analverkehr und er würde ihr Unbehagen bereiten, aber er wollte, dass das hier für sie beide perfekt war. »Versuch, dagegen anzukämpfen, Baby«, raunte er. »Ich werde dich noch eine Weile so nehmen. Ich liebe es auf diese Weise. Aber dann knöpfe ich mir deinen süßen Hintern vor, und erst dann darfst du kommen. »Ich möchte oben sein«, verkündete sie mit verführerisch gespitzten Lippen. Jace zog die Brauen hoch. »Meinst du, du kannst mich so hinten aufnehmen?« Bethany schob die Unterlippe vor, und er konnte sich kaum bezähmen, diesen sinnlichen vollen Mund zu küssen und an ihm zu saugen, bis sie keine Luft mehr bekam. »Ich möchte oben sein und es mit dir tun, während ich meine Stöckelschuhe trage. Ich weiß, dass ich gesagt habe, dass du mich in diesen Schuhen nehmen sollst, aber genauso gut könnte ich dich nehmen.« Leise lachend drang er wieder in sie ein und fing ihr Keuchen mit dem Mund auf. »Du weißt ja, dass ich dir nie etwas abschlagen kann, vor allem dann nicht, wenn du so eine niedliche Schnute ziehst.« Ihre Augen funkelten vor Aufregung. Jace beugte sich über sie und bedeckte ihren Körper mit seinem, während er ihre Füße an seinen Beinen hinabgleiten ließ. Er liebkoste ihre Nippel, indem er an ihnen saugte und die festen Spitzen mit der Zunge massierte. »Das fühlt sich so gut an«, seufzte sie. »Du hast einen unglaublichen Mund. Sogar, wenn ich nicht betrunken bin.« Er vibrierte vor Lachen auf ihrem Körper. »Dem Himmel sei Dank. Es wäre schlimm für mich zu wissen, dass ich im Bett nur dann etwas tauge, wenn du ordentlich einen im Tee hast.« Ungeduldig stemmte sie die Fäuste gegen seine Brust, und er musste sich ein weiteres Grinsen verkneifen. Eigentlich sollte er hier die Kontrolle zu haben, aber Bethany war fest entschlossen, ihren Willen durchzusetzen, und zwar sofort. Und es lag ihm fern, eine hinreißende, angetrunkene, lüsterne Frau zu bremsen, die sündhafte Pläne mit ihm hatte. Jace stieg von ihr runter und holte das Gleitmittel aus dem Nachttisch. Er kam zurück ins Bett und legte sich auf den Rücken, dann reichte er Bethany die Hand, um ihr zu helfen, sich auf ihn zu setzen. Er gab ihr die Tube, und seine Miene wurde für einen Augenblick ernst. »Ich weiß, dass du Spaß hast, Baby, aber ich will nicht, dass du dich dabei verletzt. Darum stell sicher, dass du genügend Gleitmittel benutzt, und dann lass es langsam und entspannt angehen, bis ich ganz in dir bin.« Ihr Lächeln war so bezaubernd, dass sein Herz einen Hüpfer tat. »Ich liebe dich«, seufzte sie, dabei verschluckte sie das ich ganz, dehnte das liebe zu zwei Worten aus und verwischte das dich. Jace empfand wieder tiefe Zärtlichkeit. »Ich liebe dich auch, Baby. Und jetzt tob dich an mir aus. Ich werde einfach nur hier liegen und dich dein Ding durchziehen lassen.« »Oh, das hört sich toll an«, schnurrte sie. Mit höchster Konzentration präparierte sie seinen Phallus mit dem Gleitmittel. Sie bestrich jeden Zentimeter damit, bis Jace glaubte, den Verstand zu verlieren. Wenn sie sich nicht beeilte, würde er es nie in sie hineinschaffen. Sobald sie mit ihrem Werk zufrieden war, warf sie die Tube beiseite und suchte seinen Blick mit unfokussierten, aber ernsten Augen. »Ich weiß überhaupt nicht, was ich zu tun habe«, sagte sie, als vertraute sie ihm etwas von immenser Wichtigkeit an. »Vielleicht werde ich deine Hilfe brauchen.« Jace unterdrückte ein Lachen, dann fasste er nach unten und nahm seine schlüpfrige Erektion in die Hand. »Stütz dich einfach weiter auf mir ab, wie du es gerade tust. Sobald ich dir das Kommando gebe, lässt du dich ganz langsam nach unten sinken. Ich passe auf dich auf.« Seufzend bedachte sie ihn mit einem weiteren strahlend hellen Lächeln. »Das weiß ich. Du passt doch immer auf mich auf.« Mit seiner freien Hand schob er ihre Hüften nach unten, dabei hielt er seinen Penis in Position. Er fasste nach hinten und teilte ihre Gesäßbacken, dann führte er seine Eichel an ihre gekräuselte Öffnung. Ihre Augen weiteten sich, als er sich in ihren engen Zugang zwängte. »Jetzt liegt alles bei dir«, sagte er. Bethany spannte konzentriert die Lippen an und presste die Handflächen auf seine Schultern, als sie sich nach unten zu drücken begann. Dank der großzügigen Menge Gleitmittel, die sie verwendet hatte, sowie der steinernen Härte seiner Erektion konnte er sie mühelos penetrieren. Mit beinahe komischer Miene hielt Bethany inne, sobald er zur Hälfte in ihr war. »Du bist riesig«, kommentierte sie. Jace lachte. »Mein Schwanz ist nicht gewachsen, Baby. Er hat dieselbe Größe wie immer.« »Na schön, aber er fühlt sich viel größer an«, grummelte sie. Und dann ließ sie sich ganz auf ihn gleiten und nahm ihn bis zur Wurzel auf. Der Druck, der dabei sofort entstand, ließ ihn aufkeuchen. Sie umschloss seinen Ständer wie eine Faust, drückte und molk ihn, als wollte sie jeden Tropfen aus ihm herauspressen. »Oh, verdammt«, stöhnte er. »Du musst dich bewegen, Baby. Das hier wird schnell zu Ende sein.« Bethany zog die Stirn kraus und schüttelte den Kopf. »Nicht, bevor ich es sage.« Er hob fragend eine Braue. »Du darfst erst kommen, wenn ich es erlaube«, verkündete sie mit wildem Blick. Er lachte wieder, dabei umfasste er ihre Hüften, um sie an Ort und Stelle zu halten. »Dann solltest du es mir lieber bald erlauben, denn ich werde so oder so kommen.« Bethany schaute missmutig drein, doch dann ließ sie sich nach hinten sinken, während ihre Hände von seiner Brust zu seinem Bauch wanderten. Sie kreiste probehalber mit dem Becken, ruckte sachte in die eine Richtung, dann in die andere, bis er kurz davor war, sie anzuflehen, damit aufzuhören. Sie würde ihn noch umbringen. Dann fand sie ihren Rhythmus und begann, sich auf und ab zu bewegen, ließ ihn halb aus sich herausgleiten, um sich wieder nach unten zu drücken und seine ganze Länge aufzunehmen. Jace hielt sie in der Balance, damit sie nicht zur Seite kippte, und hob die Hüften an, um ihr zu helfen. »Das ist nett«, sagte sie atemlos. »Nett?« Er musste wieder lachen. »Ich würde es nicht gerade als nett bezeichnen, Baby. Es ist die reinste Folter.« Sie schenkte ihm ein schelmisches, durchtriebenes Lächeln, während sie ihn, ihre Lider sinnlich auf Halbmast gesenkt, musterte. »Soll ich jetzt kommen?«, neckte sie ihn. »Zur Hölle, ja, solange ich mit dir kommen darf.« »Ich brauche ein wenig Unterstützung«, sagte sie. »Aber wenn ich meine Hände wegnehme, werde ich von dir runterfallen, und das will ich nicht.« Sein Körper vibrierte vor Erheiterung. »Nein, das würde ich auch nicht wollen. Halt dich einfach weiter an mir fest. Ich kümmere mich um dich, Baby.« Er nahm eine Hand von ihrer Hüfte und schob sie zwischen ihre Beine, um ihren Kitzler zu streicheln. Sie verkrampfte sich sofort auf ihm und schloss genüsslich die Augen. »Okay, du kannst jetzt kommen«, verkündete sie. Wäre sein Schwanz nicht kurz vorm Explodieren gewesen, hätte Jace wieder gelacht, aber er war schon zu weit über den Zenit hinaus, um sich darüber zu amüsieren, wie niedlich sie war. Stattdessen erhöhte er den Druck auf ihre Klitoris und begann, so tief in sie hineinzustoßen, wie er konnte. Bethany kam als Erste; sie warf den Kopf in den Nacken und schrie seinen Namen. Er musste sie auffangen, als sie schlaff und kraftlos nach vorn sackte. Jace schlang beide Arme um sie und schmiegte sie an sich, während er unermüdlich in sie hineinglitt. Er schloss die Augen und verkrampfte die Kiefermuskulatur, dann stieß er einen rauen Schrei aus, der von den Wänden widerhallte, als er in ihr explodierte. Schwall um Schwall entlud sich in ihren Körper. Der Orgasmus war übermächtig und dauerte endlos an. Seine Hoden waren steinhart, und sein Phallus bohrte sich fast bis an die Schmerzgrenze in sie hinein. Er hob ein letztes Mal die Hüften und stützte sich mit durchgebogenem Rücken ab. »Allmächtiger«, stöhnte er, als er sich von Bethanys Körper bedeckt zurück aufs Bett sinken ließ. Sie war warm, ermattet und befriedigt, und sie gehörte ihm allein. Sein Schwanz zuckte in ihr, und sie schmiegte das Gesicht an seine Brust. »Das müssen wir bald wieder machen«, nuschelte sie so leise, dass ihre Worte kaum zu verstehen waren. »Ich mag es, wenn du mich in meinen sexy Schuhen vögelst.« Noch immer von Nachbeben erschüttert, verstärkte Jace den Druck seiner Arme und drückte sie an sich. Er wollte sie nie wieder freigeben. »Baby, ich liebe es, auf jede erdenkliche Weise mit dir zu schlafen, aber diese Schuhe sind definitiv das Tüpfelchen auf dem i. Ich werde dir für jeden einzelnen Tag der Woche ein Paar kaufen, wenn ich mich anschließend auf das hier freuen kann.« 36 »Noch immer keine Spur von Kingston?«, fragte Jace entnervt. »Nein, Sir«, beschied Kaden ihm knapp. »Ich habe Trevor angewiesen, an den Orten nach ihm Ausschau zu halten, wo er und Bethany sich früher aufgehalten haben, aber bisher Fehlanzeige. Er ist auch nicht in das Apartment zurückgekehrt.« Jace seufzte. »Na gut. Halten Sie mich auf dem Laufenden.« Er beendete das Telefonat und lehnte sich in seinem Stuhl zurück. Als er aufsah, entdeckte er Ash, der mit besorgtem Blick in der Tür stand. »Probleme?«, fragte sein Freund, als er eintrat und sich setzte. Jace zuckte mit den Achseln. »Ja und nein.« Er musterte Ash genau und suchte nach dem Zorn in seinen Augen, der ihn seit den Feiertagen nicht mehr zu verlassen schien. Obwohl es typisch für seine Familie war, ihn bis Neujahr zu drangsalieren, waren sie ihm dieses Mal auch anschließend noch auf die Nerven gegangen, und entsprechend düster war seine Stimmung. »Möchtest du über irgendetwas reden?«, erkundigte Ash sich. »Da gibt es nicht viel zu reden. Von Kingston fehlt noch immer jede Spur. Was gut ist, versteh mich nicht falsch. Ich wünschte, er würde ein für alle Mal aus Bethanys Leben verschwinden. Aber sie ist krank vor Sorge, und das laugt sie allmählich aus.« »Ist sie denn nicht mit Mia und den anderen Hühnern ausgegangen?« Jace musste unwillkürlich lächeln, als er daran dachte, wie Bethany entzückend beschwipst die Verführerin gespielt hatte. Sein Körper reagierte noch immer, wenn er sich an die lustvolle Weise, auf die sie mit ihm Liebe gemacht hatte, zurückerinnerte. »Doch, sie war vor einer Woche mit ihnen aus. Sie hat sich amüsiert und sich ordentlich einen hinter die Binde gegossen. Anschließend wollte sie, dass ich sie in ihren High Heels vernasche«, erklärte Jace grinsend. Ash schüttelte den Kopf. »Das ist nicht fair. Du verlangst, dass ich noch nicht mal mehr an sie denke, gleichzeitig setzt du mir Bilder von ihr in den Kopf, in denen sie sturzbetrunken in Nimm-mich-Schuhen um Sex bettelt? Das ist echt nicht fair, Mann.« Jace hob die Hände, froh darüber, dass sie inzwischen darüber scherzen konnten, dass Ash mit ihr geschlafen hatte. »Das Problem trat auf, nachdem sie ihren Kater ausgeschlafen hatte – und wir es wieder miteinander getrieben hatten …«, fügte er hinzu, um noch ein bisschen in der Wunde zu stochern. Er erntete einen weiteren bösen Blick und lachte. »Jedenfalls ist das Problem, dass sie keine Sekunde an Jack gedacht hat, als sie mit Mia und den Mädels aus war. Als ihr das hinterher bewusst wurde, fühlte sie sich schuldig. Und jetzt ist sie wegen seines Verschwindens noch besorgter als zuvor.« »Schöne Scheiße«, kommentierte Ash. »Dieser Wichser.« »Vielleicht versucht er nur, das Richtige zu tun. Offen gesagt sind seine Gefühle ihr gegenüber nicht wirklich brüderlich. Bethany ahnt davon nichts, aber sie ist in solchen Dingen schrecklich naiv. Sie betrachtet ihn als ihren Bruder. Das weiß ich hundertprozentig. Andere Gefühle hegt sie nicht für ihn. Er hingegen sieht die Frau in ihr. Eine Frau, auf die er selbst scharf ist, darum war er nicht gerade begeistert, als sie sich mit mir einließ, weil sie dadurch für ihn unerreichbar wurde. Daher schätze ich, dass er entweder irgendwo seine Wunden leckt und Bethany nicht sehen will, weil er weiß, dass er sie nicht haben kann, oder er bemüht sich wirklich, das Richtige zu tun und sich aus ihrem Leben fernzuhalten, damit sie in die Zukunft sehen und glücklich werden kann. Aber das Problem ist, dass Bethany sich Sorgen macht und ihn vermisst.« »Da steckst du ja schön in der Klemme, Mann«, bemerkte Ash. »Allerdings. Ich möchte, dass sie glücklich ist, aber das wird erst passieren, wenn sie weiß, dass Jack in Sicherheit ist und jemand sich um ihn kümmert.« »Was willst du tun?« Jace zuckte mit den Achseln. »Wenn ich das nur wüsste. Momentan lasse ich Kaden und Trevor die Augen nach ihm offen halten. Was ich auf keinen Fall will, ist, dass er plötzlich bei Bethany auftaucht und keiner von uns in der Nähe ist. Ich traue ihm nicht über den Weg. Nicht nach der Scheiße, die er abgezogen hat.« Ash runzelte die Stirn. »Welche Scheiße? Sprichst du von etwas Spezifischem oder einfach nur von seiner lästigen Angewohnheit, auf- und abzutauchen, wie es ihm gefällt?« »Stimmt, das hatte ich dir ja gar nicht erzählt«, erkannte Jace. »Du weißt überhaupt nichts von dem ganzen Mist, der sich an dem Tag abgespielt hat, als alles den Bach runterging und ich dachte, ich hätte sie für immer verloren. Himmel. Das war die totale Katastrophe.« »Wovon sprichst du?« Jace lehnte sich seufzend zurück. »Jack ist bei ihr im Apartment aufgetaucht, nachdem ich sie auf dem Weg zur Arbeit dort abgesetzt hatte. Kaden rief mich an, um mich darüber zu informieren. Also bin ich hingefahren, aber Bethany war nicht da, dafür fand ich Jacks Rucksack in der Wohnung. Er war randvoll gefüllt mit Drogen. Wir reden hier von Stoff im Wert von mehreren Tausendern.« »Was zum Henker?« »Ja, das war auch meine erste Reaktion. Dann kam Bethany nach Hause, und ich hab mich wie ein Arschloch aufgeführt. Mir sind ein paar bescheuerte Sachen rausgerutscht, die ich nicht so gemeint habe. Ich habe ihr das Gefühl gegeben, eine Hungerleiderin zu sein. Sie ist abgehauen, ehe ich sie aufhalten konnte. Ich bin den restlichen Nachmittag halb durchgedreht, weil ich sie nicht finden konnte. Schließlich bekam ich einen Anruf, dass sie ins Apartment zurückgekehrt sei. Doch als ich dort ankam, war sie schon wieder weg. Dann rief mich der Portier bei mir zu Hause an, um mir zu sagen, dass sie dort sei, sich jedoch weigere, nach drinnen zu kommen. Sie stand draußen im strömenden Regen und hat sich den Hintern abgefroren.« »Heilige Scheiße.« »Oh, es kommt noch schlimmer.« Ash zog eine Braue hoch. »Tja, wenn ich mich entschließe, ein Arschloch zu sein, dann in aller Konsequenz.« »Oh, oh.« »Jedenfalls bin ich wieder zu mir nach Hause gefahren, und zu meiner immensen Erleichterung war Bethany noch immer da. Im Regen. Sie hat sich die Augen ausgeheult und mir mitgeteilt, dass es vorbei sei, dass ich ihr nicht guttue.« Jace musste sich unterbrechen, um sich zu sammeln, weil die Erinnerung an jenen Tag, daran, wozu er Bethany beinahe getrieben hätte, noch immer wie Feuer in ihm brannte. Sie hatte noch immer die Kraft, ihn in die Knie gehen zu lassen. Er war so kurz davor gewesen, Bethany zu verlieren. Und das nur, weil er derart besessen von ihr war, dass er in Bezug auf sie jedes Maß verlor. Sein Instinkt hatte ihn dazu verleitet, sie viel zu fest an die Kette zu legen, ihr die Regeln einzuhämmern und die alleinige Kontrolle zu übernehmen. »Sie war schrecklich aufgewühlt wegen unseres vorangegangenen Streits. Was ich zu dem Zeitpunkt noch nicht wusste, war, dass unser guter Freund Jack, ein Mann, der eigentlich die Verpflichtung gehabt hätte, auf Bethany aufzupassen, genau die Drogen, von denen sie früher abhängig gewesen war, in ihr Apartment gebracht hatte. Allem Anschein nach waren sie als kleines Geschenk für sie gedacht.« »Das darf doch nicht wahr sein«, entfuhr es Ash. »Sie sagte ihm, dass sie die Tabletten nicht wolle, trotzdem hat er das Zeug dort gelassen, und als sie in ihre Wohnung zurückkam – nachdem sie stundenlang im Regen umhergeirrt war, Rotz und Wasser heulend wegen dem Mist, den ich zu ihr gesagt hatte –, hätte sie fast eine Pille eingeworfen. Sie hatte sie schon im Mund und wollte sie gerade schlucken, als ihr klar wurde, was sie da tat, also hat sie die ganze Flasche in den Ausguss geleert.« »Tapferes Mädchen«, sagte Ash. »Ja. Bethany ist stark. Sie hält sich für schwach, aber in Wahrheit ist sie absolut charakterfest.« »Was ist dann passiert?«, fragte Ash. »Sie war wegen dem, was sie fast getan hätte, dermaßen am Boden zerstört, dass sie auf direktem Weg zu mir nach Hause gelaufen ist, um die Sache zu beenden. Sie war bereit, in ihr altes Leben zurückzukehren, denn dort wusste sie zumindest, wer sie war und wo sie hingehörte. Sie bildete sich ein, nicht gut genug für mich zu sein, außerdem könne sie die emotionale Belastung, die unsere Beziehung mit sich bringt, nicht länger ertragen.« »Mann, das klingt echt übel. Das tut mir leid für dich.« »Rückblickend betrachtet konnte uns vermutlich nichts Besseres passieren. Ich war gezwungen, ihr zuzuhören, dabei erfuhr ich auch von ihrer Vergangenheit, davon, was sie alles durchgemacht hatte und warum sie Kingston gegenüber so verdammt loyal ist. Aber es war eine höllisch harte Zeit, und ich bekomme noch immer Angstzustände, wenn ich mir vorstelle, wie nahe dran ich war, sie zu verlieren.« »Du liebst sie«, stellte Ash mit ruhiger Stimme fest. »Zur Hölle, ja. Und ob ich sie liebe. Ist das nicht offensichtlich?« »Nein, ich meinte, sie ist wirklich für dich bestimmt. Ich gebe zu, dass ich meine Zweifel hatte, aber sie ist die Richtige, Kumpel. Ich freue mich für euch beide. Es tut mir leid, dass ich dir anfangs solchen Kummer bereitet habe. Ich schulde Bethany eine gewaltige Entschuldigung.« Jace quittierte das mit einem schiefen Grinsen. »Ja, sie ist für mich bestimmt. Ich hätte es nie für möglich gehalten, dass ich mich derart Hals über Kopf in eine Frau verliebe, aber ich bin wie vom Blitz getroffen. Es ist gleichzeitig das beste und schlimmste Gefühl, das man sich vorstellen kann. Es ist kein Zuckerschlecken, derart hin und weg von einer Frau zu sein und mit dem Wissen leben zu müssen, dass sie einen verlassen könnte, wenn man nicht immer nach den Regeln spielt.« »Danke, ich verzichte«, bemerkte Ash lakonisch. »Dann bin ich inzwischen wohl der Einzige, der sich noch an das Motto Spiel mit vollem Einsatz und lebe frei hält.« »Idiot. Aber warte nur, bis es dich erwischt, Kumpel. Gabe und ich werden uns totlachen.« Ash schnaubte verächtlich. »Darauf könnt ihr lange warten.« »Was ist eigentlich mit deiner satanischen Familie los? Warum geht sie dir immer noch auf den Senkel?« Ash seufzte. »Ich möchte lieber nicht über sie sprechen. Das versaut mir den Tag.« Jace sah ihn weiter erwartungsvoll an. »Es geht um denselben Scheiß wie immer. Offensichtlich fühlt sich der liebe Großvater nicht gut. Er ist überzeugt, dass er jeden Tag den Löffel abgeben könnte. Auch wenn er das schon seit Jahren behauptet. Es ist sein innigster Wunsch, seine geschätzte, liebende Familie um sein Sterbebett versammelt zu sehen. Meine Eltern sind lediglich besorgt, dass er sie aus seinem Testament streichen könnte, wenn ich nicht spure. Darum setzen sie mir ständig zu, damit ich zu Familienessen erscheine und mich mit dem Rest des Klans vertrage. Opportunistische Blutegel, allesamt.« Jace verzog das Gesicht. »Das tut mir leid, Kumpel. Das ist echt zum Kotzen.« »Erzähl mir was Neues.« »Hast du ihnen gesagt, dass sie dich am Arsch lecken können?« Ash schwieg und senkte den Blick. Jace rutschte sofort auf dem Stuhl nach vorn. »Du hast es ihnen doch gesagt, oder?« Ash seufzte. »Ich hänge an dem Alten. Er ist der Einzige, der sich je für mich interessiert hat. Ginge es nur um meine Eltern und meine Geschwister, dann würde ich ihnen sagen, dass sie mich am Arsch lecken können.« »Herrje, du willst es also tun? Du wirst dich ihm zuliebe tatsächlich mit ihnen vertragen?« »Ich weiß noch nicht, was ich tun werde«, antwortete er. »Ich habe mich noch nicht entschieden. Sie haben mich für nächste Woche zum Essen eingeladen. Großvater wird da sein. Die ganze beschissene Familie wird da sein.« »Ich begleite dich«, sagte Jace sofort. »Gabe auch. Und Mia.« Ash sah wieder zu ihm hoch, und in seinen grünen Augen schimmerte ein Ausdruck tiefer Zuneigung. »Ihr wisst, dass ich euch liebe. Ihr habt mich immer unterstützt. Das werde ich euch nie vergessen. Aber Gabe und du, ihr habt jetzt Mia und Bethany. Ich will die beiden nicht – und auch Gabe oder dich nicht – diesem Natternnest, das sich meine Familie schimpft, aussetzen.« »Das ist doch Blödsinn«, widersprach Jace ungeduldig. »Wir sind deine Familie, und du bist unsere. Und in einer Familie lässt man einander nicht im Stich.« »Ich bin inzwischen erwachsen. Ich kann mit dem Scheiß, den sie verzapfen, umgehen. Es wäre mir lieber, wir würden Mia und Bethany nicht ihren Manipulationen aussetzen. Sie sind selbst an guten Tagen heimtückische Ratten. Kannst du dir vorstellen, was sie Bethany antun würden, wenn sie von ihrer Vergangenheit wüssten? Sie würden sie ohne mit der Wimper zu zucken in Stücke reißen. Möchtest du ihr das wirklich zumuten, solange die Sache zwischen euch noch so frisch ist?« Jace schüttelte den Kopf. »Nein. Wir müssen sie nicht mitnehmen. Ich kann mit dir kommen und Bethany zu Hause lassen. Vielleicht könnte Mia den Abend mit ihr verbringen. Aber ich möchte auf keinen Fall, dass du ohne Rückendeckung dorthin gehst.« Ash stand auf. »Das weiß ich zu schätzen, Mann. Mehr, als du je ahnen wirst. Aber es gibt Dinge, die ich allein regeln muss. Zum Beispiel diese Sache. Ich werde hingehen und ihnen klarmachen, dass sie nicht mehr wie bisher mit mir umspringen können. Ich lasse mich bei Großvater sehen, der Rest kann mich kreuzweise.« »Okay. Aber solltest du es dir anders überlegen, dann weißt du, dass Gabe und ich dich jederzeit begleiten würden.« »Ja, das weiß ich. Danke.« Ash steuerte zur Tür, dann drehte er sich noch mal um. »Soll ich bei meinen Kontakten mal nachhaken, ob Kingston sich wieder Geld geliehen hat oder bis zum Hals in der Scheiße steckt? Ich könnte die Fühler ausstrecken und sehen, ob irgendwas dabei rauskommt. Vielleicht erfahre ich sogar, wo er sich versteckt.« Jace dachte kurz nach, dann schüttelte er den Kopf. »Nein. Manchmal ist Unwissenheit ein Segen. Ich möchte nicht in die Situation geraten, Bethany anlügen zu müssen, und wenn ich wüsste, dass Jack in Schwierigkeiten steckt, würde ich sie definitiv anlügen. Ich möchte nicht, dass sie in irgendeiner Form in diese Sache verwickelt wird. Es ist besser, wenn keiner von uns etwas weiß.« Ash nickte. »In Ordnung. Sag mir Bescheid, falls du deine Meinung ändern solltest.« »Das mache ich. Und, Ash? Halt mich auf dem Laufenden, okay? Wir treffen uns nach deinem Essen mit deiner satanischen Familie. Du, ich, Gabe, Mia und Bethany. Dann werden wir zusammen essen.« »Das klingt gut. Wir sehen uns.« Mit schwerem Herzen beobachtete Jace, wie Ash das Zimmer verließ. Er vermisste die flotten Dreier, die sie sich früher zusammen gegönnt hatten, kein bisschen, aber ihm fehlte dieses besondere Band zwischen ihnen. Es war eine vertrackte Situation, denn sie waren Freunde, die viele Jahre lang fast alles miteinander geteilt hatten, und plötzlich war alles ganz anders. Er hatte Ash kaum gesehen, seit er mit Bethany zusammen war. Er und Gabe waren völlig auf die Frauen, die sie liebten, fokussiert und hatten Ash nach und nach aus dem engen Kreis gedrängt, in dem er früher ein so wichtiger Bestandteil gewesen war. Sein Telefon klingelte, und er nahm ab. Wenige Minuten später war er fluchend auf dem Weg zu Gabes Büro. »Was zum Teufel ist mit dem Paris-Deal passiert?«, fuhr er ihn an. »Ich bekam gerade einen Anruf, dass unsere beiden Hauptinvestoren abgesprungen sind.« 37 Bethany nahm ab, als das Telefon läutete, und meldete sich mit einem zögerlichen Hallo. »Miss Willis, Mr McIntyre ist hier. Soll ich ihn nach oben schicken?« Ihr Puls beschleunigte sich. Jace war noch nicht zu Hause, dabei war es später als sonst. Vielleicht dachte Ash, dass er schon hier wäre? »Äh, natürlich«, stammelte sie. Nervös rieb sie mit den Handflächen über ihre Jeans, dann schalt sie sich selbst. Ash war seit der Nacht, als sie mit ihm und Jace geschlafen hatte, stets der Inbegriff von Höflichkeit und Freundlichkeit gewesen. Es bestand kein Grund, dass sie jedes Mal, wenn sie ihm gegenübertreten musste, zum Nervenbündel mutierte. Wenige Augenblicke später ging der Fahrstuhl auf und Ash stieg heraus. »Hallo, Bethany«, begrüßte er sie mit einem warmen Lächeln. »Hallo, Ash. Jace ist noch nicht hier.« Er runzelte die Stirn. »Mist. Ich dachte, er wäre schon zu Hause. Ich muss ihm dringend einen Ordner geben. Uns geht gerade ein wichtiger Deal durch die Lappen. Vielleicht ist er länger im Büro geblieben, um zu retten, was zu retten ist.« Sie zog die Brauen zusammen. »Das klingt übel. Ist es wirklich so schlimm?« Ash lächelte verhalten. »Wir werden es in den Griff bekommen. So was passiert ständig. Nur ein stinknormaler Tag im Büro.« »Komm doch rein. Wo sind nur meine Manieren geblieben, dass ich dich einfach da stehen lasse? Warum setzt du dich nicht ins Wohnzimmer? Jace kommt bestimmt jeden Moment. Möchtest du einen heißen Kakao? Ich war gerade dabei, mir einen zu machen.« »Gern«, sagte er und folgte ihr. »Trinkst du einen mit?« Sein unverkrampfter Charme entlockte ihr ein Lächeln, und sie entspannte sich. »Ja, mach es dir gemütlich, während ich uns beiden eine Tasse hole.« Bethany hantierte in der Küche, erwärmte zwei Becher Milch und rührte die Schokolade hinein. Sie süßte ihren Kakao, dann hielt sie inne, weil sie nicht wusste, wie Ash seinen trank. Schließlich zuckte sie mit den Achseln und bereitete ihn genauso zu wie ihren. Sie trug die Tassen ins Wohnzimmer und reichte ihm eine. »Danke, Bethany.« Er schaute sie über seinen Becher hinweg an, als sie sich in den Sessel sinken ließ, der ein gutes Stück von ihm entfernt stand. »Und, wie geht es dir?«, fragte er ruhig. »Ausgezeichnet«, versicherte sie ihm überschwänglich. Seine Miene drückte eindeutig aus, dass er ihr das nicht abnahm. Bethany seufzte. »Es geht mir wirklich gut. Aber ich mache mir Sorgen um Jack. Was dumm ist, aber ich komme einfach nicht dagegen an. Wahrscheinlich fühle ich mich schuldig, weil ich nun so viel habe und er hat noch immer gar nichts.« »Ich würde eine kostenlose Unterkunft nicht unbedingt als gar nichts bezeichnen«, wandte Ash trocken ein. Bethany ließ die Schultern hängen. »Du hast recht. Und ich schätze, das regt mich am meisten auf. Jace ist ein hohes Risiko eingegangen. Und zwar mir zuliebe. Ich weiß, dass er das Ganze hasst, und das ist nur zu verständlich. Aber er hat es für mich getan, und auch für Jack, weil er wusste, dass es mich glücklich machen würde. Es kotzt mich einfach an, dass Jack sich so bescheuert benimmt.« Ihre Miene war verbittert, und sie realisierte, dass sie ernsthaft wütend war. Sorge und Angst hatten sie so sehr in Anspruch genommen, dass sie sich bisher nicht wirklich damit auseinandergesetzt hatte, wie sauer sie auf Jack war, weil er dem, was Jace für ihn tat, so wenig Wertschätzung entgegenbrachte. »Er könnte mich wenigstens wissen lassen, wie es ihm geht, verstehst du?« Bethany wurde mit jeder Sekunde ärgerlicher. »Ja, das könnte er«, pflichtete Ash ihr bei. »Aber, Süße, hör mir zu. Du musst aufhören, so viel emotionale Energie auf den Kerl zu verschwenden. Er ist erwachsen. Du kannst ihm seine Entscheidungen nicht abnehmen, und ganz sicher musst du dich nicht schuldig fühlen, weil du dein Leben auf die Reihe gekriegt hast und er sich weigert, dasselbe zu tun.« »Du hast recht. Ich weiß, dass du recht hast, trotzdem ist es hart. Es fällt mir unglaublich schwer, mich um hundertachtzig Grad zu drehen, nachdem Jack viele Jahre lang die Hauptrolle in meinem Leben gespielt hat. Für mich ist es völlig normal, mich um ihn zu sorgen, denn das habe ich immer getan.« Ash räusperte sich. »Tatsächlich gibt es da eine Sache, über die ich mit dir reden wollte. Jetzt wäre ein guter Zeitpunkt, da wir uns unter vier Augen unterhalten können. Wir beide haben uns seit jener Nacht nur wenige Male gesehen, und es ist nicht gerade ein Thema, das ich im Beisein anderer erörtern möchte.« Heiße Röte stieg ihr in die Wangen. Oh Gott. Er wollte über die Nacht reden, als sie zu dritt Sex gehabt hatten. Tiefe Beschämung überkam sie, und sie konnte ihm nicht in die Augen sehen. »Süße, schau mich an«, forderte Ash sie sanft auf. Bethany ließ ihren Kakao auf dem Couchtisch stehen, als sie aufsprang und Ash den Rücken zukehrte, um durch das Fenster auf die Stadt zu starren. Draußen begannen die ersten Lichter zu funkeln, als der Tag der Dämmerung wich. »Bethany.« Sie zuckte zusammen, denn seine Stimme erklang direkt hinter ihr. Ash war ihr zum Fenster gefolgt, und jetzt blieb ihr nichts anderes übrig, als sich der Situation zu stellen. Er berührte ihre Schulter, woraufhin sie sich langsam zu ihm umdrehte und ihn ansah. Seine Augen blickten warm und verständnisvoll. »Bestimmt denkst auch du, dass ich nicht gut genug für ihn bin«, sagte sie gepresst. »Kein Wunder, wenn man bedenkt, wie wir uns kennengelernt haben. An jenem Abend …« Ash legte den Finger auf ihre Lippen. »Das ist totaler Schwachsinn«, erklärte er unverblümt. »Ich muss bei dir Abbitte leisten, und das werde ich jetzt tun.« Ihre Augen wurden groß. »Wofür solltest du denn Abbitte leisten?« »Dafür, dass ich die Sache zwischen dir und Jace anfangs tatsächlich nicht für eine gute Idee hielt. Ich bin sein Freund, und ich war in Sorge.« Sie nickte mit bangem Herzen. Natürlich hatte sie geahnt, dass seine Freunde nicht begeistert reagieren würden, aber es ausgesprochen zu hören, machte es irgendwie noch schlimmer, als es selbst nur zu denken. »Ich habe mich geirrt.« Bethany blinzelte verdattert. »Wirklich?« »Ich war zu einhundert Prozent auf dem Holzweg. Du bist das Beste, was Jace je passiert ist. Ich habe diese Nacht nicht erwähnt, um dich in Verlegenheit zu bringen, sondern weil ich nicht möchte, dass diese Beklommenheit zwischen uns beiden weiter anhält. Jace ist wie ein Bruder für mich. Wir sind seit vielen Jahren befreundet. Ich will nicht, dass sich daran etwas ändert. Du bist ihm wichtig. Er ist mir wichtig. Damit bist auch du mir wichtig.« »Wirklich?«, wiederholte sie leise. Ash lächelte. »Ja, wirklich. Ich behaupte nicht, dass ich jene Nacht nicht genossen hätte. Denn das habe ich. Du bist eine bildschöne, begehrenswerte Frau. Daran kann ich nichts ändern und würde es auch nicht wollen. Du bist etwas Besonderes, Bethany. Aber Jace liebt dich über alle Maßen, und ich kann sehen, dass du seine Liebe erwiderst. Was ich mir wünschen würde, ist, dass wir diese Nacht vergessen und noch mal neu anfangen. Ich möchte, dass wir Freunde werden.« Bethany strahlte vor Freude. »Das möchte ich auch.« Ash streckte die Hand aus und strich mit dem Daumen über ihre Wange. »Dann sind wir es ab jetzt.« »Was zur Hölle geht hier vor sich?« Jace’ Stimme schlug wie eine Bombe im Wohnzimmer ein. Bethany zuckte erschrocken zusammen, und Ashs Hand glitt von ihrem Gesicht, als beide zu Jace herumwirbelten. Bethany riss alarmiert die Augen auf, während sich Ashs vor Entrüstung verdunkelten. In Jace’ Blick loderte heller Zorn. Jace betätigte die Ruftaste des Aufzugs, dann fuhr er vor Ungeduld kochend zu seiner Wohnung hoch. Hinter ihm lag ein katastrophaler Tag, nachdem zwei der Investoren für ihr Hotelprojekt in Paris einen Rückzieher gemacht hatten. Er hatte lange und hart daran gearbeitet, sie dafür zu gewinnen, und jetzt sprangen sie in der letzten Sekunde ab. Gabe und er hatten den Großteil des Nachmittags am Telefon verbracht, um herauszufinden, was in Dreiteufelsnamen passiert war, deshalb war er wesentlich später als geplant aus dem Büro gekommen. Das Einzige, was er jetzt noch wollte, war, Bethany zu sehen, sie in ein hübsches Restaurant auszuführen und den Rest der Nacht Liebe mit ihr zu machen. Der nächste Morgen würde ein Albtraum werden, denn nach der Absage ihrer beiden Hauptinvestoren stand zu befürchten, dass andere ihrem Beispiel folgen würden. Sie mussten Schadensbegrenzung betreiben, und das zügig. Selbst wenn das bedeutete, weiteres Eigenkapital in das Projekt zu stecken. Als die Fahrstuhltüren aufglitten, fiel sein Blick auf Bethany und Ash, die im Wohnzimmer vor dem Fenster standen. Sie lächelte. Ihr ganzes Gesicht strahlte wie ein verfluchter Christbaum. Es war das erste Mal seit einer Woche, dass Jace sie mit so viel Enthusiasmus lächeln sah. Sie schaute Ash an, als hätte er ihr gerade die Sterne vom Himmel geholt. Und dann berührte Ash ihre Wange. Es war absolut keine beiläufige Geste, und bei Jace begannen sämtliche Alarmglocken zu schrillen. Dazu dieser Ausdruck auf Ashs Gesicht. So zärtlich und voller Zuneigung. Was war hier los? Ihm brannten die Sicherungen durch, die Folge eines beschissenen Tages, der noch beschissener geworden war, seit er Ash in seiner Wohnung entdeckt und ihn dabei ertappt hatte, wie er Bethany berührte, während sie ihn auf eine Weise anlächelte, wie sie ihn, Jace, seit Tagen nicht angelächelt hatte. Das Einzige, woran er denken konnte, war jene erste Nacht. An Ashs Lippen auf ihrer Haut, an seinen Schwanz in ihrem Mund, ihrem Hintern. Das lustvolle Stöhnen, das Ash ihr entlockt hatte. Es raubte ihm den Verstand. »Was zur Hölle geht hier vor sich?«, fragte er eisig. Ash und Bethany wirbelten zu ihm herum, dabei glitt Ashs Hand von Bethanys Gesicht. Ihre Augen weiteten sich vor Bestürzung, während Ash sofort eine angepisste Miene aufsetzte. Scheiß drauf. »Ash hat hier auf dich gewartet«, sagte Bethany leise. »Ja, das ist nicht zu übersehen«, knurrte Jace. »Weißt du was? Fick dich, Mann«, fuhr Ash ihn an. »Ich kann nicht fassen, dass du auf diese Weise hier reinpolterst, vor allem nicht nach unserem heutigen Gespräch im Büro. Aber noch weniger kann ich fassen, wie despektierlich du Bethany behandelst.« »So, wie ich das sehe, bin ich derjenige, der hier despektierlich behandelt wird, und das auch noch in meiner eigenen Wohnung«, brüllte Jace. »Ich hau ab«, verkündete Ash grimmig. Er hielt inne und warf Bethany einen entschuldigenden Blick zu. »Es tut mir aufrichtig leid, Süße. Solltest du irgendetwas brauchen, ruf mich an, okay?« Das brachte Jace noch mehr zur Weißglut. Die Dreistigkeit, mit der Ash suggerierte, dass Bethany ihn als Konsequenz dessen, was auch immer zur Hölle hier gerade vor sich ging, brauchen könnte. »Mir tut es auch leid«, wisperte sie. Die Kränkung stand ihr ins Gesicht geschrieben, und heiße Röte überzog ihre Wangen. Als Ash an Jace vorbeistolzierte, murmelte er: »Was bist du nur für ein Arschloch.« Dann verschwand er im Aufzug. Als Jace den Blick wieder auf Bethany heftete, um eine Erklärung von ihr zu verlangen, schwammen Tränen in ihren Augen, und sie ließ niedergeschlagen die Schultern hängen. Sie sah ihn noch nicht einmal an. Sein Magen krampfte sich zusammen, und er bedauerte augenblicklich die voreiligen Schlüsse, die er gezogen hatte. Dabei waren es noch nicht mal Schlüsse gewesen. Er hatte blind um sich geschlagen, weil er von seinem Arbeitstag wütend, frustriert und erschöpft gewesen war. Er hatte sich nichts weiter gewünscht, als einen ruhigen Abend mit Bethany zu verbringen, doch dann hatte er sie und Ash in dieser innigen Vertrautheit gesehen. Scheiße. Er hatte es schon wieder getan. Er hatte die Klappe aufgerissen, ohne nachzudenken, und jetzt kämpfte Bethany mit den Tränen. Er hatte sie gedemütigt und im gleichen Atemzug seinen besten Freund vergrault. Er schien es sich allmählich zur Gewohnheit zu machen, sich wie ein Arschloch allererster Güte aufzuführen. »Bethany«, sagte er leise und trat zu ihr. Sie zuckte zurück, als er sie zu berühren versuchte. Dann wandte sie den Kopf ab, damit er ihre Tränen nicht sah. Das machte ihn noch wütender. Nicht auf sie, sondern auf sich selbst. Weil er es wieder mal verbockt hatte. »Du vertraust mir noch immer nicht«, flüsterte sie mit zitternder Stimme. »Ich weiß nicht, warum wir es überhaupt noch versucht haben. Ich kann das nicht, Jace. Ich kann nicht mit einem Mann zusammen sein, der fortwährend das Schlimmste von mir denkt, obwohl ich nichts tue, um diesen Argwohn zu verdienen. Ich habe dir alles geschenkt, was ich besitze. Mein Vertrauen, mein Herz. Du magst mir materielle Dinge gegeben haben, aber nichts, was wirklich zählt.« »Meine Liebe zählt also nicht?« Jetzt wandte sie ihm doch ihren tränenverschleierten Blick zu. Ihr Gesicht war eine starre Maske der Entschlossenheit, und sie hatte die Lippen zu einem dünnen Strich zusammengepresst. »Du kannst dich nicht hinstellen und behaupten, mich zu lieben, wenn du gleichzeitig so gering von mir denkst. Du magst mich begehren, vielleicht bist du sogar in mich verknallt. Aber du liebst mich nicht.« »Sag mir nicht, dass ich dich nicht liebe!« Sein Puls toste in seinen Ohren, und die Panik schnürte ihm die Kehle zu. Natürlich liebte er sie, und das Schlimmste war, dass er ihr auch vertraute. Nachdem er sich beruhigt hatte, war ihm sofort klar geworden, dass Bethany und Ash ihn niemals hintergehen würden. Er vertraute ihr, und ganz sicher vertraute er auch seinem besten Freund. Keiner von beiden würde ihn jemals betrügen. Doch er hatte emotional reagiert und seinen Frust an den beiden Menschen ausgelassen, die ihm am wichtigsten waren. Weil er ein jähzorniger Hitzkopf war, der dazu neigte, die Personen, die ihm nahestanden, anzugreifen. Gott, er musste sich in den Griff bekommen. Und auf der Stelle damit anfangen. »Du sagst, dass du mich liebst, aber dein Verhalten spricht eine andere Sprache«, fuhr Bethany mit leiser, resignierter Stimme fort. »Worte allein haben keine Bedeutung. Deine Aktionen und Reaktionen sind das Einzige, worauf es ankommt. Was stimmt nicht mit dir? Du hast noch nicht mal gefragt, warum Ash hergekommen ist. Was er hier wollte. Das Einzige, was du gefragt hast, und das mit dieser harten, anklagenden Stimme, war, was zur Hölle hier vor sich geht. Dabei wolltest du noch nicht mal wirklich eine Antwort auf die Frage. Es war mehr ein Aha! Ich hab euch in flagranti erwischt!« Jace schloss die Augen. »Es tut mir so leid, Baby. Ich weiß verdammt genau, dass ich euch nicht bei irgendwelchen Heimlichkeiten ertappt habe. Ich wusste es auch vorhin schon. Ich war in mieser Stimmung, weil ich einen beschissenen Tag hatte, und das habe ich an dir und Ash ausgelassen.« »Entschuldige dich bei ihm«, sagte sie mit erstickter Stimme. »Du hast ihm eine entsetzliche Kränkung zugefügt. Er ist dein bester Freund. Ihr seid seit zwanzig Jahren beste Freunde. Mich kennst du erst seit ein paar Wochen, darum kann ich dir vermutlich nicht mehr Vertrauen abverlangen. Aber was du von ihm gedacht hast, war das Allerletzte.« »Ich weiß, Baby, ich weiß. Und ich werde mich definitiv bei ihm entschuldigen, aber zuerst muss ich das mit dir in Ordnung bringen.« »Das kannst du nicht in Ordnung bringen«, entgegnete sie bekümmert. »Du kannst hundertmal behaupten, dass du mich liebst und mir vertraust, dadurch wird es nicht wahrer.« »Was soll das heißen?«, fragte er und war vor Angst wie gelähmt. »Dass ich meine Sachen packen und gehen werde. Und, nein, ich werde mich nicht irrational verhalten und einfach weglaufen. Aber ich kann hier nicht bleiben. Jetzt nicht mehr. Ich werde in das andere Apartment zurückkehren. Jack benutzt es sowieso nicht. Anschließend überlege ich mir, wie es weitergehen soll.« Sie wollte sich ins Schlafzimmer zurückziehen, doch er hielt sie am Arm fest und zog sie ungestüm an seine Brust. »Nein, du wirst nicht gehen«, sagte er mit wilder Entschlossenheit. »Du gehst nirgendwohin. Wir hatten dieses Thema doch schon, Baby. Du bleibst und kämpfst. Bewirf mich mit Dingen. Schrei mich an. Tu, was immer du tun musst. Aber du wirst bleiben und um das, was wir haben, kämpfen.« Ihr Blick war tief betrübt, als sie ihn direkt ansah. »Was soll es mir bringen zu kämpfen, wenn du es nicht auch tust?« Jace schnappte nach Luft. Dann verstärkte er den Griff seiner Hände an ihren Schultern und presste die Finger gegen ihren Körper, damit sie nicht zitterten. »Du gehst heute Nacht nirgendwohin«, wiederholte er grimmig. »Es ist kalt, und es schneit. Du bleibst hier, wo du in Sicherheit bist.« Bethany schloss die Augen und wandte seufzend das Gesicht ab. »Na gut. Ich werde auf der Couch schlafen.« »Den Teufel wirst du tun.« Er griff an das Halsband und schnippte gegen den Diamanten. »Du schläfst in meinem Bett. Das ist nicht verhandelbar. Du wirst auf keinen Fall auf der verflixten Couch schlafen.« Ihre Schultern sackten noch tiefer, dann befreite sie sich aus seinem Klammergriff. Wortlos verschwand sie im Schlafzimmer und ließ Jace, der sich von Sekunde zu Sekunde mehr über sich selbst ärgerte, zurück. Verdammt. Er musste Ash erwischen, bevor diese Sache außer Kontrolle geriet. Er hatte sich wie der letzte Vollidiot aufgeführt. Er würde Bethany eine Verschnaufpause gönnen, unterdessen Ash aufspüren, sich bei ihm entschuldigen und hierher zurückkehren, nachdem sich die Gemüter beruhigt hatten. Anschließend würde er katzbuckeln und bei allem, was ihm heilig war, schwören, in Zukunft seine verdammte Klappe zu halten. Er zog sein Handy heraus und wählte Ashs Nummer. »Was zum Teufel willst du?«, fragte Ash barsch. Seine Stimme klang so aufgebracht, dass Jace zusammenzuckte. »Bist du weit weg?« »Ich steige gerade in den Wagen.« »Tu das nicht. Lass ihn Runden um den Block drehen. Ich bin sofort unten. Wir treffen uns in der Lobby.« »Fick dich.« »Tu es einfach, Ash«, bat Jace ihn. »Wir wissen beide, dass ich mich wie ein Arschloch benommen habe. Ich lasse nicht zu, dass du so angepisst nach Hause fährst.« »Zu spät«, fauchte Ash. »Ich bin in zwei Minuten unten.« Er unterbrach die Verbindung und hoffte, dass Ash nicht so angefressen war, dass er sich weigern würde, wieder nach drinnen zu kommen. Er fühlte sich schon jetzt wie der größte Trottel auf Erden. Jace hastete in den Aufzug und fuhr nach unten in die Lobby. Dort angekommen positionierte er sich so, dass er es mitbekommen würde, falls Bethany zu türmen versuchte. Er schaute zum Eingang, dann fiel ihm ein riesiger Stein vom Herzen, als sein Freund wieder durch die Tür kam. Ash entdeckte Jace, und sein Gesicht verfinsterte sich merklich, während er auf ihn zuhielt. »Was ist eigentlich dein verdammtes Problem, Mann?«, zischte er. »Ich kann einfach nicht glauben, was für eine beschissene Nummer du da eben abgezogen hast. Abgesehen davon, dass du mich tierisch beleidigt hast, musstest du auch noch Bethany fertigmachen. Eine Frau, die nichts weiter verbrochen hat, als dich zu lieben und deine ständigen Ausraster zu erdulden. Möchtest du vielleicht noch mal drüber reden, was für ein Arschloch du neulich warst? Oder lieber über die Scheiße, die du gerade über uns ausgekübelt hast?« Jace hob abwehrend die Hände. »Es tut mir leid, Ash. Ich weiß, dass zwischen euch nichts läuft. Wirklich. Daran zweifle ich nicht ansatzweise. Ich muss auch nicht erfahren, was zwischen euch vorgefallen ist, denn ich bin ganz sicher, dass es völlig harmlos war. Ich hatte einen beschissenen Tag, darum wollte ich nur noch heim zu Bethany, aber als ich reinkam und sah, dass du sie berührst und sie dich anlächelt … Gott, mich hat sie seit Tagen nicht mehr so angelächelt. Sie hat übers ganze Gesicht gestrahlt, sie sah so glücklich und atemberaubend schön aus, dass es wehtat, sie anzuschauen. Da bin ich einfach ausgerastet. Das war dumm von mir. Ihr hattet das beide nicht verdient. Ich habe meinen Ärger und meinen Frust an euch ausgelassen.« Ash starrte ihn einen langen Moment wortlos an. »Diese Scheiße muss aufhören«, sagte er schließlich. »Das war das zweite Mal, dass du mich auf diese Weise attackiert hast. Ein drittes Mal lasse ich dir nicht durchgehen.« »Das verstehe ich voll und ganz.« »Was sollte das bloß, Mann? Dachtest du wirklich, sie würde dich hintergehen? Oder ist es einfach nur deine kranke Art, uns dafür zu bestrafen, dass wir in jener ersten Nacht Sex miteinander hatten? Weil sie das nämlich nicht verdient hätte. Bethany hat nichts weiter getan, als das Angebot, das wir ihr offeriert haben, anzunehmen, trotzdem lässt du sie seitdem in einer Tour dafür büßen. Wenn du schon jemandem die Schuld geben musst, dann gib sie dir selbst. Wärst du von Anfang an ehrlich gewesen, hätte diese Nacht nicht stattgefunden und du müsstest dich, wenn du sie ansiehst, nie daran erinnern, wie ich sie genommen habe.« Ashs schonungslose Feststellung schlug Jace gewaltig auf den Magen, doch sein Freund hatte recht. Zu hundert Prozent sogar. Die Sache war vielleicht etwas komplizierter, trotzdem hatte Ash etwas erkannt, das Jace erst jetzt klar wurde. In gewisser Weise ließ er Bethany tatsächlich für etwas büßen, das sie noch nicht mal selbst verschuldet hatte. Er ertrug es nicht, sie und Ash zusammen zu sehen, weil es ihn an jene Nacht erinnerte. Zwar hatte er heute in seinem Büro mit Ash darüber scherzen können, aber das lag nur daran, dass Bethany nicht dabei gewesen war. »Nein, ich glaube nicht, dass sie mich hintergehen würde«, sagte Jace ruhig. »Und du hast recht. Sie verdient das nicht. Du verdienst das nicht. Ich konnte dich nicht heimfahren lassen, ohne mich bei dir zu entschuldigen. Ich möchte nicht, dass diese Sache noch länger zwischen uns steht.« »Wenn du das nicht möchtest, dann musst du Kompromisse eingehen, Jace. Weil Bethany und ich nämlich darüber hinweg sind. Wir haben unseren Frieden mit dem, was geschehen ist, gemacht und sehen nach vorn. Allerdings ist es ihr noch immer entsetzlich peinlich, wodurch das, was du getan hast, noch schlimmer wird. Wir haben uns ausgesprochen. Das war es, was wir getan haben, als du reingestürmt kamst und dich wie ein Steinzeitmensch aufgeführt hast.« Jace zog die Brauen zusammen. »Was meinst du damit, ihr habt euch ausgesprochen?« »Ich habe ihr gesagt, dass sie sich in meiner Gegenwart nicht unbehaglich fühlen muss und dass ich möchte, dass wir Freunde werden. Ich weiß, wie sie mich ansieht, wenn wir uns begegnen, wie unangenehm ihr das ist. Ihr beide seid jetzt ein Paar, darum fand ich es wichtig, diese Sache aus der Welt zu schaffen, damit die Situation zwischen uns so normal und locker wie möglich wird. Das war es, wobei du mich ertappt hast, Jace. Und nicht dabei, wie ich deine Freundin angrabe.« Jace rieb sich die Schläfen. »Es tut mir leid. Ich habe es mal wieder verbockt. Das scheint momentan das Einzige zu sein, was ich kann.« »Und warum bist du jetzt hier unten, um dich bei mir zu entschuldigen, obwohl du eigentlich Bethany um Verzeihung anflehen müsstest?« Jace atmete bedächtig aus. »Sie ist sauer auf mich.« »Verständlicherweise.« »Ja, absolut.« »Also, warum bist du dann nicht bei ihr?«, ließ Ash nicht locker. »Sag mir nicht, dass du sie aufgibst. Denn solltest du das tun, verspreche ich dir hier und jetzt, dass ich deinen Platz einnehmen und mich nicht wie das letzte Arschloch aufführen werde.« Jace’ Nasenflügel flatterten. »Was soll das heißen? Also hast du doch Gefühle für sie.« Ash schüttelte den Kopf. »Ich weiß nur, dass sie eine schöne, begehrenswerte, unglaublich süße Frau ist. Allein dadurch hebt sie sich schon kilometerweit von den Weibern ab, mit denen wir uns sonst vergnügen. Ich wäre absolut zufrieden damit zu sehen, wohin unsere Beziehung führt. Dass wir im Bett kompatibel sind, das weiß ich ja bereits.« »Fick dich«, knurrte Jace. Ash grinste verschmitzt. »Dann solltest du vielleicht deinen Hintern in den Aufzug schwingen und dafür sorgen, dass sie dich nicht in den Wind schießt.« Jace wich seinem Blick aus. »Dieses Mal ist irgendetwas anders. Bethany wirkt nicht so sehr wütend, sondern eher … besiegt. Das jagt mir eine höllische Angst ein. In ihren Augen standen Tränen, aber sie hat versucht, das vor mir zu verbergen, als wollte sie mich nicht auf diese Weise manipulieren. Sie kam mir so resigniert, so sachlich vor. Dieses Mal bin ich zu weit gegangen, Ash. Vertrauen war schon früher ein Thema zwischen uns. Meine Zunge war mal wieder schneller als mein Verstand. Ich habe Bethany zur Schnecke gemacht und gemeine Dinge gesagt, die ich nicht so gemeint habe, und sie damit verletzt. So, wie ich sie schon neulich verletzt habe. Ich bin nicht sicher, ob sie mir dieses Mal so schnell vergeben wird.« »Nun, das wirst du erst rausfinden, wenn du deinen Allerwertesten nach oben schaffst«, bemerkte Ash ruhig. »Sind wir noch Freunde?«, fragte Jace leise. Ashs Schultern hoben und senkten sich, als er tief durchatmete. »Ja, Mann, wir sind noch Freunde. Aber ich schwöre bei Gott, ein drittes Mal kommst du mit dieser Scheiße bei mir nicht durch.« Jace nickte und reckte die Faust in die Luft. Ash stieß seine dagegen. So hart, dass Jace fast vor Schmerz das Gesicht verzog, als Ashs Knöchel auf seine krachten. »Und jetzt kümmere dich um dein Mädchen«, befahl Ash. »Andernfalls tue ich es.« Jace sah ihn finster an, und Ash lachte. »Ich wusste, dass dich das motivieren würde«, bemerkte er belustigt. Jace boxte ihn gegen den Arm, dann drehte er sich zum Aufzug um. »Bis später, Kumpel.« »Lass mich wissen, wie es mit Bethany läuft.« »Versprochen.« Als Jace ins Schlafzimmer trat, stellte er fest, dass Bethany bereits im Bett lag. Sie hatte sich zu einem Ball zusammengerollt, ihr Rücken zeigte zur Bettmitte, ihr Gesicht war abgewandt. Außerdem trug sie einen Pyjama, obwohl sie im Bett sonst nie etwas anhatte. Das war eine seiner Regeln – und die erste, gegen die sie demonstrativ verstoßen hatte. Jace seufzte, wohl wissend, dass er sie nicht ins Gebet nehmen würde, weil sie sich seinem »Keine Kleidung im Bett«-Diktat nicht unterworfen hatte. Er zog sich aus und glitt neben sie. Dann rutschte er näher heran, bis ihr Rücken seine Brust berührte, schlang einen Arm um sie und zog sie fester an sich. Sie wurde stocksteif vor Anspannung. »Wir müssen reden, Baby.« Bethany schüttelte den Kopf. »Nein. Nicht heute Nacht. Ich habe dir nichts zu sagen. Ich bin zu durcheinander, und am Ende werfen wir uns nur Dinge an den Kopf, die wir hinterher bereuen. Ist es nicht das, von dem du behauptest, dass es dir regelmäßig passiert? Dass du Sachen sagst, die du nicht so meinst? Ich würde zur Abwechslung gern mal etwas hören, das du tatsächlich so meinst. Ich bin es leid zu mutmaßen. Ich bin es leid, auf Samtpfoten um dich herumzuschleichen und nie zu wissen, wie du etwas aufnehmen, wie du reagieren oder auf welche abstruse Weise du etwas interpretieren wirst, das absolut bedeutungslos ist.« Seufzend küsste Jace ihre Schulter, dann ließ er die Lippen auf ihrer Haut verweilen. »Du hast gar nichts gegessen. Es ist noch früh.« »Ich bin nicht hungrig«, entgegnete sie tonlos. »Bitte, Jace, lass mich einfach allein. Ich werde nicht weglaufen. Iss du etwas, oder tu, worauf immer du Lust hast, aber lass mich diese Sache allein verarbeiten.« Er löste sich von ihr, rollte sich auf den Rücken und starrte an die Decke. »Es bedrückt mich zu sehen, wie du hier liegst und leidest, weil ich dich verletzt habe, Baby.« Bethany antwortete nicht, aber er bemerkte das leichte Beben ihrer Schultern und fluchte im Stillen. Sie weinte. Und sie wollte allein gelassen werden. Sie wollte sich nicht trösten lassen, wollte nicht, dass er sie in den Arm nahm, wollte nicht von ihm gehalten werden. Jace kniff die Augen zu. Er hatte es dermaßen vermasselt. Schlimmer noch als beim letzten Mal. Wann würde er je damit aufhören? Wie sollte er morgen zur Arbeit gehen, gelähmt von der Angst, Bethany könne verschwinden, sobald er außer Sichtweite war? Er konnte so nicht weitermachen. Und er wusste, dass sie es auch nicht konnte. Er zerstörte sie mit seinem Misstrauen. Dabei vertraute er ihr doch eigentlich. Vielleicht war das hier die Folge davon, dass ihre Beziehung erst wenige Wochen alt war. Jedes Paar musste sich erst zusammenraufen, oder? Er hatte ein schnelles Tempo vorgelegt, das wusste er. Die meisten Menschen dehnten die Ausgeh- und Kennenlernphase länger aus, als er das getan hatte. Doch wenn er etwas wollte, hatte er sein Ziel schon immer mit unbeirrbarer Entschlossenheit verfolgt. Bethany bildete da keine Ausnahme. In dem Wissen, dass er niemals so früh Schlaf finden würde, stand Jace auf. Bethany wandte ihm weiterhin den Rücken zu, aber sie war eindeutig noch wach. Ihr Körper war viel zu steif, als dass sie eingeschlafen sein konnte. »Ich gehe in die Küche und mache mir was zu essen«, sagte er sanft. »Ich würde mich freuen, wenn du mir Gesellschaft leistest. Ich kann dir auch etwas ans Bett bringen.« Bethany schniefte leise, und sein Herz zog sich zusammen. Verdammt. Sie weinte noch immer. Angst und Zerknirschung lagen miteinander im Wettstreit, als er sich umdrehte und das Schlafzimmer verließ. Er hatte gesagt, dass er ihr vertraute. Dazu gehörte auch, ihr den Freiraum zu lassen, die Dinge auf ihre Weise zu verarbeiten. Solange sie es in seiner Wohnung, in seinem Bett, in seiner Nähe tat, kam er damit zurecht. Er hatte gesagt, dass er ihr vertraute. Es war an der Zeit, ihr zu beweisen, dass er es auch so meinte. Jace machte sich ein Sandwich, wenn auch mehr, um sich zu beschäftigen als aus Appetit. Er dachte an die Zeit zurück, als Gabe Mia schrecklich enttäuscht hatte. Sie hatte Jace damals gesagt, dass Gabe jede Hoffnung darauf, sie zurückzugewinnen, begraben könne, es sei denn, er würde einen Kniefall vor ihr machen. Und er hatte einen Kniefall gemacht. Er hatte sich vor halb New York City zum Affen gemacht, um Mia zurückzubekommen. Jace hatte es damals nicht ganz verstanden. Er hatte Gabes Verhalten ein bisschen zu melodramatisch gefunden, aber inzwischen konnte er seinem Freund die Verzweiflung, die er empfunden hatte, nachfühlen. Auch Jace würde einen Kniefall machen. Er würde tun, was immer nötig war, um Bethany zum Bleiben zu bewegen. Nachdem er Stunden damit verbracht hatte, sich jedes einzelne Wort, das er sagen wollte, zurechtzulegen, kehrte er ins Schlafzimmer zurück, nur um festzustellen, dass das Licht aus war. Bethany war extra aufgestanden, um das Zimmer zu verdunkeln. Als er sich ins Bett legte, konnte er ihre tiefen Atemzüge hören, aber was ihn am meisten schmerzte, war die Tatsache, dass sie selbst im Schlaf noch leise hickste, was darauf hindeutete, dass sie eine ganze Weile geweint haben musste. Jace kuschelte sich an sie und inhalierte ihren süßen Duft. Er vergrub das Gesicht in ihren Haaren, legte den Arm um ihre Mitte und schmiegte sie an seinen Körper. Der Schlaf ließ lange auf sich warten, und als er endlich kam, war er erfüllt von gespenstischen Visionen eines Lebens ohne Bethany. 38 Bethany wurde davon wach, dass weiche Lippen über ihre Schulter strichen. Sie zuckte zusammen, als sie die Augen aufschlug und ihr sofort ein heftiger Schmerz durch den Kopf fuhr. Ihre Augen waren dick und verquollen. Ihre Kehle war rau und kratzig von den Tränen, die sie letzte Nacht vergossen hatte. »Baby, wach doch bitte auf.« Jace’ sanfte Stimme drang an ihr Ohr, und sie schloss wieder die Augen, als eine neue Welle des Schmerzes sie überrollte. »Bethany, bitte sieh mich an.« Widerwillig drehte sie sich halb auf den Rücken, um Jace anschauen zu können. Er zuckte zusammen, als er ihr Gesicht sah. Seiner Reaktion nach zu urteilen musste sie wirklich schlimm aussehen. Er streichelte ihre Wange, dann beugte er sich zu ihr, um sie zu küssen. »Baby, ich weiß, dass ich mich falsch verhalten habe. Ich war nicht fair zu dir, und auch zu Ash nicht. Mit Ash konnte ich die Sache bereinigen, aber ich muss auch noch bei dir Abbitte leisten.« Jace verstummte einen Moment, um ihr die Zeit zu geben, seine Worte zu verdauen, ehe er fortfuhr. »Ich muss heute Morgen ins Büro. Es sei denn, du möchtest, dass ich bleibe und wir uns jetzt aussprechen. Nichts ist mir wichtiger als du. Aber falls du mehr Zeit brauchst, werde ich ins Büro fahren, ein paar Anrufe erledigen, mich kurz mit Gabe und Ash besprechen, dann komme ich zurück, damit wir diese Sache aus der Welt schaffen können.« Bethany nickte, da ihre Kehle zu kratzig war, um zu sprechen. »Ich möchte, dass du dich ausruhst und den Tag langsam angehen lässt«, fügte er mit warmer Stimme hinzu. »Sobald ich wieder da bin, werden wir reden. Anschließend gehen wir essen und verbringen den Abend zusammen. Nur du und ich.« »Okay«, krächzte sie heiser. Als er sich vom Bett entfernte, rollte sie sich wieder auf die Seite, schloss die Augen und driftete zurück in die schwarze Leere. Ihre Gedanken waren ein heilloses Durcheinander. Sie hatte die ganze Nacht über die Situation nachgedacht. Erst eine Stunde vor Tagesanbruch war sie endlich richtig eingeschlafen. Das Problem war, dass sie nichts tun konnte, um die Sache zwischen Jace und ihr in Ordnung zu bringen. Entweder er vertraute ihr, oder er tat es nicht. Es gab keine Zwischenlösung. Und Bethany konnte keinen Einfluss darauf nehmen. Es lag allein bei ihm, und wenn er ihr nicht vertraute, würde nichts, was sie tat oder sagte, je etwas daran ändern. Bethany bezweifelte nicht, dass Jace ernsthaft bereute, was gestern Abend passiert war. Doch das bedeutete weder, dass er ihr tatsächlich vertraute, noch, dass es nicht wieder passieren würde. Sie hörte, wie er sich zügig für die Arbeit fertig machte. Als es für ihn Zeit wurde zu gehen, kam er zurück zum Bett und beugte sich zu ihr herab, um sie auf die Stirn zu küssen. Er verweilte noch einen Moment, als widerstrebte es ihm, sie allein zu lassen. Ein Teil von ihr wollte nicht, dass er ging, er wollte, dass Jace blieb und sie in die Arme nahm, damit sie sich einreden konnte, es gäbe gar kein Problem zwischen ihnen. Der andere Teil brannte darauf, dass er sie allein ließ, damit sie in Ruhe ihr Gefühlschaos ordnen konnte. Dann zog er sich zurück, nachdem er ihr das Haar aus dem Gesicht und aus der Stirn gestrichen hatte. Sie hörte seine Schritte, als er das Schlafzimmer verließ, bis sie schließlich verklangen. Erneut brannten Tränen in ihren Augen. Bethany kniff die Lider fest zusammen, entschlossen, nicht wieder zu weinen. Sie hatte die ganze Nacht zerrissen zwischen Zorn und tiefer Traurigkeit zugebracht. Es stand noch immer kein eindeutiger Sieger fest. Jace und Jack hatten dafür gesorgt, dass sie seit Tagen eine katastrophale Achterbahnfahrt der Gefühle durchmachte. Bethany döste immer wieder ein, dabei warf sie jedes Mal, wenn sie aufwachte, einen Blick auf die Uhr. Schließlich realisierte sie, dass sie sich wünschte, die Zeit würde schneller vergehen, denn sie wusste, dass Jace früher als üblich zu Hause sein würde. Trotz allem, was passiert war, konnte sie es nicht erwarten, ihn zu sehen. Sie seufzte, als ihr klar wurde, dass sie ihm verzeihen, ihm eine neue Chance geben würde. Die Frage war nur, ob Jace sich wirklich bemühen würde, in Zukunft sein Temperament zu zügeln und seine Zunge im Zaum zu halten. Manche würden ihr vielleicht raten, sich ein dickeres Fell zuzulegen, aber das würde sie nicht tun. Niemand verdiente es, bei lebendigem Leib gehäutet zu werden, nur weil ein anderer miese Laune hatte. Jeder hatte mal einen schlechten Tag, aber das rechtfertigte noch lange nicht, dass man es an anderen ausließ. Der Zorn fühlte sich wesentlich besser an als die deprimierte Erschöpfung, die sie am Vorabend empfunden hatte. Mit Zorn konnte sie umgehen. Er bewirkte, dass sie sich stärker und weniger verletzlich fühlte. Verzweiflung und Tränen führten zu nichts. Gleichzeitig war es eine unumstößliche Tatsache, dass Vertrauen Zeit erforderte. Verhielt sie sich Jace gegenüber wirklich fair? Er kannte sie erst so kurz, und Vertrauen musste man sich verdienen. Und inwiefern hatte sie das getan? Bethany spürte, wie sie eine tiefe Ruhe überkam. Sie konnten eine Lösung finden. Vertrauen entstand nicht automatisch. Manchmal dauerte es Monate, wenn nicht sogar Jahre, um es aufzubauen. Nichts in ihrem Leben oder in ihrer Vergangenheit lud zwingend dazu ein, sofort an sie zu glauben. Aber Jace bemühte sich nach Kräften. Das wusste sie ohne jeden Zweifel. Ihr Handy klingelte. Bethany nahm es und spähte auf das LCD-Display, insgeheim darauf hoffend, dass es Jace sein würde. Sie runzelte die Stirn, als sie Kadens als Kontakt gespeicherten Namen las. »Hallo?« »Miss Willis, hier sprich Kaden. Ich habe versucht, Mr Crestwell zu erreichen, aber er kann momentan nicht ans Telefon kommen. Ich wollte Bescheid sagen, das Mr Kingston in das Apartment zurückgekehrt ist.« Bethany fuhr mit einem Ruck hoch. »Jack ist dort?« »Ja, Ma’am. Seit einer halben Stunde.« Sie warf die Decke beiseite und schwang die Beine über den Bettrand. »Wo sind Sie gerade? Sind Sie noch vor Ort?« »Ja, Ma’am.« »Ich bin gleich da. Bitte, bleiben Sie dort. Jace würde es nicht gutheißen, wenn ich mit Jack allein wäre. Aber lassen Sie ihn um Himmels willen nicht gehen, bevor ich eintreffe.« Kaden zögerte einen kurzen Moment. »Na schön. Ich werde hier warten, aber ich begleite Sie nach oben. Das ist meine Bedingung.« »Kein Problem«, versicherte sie hastig. »Ich mache mich sofort auf den Weg.« Bethany beendete das Gespräch und stürzte aus dem Bett, um sich anzuziehen. Sie sah schrecklich mitgenommen aus, aber sie würde sich nicht die Zeit nehmen, um zu duschen und sich in einen vorzeigbaren Zustand zu bringen. Jack würde sich vielleicht nicht lange dort aufhalten. Wer wusste schon, was in seinem Kopf vorging? Wenige Minuten später fuhr sie nach unten in die Lobby und bat den Pförtner, ihr ein Taxi zu rufen. Sie brauchte eine gute Viertelstunde, bis sie das Apartmenthaus erreichte. Kaden erwartete sie schon vor dem Haupteingang. »Ist er noch da?«, fragte sie atemlos, während sie zur Tür hetzte. »Ja. Ich werde mit Ihnen nach oben fahren. Ich habe eine Nachricht bei Mr Crestwells Empfangsdame hinterlassen, aber sie sagte, dass er noch eine ganze Weile in einem Meeting hinter geschlossenen Türen sein werde.« »Natürlich«, murmelte Bethany, als sie in den Aufzug stiegen. »Er ist heute Morgen sehr beschäftigt.« Sie benutzte ihren Schlüssel, um sich Zutritt zu der Wohnung zu verschaffen. Kaden blieb dicht an ihrer Seite, als sie eintraten. »Jack«, flüsterte sie, als sie ihn an der Bar in der Küche entdeckte. Er riss den Kopf hoch, und seine Augen blitzten vor Überraschung über ihr unerwartetes Auftauchen. Sie eilte um den Tresen herum und schloss ihn ungestüm in die Arme. »Jack, ich war ja so in Sorge. Wo hast du gesteckt? Warum hast du nicht angerufen? Wieso hast du mich das Schlimmste befürchten lassen?« Jack schob sie ein Stück von sich weg und grinste sie schief an. Er sah schrecklich aus und war noch blasser und dünner geworden. Er sah fertiger aus als je zuvor. Die dunklen Schatten um seine Augen verrieten, dass er seit einer Ewigkeit nicht geschlafen hatte. »Ich hatte was zu erledigen, Schatz. Das habe ich dir doch gesagt.« Eine Welle des Zorns erfasste sie. »Was für ein ausgemachter Schwachsinn! Du hattest eine schöne Wohnung. Jace hat das alles für dich getan. Und dir ist noch nicht mal in den Sinn gekommen, dass ich krank vor Sorge um dich sein könnte?« Jacks Miene verdüsterte sich. »Er hat das nicht für mich getan, Bethy. Er tat es für dich, und das wissen wir beide.« »Macht es einen Unterschied, für wen er es getan hat?«, fragte sie schrill. »Ja, den macht es.« Aufgebracht drehte sie sich zu Kaden um, der mit unlesbarer Miene hinter ihr stand. »Würden Sie uns bitte einen Moment allein lassen?« Er schien nicht begeistert darüber zu sein. »Er wird mir nichts tun«, versicherte sie ihm verzweifelt. »Sie können draußen vor der Tür warten. Solange Sie dort Wache halten, kann keiner von uns hier weg.« Kaden hob resigniert die Schultern, dann ging er widerstrebend aus dem Zimmer und zog die Tür hinter sich zu. Bethany wandte sich wieder Jack zu. »Was ist denn bloß los mit dir, Jack? Was ist mit diesen Drogen? In was bist du da reingeraten?« Ein freudloser Ausdruck trat in seine Augen. »Komm, ich mache dir einen Kakao. Ich wollte selbst gerade einen trinken. Dann können wir uns unterhalten. Du frierst, und ich sage das nicht gern, Bethy, aber du siehst beschissen aus. Kümmert Crestwell sich doch nicht so gut um dich, wie er es versprochen hat?« Die Anschuldigung in Jacks Tonfall heizte ihre Wut nur noch weiter an. Jack machte sich daran, eine zweite Tasse Milch zu erhitzen, dann stellte er sie neben seine und rührte das Kakaopulver hinein, während Bethany neben ihm stand und weiter vor Zorn kochte. »Jace kümmert sich bestens um mich. Aber hier geht es nicht um mich, sondern um dich. Du hast gerade die Chance, etwas Besseres aus deinem Leben zu machen. Wieso bist du so fest entschlossen, sie nicht zu ergreifen? Jace ist bereit, dich so lange wie nötig hier wohnen zu lassen. Du könntest dir einen echten Job suchen und dem Leben, das du momentan führst, entkommen.« Jack hörte auf, in der Tasse zu rühren, ging zurück zur Spüle, ließ den Löffel hineinfallen und räumte die Milch weg. Bethany schnappte sich einen der Becher vom Tresen, dann wechselte sie ins Wohnzimmer und setzte sich auf die Couch. Sie musste ihren Zorn unter Kontrolle bringen. Aber er nagte an ihr. Dies war nicht der Jack, den sie kannte. Er schien sich völlig aufgegeben zu haben. Es machte sie fuchsteufelswild, dass er die Chance auf etwas Besseres hatte und sie einfach mit Füßen trat. Bethany nippte an ihrer Schokolade und genoss das warme Gefühl im Bauch. Jack setzte sich ihr gegenüber auf den Sessel. Er hielt seine eigene Tasse zwischen den Händen, trank jedoch nicht daraus. Stattdessen sah er Bethany mit traurigen Augen an. »Mach dir keine Sorgen um mich, Bethy. Du hast jetzt ein neues Leben und einen Mann, der dich liebt. Darauf musst du dich konzentrieren und nicht auf mich.« Sie gab einen erschöpften Laut von sich, dann trank sie ihren Kakao zur Hälfte aus. »Ich kann nicht einfach aufhören, mich um dich zu sorgen, Jack. Ich tue das schon zu viele Jahre. Das kann ich nicht einfach ablegen, nur weil sich meine Umstände verändert haben. Warum gibst du nicht besser auf dich Acht?« »Ich bin zurückgekommen, um dich von dem Telefon hier anzurufen«, erklärte er ruhig. »Ich wollte mich verabschieden.« Vor Bestürzung schlug ihr das Herz bis zum Hals. »Verabschieden? Wo willst du denn hin?« »Weg«, sagte er schlicht. Eine weitere Erklärung gab er ihr nicht. »Aber wohin?«, bedrängte sie ihn. »Was ist dein Plan? Tu das nicht, Jack. Bitte. Ich flehe dich an. Bleib hier. Ich helfe dir, einen Job zu finden. Du kannst ein gutes Leben haben. Du kannst das Ruder noch herumreißen. Bitte, ich liebe dich doch.« Er schaute sie zärtlich an. »Nein, du liebst mich nicht, Bethy. Nicht so, wie du ihn liebst. Ich weiß, dass er gut zu dir ist. Und du hast es dir verdient. Du verdienst mehr, als ich dir je geben könnte. Es reicht mir, wenn du glücklich bist. Mehr habe ich mir nie gewünscht.« »Nur weil ich ihn liebe, bedeutet das nicht, dass ich für dich weniger empfinde«, sagte sie eindringlich. »Es ist nur eine andere Art von Liebe. Du bist mein Bruder, Jack. Meine Familie.« »Ich bin nicht dein Bruder«, widersprach er leise. Da endlich fiel bei ihr der Groschen, und sie fragte sich, wie sie so blind hatte sein können. Sie schnappte nach Luft, als sich der Raum um sie zu drehen begann. Blinzelnd versuchte sie, sich gegen den plötzlichen Schwindel zu wehren, aber das Zimmer kreiste weiter um sie. Sie runzelte die Stirn und schüttelte den Kopf, um wieder einen klaren Gedanken zu fassen. »Du hast Gefühle für mich«, wisperte sie. »Du siehst in mir nicht deine Schwester.« »Jetzt begreifst du es endlich«, erwiderte er mit einem verbitterten Unterton in der Stimme. Bethany senkte den Kopf und schloss die Augen, doch dann hatte sie Mühe, sie wieder zu öffnen. Gott, was war nur los mit ihr? Auf einmal konnte sie nicht mehr klar denken, konnte nicht einmal die Worte formulieren, die sie sagen wollte. »Es tut mir so leid, Jack.« Ihre Stimme klang undeutlich, und ihre Zunge fühlte sich an, als wäre sie geschwollen. »Das wusste ich nicht. Ich habe das nie realisiert. Ich liebe Jace. Ich liebe ihn aus tiefster Seele. Dich liebe ich auch, aber eben nicht auf diese Weise. Es tut mir unendlich leid. Ich wollte dir nie wehtun.« Ihre Umgebung verlor zunehmend an Schärfe. Bethany versuchte aufzustehen, aber ihre Beine wollten ihr nicht gehorchen. Schwankend stemmte sie sich hoch. Sie bemerkte Jacks alarmierte Reaktion, dann trat ein Ausdruck von Panik in seine Augen. Er sah in seine Tasse, dann schnappte er sich ihre und fluchte, als er sah, dass sie leer war. »Jack?«, wimmerte sie. Irgendetwas stimmte ganz und gar nicht mit ihr. »Ich fühle mich nicht so gut.« Das Letzte, was sie sah, war, wie Jack auf sie zuhechtete, aber er schaffte es nicht mehr rechtzeitig. Bethany knallte auf den Boden, dann wurde alles schwarz. 39 »Mr Crestwell, bitte entschuldigen Sie die Störung, aber ein gewisser Kaden Ginsberg versucht dringend, Sie zu erreichen. Ich sagte ihm, dass Sie in einem Meeting sind, aber er besteht darauf, sofort mit Ihnen zu sprechen.« Jace sprang wie von der Tarantel gestochen von seinem Stuhl hoch und stürmte aus dem Büro, in dem er, Gabe und Ash gerade eine Telefonkonferenz mit einer Gruppe von Investoren für ihr Hotel in Paris abhielten. Ash und Gabe standen beide besorgt auf, als er ohne ein weiteres Wort in seinem eigenen Büro verschwand. »Hier Crestwell«, bellte er, kaum dass er den Hörer abgenommen hatte. »Mr Crestwell, Sie müssen so schnell wie möglich zum Roosevelt Hospital kommen«, teilte Kaden ihm ohne Vorrede mit. Jace gefror das Blut in den Adern, und er musste sich setzen, weil seine Beine nachzugeben drohten. »Was ist passiert?« »Es geht um Miss Willis. Ich rief sie heute Morgen an, um sie darüber zu informieren, dass Kingston in das Apartment zurückgekehrt ist. Ich habe sie selbst nach oben begleitet und bin bei ihr geblieben. Ich ging nur einmal kurz vor die Tür, damit die beiden etwas unter vier Augen besprechen konnten. Als ich wieder reinkam, lag sie bewusstlos auf dem Wohnzimmerboden.« »Was zum Teufel?«, explodierte Jace. »Sir, die Sache sieht nicht gut aus. Es geht ihr sehr schlecht. Vermutlich eine Überdosis«, fuhr Kaden bedrückt fort. Jace blieb fast das Herz stehen, und Panik schoss in ihm hoch. Er konnte nicht sprechen, nicht klar denken. Eine Überdosis? Oh Gott. Hatte Bethany etwa versucht, sich das Leben zu nehmen? Hatte er sie dazu getrieben? »Eine Überdosis?«, krächzte er. »Sind Sie sicher?« »Nein, sicher bin ich mir nicht. Ich rief einen Krankenwagen, aber ihre Atmung war so schwach, dass ich sie kaum noch feststellen konnte. Ich hatte schreckliche Angst. Ich habe eine Mund-zu-Mund-Beatmung durchgeführt. Ihr Puls war kaum vorhanden. Als die Sanitäter eintrafen, haben sie sie intubiert und so schnell wie möglich in den Krankenwagen verladen. Wir sind gerade auf dem Weg in die Klinik. Es dürfte nur noch ein paar Minuten dauern.« »Wir treffen uns dort«, sagte Jace knapp. Er legte auf und hetzte los, dabei rannte er in Gabe und Ash hinein, die in der Tür standen und zugehört hatten. »Was zum Teufel ist passiert?«, fragte Ash. »Bethany ist auf dem Weg ins Krankenhaus. Es sieht nicht gut aus«, würgte Jace hervor. »Eine Überdosis.« »Großer Gott«, keuchte Gabe. »Ich muss zu ihr«, verkündete Jace und versuchte, sich an seinen Freunden vorbeizudrängen. »Auf keinen Fall. Du bist nicht in der Verfassung, um irgendwo hinzufahren«, widersprach Ash und hielt ihn am Arm fest. »Gabe und ich bringen dich hin.« »Es ist mir scheißegal, wer fährt. Hauptsache, ich gelange so schnell wie möglich zu ihr«, donnerte Jace. »Ganz ruhig, Mann«, sagte Gabe. »Reiß dich zusammen. Du darfst jetzt nicht durchdrehen. Atme tief durch. Sei stark für Bethany. Wir bringen dich zu ihr. Ash, gib meinem Fahrer Bescheid. Er ist auf Stand-by. Ich wollte Mia nach unseren Meetings zum Essen ausführen, darum hält er sich bereit. Er soll den Wagen sofort vorfahren.« »Wie soll ich mich beruhigen, wenn ich derjenige bin, der ihr das angetan hat?«, fragte Jace niedergeschlagen. »Großer Gott«, entfuhr es Gabe erneut. »Kommt schon, wir vergeuden Zeit«, sagte Ash. Sie rannten zum Wagen, der im selben Moment vor dem Gebäude hielt, als sie es verließen. Gabe stieg vorn ein und instruierte den Fahrer, während Jace und Ash auf den Rücksitz glitten. Jace war wie betäubt. Es kam ihm vor, als hätte man ihm das Herz aus der Brust gerissen. Das Einzige, was er fühlen konnte, war lähmende Angst. Sie drückte auf seine Lungen, bis er keine Luft mehr bekam. Er war komplett am Boden zerstört, konnte an nichts anderes denken als an letzte Nacht. An den Ausdruck in Bethanys Gesicht, ihre tiefe Enttäuschung und an ihren Vorwurf, dass er ihr nicht, ihr niemals vertrauen würde. An ihre Worte, dass sie das Ganze beenden und auf keinen Fall neben ihm schlafen wolle. Erinnerungen stürmten auf ihn ein. Bethany an dem Abend, als er sie das erste Mal gesehen hatte. An ihre wunderschönen Augen, ihr atemberaubendes Lächeln. Ihre Reaktion auf seine Zärtlichkeiten. Und jetzt könnte ihm das alles in einem einzigen grausamen Moment genommen werden, weil er sich wie der hinterletzte Scheißkerl aufgeführt hatte. Er hätte das hier verhindern können. Wäre er doch nur heute Morgen bei ihr geblieben. Er hätte die Sache mit Bethany klären, sie davon überzeugen müssen, dass sie das Wichtigste in seinem Leben war. Doch das hatte er versäumt, und jetzt lag sie auf einer Trage in einem Krankenwagen und kämpfte um ihr Leben. »Jace, Mann, du musst atmen«, ermahnte Ash ihn. »Reiß dich zusammen. Du musst stark sein für sie.« Er hob den Blick und begegnete Ashs. Kälte und Taubheit krochen durch seinen Körper und blockten alles andere ab. »Ich bin schuld daran. Lieber Gott im Himmel, ich habe sie dazu getrieben. Du warst dabei. Du hast gesehen, was ich ihr angetan habe. Was ich euch beiden angetan habe.« »Das kannst du nicht wissen«, fauchte Ash. »Reiß dich am Riemen, bis wir erfahren, was passiert ist.« »Kaden sagte, dass sie kaum mehr geatmet hat. Er musste sie beatmen. Die Sanitäter haben sie intubiert. Kaden zufolge sieht alles nach einer Überdosis aus. Und jetzt behauptest du, ich hätte nichts damit zu tun, und das, obwohl du miterlebt hast, wie ich euch gegenüber die Kontrolle verloren habe, wie aufgewühlt und erschüttert sie wegen meines Verhaltens gewesen ist? Das hier geht auf meine Kappe. Ich habe sie heute Morgen allein gelassen, anstatt bei ihr zu bleiben und mich mit ihr auszusprechen. Aber ich bin gegangen, weil ich ihr Zeit zum Nachdenken geben wollte. Ich habe einem geschäftlichen Meeting den Vorzug vor ihr und dem, was sie von mir gebraucht hat, gegeben. Ich ließ sie in dem Glauben zurück, dass ich ihr noch immer nicht vertraue. Du hast sie nicht gesehen. Ihre Augen waren ganz rot und verquollen, weil sie die ganze letzte Nacht vor Kummer geweint hat. Wir gingen zu Bett, aber sie hat mir die ganze Zeit den Rücken zugekehrt. Verdammt, sie wollte gestern Abend gehen, aber ich ließ es nicht zu. Sie wollte getrennt von mir schlafen, aber auch das habe ich nicht zugelassen. Also lag sie letzte Nacht neben mir im Bett und weinte, weil ich ein arroganter Scheißkerl bin, der wegen nichts ausgerastet ist.« »Jetzt krieg dich wieder ein«, meinte Gabe grimmig. Er drehte sich auf dem Beifahrersitz um und sah Jace mit hartem Blick an. »Du weißt nicht, was passiert ist. Keiner von uns weiß das. Solange du nicht bei ihr bist und eine Erklärung von ihr bekommst, darfst du keine voreiligen Schlüsse ziehen. Tu ihr das nicht an.« »Sie hat kaum noch geatmet«, wiederholte Jace verbittert. »Vielleicht lebt sie schon nicht mehr, wenn ich eintreffe. Gott, ich darf sie nicht verlieren. Nicht auf diese Weise. Ich bin nicht gut für sie. Sie hat versucht, mir das zu sagen. Ich wusste, was unsere Beziehung mit ihr anstellt. Es wäre fast schon einmal passiert. Sie stand kurz davor, eine Tablette zu nehmen, als ich sie das letzte Mal enttäuscht hatte. Aber ich habe mich an sie geklammert, weil ich zu selbstsüchtig war, um loszulassen. Ich habe nur an meine eigenen Wünsche und Bedürfnisse gedacht, dabei brauche ich sie dringender als die Luft zum Atmen.« »Jetzt tritt mal auf die Bremse«, befahl Ash. »Solange wir nicht die ganze Geschichte kennen, darfst du keine dummen, überstürzten Entscheidungen treffen. Bethany braucht dich, Mann. Sie braucht dich im Moment mehr als je zuvor. Was auch immer geschehen ist, ist nicht gut, darum musst du ihr Fels in der Brandung sein und es in Ordnung bringen. Aber das kannst du nicht, wenn du dich jetzt von ihr zurückziehst und den Edelmann markierst, der eingesehen hat, dass sie ohne dich besser dran ist. Denkst du wirklich, es würde ihr auf der Straße besser gehen, zusammen mit diesem Wichser Kingston, dem sie offensichtlich völlig am Arsch vorbeigeht? Herrgott, er wollte ihr Drogen geben. Klingt das für dich nach dem Typ Mann, mit dem sie zusammen sein sollte?« »Ich kann ihr ein besseres Leben ermöglichen. Trotzdem muss ich nicht zwingend eine Rolle darin spielen«, erwiderte Jace niedergeschlagen. »Ich habe ihr wehgetan, und das immer und immer wieder. Niemand sollte sich so etwas gefallen lassen müssen. Ich kann ihr ein besseres Leben ermöglichen und mich daraus zurückziehen. Sie ihre eigenen Entscheidungen treffen lassen. Ich werde hundertprozentig sicherstellen, dass Bethany immer alles hat, was sie braucht, aber das, was sie vielleicht am allerwenigsten braucht … bin ich.« »Ich schwöre bei Gott, dass ich dir in den Arsch trete, wenn du nicht endlich die Klappe hältst«, knurrte Gabe. »Jetzt ist nicht der richtige Zeitpunkt, um den Schwanz einzuziehen. Sei ein Mann, und steh ihr bei. Finde raus, was passiert ist, und klär die Sache. Bethany ist sehr zerbrechlich, daher braucht sie dich umso mehr. Wir wissen nicht, was sie dazu getrieben hat. Es gibt eine Menge Fragen, auf die wir keine Antworten haben. Und bis wir diese Antworten bekommen, musst du die Schulter sein, an der sie sich anlehnen kann. Du musst zu ihr stehen. Sie unterstützen und lieben.« Jace wurde ganz still. Er schloss die Augen und marterte sich selbst mit Visionen von Bethanys leblosem Körper. Ihr Gesicht bleich im Tod, die salzigen Tränenspuren von letzter Nacht noch immer auf ihren Wangen. Er stellte sich vor, wie sie selbst im Sterben noch glaubte, dass er sie nicht liebte, ihr nicht vertraute, dass sie nicht das Wichtigste in seinem Leben sei. Wie sie starb, ohne dass er ihr gesagt hatte, wie leid ihm alles tat und wie unendlich er sie liebte. Bethany bedeutete ihm alles, und er würde dafür sorgen, dass sie es erfuhr. Gabe hatte recht. Ganz egal, was passiert war oder warum Bethany das getan hatte, sie brauchte ihn. Er würde sie nicht gehen lassen, solange sie ihn nicht davon überzeugte, dass sie ihn und seine Liebe wirklich nicht wollte. Und selbst dann würde er gewährleisten, dass sie immer alles hatte, was sie benötigte. Auch wenn er sich bei der Vorstellung, nicht länger Teil ihres Lebens zu sein, fühlte, als würden ihm Herz und Seele aus dem Leib herausgerissen. »Ich werde sie so bald wie möglich heiraten«, verkündete Jace heiser. »Ich schwöre bei Gott, dass ich sie heiraten und jeden einzelnen Tag dafür sorgen werde, dass sie weiß, was ich für sie empfinde, wenn sie überlebt.« »Das klingt schon besser«, kommentierte Ash trocken. Jace hob seinen kummervollen Blick. »Es tut mir leid, Mann. Mehr, als du je wissen wirst. Dabei habe ich noch nicht mal geglaubt, dass du irgendwas im Schilde geführt hast. Es war einfach ein beschissener Tag, und ich bin ausgerastet, ohne nachzudenken. Ich wollte meinen Frust an jemandem auslassen, und du und Bethany hattet einfach das Pech, zur falschen Zeit am falschen Ort zu sein.« Ash gab ein ungeduldiges Geräusch von sich. »Wir haben das schon durchgekaut. Du hast gestern Abend gesagt, was du zu sagen hattest. Also Schwamm drüber. Ich behaupte nicht, dass ich diesen Mist noch mal tolerieren werde, aber die Sache ist vom Tisch. Jetzt musst du es nur noch bei Bethany wiedergutmachen.« »Das werde ich«, versprach Jace leise. »Falls ich die Chance bekomme. Gott, lass sie nicht sterben. Sie muss leben. Wir müssen das schaffen. Bitte, lass sie nicht sterben.« Der Schmerz schnitt ihm die Luftzufuhr ab, bis er zu ersticken glaubte. Er war wie ein unerträglich schweres Gewicht, das seine Brust zerquetschte. Jace durfte sie nicht verlieren. Nicht so. Bitte, nur nicht so. Er würde es nicht überleben, wenn sie starb. »Sie wird Hilfe brauchen«, sagte Gabe leise. »Eine Therapie. Sollte es wirklich ein Suizidversuch gewesen sein, wird sie professionelle Unterstützung benötigen.« »Sie wird alles bekommen, was sie braucht. Und zwar so lange, wie es nötig ist. Aber ich werde sie auf ihrem Weg begleiten. Sie wird nie wieder allein sein.« Der Fahrer hielt mit quietschenden Reifen vor dem Eingang der Notaufnahme. Jace sprang aus dem Wagen und rannte ins Gebäude, wo er bereits von Kaden erwartet wurde. Er packte den wesentlich größeren Mann am Hemdkragen und brachte sein Gesicht nah an seins. »Wo ist sie?« »Sie behandeln sie gerade«, antwortete Kaden düster. »Der Arzt kam kurz raus, um sich nach ihrer Familie zu erkundigen. Ich habe ihm gesagt, dass Sie unterwegs sind. Es war tatsächlich eine Überdosis, aber sie bekommen sie nicht wach genug, um herauszufinden, was sie genommen hat und in welcher Menge.« »Verfluchte Scheiße!«, explodierte Jace. Er ließ von Kaden ab, dann hielt er auf den Empfang und die misstrauisch dreinblickende Rezeptionistin zu. »Bethany Willis«, sagte er knapp. »Ich will sofort zu ihr.« Sie stand auf und kam um den Schalter herum, als Gabe und Ash hinter Jace auftauchten. »Sir, sie wird gerade behandelt. Sie müssen hier draußen warten.« »Den Teufel werde ich tun! Bringen Sie mich auf der Stelle zu ihr. Ich muss bei ihr sein. Sie wird nicht mutterseelenallein sterben. Ich muss sie sehen.« Die Frau schaute Hilfe suchend zu Gabe und Ash, als hoffte sie, dass sie ihn beschwichtigen würden. Dankenswerterweise taten sie das nicht, sondern starrten die Frau wortlos in Grund und Boden, um ihr zu zeigen, dass Jace ihre volle Unterstützung hatte. »Belinda, lassen Sie ihn nach hinten«, sagte ein älterer Arzt, der einige Schritte entfernt stand. Jace wandte sich sofort an ihn. »Ist sie okay?« Das Herz schlug ihm bis zum Hals, und er schwankte so stark, dass er Mühe hatte, aufrecht stehen zu bleiben. Eiskalte Furcht packte ihn. Was, wenn der Arzt herausgekommen war, um ihm mitzuteilen, dass Bethany tot war? »Kommen Sie mit«, forderte der Arzt ihn leise auf. Jace folgte ihm mit bangen, angsterfüllten Schritten. Er wurde in ein Zimmer geführt und sah Bethany blass und still in einem Bett liegen. Eine Horde Ärzte und Krankenschwestern scharte sich um sie. Sie hatte einen Schlauch im Hals und einen zweiten in der Nase, in den sie gerade irgendein bedrohlich aussehendes Mittel injizierten. »Ist sie … noch am Leben?«, würgte Jace hervor. »Wir konnten sie stabilisieren, aber sie ist noch immer nicht bei Bewusstsein«, erklärte der Arzt. »Da wir nicht wissen, was und wie viel sie genommen hat, müssen wir sie im Blindflug behandeln. Wir haben versucht, sie aufzuwecken, damit sie uns sagt, was passiert ist, aber bisher leider ohne Erfolg. Vielleicht gelingt es Ihnen ja, eine Reaktion von ihr zu bekommen.« Jace hastete zum Bett, und eine der Schwestern trat beiseite, um ihn zu Bethany vorzulassen. Er nahm ihre schlaffen Finger und legte beide Hände darum. Dann hob er sie an seinen Mund und presste die Lippen darauf. Ihm stiegen die Tränen in die Augen, aber er schluckte sie runter und atmete tief durch, um nicht die Fassung zu verlieren. »Bethany, Baby, du musst aufwachen«, flehte er sie an. »Sie müssen lauter sprechen«, ermahnte ihn der Arzt. »Ich weiß, dass Ihnen der Instinkt rät, sanft zu sein, aber sie muss unbedingt zu Bewusstsein kommen.« Jace beugte sich über sie und küsste sie auf die Stirn, dabei streichelte er mit einer Hand über ihr wirres Haar. »Bethany, kannst du mich hören? Du musst aufwachen und mit uns sprechen. Wir sind krank vor Sorge, Liebling. Komm bitte zurück. Bitte, komm zu mir zurück.« Er brach ab, als ein Schluchzen in seiner Kehle hochstieg. Bethany zeigte noch immer keine Reaktion. Überall waren Schläuche. »Was ist mit dem Schlauch in ihrer Kehle?«, blaffte Jace. »Sie wird in Panik geraten, wenn sie aufwacht. Wie soll sie mit dem verdammten Ding sprechen?« »Im Moment kann sie nur so atmen«, erklärte ihm die Krankenschwester sanft. »Sobald sie zu sich kommt, werden wir ihn entfernen. Aber wir müssen unbedingt herausfinden, was sie genommen hat und in welcher Menge.« Jace schloss die Augen, als die Tränen ungehindert über seine Wangen liefen. »Baby, bitte«, presste er hervor. »Wach auf und rede mit mir. Du musst zu mir zurückkommen. Ohne dich bin ich verloren.« Er legte die Stirn auf ihre, und seine Tränen rannen über ihre Haut. »Bitte, komm zu mir zurück. Ich liebe dich. Wir können das schaffen, Baby. Bitte, öffne die Augen. Ich flehe dich an. Verlass mich nicht. Um Himmels willen, verlass mich nicht.« Als er sich zurückzog, begannen ihre Lider träge zu flattern. Jace merkte ihr an, wie schwer es ihr fiel, die Augen zu öffnen. Und dann sah er das strahlende Blau und die stecknadelkopfgroßen Pupillen. Sie war vollkommen desorientiert, dann huschte ein Ausdruck von Panik über ihr Gesicht. Von unendlicher Erleichterung übermannt drehte er sich aufgeregt zu der Krankenschwester um, aber das Team war bereits dabei, Bethanys Vitalwerte zu überprüfen, bevor die Schläuche herausgezogen wurden. Bethanys Panik verstärkte sich, sie würgte und wehrte sich. Jace nahm ihre Hand und drückte fast bis an die Schmerzgrenze zu. »Kämpf nicht dagegen an, Baby. Gib ihnen ein paar Minuten. Ich verspreche, dass es gleich vorbei ist. Sie mussten dich intubieren, um dir beim Atmen zu helfen.« Ihr schossen die Tränen in die Augen, dann weiteten sie sich, als sie sie auf ihn fokussierte. »Genau so, Baby. Konzentrier dich auf mich. Sieh mich an und atme. Atme für mich«, sagte er mit brechender Stimme. Als die Schläuche ein paar Minuten später herausgezogen waren, musste Jace vom Bett zurücktreten, bis das Team sich vergewissert hatte, dass Bethany selbstständig atmen konnte. Sie schoben eine Sauerstoffkanüle in ihre Nasenlöcher, um das Kreislaufatemgerät zu ersetzen, das mit dem Schlauch in ihrer Brust verbunden gewesen war. Dann endlich ließen sie Jack wieder zu ihr. Bethany fiel es schwer, die Augen offen zu halten. Jace konnte sehen, wie viel Anstrengung es sie kostete. Sie blinzelte mehrere Male schläfrig, so als wollte sie zurück in die Bewusstlosigkeit driften, aber er ließ es nicht zu, sondern tat alles, damit sie wach und bei ihm blieb. »Jace?«, wisperte sie mit kaum vernehmbarer Stimme. »Ja, Baby, ich bin hier.« Er nahm ihre Hand und beugte das Gesicht nahe zu ihrem, damit sie ihn sehen und fühlen konnte. Kraftlos hob sie eine Hand und berührte seine tränenfeuchte Wange, dann runzelte sie die Stirn. »Ich verstehe das nicht. Was ist passiert?«, flüsterte sie. Die Verwirrung in ihren Augen war unübersehbar, als sie den Blick schweifen ließ und die Krankenhausumgebung und die vielen medizinischen Geräte in ihrem Zimmer registrierte. »Baby, es war eine Überdosis«, erklärte er sanft. »Wir müssen wissen, was du eingenommen hast und in welchen Mengen, damit die Ärzte dir helfen können. Du musst kämpfen, Bethany. Ich kann und werde dich, besser gesagt uns nicht aufgeben. Was immer passiert ist, wir bringen es in Ordnung. Ich liebe dich. Wir können das bewältigen, das schwöre ich. Es macht für mich keinen Unterschied. Was immer geschehen ist und aus welchem Grund du es getan hast, es spielt keine Rolle. Du bist das Einzige, was zählt.« Bethany öffnete die Augen weiter und kämpfte gegen die Schwere ihrer Lider an. Sie versuchte zu sprechen, doch dann schloss sie den Mund und fasste mit großer Dringlichkeit nach seiner Hand. »Jace …« »Was, Baby? Sprich mit mir. Du musst kämpfen. Bitte. Tu es für mich, für uns.« »Ich habe das nicht getan«, flüsterte sie verzweifelt. »Ich habe nichts eingenommen. Ich würde das nicht tun. Du musst mir glauben.« Jace starrte sie schockiert an. »Liebling, du warst im Koma. Du wärst fast gestorben. Bitte sag mir, was passiert ist.« »Ich weiß nicht, was passiert ist!« Ihre Stimme wurde schriller, fast schon hysterisch. Sie regte sich so sehr auf, dass ein Alarm losging und eine der Schwestern ans Bett gestürzt kam. »Sir, Sie müssen jetzt gehen«, forderte sie ihn ruppig auf. »Sie bekommt nicht genügend Sauerstoff, und ihre Vitalwerte werden schwächer.« Er wurde zur Seite gedrängt, als das medizinische Team Bethany von Neuem umringte. Sie drückten ihr eine Sauerstoffmaske aufs Gesicht, aber sie wehrte sich dagegen. »Jace!« »Ich bin hier, Baby. Ich bin hier!« »Ich habe das nicht getan! Bitte glaub mir«, schluchzte sie. Dann wurde er mit mehr Nachdruck aus dem Zimmer geschoben. Gabe und Ash, die davor warteten, zerrten ihn zurück, als er sich wieder Zutritt verschaffen wollte. Man schlug ihm die Tür vor der Nase zu. Jace drehte sich um und drosch mit der Faust gegen die Wand. Seine Freunde bändigten ihn, bevor er ihr einen weiteren Schlag versetzen konnte. Sie drängten ihn mit dem Rücken dagegen, dann baute Gabe sich vor ihm auf. »Beherrsch dich, Mann. Du musst Ruhe bewahren.« Jace schüttelte sie ab und kehrte ins Wartezimmer zurück, in dem noch immer Kaden stand. »Wo ist Kingston?«, knurrte er. Kadens Miene verdunkelte sich. »Keine Ahnung. Ich hab mich nicht mehr um ihn gekümmert, nachdem ich Bethany auf dem Boden liegen sah. Meine einzige Sorge galt ihr. Wir verluden sie in den Krankenwagen und sind losgefahren. Da war er noch in der Wohnung.« »Finden Sie ihn, und bringen Sie ihn her«, bellte Jace. »Es interessiert mich nicht, wie Sie das anstellen, aber schaffen Sie ihn auf der Stelle hierher!« »Wird erledigt, Sir. Ich werde Trevor anrufen. Er wollte sich gleich auf den Weg dorthin machen, nachdem ich mit ihm gesprochen hatte. Ich stelle sicher, dass er Kingston bis zu meinem Eintreffen dort festhält.« »Tun Sie das«, entgegnete Jace knapp. Nachdem Kaden zügig den Raum verlassen hatte, drehte Jace sich um und entdeckte Gabe und Ash, die ihn mit verwirrten Mienen beobachteten. »Was zum Geier hatte das zu bedeuten?«, wollte Ash wissen. Jace kochte vor Zorn. Er spannte die Finger an und lockerte sie wieder, um seine Rage unter Kontrolle zu bringen. »Bethany sagt, dass sie es nicht getan hat. Sie hat keine Drogen eingenommen.« Gabe runzelte die Stirn. »Du glaubst ihr?« »Ja, natürlich glaube ich ihr!«, brüllte Jace. »Du hast sie nicht gesehen. Als sie zu sich kam, war sie verängstigt und vollkommen verwirrt. Du hättest ihr Gesicht sehen sollen, als ich ihr von der Überdosis erzählte. Sie wurde so hysterisch, dass ihre Vitalwerte in den Keller sackten. Sie haben mich rausgeworfen. Aber sie beharrt darauf, dass sie nichts eingenommen hat. Sie wusste nicht mal, wovon ich rede. Sie hat mich gefragt, was passiert ist.« »Was hat das zu bedeuten?«, fragte Ash. Jace’ Nasenflügel bebten, und er atmete tief durch, um sich zu beruhigen. Er musste sich in den Griff bekommen, musste für Bethany stark sein. »Es bedeutet, dass jemand ihr das Zeug verabreicht haben muss, wenn sie es nicht aus eigenem Antrieb geschluckt hat. Und Kingston war die einzige andere Person in der Wohnung.« 40 Jace tigerte ruhelos in dem Wartezimmer auf und ab. Es machte ihn fertig, nicht zu wissen, wie es um Bethany stand. Sie hatten ihn aus ihrem Zimmer ferngehalten, während sie versuchten, die Drogen, die sie eingenommen hatte, aus ihrem Körper zu schleusen. Er wusste nicht, wie oder warum Jack sie ihr eingeflößt hatte, und das würde er auch erst erfahren, wenn der Bastard hier eintraf. Es würde an ein Wunder grenzen, wenn Jace ihm nicht den Hals umdrehte, bevor er eine Erklärung aus ihm herauspressen konnte. Keine Samthandschuhe mehr. Er würde das hier nicht länger mitmachen. Es war ihm scheißegal, ob Bethany damit zurechtkam oder nicht, aber Jack würde aus ihrem Leben verschwinden. Und sollte er ihr die Drogen gegeben haben, würde Jace ihn anzeigen und festnehmen lassen. Wenn es nach ihm ging, konnte er im Gefängnis verrotten. Mia war zum Krankenhaus gerast, kaum dass Gabe ihr Bescheid gesagt hatte, und jetzt hielt sie zusammen mit den anderen dort Nachtwache. Sie hatte unablässig ihrer Sorge über Jace’ Gemütsverfassung Ausdruck verliehen, bis Gabe ihr zugeraunt hatte, ihren Bruder in Frieden zu lassen. Jace hatte ihm einen dankbaren Blick zugeworfen. Das Letzte, was er wollte, war, seine Schwester zusammenzustauchen, wo sie doch nur zu helfen versuchte. Und er wusste es zu würdigen, dass sie alle hier waren, um ihn rückhaltlos zu unterstützen, obwohl er das weiß Gott nicht verdient hatte nach dem, wie er sie alle behandelt hatte. Besonders Ash. Trotzdem hatte sein Freund das Wartezimmer die ganze Zeit über kein einziges Mal verlassen. Nicht minder besorgt als die anderen, saß er einfach nur da und grämte sich wegen Bethanys Zustand. Und dann kam Kaden durch die Tür und schubste Jack vor sich her. Als Jace Anstalten machte, sich auf ihn zu stürzen, hob Kaden die Hand, dann führte er Jack in eins der privaten Familienwartezimmer. Jace folgte ihm auf dem Fuße, und Ash und Gabe kamen direkt hinterher. Vermutlich wollten sie verhindern, dass er in einer öffentlichen Einrichtung einen Mord beging. Kaum, dass sich die Tür hinter ihnen geschlossen hatte, rammte Jace Jack gegen die Wand und brachte sein Gesicht drohend nah an seins. »Was zur Hölle hast du mit ihr gemacht, du elender Hurensohn?« Jack verzog gepeinigt das Gesicht. Er wirkte ausgezehrt und völlig am Ende. Seine Augen waren blutunterlaufen, und er versuchte noch nicht mal, sich zu verteidigen. »Was hast du ihr gegeben?«, knurrte Jace. »Sie kämpft da drin um ihr Leben, und wir müssen wissen, was sie geschluckt hat, damit die Ärzte ihr helfen können.« »Narcos«, gestand Jack mit brüchiger Stimme. »Eine ganze Flasche. Es müssen etwa vierzig Stück drin gewesen sein. Ich weiß es nicht genau.« »Ich gebe es weiter«, sagte Gabe. »Wieso hast du sie ihr gegeben? Wie konntest du sie ihr überhaupt verabreichen, ohne dass sie es merkt? Sie hätte dieses Zeug nie freiwillig geschluckt.« »Sie waren nicht für sie gedacht«, erklärte Jack mit erstickter Stimme. »Bethany hat die falsche Tasse erwischt. Sie hat den falschen Kakao getrunken.« »Was soll das heißen?«, fauchte Jace. »Die Tabletten waren für mich bestimmt«, bekannte Jack resigniert. »Ich hatte nicht damit gerechnet, dass sie auftauchen würde. Das war nicht vorgesehen. Ich wusste ja nicht, dass du das Apartment unter Bewachung gestellt hattest.« »Was willst du damit sagen? Dass du dir das Leben nehmen wolltest?« »Genau das will ich damit sagen. Ich habe die Pillen in der heißen Schokolade aufgelöst. Ich wollte Bethany eine Nachricht hinterlassen und mich still und leise verabschieden.« »Du dämlicher Wichser. Du behauptest, dass sie dir am Herzen liegt, und trotzdem setzt du sie einer solchen Scheiße aus? Was meinst du, wie es ihr zugesetzt hätte, wenn du den feigen Weg gewählt und dich umgebracht hättest? Das ist unglaublich selbstsüchtig. Hast du auch nur eine Sekunde darüber nachgedacht, welchen Schmerz du ihr damit zugefügt hättest?« »Dir hätte ich damit einen Gefallen getan«, gab Jack aufgebracht zurück. »Du wärst doch froh gewesen, mich los zu sein.« »Du widerst mich an«, zischte Jace. »Das ist einfach unglaublich. Es geht hier nicht um mich. Ich muss dich nicht mögen, aber Bethany liebt dich, und ich liebe sie. Ich will, dass sie glücklich ist. Das ist das Einzige, worauf es für mich ankommt. Und dein Tod würde sie nicht glücklich machen.« Schmerz und Reue schimmerten in Jacks Augen. »Ich wollte nicht, dass das passiert. Du musst mir glauben, dass ich niemals etwas tun würde, um sie zu verletzen.« »Du hast ihr schon früher Drogen angeboten!« »Das war etwas anderes. Sie hat sie nie überdosiert. Sie nahm sie nur, wenn sie sie brauchte. Ich wollte nur sichergehen, dass sie im Notfall welche hätte.« »Sie braucht diesen Scheiß nicht. Nie wieder.« »Wird sie es schaffen?«, erkundigte Jack sich ängstlich. »Jace, du musst sofort kommen«, rief Gabe von der Tür aus. »Sie hat einen Herzstillstand erlitten. Sie versuchen gerade, sie zu reanimieren.« Jace fiel auf die Knie, während die Trauer sein Herz in Stücke riss. »Nein!«, brüllte er. »Nein! Ich darf sie nicht verlieren! Gottverdammt noch mal, nein!« Ash war blass und zutiefst bestürzt. Dann war plötzlich Mia da und schloss Jace in die Arme, aber er war wie betäubt. Er fühlte nichts als überwältigende Verzweiflung. Jack taumelte nach hinten, dann schubste Kaden ihn auf einen Stuhl und befahl ihm barsch, sich nicht vom Fleck zu rühren. Gabe trat ein, sein Gesicht zu einer Maske des Bedauerns und des Mitgefühls erstarrt. »Nein!«, schluchzte Jace. Dann sprang er auf die Beine, getrieben von dem übermächtigen Bedürfnis, bei ihr zu sein. Er würde sie nicht einfach so gehen lassen. Sie musste kämpfen! Für sich. Für ihn. Für sie beide. Er befreite sich aus Mias Umklammerung, doch als er die Tür erreichte, versuchte sowohl Ash als auch Gabe, ihn aufzuhalten. Er stieß sie energisch aus dem Weg, verzweifelt entschlossen, zu Bethany zu gelangen. Sie durfte nicht sterben. Und ganz gewiss würde sie nicht allein sterben, nur im Beisein von medizinischem Personal. Umringt von Leuten, die sie nicht liebten, so wie er sie liebte. Jace rannte zu ihrem Zimmer und stürzte durch die Tür, ohne sich um die Krankenschwestern zu kümmern, die ihn zum Gehen aufforderten. »Bethany!« Alles Blut strömte aus seinem Gesicht, als er sah, dass sie gerade versuchten, sie wiederzubeleben. »Du wirst nicht aufgeben!«, rief er wie von Sinnen. »Wage es nicht, einfach aufzugeben, Baby. Du wirst verdammt noch mal kämpfen! Kämpfe!« Sein Blick erfasste den Schlauch, den sie wieder in ihre Lungen eingeführt hatten. Den Arzt, der ihr eine Herzdruckmassage gab. Den Sauerstoff, den sie in ihren Körper pumpten. Die Medikamente, die durch ihren Infusionsschlauch liefen. Doch das Einzige, was er wirklich sah, war die flache Linie, die über den Herzmonitor lief und die nur dann ausschlug, wenn gerade Druck auf Bethanys Brustkorb ausgeübt wurde. »Verlass mich nicht«, sagte er mit brechender Stimme. »Bitte, Baby, verlass mich nicht.« »Sir, Sie müssen jetzt gehen«, forderte ihn eine der Schwestern in mitleidigem, verständnisvollem Ton auf. »Ich weiß, dass Sie bei ihr bleiben möchten, aber wir müssen sie zurückholen. Sie sind hier im Weg.« »Ich werde sie nicht allein lassen«, protestierte Jace verzweifelt. »Ich muss bei ihr sein, damit sie versteht. Damit sie weiß, wie sehr ich sie liebe. Ich werde sie nicht alleine sterben lassen. Ich werde sie gar nicht sterben lassen!« »Wenn Sie wollen, dass sie lebt, dann verschwinden Sie, damit wir sie zurückholen können«, bellte einer der Ärzte. »Das Einzige, was Sie für sie tun können, ist, uns unseren Job machen zu lassen.« »Jace, komm schon, lass sie ihre Arbeit tun«, sagte Ash leise. »Sie werden sie zurückbringen. Daran musst du fest glauben. Das Sinnvollste, was du tun kannst, ist, ihnen nicht im Weg zu stehen.« Mit vereinten Kräften schafften Ash und Gabe den widerstrebenden Jace aus dem Zimmer. »Bethany!«, brüllte er, als sich die Tür schloss. »Wage es nicht aufzugeben! Ich liebe dich, verdammt noch mal. Kämpfe!« Die Anspannung in dem kleinen Wartezimmer war die Hölle. Den Kopf in den Händen vergraben, saß Jace mit hängenden Schultern da und ließ jede einzelne Erinnerung an Bethany Revue passieren. Beginnend bei dem Moment, als er sie auf Mias Verlobungsparty quer durch den Saal zum ersten Mal gesehen hatte. Er dachte an jedes Lächeln, jedes Lachen. An jedes Mal, wenn sie sich geliebt hatten. Daran, als er ihr das zweite Mal das Lederhalsband umgelegt hatte. An die Nacht, als sie betrunken und so verdammt süß gewesen war und ihn so lustvoll verführt hatte. Und an den Schmerz und das Leid in ihren Augen am vergangenen Abend, als er sie auf unverzeihliche Weise verletzt hatte. »Jace.« Er schaute auf und stellte fest, dass Mia neben ihm saß. Sie schlang die Arme um ihn und drückte ihn an sich. »Sie wird durchkommen. Bethany ist stark. Sie hat schon so viele unüberwindbare Hürden gemeistert. Sie wird auf keinen Fall an dieser hier scheitern.« Jace erwiderte ihre Umarmung mit ganzer Kraft. Er barg das Gesicht in ihrem Haar und hielt sie einfach nur fest. Er stand kurz davor, den Verstand zu verlieren, und spürte, wie er langsam zerbrach. Mit jeder Minute, die verstrich, ohne dass sie etwas hörten, starb er selbst ein bisschen mehr. »Ich kann sie nicht verlieren, Mia. Das darf nicht passieren.« »Du verlierst sie nicht«, sagte Mia voller Zuversicht. »Bethany lässt sich davon nicht unterkriegen, Jace. Sie wird es schaffen.« Er hob den Kopf und schaute über ihre Schulter zu Jack, der in der Ecke saß und die Hände vor das Gesicht geschlagen hatte. Eine neue Welle des Zorns durchströmte ihn. Es kostete ihn seine ganze Selbstbeherrschung, nicht zu ihm zu gehen und ihn in Stücke zu reißen. Es machte ihn rasend, dass Jack sich Bethany gegenüber so fahrlässig verhalten hatte. Dass Jack ihr nicht bewusst hatte schaden wollen, ließ er als Entschuldigung nicht gelten. Es war geschehen, und jetzt drohte er, sie zu verlieren. Sollte das passieren, würde er nicht ruhen, ehe Jack für seine Tat gebüßt hatte. »Ich liebe dich, Schwesterchen«, flüsterte Jace in Mias Haar. »Danke, dass du hier bist und dass du an Bethany glaubst.« »Ich liebe dich auch, Jace.« Ihre Stimme war von Kummer erfüllt. »Und ich liebe Bethany. Sie ist perfekt für dich, und du bist perfekt für sie.« »Ich bin nicht perfekt für sie«, widersprach er erstickt. »Ich habe so vieles falsch gemacht, Mia. Ich empfinde Abscheu vor mir selbst wegen all der Fehler, die ich begangen habe. Falls sie das hier durchsteht, kann ich nur beten, dass sie mir vergibt.« »Jace, hör mir zu.« Mia löste sich von ihm und legte die Hand zärtlich an sein Gesicht. Ihre Augen glühten vor Liebe und Verständnis. »Wir alle machen Fehler. Denk nur an die Fehler, die Gabe begangen hat. Ich war so enttäuscht von ihm. Ich war am Boden zerstört, als er mich damals von sich gestoßen hat. Ich habe nie zuvor so sehr gelitten. Du weißt das. Du hast mich gesehen. Du und Ash seid über Thanksgiving mit mir verreist, und ihr habt erlebt, wie ich drauf war. Aber, weißt du was? Er hat es wiedergutgemacht. Und ganz egal, was er getan hat, es änderte nichts an der Tatsache, dass ich ihn liebte. Ich war verletzt und wütend, trotzdem liebte ich ihn noch immer. Und Bethany liebt dich«, sagte Mia sanft. »Und auch daran hat sich nichts geändert, nur weil du ihr wehgetan hast. Du wirst die Chance bekommen, Wiedergutmachung zu leisten, Jace. Daran musst du glauben. Denn das ist es, was sie im Moment am meisten braucht. Glauben. Wir müssen fest daran glauben, dass sie durchkommt, und du musste an eure Liebe glauben.« »Ich danke dir«, flüsterte Jace. »Du hast recht. Ich weiß, dass du recht hast. Sie wird es schaffen. Bethany ist eine Kämpfernatur. Sie gibt nicht so schnell auf, denn sonst hätte sie es längst getan. Und ich werde diesen Weg mit ihr gehen. Ich gebe ebenso wenig auf wie sie.« Mia lächelte, dann beugte sie sich vor und gab ihm einen Kuss auf die Wange. »Du gefällst mir, wenn du verliebt bist, Jace. Bethany tut dir gut. Ich bin froh, dass du diesen besonderen Menschen gefunden hast. Du hast es verdient nach all den Jahren, die du opfern musstest, um dich um mich zu kümmern.« Jace nahm ihre Hand und hielt sie, bezog Kraft aus seiner Familie und der bedingungslosen Liebe, die ihn umgab. »Es war nie ein Opfer, Mia. Und ich bereue nichts. Ich habe mein ganzes Leben auf Bethany gewartet, und jetzt habe ich sie endlich gefunden. Ich bin so froh, dass wir jetzt beide unser Glück gefunden haben und uns auf eine strahlende Zukunft freuen können. Ich kann es kaum erwarten, dass du mir Nichten und Neffen schenkst, die ich nach Strich und Faden verwöhnen kann. Genauso wenig kann ich es erwarten, eigene Kinder zu haben und mit ihnen dasselbe zu tun.« Mias Lächeln war atemberaubend schön, es brachte ihr ganzes Gesicht zum Leuchten. »Das ist ein wundervoller Gedanke, nicht wahr? Wie wir beide Familien gründen und zu einer einzigen großen Familie verschmelzen.« »Ja, das ist es«, stimmte Jace in weichem Ton zu. »Mr Crestwell?« Jace schoss zu dem Arzt herum, der in der Tür stand. »Wenn Sie möchten, können Sie jetzt kommen und bei ihr bleiben.« Jace sprang auf. Er fürchtete sich vor der Antwort auf die Frage, die er jetzt stellen musste. »Geht es ihr gut? Hat sie … es geschafft?« In der Miene des Arztes spiegelte sich grimmige Erleichterung wider. »Wir konnten sie zurückholen und den größten Teil der Drogen aus ihrem Blutkreislauf pumpen. Sie ruht sich jetzt aus. Wahrscheinlich wird es eine Weile dauern, bis sie aufwacht, aber Sie können neben ihrem Bett sitzen, wenn Sie möchten.« Die Frage stellte sich gar nicht erst. Jace würde bei ihr bleiben, bis sie aufwachte, und ihr nie wieder von der Seite weichen. Bevor er ging, bedachte er Kaden mit einem harten Blick, dann nickte er in Jacks Richtung. »Sorgen Sie dafür, dass er bleibt, wo er ist. Ich habe noch nicht entschieden, wie ich weiter mit ihm verfahren werde.« »Ja, Sir.« Jace eilte zurück zu Bethanys Zimmer. Dort war es viel stiller als beim letzten Mal. Ihm stockte der Atem, als er durch die Tür trat und sie so bleich und reglos im Bett liegen sah. Er zog sich einen Stuhl ans Bett und positionierte ihn so, dass er direkt neben ihrem Kopf sitzen konnte. Bethany wirkte so still und zerbrechlich wie eine Porzellanpuppe. Er strich ihr eine Strähne von der Wange, dann streichelte er mit den Fingern über ihre Haut. Die einzigen Geräusche waren die des Herzmonitors, der das stetige Schlagen ihres Herzens anzeigte. Sie bekam noch immer mittels einer Kanüle Sauerstoff durch die Nase zugeführt. Ihre Atemzüge waren so leicht, dass Jace sich zu ihr beugte, um sich zu vergewissern, dass sie tatsächlich noch atmete. Er presste die Lippen auf ihre Stirn und schloss die Augen, während er den beruhigenden Tönen des Herzmonitors lauschte. Bethany lebte. Sie atmete. Ihr Herz schlug. Das war genug. Egal, wie es von jetzt an weitergehen würde, es würde immer genug sein, dass sie am Leben und in seinem Leben war. »Komm zu mir zurück, Bethany«, wisperte er. »Ich liebe dich so sehr.« 41 Bethanys Träume waren qualvoll. Vielleicht war sie auch wach, aber sie schien die Augen nicht öffnen zu können. Sie hatte den schrecklichen Albtraum gehabt, wie sie in einem Krankenhausbett lag und Jace sich mit angsterfülltem Blick über sie beugte. Dann hatte er etwas von einer Überdosis gesagt. Dass sie Drogen genommen und versucht hätte, sich umzubringen! Ihr blutete das Herz. Hielt er sie wirklich für fähig, so etwas zu tun? Und wieso wollte es ihr einfach nicht gelingen aufzuwachen, damit dieser schreckliche Traum endete? Sie sehnte sich nach Jace. Sehnte sich danach, dass er sie tröstete und den grausamen Schmerz in ihrer Brust linderte. Dass er ihr versicherte, niemals etwas so Furchtbares von ihr gedacht zu haben. Andererseits vertraute er ihr noch immer nicht. Neulich Nacht erst hatte er ihr den Beweis dafür geliefert. Sie versuchte wieder, die Augen zu öffnen und den schweren Nebel zu vertreiben, der auf sie niederdrückte. Gott, dieser Schmerz. Es kam ihr vor, als hätte ihr jemand einen Pflock in den Kopf getrieben. Aber sie kämpfte weiter, fest entschlossen, sich aus dem Dunstschleier, der sie einhüllte, zu befreien. Jedes Blinzeln fühlte sich an wie ein Hammerschlag, als ihre Lider zu flattern begannen. Sie zwang sich, sie hochzuziehen, dann erfasste sie für einen Moment heillose Panik. Ihre Umgebung war dunkel und unvertraut, und dazu dieser Geruch. Er war so steril. Wie in einem … Krankenhaus. Sie schaute sich hektisch um und versuchte, sich einen Reim auf ihre Umgebung zu machen. Sie lag in einem fremden Bett, das noch nicht mal sonderlich bequem war. Ein rhythmisches Piepen malträtierte ihre Ohren, und sie verzog gequält das Gesicht. »Jace?« Es kam panischer heraus, als sie es beabsichtigt hatte, aber sie war verängstigt und allein, und sie wollte Jace. Zu ihrer Überraschung registrierte sie neben sich eine Bewegung, dann beugte Jace sich plötzlich über sie, seine Augen erfüllt von Angst und Erleichterung. »Bethany, Baby, du bist wach. Gott sei Dank, du bist aufgewacht.« Seine Stimme war voller Emotionen. Sie klang, als hätte er geweint. In seinen Worten schwang so viel Sorge und Dankbarkeit mit, dass Bethany noch verwirrter wurde. Was war passiert? Was war hier los? Sie befeuchtete ihre trockenen Lippen und schluckte. Ihre Zunge fühlte sich geschwollen an, ihr Mund, als wäre er mit Sägemehl gefüllt. »Ich hatte einen ganz schlimmen Traum«, wisperte sie. »Was stimmt nicht mit mir, Jace? Wo bin ich?« Als er sie auf die Stirn küsste, fühlte sie, wie seine Lippen an ihrer Haut bebten. Fast so, als versuchte er verzweifelt, nicht die Fassung zu verlieren. Dann nahm er ihre Hand und drückte sie. Erst da bemerkte sie den Venenkatheter in ihrem Arm. »Du warst sehr krank, Baby. Ich hätte dich fast verloren. Gott sei Dank bist du zu mir zurückgekommen.« Vielleicht war es doch kein Traum gewesen. Großer Gott, bedeutete das, dass Jace glaubte, sie habe sich umbringen wollen? Hysterie stieg in ihrer Kehle hoch, und sie gab ein ersticktes Geräusch von sich. Sie begann, unkontrolliert zu zittern, bis Jace sie in den Arm nahm und fest an sich drückte. »Schsch, Baby. Jetzt kommt alles in Ordnung.« »Ich habe das nicht getan, Jace«, sagte sie verzweifelt. »Bitte, du musst mir glauben. Ich habe überhaupt nichts getan! Das würde ich nie!« Er streichelte ihr Haar, während er sie in seinen Armen wiegte. »Ich weiß, Baby. Ich weiß.« Bethany verstummte, dann rückte sie ein Stück von ihm ab, um sein Gesicht sehen zu können. »Wirklich?« »Natürlich. Du hast mir gesagt, dass du es nicht getan hast, also hast du es auch nicht getan.« Sie sackte schlaff auf das Kissen, als sie süße Erleichterung durchströmte. Jace glaubte ihr. »Du glaubst mir«, wisperte sie. Ihr war schwindlig vor Dankbarkeit. Dann runzelte sie die Stirn und schürzte verwirrt die Lippen. »Aber was ist dann passiert? Ich verstehe das alles nicht.« »An was erinnerst du dich?«, fragte er sanft. Bethany zog die Stirn kraus und versuchte, sich zu konzentrieren, aber ihr Kopf tat zu sehr weh. »Ich weiß nicht. Ich fuhr zu Jack in die Wohnung. Kaden hatte mich angerufen, um mir zu sagen, dass Jack wieder aufgetaucht sei. Ich ging hinein. Aber ich habe mich von Kaden begleiten lassen«, fügte sie rasch hinzu. Jace drückte ihre Hand. »Ich weiß, Baby. Das hast du gut gemacht. Du hast alles richtig gemacht.« »Ich war so wütend auf Jack. Ich habe ihn angeschrien und wollte wissen, warum er so fest entschlossen ist, sich alles kaputt zu machen. Er sagte, dass er sich verabschieden wolle, und als ich fragte, wo er hingehe, sagte er nur weg.« Jace’ Miene verfinsterte sich. »Er hat mir eine heiße Schokolade gemacht. Das ist alles, woran ich mich erinnere.« »Schon gut, Baby. Du wirst wieder gesund. Das ist das Einzige, worauf es ankommt.« Sie sah zu ihm hoch, als tiefe Traurigkeit die Krallen in ihr Herz schlug. Der Ansturm ihrer Tränen erschwerte ihr das Atmen. »Jack«, flüsterte sie. »Er hat es getan, nicht wahr?« Tränen kullerten über ihre Wangen, und ein Schluchzen stieg in ihrer Kehle hoch. In Jace’ Augen zeichnete sich ein gepeinigter Ausdruck ab, als er ihren Blick erwiderte. »Ich fürchte, ja, Baby. Es tut mir unendlich leid.« Bethany schloss die Augen. »Aber warum?« Jace holte tief Luft, dabei wischte er ihr die Tränen vom Gesicht. »Es war nicht seine Absicht, dir zu schaden, Liebling. Er ist ein Idiot, aber er wollte dir nicht wehtun.« Er zögerte einen langen Moment. Seine Miene drückte tiefes Bedauern aus. »Er wollte sich das Leben nehmen.« »Was?« Heißer Schmerz explodierte in ihrer Brust. Nein. So etwas würde Jack nicht tun. Doch dann schob sich langsam die Erinnerung in den Vordergrund. Bethany dachte daran, wie still und resigniert Jack gewirkt hatte, als er auf ihre Frage, wo er denn hingehen werde, nur »weg« geantwortet hatte. »Warum sollte er so etwas tun wollen?« Jace schüttelte den Kopf. »Das kann ich dir nicht beantworten, Baby. Es tut mir leid. Ich weiß nicht, was er sich dabei gedacht hat. Ich habe ihm die Hölle heißgemacht. Am liebsten hätte ich ihn eigenhändig umgebracht, weil er dir das angetan hat. Du wärst fast gestorben. Du warst gestorben. Gott sei Dank konnten sie dich zurückholen. Das werde ich ihm niemals verzeihen.« Bethany wurde ganz still. Ihr Kummer war unermesslich. Dieses Mal war Jack zu weit gegangen. Er hatte etwas getan, das er nie wiedergutmachen konnte. Jace würde ihm niemals vergeben, und sie wusste nicht, ob sie es je könnte. Er hatte eine Grenze überschritten, von der es kein Zurück mehr gab. »Wo ist er jetzt?«, fragte sie leise. »Er ist hier. Im Wartezimmer. Kaden behält ihn im Auge.« »Lass nicht zu, dass er es tut«, flehte sie ihn an. »Lass nicht zu, dass er es wieder versucht.« Jace setzte sich neben sie aufs Bett, sodass seine Hüfte ihre Seite berührte. »Im Moment gilt mein Interesse ausschließlich dir und deiner Genesung. Wie fühlst du dich? Kann ich irgendetwas für dich tun?« »Nein, ich fühle mich einfach nur schummerig. Mein Kopf ist so benommen, dass es mir schwerfällt, mich richtig zu konzentrieren.« »Das ist normal«, beruhigte er sie. »Kannst du mir verzeihen, Bethany? Bist du bereit, mir die Chance zu geben, das mit uns wieder in Ordnung zu bringen?« Sie guckte ihn perplex an. »Was meinst du?« Jace schloss die Augen, und als er sie wieder öffnete, spiegelten sich die unterschiedlichsten Emotionen in ihnen wider. Erleichterung. Traurigkeit. Sorge. Angst. »Hast du auch nur den Hauch einer Ahnung, wie sehr es mich peinigt, dass du mich das fragen musst? Und welche Erleichterung ich gleichzeitig empfinde? Du tust so, als hätte ich nichts falsch gemacht. Als hätte ich dich nicht so tief verletzt, dass du dich in den Schlaf geweint hast, während ich neben dir lag und nicht das Geringste dagegen unternehmen konnte.« Er holte tief Luft, und Bethany erkannte, wie aufgewühlt er tatsächlich war. Er wirkte hager und vollkommen ausgelaugt. So, als hätte er seit Tagen nicht geschlafen. »Baby, du machst dir keine Vorstellung, wie viel Angst ich um dich hatte. Ich dachte, ich hätte dich verloren. Ich werde niemandem je dankbarer sein können als diesem Team von Ärzten und Krankenschwestern, die sich geweigert haben, dich gehen zu lassen, und dich mir zurückgegeben haben.« Überrascht sah sie, wie eine Träne über seine Wange lief, bevor er sie hastig wegwischte und tief durch die Nase einatmete. »Wie lange war ich bewusstlos?«, fragte sie leise. Jace lächelte zittrig, und in seinen dunklen Augen schimmerte noch immer tiefe Dankbarkeit. »Mehr als vierundzwanzig Stunden, Baby. Du wurdest gestern Vormittag eingeliefert.« Ihr klappte der Mund auf. »So lange?« »Ja, so lange. Es waren die längsten vierundzwanzig Stunden meines Lebens.« »Es tut mir leid«, sagte sie heiser, noch immer fassungslos darüber, dass sie so lange bewusstlos gewesen war. »Es tut dir leid?« Er lachte auf, aber es klang mehr wie ein Schluchzen. »Baby, es gibt nichts, wofür du dich entschuldigen müsstest.« »Aber du warst so sehr in Sorge um mich.« »Das war es wert, denn ich habe dich zurückbekommen. Verlass mich nie, Bethany. Bleib bei mir. Teile mein Leben mit mir. Liebe mich.« »Aber ich liebe dich doch, Jace. Es tut mir leid, dass …« Jace legte die Finger auf ihren Mund und brachte sie sanft zum Schweigen. »Entschuldige dich nicht schon wieder für irgendetwas. Du wirst jetzt brav hier liegen und dir meine Entschuldigung anhören.« Er drehte sich um und legte sich neben sie aufs Bett. Es war so schmal und beengt, dass sie kaum zu zweit Platz fanden, aber Jace löste das Problem, indem er einen Arm unter Bethanys Kopf schob, sodass er auf seiner Schulter ruhte, und ihren Körper eng an seinen kuschelte. Er atmete tief aus und entspannte sich, auch wenn er noch immer leicht zitterte. Schweigend ließ er die Hand über ihren Körper gleiten, dann verharrte sie mit ausgebreiteten Fingern über ihrem Herzen, als wollte er sich vergewissern, dass es noch immer stetig schlug. Anschließend strichen seine Finger zu ihrem Hals hinauf und tasteten nach ihrem Puls. »Ich habe nie zuvor etwas Schöneres gespürt, Baby«, raunte er. »Deinen Herzschlag. Deine Atmung. Ich werde das nie wieder als selbstverständlich hinnehmen, sondern jeden Tag in dem Bewusstsein begrüßen, dass er der beste meines Lebens ist, weil du noch immer da bist, in meinem Leben, mich liebst und neben mir aufwachst.« Tränen sammelten sich in ihren Augen, dann kullerten sie über ihre Wangen. Bethany barg das Gesicht an seinem Hals, und ihre Brust hob sich, als ihr ein lautloses Schluchzen entschlüpfte und über seine Haut strich. »Es tut mir so leid, Baby. Ich bedaure diesen Abend aus tiefster Seele. Ich hatte nicht das Recht, solche Dinge zu sagen. Du hattest das nicht verdient, und Ash auch nicht. Ich habe meinen Frust an euch ausgetobt, obwohl ihr die letzten Menschen auf der Welt seid, die ich je verletzen wollte.« »Ist schon gut.« Ihre Stimme klang gedämpft an seinem Hals. »Nein, das ist es nicht, Baby. Es ist nicht gut. Aber ich garantiere dir, dass es nie wieder passieren wird. Nicht in dieser Form. Bestimmt werde ich gelegentlich Dinge sagen, die dir wehtun. Ich wünschte, ich könnte dir das Gegenteil versprechen, doch das kann ich nicht. Aber ich werde dafür sorgen, dass du dich nie wieder so fühlst wie in jener Nacht. Es wird kein Tag mehr vergehen, ohne dass du dir meines Vertrauens sicher sein kannst. Denn ich vertraue dir absolut.« »Ich weiß, Jace«, sagte sie leise. Er war verblüfft. »Woher solltest du das wissen? Ich habe dir ganz sicher keinen Beweis dafür geliefert.« »Du hast mir geglaubt, als ich sagte, dass ich die Tabletten nicht genommen habe.« Er drückte sie fester an sich. »Nein, Baby. Anfangs dachte ich das, weil es das war, was man mir sagte. Doch dann hast du mir das Gegenteil versichert. Du standest noch völlig neben dir, warst nur kurz bei Bewusstsein. Da hast du es bestritten, und ich habe dir sofort geglaubt.« Frische Tränen schwammen in ihren Augen und flossen auf seinen Hals. »Dafür danke ich dir. Du weißt nicht, wie viel mir das bedeutet.« »Doch, das tue ich«, widersprach er ruhig. »Und es bekümmert mich, dass ich so lange gebraucht habe, um dir das zu geben. Ich werde es dir niemals wieder vorenthalten.« Er drehte den Kopf, um ihre Stirn zu küssen, dann ließ er seine warmen, zärtlichen Lippen auf ihrer Haut verweilen. Mit geschlossenen Augen schwelgte Bethany in dem wundervollen Gefühl, von ihm gehalten zu werden. Es kam ihr so richtig vor. Sie hatte überlebt. Jace war hier. Mehr konnte sie sich nicht wünschen. »Kannst du mir vergeben?«, fragte er wieder. »Ach, Jace. Ich habe dir längst vergeben. Schon an dem Morgen, als du zur Arbeit gegangen bist. Ich erkannte, dass Vertrauen Zeit braucht. Unsere Beziehung ist noch so frisch. Wir haben uns stürmisch ineinander verliebt, es war wie ein Blitzeinschlag. Aber Vertrauen muss sich langsam aufbauen. Wir sind so kurz zusammen und lernen uns noch immer erst gegenseitig kennen.« »Du bist so süß und nachsichtig«, bemerkte er bekümmert. »Ich verdiene dich nicht, aber ich brauche dich dringender als die Luft zum Atmen. Ich will dich nie wieder loslassen, Baby.« »Dann tu es nicht«, flüsterte sie an seinem Hals. »Lass mich nicht los, Jace. Ohne dich bin ich verloren.« »Du wirst nie verloren sein. Niemals wieder. Ich werde dich immer finden. Ganz egal, wohin du auch gehst, ich werde immer da sein und dich nach Hause holen.« »Ich habe Hunger«, bekannte sie. »Meinst du, sie lassen mich schon etwas essen? Wann werde ich heimgehen können? Habe ich irgendeinen … bleibenden Schaden davongetragen? Werde ich wieder ganz gesund?« Sie konnte nicht verhindern, dass sich Furcht in ihre Stimme schlich. »Ich weiß nicht, wann du heimgehen kannst. Der Arzt sagte, dass du dich erst vollständig erholen musst. Sie werden Tests durchführen, um sicherzustellen, dass deine Leber nicht geschädigt wurde, aber er denkt nicht, dass eine dauerhafte Beeinträchtigung zu befürchten ist. Was das Essen anbelangt, werde ich mich sofort bei der Schwester erkundigen. Wenn sie das Okay gibt, werde ich dir das köstlichste Mahl deines Lebens bestellen. Krankenhausessen steht nicht zur Debatte.« Bethany lächelte erleichtert. »Ich muss den anderen Bescheid sagen, dass du wach und außer Gefahr bist«, fuhr er fort. »Mia, Gabe und Ash haben die ganze Zeit, seit du hier bist, im Wartezimmer campiert. Sie waren außer sich vor Sorge.« »Jace?« Er hörte die Angst in ihrer Stimme und setzte sich auf. Die Besorgnis in ihrem Blick war unverkennbar. »Was wird mit Jack geschehen?« Jace’ Miene wurde grimmig. »Ich weiß es nicht genau. Die Klinik musste diese Sache der Polizei melden. Anfangs wurde es als Suizidversuch eingestuft.« Bethany erbleichte, schockiert darüber, dass irgendjemand ihr zutrauen würde, so etwas zu tun. Sie fühlte sich so beschämt, dass sie kaum noch Luft bekam. Sie hatte geglaubt, ihrer Vergangenheit entronnen zu sein, doch jetzt holte sie sie schlagartig wieder ein. »Mach nicht so ein Gesicht, Baby«, sagte Jace sanft. »Ich habe mit dem ermittelnden Beamten gesprochen. Er weiß von Jack und seiner Beteiligung. Er weiß auch, dass es keine Absicht war. Ich bin nicht sicher, was das für Jack bedeutet, denn es ist eine ernste Angelegenheit. Er wird die Konsequenzen seines Handelns tragen müssen.« Traurigkeit legte sich um ihr Herz und quetschte es wie ein Schraubstock zusammen. »Ich werde sehen, was ich tun kann, Baby. Überlass die Sorge um Jack mir, okay? Ich möchte, dass du nichts anderes tust, als wieder zu Kräften zu kommen, damit du mit mir nach Hause gehen kannst. Vertraust du mir, wenn ich dir versichere, dass ich mich darum kümmern werde?« Bethany nickte zögerlich. Sie wusste, dass ihr die Sache aus den Händen genommen worden war. Sie konnte Jack nicht länger beschützen. Dieses Mal war er zu weit gegangen, und es lag nicht in ihrer Macht, ihn vor den Folgen seines Tuns zu bewahren. Trotzdem stimmte es sie noch immer tieftraurig, dass Jack eher bereit gewesen war, in den Tod zu gehen, als die Chance zu nutzen, die Jace ihm gegeben hatte. Das Leben war schön. Selbst in schwierigen Zeiten bestand immer Hoffnung auf Besserung. Auf die Zukunft. Und Jack hätte sich eine bessere Zukunft aufbauen können. Es war seine Entscheidung gewesen, und die hatte Bethany ihm nicht abnehmen können. Sie konnte sich nicht für Jack aufopfern, sondern musste sich auf ihr eigenes Leben konzentrieren. Mit Jace. Sie wollte eine bessere Zukunft. Es war Zeit, Jack seinen eigenen Weg gehen zu lassen. »Ich weiß, dass dich das bekümmert, Baby«, sagte Jace leise. »Und das tut mir sehr leid. Ich werde mein Bestes für Jack tun, aber vergiss nicht, dass ich sehr, sehr zornig auf ihn bin. Er hätte dich töten und dich mir wegnehmen können. Fast hätte er es getan.« »Ich weiß.« Jace beugte sich zu ihr und gab ihr einen Kuss, dann trat er vom Bett weg. »Wirst du zurechtkommen, während ich ein paar Minuten weg bin, um den anderen zu sagen, dass du wach bist, und zusehe, ob ich dir etwas zu essen beschaffen kann?« »Ja, natürlich.« Er ging zur Tür, dann drehte er sich um und schaute sie einen langen Moment an, als wollte er sich jeden ihrer Gesichtszüge einprägen. In seinen Augen stand ein warmes Leuchten der Erleichterung und der Liebe. Die Liebe war so überdeutlich, dass es unmöglich war, sie mit irgendetwas anderem zu verwechseln. Bethany lächelte und legte so viel Liebe, wie sie nur konnte, in ihren eigenen Blick. Jace erkannte sie als das, was sie war. Er erwiderte ihr Lächeln, bevor er sich umwandte und aus der Tür trat. 42 Jace traf gerade noch rechtzeitig im Wartezimmer ein, um mitzuerleben, wie ein Polizeibeamter Jack hinter dem Rücken Handschellen anlegte. Er trat zu ihnen, dabei vergaß er ganz, Mia, Gabe und Ash darüber zu informieren, dass Bethany aufgewacht war. »Dürfte ich kurz mit ihm sprechen?«, fragte er den Beamten. Der Mann zögerte, dann sagte er: »Aber nur zwei Minuten. Ich muss ihn aufs Revier bringen.« Jace nickte, woraufhin der Polizist ein paar Schritte beiseitetrat, Jack jedoch weiterhin im Auge behielt. »Ich wollte dich wissen lassen, dass Bethany wach ist und dass es ihr gut geht«, erklärte Jace leise. »Außerdem weiß sie, was mit ihr passiert ist.« Jacks Miene wurde bekümmert, und ein Ausdruck tiefer Reue huschte durch seine Augen. Dann sah er Jace direkt ins Gesicht. »Pass gut auf sie auf.« »Das werde ich.« »Und richte ihr aus, dass es mir leidtut«, fuhr Jack niedergeschlagen fort. »Sag ihr, dass ich sie liebe. Ich werde sie immer lieben.« »Wenn du sie wirklich liebst, dann solltest du diese Gelegenheit nutzen, um dein Leben auf die Reihe zu bringen«, entgegnete Jace. »Wenn du es schaffst, die Finger von den Drogen zu lassen, werde ich dir einen Anwalt besorgen und versuchen, einen Handel abzuschließen. Du könntest mit einer Entziehungskur und einer Bewährungsstrafe davonkommen, anstatt im Gefängnis zu landen. Allerdings kann ich nicht dafür garantieren. Und du wirst nicht in Bethanys Nähe kommen. Sie leidet schon jetzt genug. Aber falls du dein Leben in Ordnung bringst, habe ich keine Einwände, dass du mit ihr in Kontakt bleibst.« Jack starrte ihn einen langen Moment an. »Das würdest du für mich tun?« »Ich tue es für Bethany«, erwiderte Jace steif. »Für niemanden sonst.« Jack nickte. »Trotzdem danke. Ich werde mich daran halten. Es ist längst an der Zeit, dass ich einen anderen, einen besseren Weg einschlage. Um ein Haar hätte ich den Menschen, der mir auf dieser Welt am meisten bedeutet, getötet. Ich finde keine Worte dafür, wie sehr ich mich dafür schäme. Ich werde von jetzt an die Finger von den scheiß Drogen lassen. Und zwar für immer.« »Ich hoffe, es ist dir ernst damit. Ich hoffe, du reißt dich am Riemen und wirst clean.« »Die zwei Minuten sind vorbei«, verkündete der Beamte und trat zu ihnen, um Jack abzuführen. »Ich schicke dir einen Anwalt«, versprach Jace. Es lief jedem seiner Instinkte zuwider, Jack nicht im Gefängnis verrotten zu lassen. Vermutlich würde er trotzdem einige Zeit einsitzen müssen. Aber er tat es für Bethany, weil sie am meisten leiden würde, wenn Jack wegen seiner törichten Tat im Knast landete. Und Jace würde alles tun, um ihr weiteren Kummer zu ersparen. Selbst wenn das bedeutete, einem Mann zu helfen, der sie beinahe das Leben gekostet hätte. Es war eine komplizierte, verkorkste Situation. Sein Herz schrie nach Rache. Er wollte Jack büßen lassen für das, was er getan hatte. Doch die eigentliche Leidtragende wäre Bethany, und diesen Gedanken konnte Jace nicht ertragen. »Du bist ein ehrenwerter Mann«, sagte Jack. »Du wirst gut sein zu meiner Kleinen. Ich will, dass sie glücklich ist.« »Sie ist meine Kleine«, korrigierte Jace ihn. »Aber meine war sie zuerst«, wies er ihn spitzfindig zurecht. Dann führte der Polizist Jack ab, und Jace starrte ihm nach, als er wie ein deutlich älterer Mann als der Fünfundzwanzigjährige, der er war, aus dem Zimmer schlurfte. »Jace?« Er drehte sich zu Mia um, die flankiert von Gabe und Ash wenige Meter entfernt stand. »Ist es wahr? Bethany ist wach? Ich habe gehört, wie du mit Jack gesprochen hast.« Jace entspannte sich, als er seine Familie anlächelte. »Ja. Sie ist vor einer Weile aufgewacht. Wir haben geredet. Sie war desorientiert und wusste nicht, was passiert war.« Sein Lächeln verblasste. »Ich musste ihr von Jack erzählen.« Mitgefühl schimmerte in Mias Augen. »Wie hat sie es aufgenommen?«, fragte Gabe schroff. »Nicht sehr gut. Es macht sie traurig.« Jace seufzte. »Aber sie ist ein zähes Mädchen, und sie weiß, dass sie alles für ihn getan hat, was in ihrer Macht stand.« »Können wir zu ihr?«, erkundigte Mia sich. »Ja, Kleines. Aber zuerst muss ich mich schlaumachen, ob sie schon etwas essen darf. Sie ist hungrig, und ich habe ihr ein Festmahl versprochen, falls ich das Okay bekomme. Bloß nicht diesen Krankenhausfraß.« »Ich ziehe los und besorge uns allen was«, bot Ash sich an. »Das ist eine super Idee. Danke. Bestimmt seid ihr alle am Verhungern. Ihr habt die ganze Nacht hier ausgeharrt. Aber wollt ihr nicht lieber nach Hause fahren und euch ausruhen?« »Wir fahren nach Hause, nachdem wir Bethany besucht haben. Sie soll wissen, dass sie von Menschen umgeben ist, die sie lieben«, erklärte Mia. Jace schloss sie in die Arme. »Danke, Schwesterherz.« Sie drückte ihn, dann schob sie ihn von sich weg. »Jetzt geh, und frag nach, ob sie etwas essen darf. Ich für meinen Teil habe einen Bärenhunger und würde gern an diesem Festmahl teilnehmen, das du ihr versprochen hast.« Bethany schaute auf, als die Tür aufging und Gabe, Mia und Ash eintraten. In ihren Mienen spiegelte sich Erleichterung wider, als sie entdeckten, dass sie aufrecht im Bett saß. Jace drückte ihre Hand und lächelte. »Wie es scheint, ist dein Mittagessen eingetroffen.« Beladen mit mehreren Tüten und Behältern von einem Imbiss kam Ash näher. Er verteilte sie auf dem unteren Ende des Betts, dann trat er an die Seite und beugte sich nach unten, um Bethany einen Kuss zu geben. »Du hast uns eine Höllenangst eingejagt, Süße.« Sie lächelte zu ihm hoch, und er schloss sie fest in die Arme. Er hatte sie kaum losgelassen, als Gabe ihn auch schon zur Seite drängte und sie ebenfalls herzlich drückte, danach stürzte sich Mia auf sie, um sie zu umarmen und dabei nonstop zu plappern, bis sich Bethany der Kopf drehte. »Ich habe dir Mittagessen besorgt. Genauer gesagt habe ich uns allen was zu essen geholt. Wir haben während unserer Nachtwache nicht viel gegessen«, erklärte Ash. »Danke, dass ihr alle hier seid«, sagte sie gerührt. »Es bedeutet mir so viel zu wissen, dass es Menschen gibt, denen ich wichtig bin. Das ist eine ganz neue Erfahrung für mich.« Jace drückte liebevoll ihre Hand, während Ashs Miene weich wurde und Mia aussah, als würde sie gleich weinen. Gabe schloss sie kurz noch mal in die Arme, dann küsste er sie auf den Scheitel. »Du gehörst zur Familie«, sagte er. »Es ist vielleicht nicht die normalste Familie der Welt, aber jetzt hast du uns nun mal am Hals.« Bethany grinste. »Ich kann mir keine Familie vorstellen, der ich lieber angehören möchte.« Ash reichte ihr einen Styroporbehälter, dem köstliche Düfte entströmten. Bethany linste hinein und entdeckte, dass er mit Fingerfood gefüllt war. Frittierte Käsestangen, Krabben-Wontons, gegrillte Rippchen, Pommes, asiatische Nudeln und eine Frühlingsrolle lagen darin. Es war so perfekt, dass sie fassungslos darauf starrte, während ihr Magen Protest anmeldete, weil sie nicht augenblicklich darüber herfiel. Als Ash dann auch noch eine Flasche Orangensaft zum Vorschein brachte, verlor Bethany den Kampf gegen die Tränen und fing an zu schluchzen. Ash reagierte bestürzt. Mia und Gabe wechselten panische Blicke, dann beugte Jace sich mit besorgter Miene über sie. »Baby, was ist los? Hättest du lieber etwas anderes gehabt? Ich besorge dir, was immer du möchtest.« »Es ist perfekt«, schniefte sie. »Es ist alles dabei, was ich gern esse. Und Ash hat sogar an den Orangensaft gedacht.« Über Ashs Gesicht glitt ein Grinsen, und Jace lehnte sich erleichtert zurück. Dann brachen Mia und Gabe in Gelächter aus, bis Ash mit einstimmte. Kurz darauf schmunzelte auch Jace, und Bethany wischte sich kichernd die Tränen von den Wangen. »Gott, was bin ich für eine Heulsuse«, japste sie. »Ihr bringt mir das beste Essen aller Zeiten, und ich fange an zu flennen wie ein dummes Huhn.« »Ich stimme dir absolut zu«, seufzte Mia und machte es sich mit ihrem eigenen Behälter voller Köstlichkeiten bequem. »Das beste Essen aller Zeiten!« Ash setzte sich ans Bettende, sein Schenkel an Bethanys Füßen gedrückt. »Hast du gefragt, wann sie nach Hause kann?« Jace seufzte. »In einem Fall wie diesem – nun, ich sollte besser sagen, wenn tatsächlich ein Suizidversuch unternommen wurde – stellen sie den Patienten unter psychiatrische Aufsicht. Sie lassen den Seelenklempner kommen und warten, bis er sein Einverständnis zur Entlassung gibt. Aber in Bethanys Fall ist es so, dass sie in Anbetracht der Umstände schon morgen heimgehen kann, vorausgesetzt, die Testergebnisse sind okay. Die Polizei hat bereits Kadens Aussage aufgenommen, und sie werden Bethany vermutlich heute Nachmittag einen Besuch abstatten, aber sie erinnert sich nicht an viel, darum kann sie nur mit Informationen darüber dienen, was sich direkt vor ihrem Filmriss abgespielt hat.« Von neuer Traurigkeit übermannt seufzte Bethany, während sie an einer Käsestange knabberte. Jace drückte ihr Knie, während er den anderen berichtete, was der Doktor sonst noch gesagt hatte. »Ist er jetzt im Gefängnis?«, fragte sie, sobald Jace geendet hatte. Jace schaute sie mitfühlend an. »Ja, Baby. Sie haben ihn, gleich nachdem ich dein Zimmer verlassen hatte, um mich wegen des Essens zu erkundigen, mitgenommen. Er hat einer Entziehungskur zugestimmt. Ich habe ihm einen Anwalt versprochen, unter der Voraussetzung, dass er sich in den Griff bekommt und clean wird. Falls der Anwalt sich mit dem Staatsanwalt einigen kann, kommt Jack vermutlich mit einer Bewährungsstrafe davon, unter der Auflage, dass er einen Entzug macht.« »Danke«, sagte sie. »Dazu wärst du nicht verpflichtet gewesen. Ich weiß, dass du zornig auf ihn bist, und dazu hast du jedes Recht. Aber ich danke dir, dass du das für ihn getan hast.« »Ich habe es für dich getan, Baby.« »Ich weiß«, flüsterte sie. »Und dafür liebe ich dich.« Jace’ Augen wurden so weich wie geschmolzene Schokolade. »Ich liebe dich auch, Baby.« Bethany musste ein Gähnen unterdrücken, als sie sich einen Krabben-Wonton in den Mund steckte und sich den himmlischen Geschmack auf der Zunge zergehen ließ. Sie ließ eine Gabel voll Nudeln folgen, dann bekleckerte sie ihre Finger mit Barbecue-Sauce, während sie ein Rippchen abnagte. Als sie schon einen beträchtlichen Teil ihres Festschmauses verputzt hatte, kamen die Gähn-Attacken schneller, als sie essen konnte. »Wir sollten uns langsam verkrümeln«, schlug Gabe vor. »Bethany ist müde, und wir sind auch alle erschöpft. Lasst uns heimfahren und uns aufs Ohr hauen.« »Danke, dass ihr hier wart«, sagte Bethany noch einmal. »Das bedeutet mir sehr viel. Danke, dass ihr euch um mich sorgt.« Gabe zerzauste ihr lächelnd die Haare, dann beugte er sich zu ihr herunter und gab ihr einen Kuss auf die Wange. Mia umarmte sie innig, anschließend küsste Ash sie auf die Stirn und drückte sie ebenfalls herzlich. »Bis dann, Süße. Ruh dich aus, damit du morgen nach Hause kannst.« »Das werde ich«, versprach sie mit einem Lächeln. Sobald die drei das Zimmer verlassen hatten, sackte Bethany ermattet auf ihr Kissen. Jace nahm den Essensbehälter, der noch immer auf ihrem Schoß stand, weg und stellte ihn beiseite, dann fuhr er das Kopfteil des Betts nach unten, bis es ganz waagerecht war. »Es wird Zeit, dass du dich ausruhst, Baby.« »Wirst du hier bleiben?«, fragte sie, besorgt, dass Jace gehen und sie allein lassen könnte. Er runzelte die Stirn. »Ich setze keinen Schritt vor die Tür. Ich werde neben dir liegen und dich im Arm halten, während du schläfst.« Sie seufzte zufrieden. »Gut. Ich hätte die Nacht nicht gern allein verbracht. Krankenhäuser sind mir unheimlich.« »Du wirst nie wieder allein sein«, sagte er zärtlich, seine Augen erfüllt von Liebe und voller Versprechungen. Voll bekleidet legte er sich neben sie ins Bett und zog sie eng an seinen Körper, wie er es schon zuvor getan hatte. Er küsste sie auf die Stirn, dann drückte er seine Wange dagegen. »Ich liebe dich«, wisperte sie. »Ich liebe dich auch, Baby. Fast hätte ich dich verloren. Das wird mir nie wieder passieren.« Lächelnd kuschelte Bethany sich in seine Arme und fühlte sich von seinem starken Körper geschützt und getröstet. Sie war ganz genau dort, wo sie hingehörte. 43 »Jace, wo um alles in der Welt bringst du mich nur hin?« Er gluckste leise, während er Bethany am Arm weiter ins Unbekannte führte. »Das wirst du noch früh genug erfahren. Sitzt die Augenbinde auch ganz fest? Ich will nicht, dass dir die Überraschung verdorben wird.« »Ja, sie sitzt fest«, beteuerte sie erschöpft. »Ich sehe nur schwarz! Ich werde mir in diesen Schuhen den Hals brechen!« »Das wird nicht passieren, Baby. Ich lasse nicht zu, dass du hinfällst. Abgesehen davon siehst du mörderisch scharf aus in diesen High Heels. Wenn ich dich später vernasche, wirst du nur diese Schuhe tragen und sonst nichts.« Eine heiße Welle der Erregung durchströmte sie vom Kopf bis zu den Zehenspitzen. Ihre Brustwarzen richteten sich auf, und ihr Kitzler kribbelte vor erwartungsvoller Vorfreude. Jace hatte ihr die hinreißendsten Schuhe aller Zeiten gekauft. Sie funkelten wie die Sterne und hatten so hohe Absätze, dass Bethany anfangs nicht überzeugt gewesen war, ob sie überhaupt darin laufen konnte. Aber sie hatte sofort gewusst, dass er sie später in diesen Schuhen verführen würde, darum hatte sie sie unbedingt anziehen müssen. »Die Vorstellung gefällt dir, hm?«, murmelte Jace. »Das ist nicht fair«, beklagte sie sich. »Du quälst mich.« Er lachte wieder, dann blieb er stehen. Bethany lauschte nach irgendeinem Hinweis darauf, wo sie waren, doch da war nur Stille. Jace hatte ihr vorm Verlassen der Wohnung die Augen verbunden, sie anschließend so zu seinem wartenden Wagen geführt, sie hineingesetzt und gezwungen, die Augenbinde die ganze Zeit, während er sie an ein unbekanntes Ziel brachte, aufzulassen. Die letzten Wochen waren paradiesisch gewesen. Seit man sie aus dem Krankenhaus entlassen hatte, behandelte Jace sie, als sei sie das Kostbarste auf diesem Planeten. Er hatte sich eine ganze Woche freigenommen und es Gabe und Ash überlassen, das Parisprojekt wieder ins Lot zu bringen, was ihnen dank Gabe, der einen neuen Investor aufgetan hatte, glücklicherweise gelungen war. Jace hatte jede einzelne Minute eines jeden Tages damit zugebracht, sie endlos zu verhätscheln. Er hatte sie gefüttert, sie geliebt und sie nach Strich und Faden verwöhnt. Die Wochen waren der Himmel auf Erden gewesen. Der einzige Wermutstropfen war Jack. Doch selbst da gab es gute Neuigkeiten. Jace hatte Wort gehalten und ihm einen Anwalt besorgt, der es geschafft hatte, einen Deal mit dem Staatsanwalt abzuschließen. Neunzig Tage Entziehungskur, anschließend Bewährung. Jace hatte ihm für danach einen Job besorgt, es lag nun also allein in Jacks Hand, ob er einen neuen Anfang machen würde. Bethany hatte keine Ahnung, ob Jack das durchhalten würde, aber er war der Einzige, der sein Leben ändern konnte. Niemand konnte ihm das abnehmen. »Bist du bereit für deine Überraschung?«, fragte Jace. »Ja!« Er nahm ihr die Augenbinde ab, und im gleichen Moment fiel ihr Blick auf Mia, Chessy, Trish, Gina, Caroline, Brandon, Gabe und Ash, die sich allesamt um einen Tisch versammelt hatten, auf dem eine gigantische, vierstöckige Torte thronte. »Überraschung!«, riefen sie wie aus einer Kehle. »Herzlichen Glückwunsch, Bethany.« Ihr fiel die Kinnlade runter, und sie starrte die Anwesenden völlig schockiert an. Dann drehte sie sich zu Jace um, während die anderen eine etwas schief klingende Version von »Happy Birthday« anstimmten. »Woher hast du das gewusst?«, stammelte sie. »Ich habe mich ja selbst nicht daran erinnert, dass heute mein Geburtstag ist.« »Ich habe meine Mittel und Wege«, erwiderte er vergnügt. »Ich konnte doch nicht zulassen, dass du deinen Geburtstag nicht feierst, Baby.« Er beugte sich nach unten und gab ihr einen heißen, verschlingenden Kuss. Inklusive Zunge sowie johlender Anfeuerungsrufe seitens der anderen. Als er sie endlich freigab, war ihr schwindlig, und sie trug ein törichtes Lächeln im Gesicht. Sie wandte sich damit den anderen zu, während ihr vor Freude das Herz aus der Brust zu springen drohte. »Hallo, ihr alle! Ich bin völlig überwältigt!«, rief sie. »Alles Gute zum Geburtstag, Süße«, sagte Ash und drückte sie. Einer nach dem anderen kam zu ihr, um sie zu beglückwünschen, sie zu umarmen und zu küssen, bis sie vor Glückseligkeit bis über beide Ohren strahlte. Dann nahm Jace ihre Hand und zog sie zum Tisch. »Es gibt noch einen weiteren Anlass, aus dem wir diese Party feiern, aber bevor wir zu dem Teil kommen, musst du erst mein Geschenk auspacken«, erklärte Jace mit einem breiten Grinsen. Seine Augen funkelten spitzbübisch, er wirkte aufgeregt und … glücklich. Dann überreichte er ihr ein viereckiges, eingepacktes Geschenk, das mit einem zauberhaften Arrangement aus Bändern und Schleifen verziert war. »Mach es auf!«, quietschte Chessy. »Oh mein Gott, ich sterbe vor Neugier, was da drin ist!« Auch die anderen feuerten sie an, bis Bethany schließlich aufgeregt wie ein Kind am Gabentisch das hübsche Geschenkpapier aufriss. Als sie in der Schachtel ein kleines Schmuckkästchen entdeckte, schlug ihr das Herz bis zum Hals. Mit zitternden Fingern öffnete sie die kleinere Box, dann schnappte sie nach Luft, als sie den funkelnden Ring darin entdeckte. Als sie den Kopf zur Seite drehte, um Jace anzusehen, stellte sie fest, dass er auf ein Knie gesunken war und seine Hand bereits nach ihrer griff. Er nahm ihr die Schachtel ab und zog den Ring aus der Vertiefung. »Ich liebe dich, Bethany. Mehr, als ich mir je hätte vorstellen können eine Frau zu lieben. Du bist mein Ein und Alles, und ich möchte den Rest meines Lebens mit dir verbringen. Willst du mich heiraten?« Mit vor Staunen geöffnetem Mund schaute sie zu ihm herunter, und ihr Herz schlug so ungestüm, als wollte es ihr aus der Brust springen. In ihren Augen glitzerten Tränen, nur waren es dieses Mal Tränen des Glücks, nachdem sie so lange für Traurigkeit gestanden hatten. Bethany wollte, dass dieser Moment ewig andauerte. Sie würde ihn für immer im Herzen tragen. »Oh, Jace«, stieß sie atemlos hervor. »Ich liebe dich auch so sehr. Und ja, ich will dich heiraten. Absolut!« Der ganze Raum brach in Jubel aus, als Jace ihr den Ring an den Finger steckte. Seine Hand zitterte. Ihre Hand auch. Es grenzte an ein Wunder, dass er ihr den Ring überhaupt überstreifen konnte, ohne ihn fallen zu lassen. Dann stand er auf und zog sie in seine Arme. Er hob sie von den Füßen und drehte sich mit ihr im Kreis, bevor er sie schließlich wieder runterließ und sie leidenschaftlich küsste. »Ich liebe dich so sehr«, flüsterte er. »Ich werde dich immer lieben, Bethany.« »Ich liebe dich auch«, sagte sie ebenso leise. Dann schlang sie ihm die Arme um den Hals und drückte ihn, so fest sie konnte. Er lachte und wirbelte sie wieder durch die Luft. »Lasst uns die Torte anschneiden!«, rief jemand. Und so verbrachte Bethany im Kreise ihrer Freunde und frischgebackenen Familie ihren vierundzwanzigsten Geburtstag. Es war der beste Geburtstag ihres Lebens. Nachdem der Kuchen nicht nur angeschnitten, sondern auch vertilgt war, öffnete die Bar des Bentley Hotels, und eine eigens engagierte Band begann zu spielen. Als die Party bereits seit zwei Stunden in vollem Gange war, hatte Bethany einen leichten Schwips von zu vielen Amaretto Sour, und ihr taten die Wangen weh, weil sie nicht aufhören konnte zu lächeln. Sie tanzte mit jedem. Mit Gabe, Ash, Mia, Chessy, Brandon, Gina, Trish und Caroline. Sogar Kaden und Trevor kamen, um ihr zum Geburtstag zu gratulieren und ihre Tänze einzufordern. Doch dann erhob Jace Anspruch auf seinen Tanz. Er zog sie geschmeidig in die Arme, als die Musik langsamer und sinnlicher wurde. Ohne sich um die anderen zu kümmern, die sie umringten, wiegten sie sich in der Mitte des Parketts und sahen einander tief in die Augen. »Darf ich dich noch um ein weiteres Geburtstagsgeschenk bitten?«, fragte sie zögerlich. Jace sah sie neugierig an. »Baby, du kannst mich um alles bitten, was du willst. Wenn es in meiner Macht steht, werde ich dir deinen Wunsch erfüllen.« Sie zog schüchtern den Kopf ein, aber er schob die Finger unter ihr Kinn und hob es sachte wieder an. »Baby, was ist es?«, fragte er sanft. Bethany atmete tief durch, dann ließ sie es heraus. »Ich möchte zur Schule gehen. Aufs College. Einen Abschluss machen. Ich habe das schon immer gewollt, aber ich konnte nicht einmal davon träumen, es mir je leisten zu können. Ich möchte etwas aus meinem Leben machen. Ich weiß, dass du mich immer unterstützen, mich beschützen und mir jeden Wunsch von den Augen ablesen wirst. Aber ich will nicht nur zu Hause sitzen und Mrs Jace Crestwell sein. Ich möchte etwas tun. Etwas, das zählt.« Jace’ Miene war voller Wärme, als er sie mit solcher Liebe ansah, dass sie unter seinem Blick dahinschmolz. »Ich finde, das ist eine großartige Idee«, sagte er. »Du kannst alles werden, was du möchtest, Baby. Versprich mir nur, dass du auf ewig die Meine bleibst, unabhängig davon, was du darüber hinaus noch vorhast.« »Versprochen«, hauchte sie. Ihre Lippen trafen sich, und er küsste sie so zärtlich, dass ein weiteres Mal Freudentränen in ihren Wimpern glänzten. Also konnten Märchen auch für Mädchen wie sie in Erfüllung gehen. Und sie hatte ihren perfekten Traumprinzen gefunden. Bethany spähte hinunter auf ihre funkelnden High Heels, während Jace sie über die Tanzfläche wirbelte. Sie hatte sogar die Schuhe, um es zu beweisen. Die Autorin Maya Banks lebt mit ihrem Mann und ihren drei Kindern in Texas. Wenn sie nicht schreibt, unternimmt sie gerne Reisen mit ihrer Familie. Seit Jahren verfasst sie erfolgreich Erotik- und Liebesromane, die regelmäßig auf die New-York-Times-Bestsellerliste gelangen. Weitere Informationen unter: www.mayabanks.com Die Romane von Maya Banks bei LYX Die Breathless-Trilogie: 1.Breathless – Gefährliches Verlangen 2.Breathless – Geheime Lust 3.Breathless – Verheißungsvolle Sehnsucht (erscheint September 2013) Die KGI-Reihe: 1.KGI – Dunkle Stunde 2.KGI – Tödliche Rache 3.KGI – Blutiges Spiel Die Originalausgabe erschien 2013 unter dem Titel Fever bei The Berkley Publishing Group, a division of Penguin Group Inc., New York, USA. Deutschsprachige Erstausgabe Juli 2013 bei LYX verlegt durch EGMONT Verlagsgesellschaften mbH, Gertrudenstr. 30–36, 50667 Köln Copyright © 2013 by Maya Banks All rights reserved including the right of reproduction in whole or in part in any form. This edition published by arrangement with The Berkley Publishing Group, a member of Penguin Group (USA) Inc. Copyright © der deutschsprachigen Ausgabe 2013 bei EGMONT Verlagsgesellschaften mbH Alle Rechte vorbehalten Redaktion: Anna Wichmann Umschlaggestaltung: Guter Punkt, München | www.guter-punkt.de Umschlagmotiv: © Anke Koopmann, Guter Punkt, unter Verwendung von Motiven von shutterstock Satz und eBook: Greiner & Reichel, Köln ISBN 978-3-8025-9156-3 www.egmont-lyx.de Die EGMONT Verlagsgesellschaften gehören als Teil der EGMONT-Gruppe zur EGMONT Foundation – einer gemeinnützigen Stiftung, deren Ziel es ist, die sozialen, kulturellen und gesundheitlichen Lebensumstände von Kindern und Jugendlichen zu verbessern. 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